Zusammen allein
Da sass sie, bei ihm, neben ihm, trotzdem allein. Er lag, sah hinauf, hinauf in ihre Augen, Augen in die er sich verliebte, Augen, die alles für ihn waren, Augen, für die er gekämpft hatte, Augen, von denen er geträumt hatte, ihre Augen. Sie sah weg, weg von ihm, ertrug seinen Anblick nicht mehr, hilflos, wie er da lag. Beide wollten reden, keiner konnte, keiner brachte sie über die Lippen. Die Worte, Worte, schon zu oft missbraucht, schon zu oft gelogen. Worte, die es erleichtert hätten, Erleichterung für beide, doch das wollten sie nicht. Sie wollten keine Erleichterung, wollten sich nichts vorspielen, sie wollten den Schmerz. Schmerz, mit dem es einfacher und schwerer gleichzeitig wurde, ein Schmerz, nicht physisch aber so schmerzhaft als wäre er es. Er sah sie, sie hatte es versprochen, aber sie war da, lief langsam ihre Wange entlang hinunter, bis sie lautlos fiel. Eine Träne, eine einzige Träne. Sie wandte sich von ihm ab, versteckte ihre Augen, ihre feuchten Wangen, ihre bebende Brust, ihr schweres Atmen, das schwere Schlucken, ihr leises Schluchzen. Doch er sah es, sah die Träne und alles andere, alles, was sie versuchte zu verstecken. Seine Finger strichen über ihre Wangen, strichen die Tränen weg. Sie hielt seine Hand fest, so fest, als könnte sie ihre Wange einfach loslassen und nie wieder berühren. Sie schloss ihre Augen, fühlte die Wärme, die von seiner Hand ausging, die Wärme, für die sie gelebt hatte. So lange hatte sie diese Wärme jeden Tag gefühlt, so lange vermisste sie diese Wärme jeden Moment, in dem sie nicht bei ihr war. Auch in seinen Augen sah man Tränen, Tränen für sie, wie sie dasass, hilflos seine Hand haltend, alleine neben ihm.
Noch immer sah sie ihn nicht an, hielt seine Hand fest, mit geschlossenen Augen. Seine Hand zog ihr Gesicht zu ihm, ihre Augen öffneten sich, sie sah ihn an. Sie legte ihre Hand auf seine Brust, fühlte seinen Herzschlag, wenn auch nur schwach. Sie fühlte ihn, fühlte, wie sein Herz kämpfte um jeden einzelnen Schlag, der ihren Anblick in seinen Augen verlängerte. Diesen Anblick, ihr wunderschönes Gesicht mit diesen Augen. Noch einmal sah sie in seine Augen, sah ihn noch einmal einatmen, spürte noch einmal das Heben seiner Brust unter ihrer Hand, fühlte noch einmal das Schlagen seines Herzes, bevor die Schläge unter ihren Fingern stoppten, die Brust sich ein letztes Mal senkte und das vertraute, regelmässige Piepen aufhörte. Da war sie, bei ihm, allein, ich liebe dich.