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Wie man eine Banane zu schälen hat!
Ein Auszug aus dem Expeditionstagebuch von Professor Georg Heu lautet wie folgt:
[…] Ich sitze in einem alten Baumriesen und blicke auf eine Waldlichtung mitten im dichten Dschungel. Unzählige Menschaffen haben sich hier zusammengefunden und sitzen exakt nach Art in Gruppen sortiert. Doch trotz der gut strukturierten Gruppierungen ist auf der Lichtung die Hölle los. Alle Anwesenden brüllen heillos durcheinander und ab und an kann man beobachten, dass die Gruppen miteinander kommunizieren. Dabei ist mir nicht ersichtlich, ob sie Verabredungen treffen, oder ob sie sich bedrohen bzw. sogar erpressen wollen.
Auf einmal steht eine Gorilladame auf und tritt ins Zentrum der Lichtung. Erst jetzt bemerke ich den Stein in der Mitte der Lichtung, auf welchen die Gorilladame aufsteigt. Alle Affen verstummen, manche aus Überzeugung andere mit Widerwillen. Mit einer Banane in der Hand demonstriert sie, wie bisher die Banane geschält wurde. Dies ist zwar nur eine Hypothese, aber mein Wissenschaftlersinn lässt mich schlussfolgern, dass sie an der ursprünglichen Bananenschältechnik verbleiben will. Nach Beendigung ihrer Vorführung bekunden alle Gorillas mit Brusttrommeln ihre Zustimmung, und die stolze Dame verzehrt die Banane genüsslich. Während die Gorilladame gewichtig wieder ihren Platz in der Gorillagruppe einnimmt, erhebt sich diesmal ein Schimpanse und sucht ebenfalls mit einer Banane bewaffnet das Zentrum der Lichtung auf. Doch besonders ist diesmal, dass er nicht allein vorgeht. Ihn begleitet ein alter Schimpansenkollege der einen Ast als Stütze mit sich führt. Vorne angekommen präsentiert der Redner, wie er die Banane schält und dem Alten herüberreicht. Diese Vorführung wird nicht nur von den Schimpansen mit einem Affentheater bejubelt. Auch die Orang Utans scheinen von dieser Idee angetan zu sein und äußern milde Zustimmung. Bis sich der Trubel wieder gelegt hat, beobachte ich einige Zwischenrufe und auch Proteste von Gorillas und Bonobos. Sichtlich zufriedener scheinen Letztere zu sein, als einer von ihnen den Schimpansenredner ablöst. Immer wieder versucht dieser Bonobo die Banane in die Staude wieder einzusetzen. Offenbar scheint er zu gestikulieren, das Schälen und damit auch den Verzehr der Banane restlos bleiben zulassen, um damit der Staude keinen Schaden beim Pflücken zufügen zu müssen. Letztlich legt der Bonobo die Banane zur Staude zurück, macht eine tiefe Verbeugung vor selbiger und tritt vom Pult in seine Gruppe zurück. Erst jetzt erlangen auch die Orang Utans das Wort. Doch nicht einer, sondern gleich ein Dutzend von ihnen betreten das Zentrum und alle ziehen gemeinsam die Schale der Banane ab. Darauffolgend wird die Banane in gleich große Stücke geteilt und jeder Teilnehmer des Schälprozesses genießt sein Stückchen Banane.
Im weiteren Verlauf kommt es immer wieder zu heftigen Ausschreitungen mit Beißattacken und dem Werfen von Fäkalien. Ich denke an die armen restlichen Menschenaffen des Dschungels, die nun völlig ratlos sind, wie sie denn die Bananen schälen dürfen oder sollen. […]
Fünf Jahre später wiederholte Professor Georg Heu seine Expedition. In seinem Tagebuch notierte er nur folgenden Satz:
[…] Die Diskussionen zur Schälweise der Bananen unter den Menschenaffen laufen unverändert weiter. […]