Was ist neu

Wie funktioniert schreiben im Autorenteam, im WritersRoom, mit Ko-Autoren?

Mitglied
Beitritt
22.08.2012
Beiträge
94

Wie funktioniert schreiben im Autorenteam, im WritersRoom, mit Ko-Autoren?

Hallo Wortkrieger,

es gibt ein paar Pseudonyme hinter denen sich gleich mehrere Autoren verstecken, z. B. James S.A. Corey oder Erin Hunter. Es gibt ganz offizielle Autorenteams wie z. B. Larry Niven & Steven Barnes & Jerry Pournelle oder Arthur C. Clarke & Gentry Lee, mit gemeinsamen Veröffentlichungen und es gibt solche, die in Writer Rooms sitzen und sich Serien ausdenken, wie z. B. Breaking Bad oder House of Cards.

Ich habe mich immer wieder gefragt, wie machen die das, wie arbeiten die zusammen, welche Arbeitstechniken wenden sie an, was könnte man da alles lernen?

Also habe ich recherchiert und bin nur selten über gute Informationen gestolpert. Am einfachsten findet man noch etwas über Writer Rooms, da gibt es Artikel, Bücher und sogar eine Serie (The Writers Room).
Mich würde aber nun vor allem interessieren, wie arbeitet Ihr, wenn Ihr z.B. mit einem Ko-Autoren schreibt oder als Team? Ist das überhaupt ein reizvoller Gedanke für Euch, ein Projekt mit mehreren Autoren zu begleiten? Welchen Gewinn, aber auch welche Schwierigkeiten seht Ihr bei dem Thema?

Es wäre mir eine große Freude, wenn Ihr eure Erfahrungen und Gedanken in diesem Thead teilen würdet.:):):)

Schöne Grüße
Lem Pala

 

Hi, @Lem Pala

Eins vorweg: In meiner Schulzeit habe ich zuletzt mit anderen Mädels zusammen geschrieben. Das ist inzwischen auch fünf Jahre her, und besonders diszipliniert sind wir da nicht vorgegangen. Es war halt bloß Just-for-Fun, und das ist meine einzige persönliche Erfahrung damit. Da haben wir verschiedene Methoden entwickelt, und ich vermute mal, das ist auch die Essenz: Ich denke, es gibt keine festen Regeln, nur Dinge, die für manche Teams und manche Geschichten funktionieren und für manche nicht.

Ich freue mich tatsächlich, dass Du diese Frage stellst (und bin ein wenig enttäuscht, dass bisher sonst nichts kam, aber was nicht ist, kann ja noch werden), denn ich habe in letzter Zeit auch dazu recherchiert. Denn: James S. A. Corey. :herz: Wie geht das? Wie bekommt man das hin, ein solches Mammut wie "The Expanse" zu stricken? Inhaltlich, formal aber auch auf einer Beziehungsebene? Und ist das möglicherweise zu zweit sogar einfacher als allein? Oder kann man das gar nicht so pauschal sagen?

Ich habe dazu letzte Woche eine ganz gute Folge von "The Creative Penn Podcast" gehört. Im Podcast wird häufiger über Co-Writing gesprochen, aber ganz konkret meine ich Folge 242. Die fand ich ziemlich cool, denn es ging um die Arbeitsabläufe vom Outline bis zum Editing, welche Software man nutzen kann, um gemeinsam an einem Stück zu arbeiten, wie sinnvoll es ist, zum Beispiel Schreibanteile nach PoV aufzuteilen (was in meinen Augen die einfachste Lösung ist).

Aber, und das finde ich wirklich interessant, es ging auch um Teamführung. Führung finde ich allein aus psychologischer Sicht ein spannendes Thema. Ich glaube, dass Leute, die sich mit jemandem zusammensetzen, mit dem sie gut arbeiten können, diesen Aspekt häufig unterschätzen, weil sie glauben, "dass das schon irgendwie läuft". (Schon bei Referaten an der Uni fällt mitunter auf, dass das ein Trugschluss ist.) In dem Podcast wird also auch über die Festschreibung von Aufgabenteilung gesprochen, zum Beispiel, dass eine/r den Handlungsabriss schreibt, eine/r für die Koordination des Editing verantwortlich ist und so weiter.

Und dann gibt es natürlich nach wie vor die Beziehungsebene. Wie gut kann ich eigentlich mit der anderen Person zusammenarbeiten? Beste Freund/inn/e/n sind nicht immer beste Mitarbeitende. Inwiefern laufen unsere Arbeitsweisen auch mal gegeneinander, und inwiefern ist das hilfreich oder hinderlich? Da spielt dann sicher nicht nur der organisatorische Aspekt eine Rolle, sondern auch die Haltung zum Schreiben, die Art, wie wir Geschichten erzählen wollen. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass die Beziehung zwischen Co-Autor/inn/en, von denen eine/r immer exzessiv bunte Bilder schreibt und eine/r sehr minimalistisch vorgeht, mindestens auf eine Probe gestellt wird, es möglicherweise nicht einmal funktioniert.

Eigentlich ein unerschöpfliches und ultraspannendes Thema. Vielleicht kommen da ja noch ein paar richtige Erfahrungen. :)

Darf ich fragen, ob Du nur so Just-for-Fun und Out-of-Interest am Rumsuchen bist oder ob da ein echtes Projekt ansteht? Würde mich wirklich sehr interessieren.

Viele Grüße,
Maria

 

Hi @TeddyMaria,

ich freue mich total über Deine ausführliche Antwort. Der „The Creative Penn Podcast“ scheint eine gute Empfehlung, den habe ich mir jetzt gleich mal bei Spotify reingehängt.

James S. A. Corey war tatsächlich ein Auslöser für mein Interesse. Das begründet sich dadurch, dass die Expanse-Reihe mich mit drei anderen Science-Fiction Fans zusammengebracht hat und wir völlig planlos angefangen haben ein eigenes Scyfy-Universum zu erfinden. Wir dachten eben auch, dass das irgendwie läuft. :rolleyes: Leider ist das gründlich nach hinten losgegangen und ich denke, wie Du schon sagst, hat der Führungsaspekt dabei eine große Rolle gespielt. Einerseits war keiner stark genug das Zepter in der Hand zu behalten und andererseits jeder erpicht darauf seine Ideen durchzusetzen. Jetzt ruht das Projekt, was ich sehr schade finde, denn es machte viel Spaß, als es lief.

Mit der Beziehungsebene machst Du ein interessantes Feld auf, gerade was die unterschiedlichen Erwartungen angeht, kommt man da schnell in Bereiche, die außerhalb der eigenen Komfortzone liegen. Der eine fühlt sich unter Druck gesetzt, dem nächsten geht alles zu langsam, ein weiterer fühlt sich abgehängt und noch einer kann sich vielleicht mit bestimmten Ideen nicht identifizieren – es wird also kompliziert. :schiel:

Seit ich dazu recherchiere, kann ich mich immer mehr für das Writers Room Konzept begeistern, dort ist es der Showrunner, der alle Fäden in der Hand hat, inhaltlich die Verantwortung trägt, im Team moderiert und selbst Autor bleibt. Dazu kann ich Dir diesen Link empfehlen – der führt zu einer informativen Pdf, über die Arbeitsweise im Writers Room:
http://www.br-online.de/jugend/izi/...4-1/Weiss_Goessler-Kreativitaetsindustrie.pdf
Da ich aber sowieso leicht zu begeistern bin atme ich jetzt erst einmal tief durch, harre der Dinge die noch kommen, höre Podcast und hoffe, dass sich genug Wissen anhäufen lässt, um für zukünftige Projekte gerüstet zu sein.:D

Schöne Grüße
Lem

 

Das ist ein sehr guter Essay von Weiss-Goessler, @Lem Pala.
Im Kern vereinigt er Punkte, die ich mir schon länger über den hiesigen Film/Serie gedacht habe (wie du, seitdem ich u.a. von Writing Rooms gehört habe), und weswegen er mit US-amerikanischen Produktionen meistens nicht mithalten kann. Sehr interessant!
Das ist halt auch so eine Meinung in der hiesigen Film-Produktions-Welt, die sich da widerspiegelt: Irgendetwas muss erzählt werden, aber solange viel Budget in beliebte Schauspieler und gigantische Kulissen gesteckt wird, wird der Film/Serie gut werden. Ist zumindest meine Beobachtung und Einschätzung. Dass die Zuschauer mittlerweile perfekt ausgefeilte Geschichten erwarten und viel Blingbling das nicht wettmachen kann, ich weiß nicht, ich hab das Gefühl, das geht manchmal unter. Ich meine, da, wo man auf keinen Fall bei einer Produktion sparen sollte, ist meiner Meinung nach die Story. Ich denke da an Babylon Berlin. Teuerste deutsche Produktion usw. Sah ja wirklich alles auf Hochglanz aus, aber ich hatte wirklich das Gefühl, die Story wurschtelt teilweise so vor sich hin, plätschert und klafft auseinander. Das wäre den Amis in Writing Rooms nicht passiert. Da hätte man sich gegenseitig auf die Finger geklopft. Stelle ich hier mal so in den Raum.
Die Frage der Ausbildung, die in dem Essay steht, finde ich auch hoch spannend. Die Amis ziehen ihren Autoren-Nachwuchs halt in den Writing Rooms mit hoch, in der Praxis bei großen Männern. Hier gibt es ein wenig Babelsberg-Uni, ein wenig Praktikum, aber beim eigentlichen Schreiben ist man dann doch immer allein, muss das mit sich selbst ausmachen und das Handwerk im Kämmerchen lernen. Oder irre ich mich? :D

Sorry für das Abschweifen :D Interessantes Thema!

 

Hi, @Lem Pala

Ah, direkt reingeschaut, sehr spannend. Als großer Serienfan habe ich natürlich schon von den Showrunnern gehört, mich jedoch noch nie wirklich gefragt, was diese Menschen eigentlich tun. :D

Einerseits war keiner stark genug das Zepter in der Hand zu behalten und andererseits jeder erpicht darauf seine Ideen durchzusetzen.

Ich glaube, das ist so ein bisschen der Knackpunkt vom Arbeiten im Team, egal ob es jetzt ums Schreiben geht oder um irgendwas anderes. Ich bin selbst Erste Vorsitzende einer studentischen Initiative. Diesbezüglich verstehe ich es als meine Aufgabe, die Kontakte mit dem AstA, dem Präsidium, Sponsor/inn/en und Fördervereinen zu unterhalten, sodass unsere Mitglieder Feldroboter bauen, Theater spielen, eben einfach ihre Visionen umsetzen können, ohne dass sie dabei befürchten müssen, dass die Uni sie aus der Werkstatt wirft oder ihnen die Gelder ausgehen. Das heißt, ich halte allen Beteiligten den Rücken frei, sodass alle Beteiligten sich auf die Aufgaben konzentrieren können, die ihrem Können und Wollen entsprechen.

Also, du merkst: Das ist so ein bisschen mein Lieblingsthema. :D

James S. A. Corey war tatsächlich ein Auslöser für mein Interesse. Das begründet sich dadurch, dass die Expanse-Reihe mich mit drei anderen Science-Fiction Fans zusammengebracht hat und wir völlig planlos angefangen haben ein eigenes Scyfy-Universum zu erfinden.

Ich habe da letztens auch was drüber gehört, konnte es beim Googlen leider nicht finden, also musst Du mir einfach glauben. (Nochmal gesucht, das Projekt scheint es nicht mehr zu geben. Schade!) Ich habe von einer Fantasy-Welt gehört, die in Amerika von vielen verschiedenen Autor/inn/en mitgestaltet wird. Da läuft das wohl so, dass es ein Wiki gibt, in dem alle Welteninformationen festgehalten werden, sodass die Autor/inn/en alle Rahmenbedingungen haben, um ihre Geschichten in die Welt zu pflanzen.

(Übrigens ja ein bisschen wie beim Pen-and-Paper, wo der Verlag ja auch den Weltenbau auf eine Weise vorgibt, die es den Spieler/inne/n ermöglicht, ihre eigenen Geschichten kanonisch reinzubauen. Wusstest Du, dass im Januar in Deutschland endlich das Expanse-Pen-and-Paper erscheinen wird?)

Dort gibt es auch "People in Charge" für bestimmte Bereiche, zum Beispiel einer weiß alles über Zwerge. Und trifft da im Zweifel auch die Entscheidungen.

Ich glaube, vor allem in größeren Gruppen muss man sich von der seltsam verbreiteten Idee lösen, dass "People in Charge" Gift für die Beziehung sind. Das KANN sein, wenn die People in Charge eben Arschlöcher sind. Aber sie können auch lähmende Situationen aufdröseln und unliebsame Aufgaben fernhalten.

Und ich glaube, das alles ist (wahrscheinlich) vollkommen irrelevant, wenn man nur zu zweit ist. Bei drei Leuten weiß ich nicht, das hängt wahrscheinlich ein bisschen davon ab. Meine Eltern haben früher immer gesagt: "Bei drei Kindern gibt's Stress." Deshalb glaube ich persönlich, dass die magische Grenze, wo sich die Aufgabenteilung nicht mehr von selbst regelt, bei Drei liegt. ;) Und wenn man die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit erstmal festgezurrt hat, kann man kreativ werden, ohne dass einem irgendwelche Orgastreitigkeiten dazwischen kommen.

Über die Inhalte zu sprechen, nicht nur über die Orga, wäre natürlich auch interessant. Wie entwickelt man einen gemeinsamen Stil? Wie teilt man Schreibanteile auf? Wie überarbeitet man so, dass am Ende nicht auffällt, dass mehrere verschiedene Leute geschrieben haben? Ist das überhaupt das Ziel? In "Wild Cards" zum Beispiel hat jede/r beteiligte/r Autor/in einen PoV, und der unterschiedliche Stil ist augenfällig. Aber das macht eben auch den Reiz aus. Inwiefern kann oder sollte man eine Geschichte gemeinsam planen? Wie wird man sich im Team darüber klar, wie welcher Charakter tickt und wie man ihn zu schreiben hat? Wie hält man Gestaltungsentscheidungen am besten fest? Alles inhaltliche Fragen, auf die ich keine Antworten habe.

Viele Grüße,
Maria

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom