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Wie laut Schrift schreit

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12.04.2007
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Anmerkungen zum Text

Nunja, Enkel und - selbst für mich überraschend, ein Steuerfall, werden mich bist Montag beschäftigen, dass ich diesen kurzen Beitrag einstelle, denn das eigentliche Projekt (ein etwas anderes "Fähnlein der sieben Aufrechten") handelt von Umsiedlung und Umbettung und das jeder gespannt ist, wie die "Verschissmussdebatte" weitergeht, hier schon mal die Einleitung, die sehr an die Leute von S... erinnert, nur eben ganz anders:

Gartzweiler“ meint nach dem ältesten Sprachgebrauch eine durch Landsknechte oder Söldner „gesicherte Landschaft“. Die erste Silbe kam uns über das fanzösische Verb „garder“, das „schützen“ und „bewachen“ meint und zu Zeiten Karl des Kühnen als „gard/e, gart“ für ein „Landsknechtsheer“ und allgemeiner einen „Kriegshaufen“ am Anfang der neuhochdeutschen Sprache steht für den einzelnen Söldner, der auf der „garde“, der „Hut“ liegt und sich heute noch im Gardisten zeigt.

Der zwote Teil des Ortsnamens ist eine Ableitung von der lat. „villa“, die im ahd. „wilari“, mhd. „wila“, den Herrenhof meint und im mittelhochdeutschen „wil(e)“ („Weile“) im Sinne einer Zeitdauer oder Zeitraums, der kurz oder nahezu ewig, i. d. R. aber immer irgendwo dazwischen eine glückliche Verbindung eingeht - für die Herrschaft des Herrenhofes und nicht so sehr für das Fußvolk.

Und nirgends in der Mitte Europas zeigt sich deutlicher als im Städtedreieck AC, K und MG die Nähe des Wirtschaftsliberalismus von freiem Unternehmertum zum braunen Sumpf und staatlicher Gewalt, die am Volkstrauertag 2019 an einem rechtsrheinischen Denkmal der Opfer des Nationalsozialismus eine treffliche Zusammenfassung als „Verschissmus“ erhielt.

Wie laut Schrift schreit

Wie laut Schrift schreit

oder

Schreibenlernen nach Gehör und alternatief schreiben, wie man spricht
zur Verschissmussdebatte

»Farvoss farmacht der hon die oigen ven er krayt?«
Jiddisches Sprichwort​

Jedes Jahr hat seine besonderen Tage und bevor das Kirchenjahr mit dem Totensonntag sich dem Ende zuneigt, soll in der Woche zuvor am Volkstrauertag weit über Tiutschiulant hinaus der Opfer zweier Weltkriege gedacht werden.

So auch im 75. Jahr nach dem 8. Mai 1488, da zu Dymmten – einem Örtchen zwischen Calau und Schilda, unweit der Stelle, wo Ruhr und Rhein sich vereinen, ein Fähnlein von sieben oder acht, die genaue Zahl ist nicht mehr zu ermitteln, Gedenkenden der Schock in die Knochen fuhr und die Augen überliefen. Denn als der Kranz an dem Gedenkstein der Opfer der Weltkriege niedergelegt war und die Trauerschleife endlich ihren Text freigab, lasen sie „Den Opfern von Krieg und Verschissmuss“, entrüsteten sich und vermuteten einen Anschlag auf die guten Sitten, den Anstand und die öffentliche Ordnung.

Was war geschehn?

Nach den Recherchen ergibt sich folgendes Bild:

Am Montag vor besagtem Sonntag rief der Vorsitzende der Gedenkenden wie jedes Jahr zuvor den Gärtner seiner Wahl an, bestellte für besagten Termin und Ort einen Trauerkranz mit Schleife und Aufschrift und der gute Mann nahm wie gewohnt die telefonische Bestellung entgegen.

Hier gilt es kurz innezuhalten!

Dieser Montag ist weit über die Dymmtener Grenzen hinaus auch ein besonderer Tag in Tiutschiulant!

An dem Tage nämlich, da zunächst der Hoppeditz alljährlich um elf Uhr elf erwacht und das närrische Treiben in der Abenddämmerung einen etwas anderen Höhepunkt findet in Erinnerung an die Teilung eines roten Mantels durch einen römischen Offizier mit einem Bettelmanne*. Schon hier zeigt sich die tiefe Kluft mitten durch die Gesellschaft, nennen die einen es Martinsfest, so die andern Lichterfest.

Aber die Kluft im Lande reicht viel tiefer, wenn Jecken und Gläubige Glühwein trinken, die einen mit, die andern ohne, also ein Placebo ... Es geht halt mehr als ein Riss durch Tiutschiulant und im Karneval ist fast alles erlaubt – wobei das schulische Experiment „Schreiben nach Gehör“ nicht so sehr eine halbtaube Nuss wie mich erwischt, als die schwächsten der gesellschaftlich Schwachen, wie eben jetzt zu Dymmten.

An diesem elften im elften vor besagtem Sonntag rief also der Vorsitzende der Gedenkenden wie jedes Jahr zuvor den Gärtner seiner Wahl an, bestellte für besagten Termin und Ort einen Trauerkranz mit Schleife und Aufschrift und der brave Mann nahm gewissenhaft die telefonische Bestellung nebst den Worten „… [den 'opfɐn fon kri:k unt ‘faʃızmuz]“ entgegen, reichte die Bestellung gewohnheitsmäßig an die gerade eingestellte junge Floristin weiter und gab ihr der guten alten Tradition verpflichtet die Telefonnummer der Druckerei für Schleife und Aufdruck, und das Mädchen tat, wie ihm geheißen, notierte den Text und begann mit der Arbeit, rief zunächst den Drucker an, der immer schon Schleife nebst Aufdruck geliefert hatte, und flocht den Kranz, wie es sich gehört für Weisungsgebundene.

Wir wissen nicht, was in der Druckerei vor sich ging. Möglich, dass ein Geselle oder der Meister selbst vor dem ersten Entwurf der Aufschrift stand und meinte, die Vorsilbe „Fa“ gebe es nicht auf Tiutschiu, höchstens an seinem höchsten Tag, dem „Vatertag“. Es könne sich also nur um einen „Ver“hörer oder eher noch um einen Schreibfehler handeln und nach der neueren Rechtschreibung müsse „scheißen“ zwar mit „sz“ oder dem sogenannten scharfen „s“ geschrieben werden, nicht aber das kurzsilbige „schissen“, und wenn man halt „muss“, dann „muss“ man eben das durch die Kurzsilbigkeit erzwungene „ss“ verwenden, das sicherlich nix mit dem mehr oder weniger leckeren und gedehnten „Mus“ oder der schnuckeligen „Muse“ zu tun hat. Der gute Mann korrigierte quasi die telefonische Durchsage [den 'opfɐn fon kri:k unt ‘faʃızmuz]“, wie ihn das seine Deutschlehrer und die Rechtschreibreform rieten und raten.

Am Montag der darauffolgenden Woche - genau heute vor zehn Tagen kam - es in aller Herrgottsfrühe zu einem kurzen und letzten, sehr einseitigen Gespräch zwischen Gärtner und Floristin, als das Mädchen den Verkaufsraum zu Dymmten betrat.

„Pack deine Sachen!
Kannst gehn.“

+++​

* Gendergerecht wäre natürlich die alternative Schreibweise und Darstellung als „Martina“ auf der Stute, die die Jacke teilt. Leider lässt sich nicht nachweisen, dass auch nur eine Amazone in den Legionen diente.

Selbst das Gebäck das in o. g. Zeitraum gerne verteilt wird, hat trotz der pluralistischen Stute vorneweg nix mit dem rheinischen Sauerbraten zu tun. Aber wie kommt der Stutenkerl zu seiner Pfeife?

 

Lieber Friedrichard,

ach, welch Schalk doch in deinem Nacken sitzt!

Fängt er doch hier schon an:

und alternatief schreiben, wie man spricht
und dem folgt sogleich:
zur Verschissmussdebatte
:D

Aber die Kluft im Lande reicht viel tiefer, wenn Jecken und Gläubige Glühwein trinken, die einen mit, die andern ohne, also ein Placebo ...
Nice!

An diesem elften im elften vor besagtem Sonntag rief also der Vorsitzende der Gedenkenden wiejedes Jahr zuvor den Gärtner seiner Wahl an,
Soll das so?

Wir wissen nun nicht, was so genau in der Druckerei vor sich ging. Möglich, dass ein Geselle oder der Meister selbst vor dem ersten Entwurf der Aufschrift stand und meinte, die Vorsilbe „Fa“ gebe es nicht auf Tiutschiu, höchstens an seinem höchsten Tag, dem „Vatertag“. Es könne sich also nur um einen „Ver“hörer oder eher noch um einen Schreibfehler handeln und nach der neueren Rechtschreibung müsse „scheißen“ zwar mit „sz“ oder dem sogenannten scharfen „s“ geschrieben werden, nicht aber das kurzsilbige „schissen“, und wenn man halt „muss“, dann „muss“ man eben das durch die Kurzsilbigkeit erzwungene „ss“ verwenden, das sicherlich nix mit dem mehr oder weniger leckeren und gedehnten „Mus“ oder der schnuckeligen „Muse“ zu tun hat. Der gute Mann korrigierte quasi die telefonische Durchsage [den 'opfɐn fon kri:k unt ‘faʃızmuz]“, wie ihn das seine Deutschlehrer und die Rechtschreibreform rieten und raten.
Oh je, oh je, oh je. Eine sehr hübsche kleine friedelige Abrechnung, aber die Überlegungen sind wirklich bezaubernd.

„Pack deine Sachen!
Kannst gehn.“
Diese Welt ist so ungerecht! Was kann die junge Frau für den Narren in der Druckerei. Aber sie hat wohl das Schleiflein eingeflochten, durch ihre Hände fand es zum Kranze, hoffen wir, sie wird mit ihrem Köfferlein nicht allzuweit reisen müssen.

Kurz und witzig. Und ich werde sicher noch des Öfteren an deinen Kranze denken müssen, v.a. wenn Wahlplakate das Stadtbild säumen.

Lieber Friedel, ich wünsche Dir eine ganz zauberhafte Weihnachtszeit und danke für den kurz und -weiligen Text.

:xmas: Fliege

 

Soll das so?

Ich überleg noch ...

liebste Fliege,
weit und breit,

aber schön, dass Du vorbeischaust und ja, man sollte die Wahlplakate genauer ansehen, denn da geht's manches Mal auch luschtich zu.

Danke auch für die (hoffentlich letzte) Fluse
und auch Dear (und allen andern natürlich auch) schöne Tage diese Tage ...

Friedel

 

Lieber Friedel,

ja, auf die Flusensuche habe ich mich erst gar nicht begeben. stattdessen die Mussdabätte verfolgt, die mindestens eines deiner Lieblingsthemen auf altegante Weise thematisiert. Was mir auffällt: in manchen anderen Texten versteckst du mehr an Anspielungen, stellst mehrere Zitate voran und zitierst 60er-Jahre-Hits. Hier nicht. Was dem Ganzen verschwinkelten Gewebe mehr Leichtigkeit gibt.

Die Geschichte mit dem Mädchen, der Gärtnerei, den möglichen Folgen für die Reputation deutscher Fliegenschisslande hätte ich gut und gern länger lesen können. Wer weiß, ob dir die Weihnachtsinspiration, die lauschigluschdige Luschd begegnet. Ich würd's sehr gern lesen, verschissengern.

zur Verschissmussdebatte
:D

So auch im 75. Jahr nach dem 8. Mai 1488,
hä, warum 1488?

in Erinnerung an die Teilung eines roten Mantels durch einen römischen Offizier mit einem Bettelmanne*. Schon hier zeigt sich die tiefe Kluft mitten durch die Gesellschaft, nennen die einen es Martinsfest, so die andern Lichterfest.
Martinsganslischterfest?

[den 'opfɐn fon kri:k unt ‘faʃızmuz]“
:Pfeif:

meinte, die Vorsilbe „Fa“ gebe es nicht auf Tiutschiu, höchstens an seinem höchsten Tag, dem „Vatertag“.
und bei Vuck:lol:

nach der neueren Rechtschreibung müsse „scheißen“ zwar mit „sz“ oder dem sogenannten scharfen „s“ geschrieben werden,
echt?

Gendergerecht wäre natürlich die alternative Schreibweise und Darstellung als „Martina“ auf der Stute, die die Jacke teilt. Leider lässt sich nicht nachweisen, dass auch nur eine Amazone in den Legionen diente.
nö, Martina ist ja eindeutig weiblich, das müsste queergerecht Mart*innen heißen

Selbst das Gebäck das in o. g. Zeitraum gerne verteilt wird, hat trotz der pluralistischen Stute vorneweg nix mit dem rheinischen Sauerbraten zu tun. Aber wie kommt der Stutenkerl zu seiner Pfeife?
mm, jetzt noch n rheinsicher Menüwitz :D

viele :D:D:D:thumbsup::D:D:D-Grüße
Isegrims

 

Was [dear] auffällt: in manchen anderen Texten ...
Ja, da hastu Recht, zumindest kein Unrecht,

Isa,

aber im Grund liegt ja schon die Einleitung vor.
Nicht zu einem neuen Seldvyla, sondern dem braunen, verkackten Gartsweiler, wenn die Familie Tofffel, Herr Pan, Frau Kar und der heilige Sankt Toffel - aus dem Familiengrab umgesiedelt wird ...
Ich denke, bis zur Kreuzigung wirds fedtisch- die sollte ja immer mit der Menschwerdung des ägyptischen Horus unterm Weihnachtsbaum mit Madonna Isis gefeiert und zumindest mitgedacht werden. Arbeitstitel "Braun + Kohle" oder "Laschet die Kindlein zu mir kommen" usw, usf.
Keine Bange, Finnegans' wake wird es nicht.

Was dem Ganzen verschwinkelten Gewebe mehr Leichtigkeit gibt.
Also, etwas Geduld, schöne Tage diese Tage und

in Bälde,

Dante Friedchen,

ach ja, fast übersehn

hä, warum 1488?
versuch's mal mit dem Alfabet, 1 = a, 4 = D usw.

Echt!

nö, Martina ist ja eindeutig weiblich, das müsste queergerecht Mart*innen heißen
* = "...yrer" nee - Bruder Martinus ist einer der wenigen Heiligen (wenn nicht der einzige, da kennt der Protestant sich nicht so gut aus), der nicht den Märtyrer geben musste, um geheilt zu werden ...

Wie dem auch sei - danke für Rheinschau und Kommen und schöne Tage diese Tage,
Dein

Dante Friedchen

 

Lieber @Friedl,

ein verrätselter Text, mit überbordender Liebe zum Detail. Ein unmöglicher* und deshalb wertvoll. *Solche Texte sind viel zu kantig (ungehobelt) – dat kann nich, dat darf nich, dat will nich. Aber großem Respekt dem bocksbeinigen, pferdefüßigen Querulanten, ders darf.
Für mich ist das Satire, die ich mit Enzyklopädie und Monokel lese. Stell ich mir das als Büttenrede vor – das geht – brauch ich eingestimmte Karnevalisten. Man muss auf die Schnelle nicht alles verstehen, aber mehr ist besser.
Gelesen habe ich das, wenn ich im Nachhinein überlege, wie Literatur – es war nicht immer leicht, aber am Ende hat man immer was gelernt. Beim nächsten Mal bin ich wieder dabei.

»Farvoss farmacht der hon die oigen ven er krayt?«

Die Antwort (dass ers gelernt hätte) hat die Reise/Freundesgruppe gen Harz nicht vom Hocker gehauen, aber ich habs auch nicht gut erzählt, tu mich manchmal schwer mit Pointen. Witzig fand ich es selbst schon.

8. Mai 1488

mein lieber Scholli. Ich habs natürlich nicht gerafft. Sorry, Friedl, deine Kommentatoren sind eben hauptsächlich dymmntner, wie es scheint. Vielleicht nur teilweise, denn bei den wenigen Einäugigen hab ichs mir dann abgeschaut. Wirklich 'ante domini "88"'?! :Pfeif:
Falls ja: ganz schön verschraubt, aber originell.

Dymmten
Schilda

ich bin ein bestechlicher Leser – mir gefiel, dass das System hatte.

Was war geschehn?

Nach den Recherchen ergibt sich folgendes Bild:


das habe ich mir als Selbstnotiz zitiert, um zu schauen, wie das mit der Erzählsituation hier so funktioniert. Okay.

Hoppeditz

Vielleicht kann man dich ja hier auch mal zum 11.11. digital als literarischen Hoppeditz einrichten. Und am Ende löschen wir dann deinen Text und Account.

also ein Placebo ... Es geht halt mehr als ein Riss durch Tiutschiulant

Dieses Auslassungszeichen hat bei mir dazu geführt, dass ich mir das wirklich als Büttenrede vorgestellt habe. Denn nachdem bei dieser kleinen satirischen Spitze kurz gelacht werden darf, führt der Text mit einem Hopser an anderer Stelle weiter. Er ist also etwas sprunghaft, was sich ja im Vortrag erlaubt und auch Authentizität stiftet.

Wir wissen nun nicht, was so genau in der Druckerei vor sich ging.

Hier nochmal eine Selbstnotizt: Historischer bis ältlicher Stil durch die Menge Füllwörter. Ich hätte geschrieben: Wir wissen nicht, was in der Druckerei vor sich ging.
Deins erzeugt den Erzähler, der das in süffisantem Ton darbietet.

Ein wildes und forderndes Stück, Friedl, bin gespannt auf nächste Würfe.

LG
Carlo

 

Hallo @Friedrichard

mir hat Deine kleine Satire sehr gefallen. Da es einem Autor kaum möglich ist, die diesen realen Vorfall an Absurdität zu übertreffen, vermute ich, dass es genauso geschehen ist.

Danke für die gute Unterhaltung!

Schönen Gruß!
Kellerkind

 

Aber großem Respekt dem bocksbeinigen,
pferdefüßigen Querulanten, ders darf.
Carlo Zwo

Hier nochmal eine Selbstnotiz: Historischer bis ältlicher Stil durch die Menge Füllwörter. Ich hätte geschrieben: Wir wissen nicht, was in der Druckerei vor sich ging.

Ich weiß,

lieber @Carlo Zwei ,
und glaube Dear, im Sinne des ahd. „gilouben“, das nahe beim „lieb (halten)“, und mhd. „“gelouben“ als „gutheißen“ liegt. Aber ich bin als Hugenottenabkömmling und selbt als Rheinländer, denn Westfale vllt. bekloppt und schräg, aber kein Jeck, schon gar kein Büttenredner, aber

ein verrätselter Text
ist es eher nicht, ging das reale Vorkommni..., das ich unwesentlich geändert habe (Namen z. B.), von den lokalen über die regionalen (mit und ohne „über“) inzwischen durch die ganze Welt, zumindest der Nachrichten lesenden und hörenden Bevölkerungsteile ging.

Für mich ist das Satire, die ich mit Enzyklopädie und Monokel lese.
Lass das glasige Monokel weg und erst recht die Büttenrede – und Du landest jenseits der Stunksitzung beim ollen Tucholsky, der in seinen Deutschstudien für Amerikaner den wundervollen Satz „Fräulein, werfen sie Ihr Kind weg, ich mach Ihnen ein neues“ (itzo aus‘m Kopf zitiert, aber die Jetztzeit wunderbar treffenden Punkt bringend). ‘s ist alles andere als eine Rede aus der Bütt (als Straßenschauspieler weiß ich, was ich sag, und ehem. 18jähriger Rathaus besetzender Lehrling in Solidarität mit Schülern, welchen Gefahren man ausgesetzt ist, "wahr" zu sagen).
Beim nächsten Mal bin ich wieder dabei.
Soll so sein - obwohl meine hiesige Vergangenheit schon einiges bietet - jenseits des Mittelhochdeutschen.

... Ein wildes und forderndes Stück, Friedl, bin gespannt auf nächste Würfe.
So soll's sein!

Und da ich gerade Händels Messiah lausche,
liebes Kellerkind -

Dank an Euch beiden!

Het windje

 

Lieber Friedel,
das ist einfach köstlich, deine kleine satirische Anekdote über einen Missgriff und den Schock der Gedenkenden.
Hat mir gut gefallen. Wir wissen ja, dass viele Reformen und Verbesserungen in allen möglichen Bereichen Dinge nicht korrigiert und verbessert, sondern in Absonderlichkeiten oder gar Schlimmeres verwandelt haben. Zu einem Lesegenuss aber wird die Anekdote über die rechtschreibliche Entgleisung durch deine vielfältigen Sprachspiele und Anspielungen.
Ja wirklich, ein Lesevergnügen.

Aber die Kluft im Lande reicht viel tiefer, wenn Jecken und Gläubige Glühwein trinken, die einen mit, die andern ohne, also ein Placebo ... Es geht halt mehr als ein Riss durch Tiutschiulant und im Karneval ist fast alles erlaubt – wobei das schulische Experiment „Schreiben nach Gehör“ nicht so sehr eine halbtaube Nuss wie mich erwischt, als die schwächsten der gesellschaftlich Schwachen, wie eben jetzt zu Dymmten.
Nur hier würde ich ein wenig umformulieren. "Aber die Kluft im Lande reicht viel tiefer, wenn Jecken und Gläubige Glühwein trinken, die einen mit, die andern ohne, also ein Placebo." Das klingt so, als käme der Riss zustande durch das Trinken von Glühwein. Oder als stünde das eine mit dem anderen im Zusammenhang. Eigentlich willst du ja aber sagen, dass das Trinken von Glühwein nur ein Anzeichen der tiefen Kluft ist.

Sehr gerne gelesen.
Novak

 

Hallo Novak,

schön, dass Du vorbeischaust und noch schöner, dass es ein Lesevergnügen ist.

Ich dank Dear (wie auch allen Kommentatoren zuvor)!

Über Deinen Vorschlag - natürlich ist der Trunk mit und ohne C2H6O nicht Ursache des Risses durch die Gesellschaft. Da muss ich mal schauen und natürlich denk ich auch über den Vorschlag @Carlo Zwei s nach.

Wie dem auch wird,

schöne Tage diese Tage wünscht der

Friedel,
der jetzt nach seinen Ursprüngen hierorts zurückkehren muss ... Panamarenko ist tot!

 

Tach, @Carlo Zwei,

Recht hastu mit der „Selbstnotiz“

Wir wissen nun nicht, was so genau in der Druckerei vor sich ging.
und die Füllsel sind ersatzlos gestrichen.

Dank Dear!

Schwieriger und hartnäckiger gibt sich der Satz

Aber die Kluft im Lande reicht viel tiefer, wenn Jecken und Gläubige Glühwein trinken, die einen mit, die andern ohne, also ein Placebo ...
, von dem Du berechtigterweise,

liebe @Novak,

anmerkst

Nur hier würde ich ein wenig umformulieren. Das klingt so, als käme der Riss zustande durch das Trinken von Glühwein. Oder als stünde das eine mit dem anderen im Zusammenhang. Eigentlich willst du ja aber sagen, dass das Trinken von Glühwein nur ein Anzeichen der tiefen Kluft ist.
, der den Placebo-Effekt jetzt nicht mehr benennt, sondern aufzeigt
"Aber die Kluft im Lande reicht viel tiefer, wenn am Glühweinstand Narren und Gläubige den rechten Arm heben. Die einen halbhoch mit Becher und die andern gestreckt mit flacher Hand auf Augenhöhe", den ich mal vorsichtshalber erst mal als Anregung ein- und ggfs. zur Diskussion stelle.

Dank Dear nochmals für den notwendigen Hinweis!

Bis bald,

Friedel

 

[n‘a:bnt. man‘lijo: (‘o:dr doç ‘ma:nlijo:?),

ain kom gantz im ‘sinə ‘maınəz ‘hɛrtsənz ʊnt - fo:r ‘aləm - ‘kopfz!

da: vyrt ‘onkl froi:t ‘zainə ‘hele ‘froidə ‘habn ʊnt ka:rl ‘guztaf niçt ‘mindr …

dank di:r fyrz ‘fo:rbaiʃɑʊn, gern `le:sn & ‘lo:bn., ‘abr an siç ‘soltn ‘faʃizmuz + ‘bolʃə‘vizmuz siç selpst ‘er‘lediçt ‘habn,‘a:br gəpfifn – daz an siç alz fraı gə‘dɑχtə nets izt i:r ‘pro‘fe:t.

‘li:bə ‘gryzə & ‘ʃœnə ‘ta:gə ‘di:ze ‘ta:gə fom

‘fri:dl]

 

Lieber @Friedrichard,

auch von mir ein spätes Mini-Feedback.
Schöner spritziger Text, gefällt mir, deine kleine Satire.

Natürlich hab ich wieder als Letzte mitbekommen, dass du die Wortspielerei gar nicht selbst erfunden hast. Ehrlich: Das hätte ich dir voll zugetraut.
Dass dieser reale Vorfall natürlich das Räderwerk in deinem Kopf angetrieben hat, kann ich mir gut vorstellen. Du greift das Malheur auf (ich glaube nicht an ein Versehen, sondern der Schreiber wollte seine Überzeugung kundtun, der Faschismus hat verschissen), findest glaubhafte Erklärungen zum Tathergang, machst einen Schlenker über Karneval zu den Rechtschreibe-Reformen sowie dem ganz normalen Schulwahnsinn und beweist damit, dass man letztendlich ja gar nichts anderes erwarten kann, wenn jeder das niederschreiben darf, was er hört. Und in naher Zukunft wird das ein riesen Spaß, schon alleine, wenn man an die unzähligen lustigen Dialekte im Lande der Dichter und Denker denkt. Gesprochene, geschriebene und gelebte Kleinstaaterei. :D

Ist mir besonders ins Auge gesprungen:

und wenn man halt „muss“, dann „muss“ man eben das durch die Kurzsilbigkeit erzwungene „ss“ verwenden,
Zufall ist das nicht in der Verschissmusdebatte!

Übrigens, den Titel finde ich ebenfalls richtig gelungen.

Liebe Grüße aus dem platten Land von peregrina und rutsch gut rüber ins Neue!

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Grüße aus dem platten Land von peregrina und rutsch gut rüber ins Neue!

Ich hoffe, wird niemand als Bosheit interpretieren:

Dank Dear & mach ich doch glatt (wehe, es wird - wie schon mal - Glatteis auch nur angesagt!!!!, dann werd ich Verschwörungstheorien in die Welt setzen ... noch und nöcher!)

goede reis!

Freatle

 

Ja, da ist viel Wahres dran an Deinem Beitrag und uns ist nicht die Schrift heilig, sondern die Heilige Schrift, die ja durch Luther in der sächsischen Kanzleisprache übersetzt wurde und nun in „gerechter“ Sprache (was immer das sein mag, wahrscheinlich hat man die Vorsilbe „kind…“ oder „sms-Generation“ vergessen). Man muss heute nur lang genug „lol“ schreiben – und schon taucht es im Duden auf.
Aber das Elend bei der Rechtschreibreform ist die Übermacht der Kultusbürokratie (soweit ich weiß hat darum mancher „Schriftgelehrter“ die Brocken noch vor der Zeitenwende hingeworfen) und es heißt ja nicht umsonst „amtliches“ Deutsch, dass wir noch von Glück sagen müssen, dass die einfache Ampel immer noch erlaubt ist gegenüber dem amtlichen Monster Wechselblinkanlage (Marc Twain routiert im Grab). Nun muss man tatsächlich bis drei zählen können im Monster der Donaudampfschiff+fahrtsgesellschaft.

Ein Gewinn für uns alle, meine ich, dass Du wieder dabei bist, ich bin über Deine beiden Kommentare wirklich überrascht,

lieber Moritz,

aber genau in Deinem ersten Hinweis,

… Schleife und Aufschrift KOMMA und der brave Mann nahm...
beschließt das Komma nicht den ersten Hauptsatz, sondern den Relativsatz, denn "eigentlich" wunder ich mich auch i. a. R., wenn hierorts manchesmal die Funktion der Konjunktion "und" ausgesetzt wird und der zwote Hauptsatz seine besonderen Betonung halber mit dem Komma vorm und gekrönt wird.
... rief zunächst den Drucker an, der immer schon Schleife nebst Aufdruck geliefert hatte, und der ...

genau heute vor zehn Tagen
hierzu schreibstu:
Ich glaube, auch, wenn ich mir nicht sicher bin, daß ein solcher Einschub nach beiden Seiten hin abgegrenzt werden muß
Von der Begründung her hastu Recht, aber was wenn die ersten fünf Wörter nicht so sehr ein „Ein-“, sondern ein „Vorschub“ sind, um ein zwotes Komma zu ersparen?
Am Montag der darauffolgenden Woche
, genau heute vor zehn Tagen kam es in aller Herrgotts …
könnte genauso gut oder schlecht umgekehrt stehen und umgekehrt eins könnte gestrichen werden (dann wahrscheinlich die zehn-Tage-Marke, die ja aus heutiger Sicht nicht nur zehn Tage, sondern zehn Monate her ist.
Ich überlege auf jeden Fall!

in aller Herrgotts Frühe
"Herrgottsfrühe" kann - und sollte man zusammenschreiben.
stimmt. Wahrscheinlich scheute ich vor der Berührung des Herrgotts zurück ...

Dank Dear und bis gleich,

FRiedel

 

@moma,

moin Moritz,

habs kopiert und meld mich - muss gleich raus (Rudel ...). Ich meld mich!

Schönes Wochenende und bis nachher

 

Lieber @Friedrichard

ein herrlicher Text! Ich habe ihn sehr gerne gelesen und mich köstlich amüsiert. Danke dafür.

Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag.

Ganz liebe Grüße,
Silvita

 

So soll es sein,

liebe Silvita,

und ohne Kloß im Hals. Ich danke Dear fürs Lesen und vor allem für die Rückmeldung.

Dear einen schönen Restsonntag, wünscht der

Friedel

 

Guten Morgen @Friedrichard,

habe mich sehr über deine Kommentare gefreut und dann habe ich diese Geschichte von dir gefunden. Sie hat mir gefallen und mich an diesem Morgen zum Schmunzeln gebracht. Besonders hervorheben möchte ich auch die Spannung, die der Text für mich erzeugt hat. Ich wollte unbedingt wissen, wie diese Geschichte wohl ausgeht. Ich gehe auf meine Lieblingsstellen in der Textarbeit ein:

Tiutschiulant
Ich muss gestehen, dass ich das Wort nicht einordnen konnte. Ist es ein altes Wort für Deutschland?

Denn als der Kranz an dem Gedenkstein der Opfer der Weltkriege niedergelegt war und die Trauerschleife endlich ihren Text freigab, lasen sie „Den Opfern von Krieg und Verschissmuss“, entrüsteten sich und vermuteten einen Anschlag auf die guten Sitten, den Anstand und die öffentliche Ordnung.
Ich geben offen zu, dass ich mir das Grinsen nicht verkneifen konnte. Ansonsten hat mich der Satz ein wenig an den Schreibstil von Ferdinand von Schirach erinnert - dein Satz klingt ausgesprochen elegant in meinen "Ohren".

Hier gilt es kurz innezuhalten!
Der Satz war für mich auf jeden Fall wichtig, weil ich mich so auf den Wechsel gut einstellen konnte. Insgesamt ist mir aufgefallen, dass ich deinen Text sehr dicht finde und aufmerksam gelesen habe.

und nach der neueren Rechtschreibung müsse „scheißen“ zwar mit „sz“ oder dem sogenannten scharfen „s“ geschrieben werden, nicht aber das kurzsilbige „schissen“, und wenn man halt „muss“, dann „muss“ man eben das durch die Kurzsilbigkeit erzwungene „ss“ verwenden, das sicherlich nix mit dem mehr oder weniger leckeren und gedehnten „Mus“ oder der schnuckeligen „Muse“ zu tun hat.
Das ist eine meiner Lieblingsstellen. Sie spricht für deine Bildung und ich als Leser konnte mich hier gut auf den Erzähler verlassen. Die Erklärung ergibt Sinn und hat demnach für mich dazu beigetragen, die Geschichte noch mehr zu genießen.

Der gute Mann korrigierte quasi die telefonische Durchsage [den 'opfɐn fon kri:k unt ‘faʃızmuz]“, wie ihn das seine Deutschlehrer und die Rechtschreibreform rieten und raten.
Wirklich lustig! Ich mag diese Art von Humor.

Insgesamt ist das eine Geschichte, die ich einerseits spannend fand und andererseits hat sie mich zum Schmunzeln gebracht. Zudem hatte ich den Eindruck, dass deine Geschichte ein bisschen wie ein Puzzle ist. Es gibt viele Rätsel, die auf mich als Leser gewartet haben. Besonders gelungen fand ich das Sprichwort, mit dem du eingestiegen bist:

»Farvoss farmacht der hon die oigen ven er krayt?«
»Warum schließt der Hahn die Augen, wenn er kräht?» - Weil er es auswendig kann.»
Herrlich, passt so gut zu deiner Geschichte!

Mein Fazit ist: Je tiefer ich mich auf deinen Text eingelassen habe, desto mehr habe ich ihn genossen. Danke für den guten Humor am Morgen.


Beste Grüße
MRG

 

Das wird ja heute ein Festival für mich - und auch für Dich,

lieber @MRG,

dass die Freude mindestens so groß ist wie Deine!


Friedrichard schrieb: Tiutschiulant
Ich muss gestehen, dass ich das Wort nicht einordnen konnte. Ist es ein altes Wort für Deutschland?

Richtig - das Wort ist eine Verballhornung (schon in der "Kakophonie") aus der karolingischen Zeit, als der große Karl die Volkssprache(n) legitimierte (mit der latinisierten Bevölkerung links des Rheines konnte er gut umgehen) - thiudisk (tatsächlich noch mit dem tea-aitsch, für das es auch besondere BUchstaben gab, wie wir bereits aus der Bibelübersetzung des Ulfilas wissen.)

Ich geben offen zu, dass ich mir das Grinsen nicht verkneifen konnte. Ansonsten hat mich der Satz ein wenig an den Schreibstil von Ferdinand von Schirach erinnert - dein Satz klingt ausgesprochen elegant in meinen "Ohren".
Den hab ich hierorts auch ein- oder zwomal besprochen und mit meinem Studium kommt man um Juristerei nicht rum - von Steuern über Vereins- und Wirtschaftsrecht

Insgesamt ist mir aufgefallen, dass ich deinen Text sehr dicht finde und aufmerksam gelesen habe.
Ja, ich hab auch was poetisches (irgenwann stolperstu vllt. auch mal über Gedicht oder Ballade von mir.

Wirklich lustig! Ich mag diese Art von Humor.
Humor in all seinen Variationen ist auch eine gute Verteidigungswaffe ... Ich liebe Satire und bin wahrscheinlich eine gelebte ... Lachen hält gesund!, man muss sich ja nicht gleich totlachen ...

Insgesamt ist das eine Geschichte, die ich einerseits spannend fand und andererseits hat sie mich zum Schmunzeln gebracht. Zudem hatte ich den Eindruck, dass deine Geschichte ein bisschen wie ein Puzzle ist. Es gibt viele Rätsel, die auf mich als Leser gewartet haben. Besonders gelungen fand ich das Sprichwort, mit dem du eingestiegen bist:
Ich mag vor allem Dialekte - und da ist das Jiddische im Vorteil gegenüber dem Ruhrlatein, dass ich gemeinhin sprech. Aber jeder hört am Kland des Singsangs den Rheinländer bei mir raus. Und wir sind bekanntlich mit Kölsch, Alt oder Pilsken getauft ...

Mein Fazit ist: Je tiefer ich mich auf deinen Text eingelassen habe, desto mehr habe ich ihn genossen. Danke für den guten Humor am Morgen.
Nix zu danken - ich hab zu danken, meint der

Friedel

 

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