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Wechseljahre

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Wechseljahre

Wechseljahre!

Ausgekotzt! Nicht mehr gesellschaftsfähig! Abfällige Blicke!

Der Besuch bei meinem Frisör nervte mich. Ich saß mit angeklatschten, nassen Haaren, meinem Spiegelbild gegenüber und fühlte mich schutzlos, nackt. Eine Frau, die die fünfzig überschritten hat und sich in keiner Weise attraktiv empfand, die mit Pinsel und Tusche jeden morgen versuchte ein paar Jahre wegzuretuschieren.
Ich starrte weiter in den Spiegel. Wie man sich im Laufe eines Lebens verändert, ist schon erstaunlich. Vor meinen geistigen Augen sah ich meine unterschiedlichen Lebensabschnitte, als Kind, als Jugendliche ….
Wohin sollte diese Unzufriedenheit führen, die sich eigentlich “nur“ auf mein Äußeres bezog, psysisch fühlte ich mich, wenn ich nicht in den Spiegel schaute, ausgeglichen. Wenn ich mir die Lebenserwartung, die ich auf jeden Fall erreichen wollte, für Frauen ins Gedächtnis rief, so konnte ich gut und gerne noch dreißig Jahre leben.
Mein Aussehen wird nicht besser werden, eher ist damit zu rechnen, dass es weiterhin bergab gehen würde.
Welche Aussichten!
Ich war nicht gewillt, weiterhin “Trübsal zu blasen“ sondern meine mir verbleibenden Jahre sollten erquicklich, inspirierend, lebensbejahend werden und sein.
Inzwischen sah mein Kopf nicht mehr ganz so fürchterlich aus. Das heißt meine Haare waren nicht mehr angeklatscht, sondern zu einer flotten Frisur geformt.
Ich begab mich nach Hause, und rief meine beste Freundin an, um mit ihr das Thema “altern“ zu diskutieren.
Ulla war drei Jahre älter als ich und hatte die Überlegungen, die ich jetzt seit mehreren Tagen anstellte vielleicht schon hinter sich und konnte mir mit ein paar guten Ratschlägen neue Denkanstöße geben.
„Hallo, Ulla“ meldete ich mich am Telefon „hast du heute Abend Zeit dich mit mir zu treffen.“ Wir verabredeten uns in unserer Lieblingsstammkneipe.
Ulla war immer guter Dinge. Als ich sie abends, sie war bereits vor mir da, sah, musste ich zugeben, dass ich, wenn ich in ihre strahlenden Augen sah vergaß, dass sie ein paar Falten mehr als noch vor ein paar Jahren hatte.
„Magdalena“ begrüßte sie mich, „schön, dass wir Zeit finden uns zu treffen.“

Nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten, schaute Ulla mich streng an und fragte: „Du hast doch etwas auf dem Herzen?“ Ich erzählte ihr von meinen trüben Gedanken bezüglich meines Aussehens und meiner Hilflosigkeit, keine aktive Änderung herbeiführen zu können, außer man bemüht einen Schönheitschirurgen was dann teuer und gesundheitsschädlich ist.

„Hattest du Probleme mit dem Älterwerden“ fragte ich meine Freundin. Sie sah mich verständnislos an und fragte mich, ob ich mich und damit auch andere Menschen, nur über das Äußere definieren würde. Ob ich glaube für das andere Geschlecht attraktiv zu sein, bedeute am Leben teilzuhaben beziehungsweise mittendrin zu stehen.
Ulla fuhr fort mir einen Vortrag zu halten über “innere Werte“ –wer sieht die schon- und die Macht der Medien, nach dem Motto nur jung und schön kommt an. Die Werbung gibt uns dann noch den Rest.

Ich konnte nur hilflos nicken und ihr zustimmen, jedoch auf Knopfdruck die innere Einstellung zu ändern, stellte ich mir momentan etwas schwierig vor.
„Schau mich an“ fuhr Ulla fort, „ich lebe allein und nicht wie du, in einer funktionierenden Partnerschaft und trotzdem fühle ich mich nicht minderwertig.“
Meine Freundin machte wirklich einen zufriedenen Eindruck, außerdem wusste ich, dass ihre äußere Gestalt und Erscheinungsform ihr nicht wichtig waren. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr erinnerte ich mich, dass Ulla noch nie in den Tenor der Werbung und Medien einstimmte, die Jungsein und Sportlichkeit als Religion predigten. Sie machte sich immer ein Bild von den inneren Werten eines Menschen.
Ulla fuhr fort, dass es doch viel vernünftiger wäre, sich auf die Seele eines Menschen zu konzentrieren, denn alle, außer man stirbt früh, erfahren den Prozess des Alterns am eigenen Körper, das heißt man durchläuft einen Entwicklungsprozess auf den man keinen Einfluss hat.
War es dann nicht viel vernünftiger sich auf die Seele zu konzentrieren, die in ihrer Schönheit bestehen bleibt. Und wenn es ans Sterben geht, ist sie das Einzige das weiterhin existieren wird.

Warum verliebt sich niemand in eine schöne Seele? Ganz einfach! Man sieht sie nicht auf Anhieb. Würde die Verliebtheit der Seele gelten, gäbe es keine “hässlichen Wesen“. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass jede Seele wunderschön ist.

Eigentlich gibt es auch keine hässlichen Menschen. Nur viele verschiedene, die sich in Form und Alter unterscheiden. Ulla holte tief Luft, denn sie hatte sich richtig Mühe gegeben, mir zu helfen und ihre Gedanken mit mir zu teilen.

Warum kann ich diese Gedanken nicht so verinnerlichen, dass ich friedlich und gelassen auf dieser Erde meine Kreise ziehen und mein Schicksal annehmen kann?
Ich dankte Ulla und versicherte ihr, mich auf dem Weg der Besserung zu befinden. Ich umarmte sie liebevoll und ließ sie wissen, dass ich es als großes Glück empfinde, sie als Freundin zu haben.

Eigentlich besteht das gesamte Leben aus Wechseljahren, die ab einem bestimmten Alter fallen nur mehr ins Gewicht.
Das hat natürlich auch den Vorteil, dass in einem bestimmten Alter die Erfahrungen und Erkenntnisse einen enormen Anteil der Persönlichkeit ausmachen. Was sich wiederum im Charakter und der Ausstrahlung eines Menschen manifestiert und ihn schöner werden lässt.

Ich dachte mir, dass ein jedes Ding seinen Reiz hat also auch jedes Alter.

 

Hallo ChrisK!

Eine Geschichte, die wahrscheinlich den etwas Älteren Mut machen soll, so hatte ich den Eindruck. Es gibt zwar keinen richtigen Verlauf, dafür aber tolle Philosopien, wenn diese auch teilweise etwas zu Moral-mäßig rüber gebracht werden. (Ich finde Moral hat in modernen Geschichten nichts zu suchen.) Trotz allem finde ich es schön, dass einer mehr erkannt hat worum es wirklich geht :)
Dein Schreibstil hat mir auch gefallen, es wird nicht langweilig, weil du nicht ausschweifst.
Rechtschreibfehler sind mir beim lesen nicht aufgefallen, allerdings bin ich was das angeht auch keine große Leuchte.

Ciao
Satansbraut :baddevil:

 

Hallo Satansbraut,
danke für deine Kritik. Moralisch sollte es allerdings nicht sein, es sollte eher, wie du bereits ausführstest,eine mutmachende Geschichte sein.
In diesem Punkt habe ich dann mein Ziel verfehlt.
Ich werde daran arbeiten.

Liebe Grüsse

ChrisK

 

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