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Serie Magister Peélius - Das letzte Kapitel - Der Leuchtturm der Insel Ustrit

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29.07.2016
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Magister Peélius - Das letzte Kapitel - Der Leuchtturm der Insel Ustrit

Ein Sturm fuhr über das weite Meer, der das Wasser in hohen Wellenbergen gegen das Land warf und die Bäume auf der Steilküste stark gegen das Inselinnere bog, sodass Äste knackten und brachen. Direkt am Rand des sandigen Abhanges, duckte sich ein kleines, schmutziges Zelt unter dem Sturm weg, in welchem Licht zu brennen schien. Darin saß Magister Peélius, Absolvent der Fakultät für Archäologie der fernen Universität von Rostheim, einer Stadt welche der Aufmerksamkeit des Lesers nicht weiter wert ist, er muss lediglich wissen, dass Rostheim die letzte echte Stadt ist, welche von Menschen bewohnt wird und nicht mehr als 100 gute Jahre vor sich hat, bevor auch sie in das Fachgebiet von Peélius fällt.

Der Magister beugte sich tief über seine Aufzeichnungen und Studienobjekte, welche er im Laufe des Tages gesammelt hatte, bevor ihn der Sturm dazu zwang, seine Feldarbeit fürs erste zu beenden. Als es noch sonnig und windstill war, kletterte er in den Überresten des am Strand liegenden Wrackes, eines antiken Schiffes herum. Es war eines dieser Stahlkolosse unerklärlicher Herkunft, mit Wänden dick wie Arme, langen, eisernen Rohren, welche aus hüttenähnlichen Gehäusen in die Ferne wiesen, und überall verstreut liegenden metallenen Dosen, voller schwarzem, körnigem und absolut ungenießbarem Pulver.

Er konnte einige Fundstücke vorweisen, welche nicht ohne Grund seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten. Zum Beispiel war da eine Karte, welche wohl die Küstenregion irgendeiner exotischen Küste zeigte, denn die hiesige hatte bei leibe nicht so viele Inseln, Buchten und Häfen, geschweige denn Namen dafür. Weiterhin hatte er eine Art Kompass gefunden, welcher jedoch keinen Zeiger besaß, ein Fernglas, welches man statt nur vor ein Auge, vor beide führen konnte und bedeutend weiter sah, als mit den Handelsüblichen Erzeugnissen optischer Handwerkskunst. Je länger Peélius diese Fundstücke betrachtete und eine seine unvergleichlich größere Sammlung in seiner heimatlichen Werkstatt dachte, desto deutlicher wurde ihm, was in antiker Zeit die Spezies Mensch hervorgebracht haben musste. Gleichzeitig wurde ihm aber auch das Rätsel um den Untergang eben jener großen Tage größer.

Der Wind rüttelte nun immer stärker an der Zeltbahn und der Regen drückte von außen so stark gegen eben jene, das an einigen Stellen die Feuchtigkeit bereits ohne Schwierigkeit hineindrang und in dicken Tropfen auf Bücher, Schäufelchen, Messgeräte und sonstige Habe des Magister troff. Er entschloss sich seine Kerze zu löschen und sich in seinem ledernen Schlafsack zu verkriechen, den Kopf voll mit Gedanken um die Welt, den Sinn darin und allem überhaupt. Erst spät nach Mitternacht fand er Schlaf. Der Wind pfiff durchs Geäst, der Regen trommelte auf die Sandige Steilküste.

Als der Gelehrte am nächsten Morgen, der Sturm hatte sich verzogen und dicker Nebel lag über der gesamten Gegend, austreten ging hielt er den Anblick, der sich ihm Bot, erst für eine Halluzination, hervorgerufen durch die morgendliche Verwirrung oder vielleicht auch die Pilze, die er am Vorabend gegessen hatte. Doch bei genauerer Betrachtung der Lage wurde ihm immer deutlicher, dass ich sich bei der landschaftlichen Veränderung nicht um eine Illusion handelte, sondern um echte, vom Meer umspülte Realität. Er wünschte sich nichts dringlicher als ein Gerät, welches ihm sofort die Szenerie auf Leinwand gebannt hätte.

Vor ihm, keine hundert Meter vom Strandufer entfernt, erhob sich aus dem Wasser ein gut hundert mal hundert Meter messender Felsen, welcher sich gut zehn Meter erhob und gekrönt wurde von einem mächtigen, aus grauem, grob behauenem Granit gebautem Leuchtturm. Trotz des dichten Nebels, welcher einen nicht weiter als fünfzehn Meter blicken ließ, war das sonderbare Gebilde deutlich zu sehen. Sie leuchtete regelrecht, pulsierte und schien nicht nur die Aufmerksamkeit von normalen Lebewesen auf sich zu ziehen, sondern ließ das gesamte Universum neugierig herabschielen.

Das Wrack war vergessen, die Überlegungen, welche mit ihm in Verbindung standen waren Schnee vom Vorjahr. Peélius stürmte in sein Zelt und griff zu seiner Expeditionstasche, welche alle nötigen Gegenstände für einen längeren Aufenthalt im Felde beinhaltete. Seine Finger streiften auch kurz den mit Leder umwickelten Griff seines Anderthalbhänders. Er zögerte einen kurzen Augenblick, wand sich dann jedoch um und verließ die Unterkunft. Sein Mordeisen hatte er noch nie gebraucht, es noch nie mit ins Feld getragen, und wegen eines Leuchtturmes, welcher aus dem Nichts im Nebel, auftauchte, würde er auch nicht damit anfangen.

Um den Hang sicher hinab zu gleiten benutzte er eine Art Strickleiter aus verflochtenen Tauen mit dicken Knoten statt hölzernen Leitersprossen und befand sich ohne Schwierigkeiten auf dem Strand, am Fuße der Sandklippen. Das Wrack, so notierte er gewissenhaft, war noch an Ort und Stelle. Es schien sich nicht verändert zu haben, lediglich die eisernen, meterlangen Rohre schienen heute etwas bedrohlicher als am Vortag in die unendlichen Weiten des Himmels zu ragen. Er bewegte sich geschickt zwischen den verstreuten Trümmern, mied gefährliche Passagen mit tödlichen Fallen und Hindernissen. Er fühlte sich dabei ständig beobachtet. Als würde ihm jemand zusehen, ihn studieren und Erkenntnisse über ihn gewinnen, die er besser ein Geheimnis hätte lassen wollen.

Als sich der Magister nach einer Möglichkeit umsah, wie er zu dem Felsen im Meer gelangen konnte, entdeckte er, etwas abgelegen vom Wrack des antiken Ungetüms eine Art Steg aus reinem Basalt oder ähnlichem, dunklen Gestein. Dieser schien sich leicht um den Felsen im Meer zu winden und, so nahm er an, auf der, der See zugewandten Seite, auf das Massiv zu treffen, was erklären würde, warum er selbst vom Rande der Steilküste keine Treppe oder sonstigen Zugang zum Turm entdecken konnte. Als er den scheinbar natürlich gewachsenen Übergang entlang ging stellte er fest, dass das Gebäude älter sein musste, als er zunächst angenommen hatte. Trotz der Tatsache, dass er von einem Tag zum anderen hier erschienen war, war er, aus der Nähe besehen, sichtlich gealtert. Die wenigen, kleinen Fenster, welche in einer aufwärtsführenden Spirale in das Richtfeuer eingebaut waren, waren teilweise zerstört. nur noch Scherben, welche im Rahmen steckten, erinnerten an ihre Existenz. Dazu waren die Mauern mit Schlick, Seetang und Vogeldreck verunreinigt. Das eigentliche Signallicht in der Spitze des Turmes war erloschen und drehte sich nicht.

Als der Archäologe noch vom Steg aus die Kanzel beobachtete fiel ihm eine unmerkliche Bewegung auf, etwas schien sich dort oben zu befinden, zu bewegen und ihn mit seinen Blicken zu verfolgen. Ein Gefühl der Angst verknotete seinen Magen, doch konnte es seine unbändige, natürlich rein wissenschaftliche, Neugier nicht überwinden. Vorsichtiger, sich umsehend stieg er eine Treppe aus einem einzigen, auffallend behauenem jedoch billigem Fels empor, welcher sich durch sein helleres Grau von der Umgebung abhob. Auf dem Weg nach oben, zu einer Eichentür mit der Nummer 23 in goldenen Ziffern darauf untersuchte er das Geländer, welches die Treppe zu beiden Seiten flankierte. Es bestand aus jeweils einem einzigen, langen, eisernen Rohr. Es war stark verrostet, musste aber in der Anschaffung so viel gekostet haben wie ein gut gehender Bauernhof, wenn man momentane Materialpreise für einfaches Raseneisen und mögliche Kursschwankungen berücksichtigt.

Er starte auf die Tür, nach dem er oben angelangte. Etwas in ihm sagte, er müsse klopfen, obwohl es dazu keinerlei Anlass gab. Weder wirkte der Turm bewohnt, noch hatte er das Gefühl, das ein unwahrscheinlicher, tatsächlicher Bewohner diese Höflichkeit zu schätzen gewusst hätte. Wäre niemand da, würde niemand öffnen, dachte sich der Magister, wäre jemand zuhause, würde derjenige ihn womöglich nicht nur zum Teufel jagen. Er griff den Klopfer, schwang ihn weit nach hinten, hielt eine Sekunde inne, dann schlug er dreimal heftig gegen die eichene Tür. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, seine Hände zitterten. Er fühlte eine unerklärliche Enge und Angst.

Doch es geschah nichts. Offenbar war die Pforte nicht richtig verschlossen, denn, durch die Kraft des Klopfens, schwang sie leicht nach innen auf und gab den Blick auf einen weiten Saal frei, welcher das innere des Turmes bedeutend größer erscheinen ließ als das Äußere. Peélius fasste sich ein Herz, griff mit beiden Händen den quer über seine Brust verlaufenden Tragegurt seiner Expeditionstasche und schritt durch die Öffnung in den Leuchtturm. Im Inneren war es nicht wirklich dunkel, es fiel genug Tageslicht durch die Tür und die zerstörten Fenster hinein, sodass er einige verstaubte und verdreckte Möbel, wie zum Beispiel leere Schränke und einen verschrammten Tisch ausmachen konnte. Alles in allem nichts Besorgnis erregendes, Feindseliges, geschweige denn unheimliches. Es war ein einfaches Gebäude welches ein wenig mit den Gesetzen des Raumes spielte um Staub und Spinnen etwas mehr Spielraum zu geben.

Bei genauerer Betrachtung stellte er fest, dass die Inneneinrichtung jedoch antik sein musste. Die Tische, als Beispiel, waren eben, mit einer Art von Lack überzogen, und besaß auf der Unterseite eine Kennnummer, oder etwas Ähnliches. Die Schränke glichen einer dem anderen wie ein Ei dem anderen. So etwas, auch mit bestem Material und Werkzeug, konnte keiner der hiesigen Handwerker, ja nicht einmal die Manufakturen in Rostheim herstellen. Also, antik, was bedeuten musste, das der Turm selber aus jener grauen Vorzeit stammen musste.

Weiter oben im Gebäude krachte es plötzlich, als wäre ein Küchenschrank umgestürzt, gefolgt vom obligatorischen Klirren wegrollenden Geschirrs. Wie angewurzelt blieb Magister Arnulf Peélius, Entdecker der Drachentiere aus den Wucherknollen-Bergen, stehen, ohnmächtig, seine angstgelähmten Glieder zu bewegen. Von der Leuchtfeuer-kanzel drang ein leises Zischen und Gurgeln herunter. Der Erzeuger des Geräusches wirkte jedoch eher genervt, als wütend oder böse, doch der Gelehrte war sich bei seiner Einschätzung nie zu einhundert Prozent sicher. Er bereute sehr, sein Schwert im Zelt zurückgelassen zu haben.

Nach einige Minuten, als wieder Ruhe im Turm einkehrte, fasste sich der Wissenschaftler erneut ein Herz, nahm erneut seinen Mut zusammen und stieg die Treppe empor, sah sich aber nun aller drei Sekunden um, in der Hoffnung, nichts hinter sich zu erblicken. Der Griff seiner Hand um den ledernen Gurt der Tasche wurde fester, seine andere, rechte Hand hielt sich am Geländer der Wendeltreppe fest, welche sich an der außen Wand des Leuchtturmes schraubenförmig nach oben wand. Er nahm Stufe für Stufe, übersprang keine und gab sich sichtlich Mühe, keinen einzigen Laut zu machen, auf keine Scherbe zu treten.

Er kam auf seinem Weg an den zerstörten Fenstern vorbei und konnte dabei einen Blick auf das Meer und die Steilküste werfen. Der Nebel hatte sich verzogen, das Meer lag ruhig und friedlich da. Nur einige wenige, kleine Wellen kräuselten sich an den Strand heran. Möwen zogen weite Bahnen über die Küste und hielten zwischen den Trümmern des Schiffes nach Krebsen und Muscheln Ausschau. Der Sturm der vergangen Nacht hatte keinen sichtbaren Schaden angestellt. Peélius beschlich langsam das Gefühl, der Sturm selber war nur eine Illusion oder Begleiterscheinung gewesen, als eine Art Trommelwirbel für den Leuchtturm und dessen Drumherum.
Die Welt da draußen sah friedlich aus. Er wusste, das hier in antiker Zeit es nur so wimmelte vor Menschen, Städten, Booten und wer weiß was noch. Doch nun war die Natur wieder da und vereinnahmte das Land für sich. Dem Mensch schien das im Großen und Ganzen nicht weiter zu stören, der Natur schien es hingegen wirklich gut zu tun.

Auf seinem Weg die Treppe hinauf konnte er auch den Turm selber studieren. Wirkte dieser von außen alt und verdreckt, so zeigte er sich im Innern ganz anders. Die Wände waren sauber, nirgends lag viel Staub, höchsten hier und da einen Fingernagel hoch. Peélius kannte Ruinen, in denen man erst einmal sauber machen musste, bevor man richtig forschen und untersuchen konnte. Nicht so hier. Der Turm wirkte, wie soeben erst verlassen.

Der Magister war so gut wie da. Die Kanzel hatte selbsterklärend einen eigenen Boden. Die Treppe endete in einer Öffnung eben jenes. Der Archäologe sah bereits von unten durch die Öffnung die großen, eingeworfenen Fester der Kanzel. Die Seeluft wehte hindurch und ließ ein leises Pfeifen dabei ertönen. Er hörte die Möwen krächzen. Er stieg die letzten Stufen hinauf und blickte sich um. Seine Augen weiteten sich, die Brille rutsche ihm die Nase hinunter, sein Musketier Bart zwirbelte sich von selber nach.

Im inneren der Kanzel befand sich das Leuchtfeuer, erloschen zwar aber dennoch. Die beiden mächtigen Vergrößerungslinsen, welche das Feuer weit über das Meer hinauswerfen sollten waren hintereinander in ein Gestell verbaut und wiesen durch eine Dachöffnung schräg hinaus in den Himmel. Hinter den Linsen war eine Art Sessel eingesetzt worden, mit einer Ablage daneben, auf welcher sich Manuskripte, Karten und Pergament zu einem hohen, chaotischen Berg auftürmten. Peélius war sofort klar, dass es sich hierbei nicht um einen normalen Leuchtturm handelte, sondern um eine Sternwarte, wie er sie aus der Universität kannte.

Er konnte die Quelle des Zischens, das er gehört hatte, die Augen, welche ihn beobachteten nirgends ausmachen. Er meinte es sich vielleicht auch nur eingebildet zu haben und erklomm die letzten Stufen ins Innere der Kanzel. Neugierig beäugte er das Improvisierte Teleskop, konnte aber nicht sagen wann und vom wem sie erbaut worden war, noch ob sie in Betrieb oder, wie der Rest des Turmes, antik war.

Als er sich den Pergamenten und Manuskripten widmen wollte, er konnte die Schrift nicht entziffern, noch sagen, welcher Sprache und Alphabet sie zuzuordnen war, spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Sie war weich und hielt ihn nicht fest, packte ihn nicht, sondern lag nur da. Dann strich langes, sanftes, nach Salzwasser und Seegras riechendes Haar über seinen Kopf und fiel in sein Blickfeld. Der mutige Magister Peélius war zur Salzsäule erstarrt, fürchtete sich aber nicht. Das Haar war grün wie die See um den Turm herum. „Ich habe gewusst, du würdest kommen, großer Verwahrer.“ Flüsterte eine leise Stimme über ihn.

Als er den Kopf hob um ihr ins Angesicht zu blicken, sah er bernsteinfarbene Katzenaugen, ein Gesicht wie aus einem Traum. Tannengrüne Haut, welche sich straff und faltenlos über hohe Wangenknochen spannte, smaragdgrüne Lippen, voll und zu einem schönen, friedlichen Lächeln gezogen. „Ha-Hallo“ stammelte der Gelehrte. Er bereute es wirklich sehr, das Schwert nicht dabei zu haben, auch wenn es nur als moralische Stütze gedient hätte.


Die Sirene, wie sie sich selber zu nennen pflegte. Hatte sich, nachdem sie den Archäologen beruhigt hatte und ihm versichert hatte, sie führe nichts Böses im Schilde, auf den Sessel der Sternwarte gesetzt. Ihren langen Schwanz, eine Mischung aus Fisch und Drache mit einer wunderschönen Finne am Ende, hatte sie unter dem Sitz zusammengerollt. Sie nahm einige Schlückchen aus einem Pokal, den sie wer weiß woher hatte. „Du siehst wundersam aus, großer Verwahrer. Ich hatte dich mir immer…größer Vorgestellt.“

Peélius, welcher auf einem Hocker platzgenommen hatte und, nachdem er sich vom ersten Moment des Schreckes erholt hatte, schrieb eifrig in seinen Notizen und versuchte die Sirene zeichnerisch zu erfassen. „Ja, nun ja, also, ja. Ich bin halt so groß wie ich bin, oder? Meine Mutter war nicht die größte Frau, aber mein Vater, der konnte sich sehen lassen. Ein Bär. Naja, Vererbung und frühkindliche Ernährung kommen zusammen und schon ist man einer Sirene nicht groß genug, was will man machen.“ Nadjeschda, so hieß das lebendige Fabelwesen, lachte. „Ihr versteht mich falsch, großer Verwahrer. Ich meinte größer im Geiste. Ihr seid nicht so wie mir verkündet wurde.“ Der Magister sah etwas beleidigt zu ihr empor und musterte sie mit kritischen Blicken. „Nun seid nicht gleich empört, großer Verwahrer. Das Orakel ist selten genau. Dafür schmückt es umso lieber seine Prophezeiungen aus.“

Der Archäologe nahm seine Brille ab und fing an, sie mit einem Tuch zu putzen. „Darf ich fragen, was dieses ‚großer Verwahrer‘ Gerede soll? Ich bin Archäologe im Dienste der Universität von Rostheim. Ich sammele viel, zugegeben. Aber der ‚große Verwahrer‘, nun ja, den Titel hätte der Archivar doch eher verdient. Auch wenn der alte Zausel selten etwas in seinem Archiv wiederfindet.“ Die Sirene lachte erneut auf und nahm einen größeren Schluck aus dem Gefäß in ihrer Hand. „Ihr müsst euch vor mir nicht kleiner reden als ihr seid. Das Orakel war, was eure Ankunft betrifft, ziemlich genau. Es prophezeite mir, ihr werdet mich in meinem Turm finden, und das habt ihr.“ „Darf ich fragen“ unterbrach Peélius sie „wer dieses große Orakel ist? Ich kenne ja Handleser und all diesen Humbug, aber diese sind selten genauer als ein Glückskeks.“

Die Sirene stellte den Pokal ab, erhob sich mit schlangenhafter Eleganz und glitt auf ein Regal zu, das sich unscheinbar an die Wand der Kanzel schmiegte. „Das Orakel“ begann sie „ist alles und nichts. Es ist eine verwirrte alte Frau in einer kleinen Kammer, in der es furchtbar nach Weihrauch stinkt. Es ist ein weißer Schöpfer, der auf einem unendlich hohen Berg wohnt und über seine Kreationen wacht. Es ist ein Leuchtturm an einer abgelegen Küste und ein Tor zu unendlich vielen Realitäten. Es ist immer da und wird es immer sein. Und es braucht jemanden, der für Ordnung schafft, der eine Ära niederschreibt und ihre Überbleibsel einsammelt und benennt. Es brauch euch.“

Peélius setzte seine Brille auf und beäugte misstrauisch die Sternwarte. Nach kurzem Zögern fragte er, mit einem scheelen Seitenblick auf die Sirene „Seid ihr das Orakel?“ Nadjeschda lachte auf. „Oh nein, oh Götter nein. Ganz sicher nicht. Ich bin lediglich der Briefträger, und nicht einmal das Hauptberuflich. Mir wird in diesem Gefüge eher der Platz einer Astronomin zuteil. Auch das allwissende Universum fragt sich, wie groß es eigentlich wirklich ist, und was sich in ihm so tummelt. Eine Aufgabe, die mich noch lange beschäftigen wird.“

„Darf man fragen, wie ihr und euer Turm eigentlich hier gelandet seid? Ich war gestern den ganzen Tag am Strand und da war nicht die Spur eines Leuchtfeuers!“ Das Wasserwesen mit den schönen Augen zuckte mit den Schultern „Ich wüsste es selber gern, wie das genau funktioniert. Den einen Moment sitze ich noch auf meinem Sessel, studiere den Asoa‘ias Nebel im Sternbild des Fuchses, im anderen werden meine Notizen von einem Sturm sonders gleichen durch den ganzen Raum und fast zum Fenster hinaus geweht. Dann meldete sich das Orakel, der Sturm legte sich und da ward ihr. Jetzt warte ich einfach nur noch, dass ich wieder zurück geschickt werde. Sirenen sollten nicht so lange in der Welt der Menschen verweilen. Wir neigen dazu, hier zu verwildern.“ Dabei lächelte sie zuckersüß und zeigte ihre Fangzähne mit sehr ungut funkelnden Spitzen.

Peélius erschauerte. „Aber genug von mir und meiner...wollüstigen Ader. Ich bin schließlich hier, um den großen Verwahrer zu empfangen und seiner Aufgabe zuzuweisen.“ Der Magister schob seine Brille auf der Nase hoch „Jemanden, der eine Ära niederschreibt?“
„Richtig. Ihr sollt eine Ära erfassen und endgültig zu den Akten legen. Das Orakel hält bedauerlicher Weise recht wenig von Zweitversuchen.“ Nadjeschda strich dabei über etwas, das wie eine Schneekugel aussah, der in einem Schrankregal lag. Sie wirkte auf einmal weggetreten und melancholisch. „Zweimal ist einmal zu viel, das hat es sogar in Stein über seinem Eingang gehauen.“ murmelte die Sirene vor sich hin und wandte sich von dem Regal ab und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht.

Nach einem kurzen Augenblick der Stille ergriff Peélius wieder das Wort „Ich mutmaße und behaupte, das Orakel spricht vom Ende der Ära der Menschen, richtig? Aber warum? Wir entdecken gerade unsere Vergangenheit wieder. Wir siedeln wieder da, wo seit hunderten Jahren niemand mehr siedelte. Wir gehen nicht unter, wir sind gerade wieder im Kommen!“ Nadjeschda lächelte. Ihr Lächeln hatte etwas Betrübtes und sehr Weises an sich. Sie wirkte ein Jahrtausend älter, ohne ihre Schönheit einzubüßen. „Wie ich sagte, das Universum gibt keine zweite Chance. Man ist ganz offenbar der Meinung, dass ihr eure Zeit hattet. Ihr wart da, ihr habt erst eure eigene, dann sogar weit entfernte Welten unterworfen und beherrscht. Aber, ach, wie lang ist das her, wie viele Äonen sind seitdem vergangen. Ich bin nicht diejenige, die über euch gerichtet hat. Ich überbringe nur die Nachricht. Und deine Aufgabe, “ sie war, während sie sprach, auf ihn zugegangen „ deine Aufgabe ist es, euer Erbe einzutüten, einen Zettel mit Namen und Archivnummer darauf zu kleben und ins Regal zu stellen. Wie heißt es so schön? Der letzte stellt die Stühle hoch.“

Sie Standen beide am Geländer auf dem Umlauf des Leuchtfeuers. In der Ferne, dort, wo die Steilküste in flaches Land übergegangen war und der Wald sich in weite Wiesen verlor, braute sich ein Gewitter zusammen und hielt direkt auf sie zu. „Das ist dann wohl meine Mitfahrgelegenheit. Dabei könnte ich etwas Urlaub in eurer Welt ganz gut vertragen, Mensch.“ Peélius blickte überrascht auf. „Ihr habt mich zum ersten Mal Mensch genannt.“ Die schöne Sirene nickte. „Ja, und eure Art scheint es zu lieben, auf das Offensichtliche hinzuweisen.“

Der Magister nahm seine Brille ab und begann sie zu putzen. Dabei blinzelte er in die Sonne und sog tief die frische, kühle Meeresbrise durch die Nase. „Was ist nun meine Aufgabe, werte Kollegin der Wissenschaft? Soll ich als so genannter Verwahrer einfach weiter in Ruinen und Trümmer umherkriechen und antike Fundstücke abpinsel, vom Staub der Zeit befreien?“ Das Wasserweib lächelte vielsagend. „Nein, mein werter Kollege. Das Orakel, Universum, nennt es wie ihr wollt, es hat seine eigene Art euch auf Trab zu halten. Ihr werdet bei Zeiten merken, wie ihr eure Aufgabe zu erledigen habt.“

„Ist es tatsächlich das Ende einer Ära, für die Menschheit? Müssen wir, wie ihr so schön sagtet, unsere Stühle hochstellen?“
„Seht ihr dort hinten die große Schlucht, die sich kegelförmig in die Erde zu bohren scheint?“ Peélius nickte und schirmte die Augen gegen die Sonne ab, um besagten Ort besser sehen zu können. „Dort“ fuhr Nadjeschda fort „stand für mehr als tausend Jahre eine Stadt von euch. Auf einem Hügel. Sie war wunderschön, hatte Häuser aus roten Ziegeln mit weisen Holzdächern und einer kleinen Kirche in der Stadtmitte.“ Der Magister schluckte und nickte, langsam, den Ort nicht aus den Augen lassend. Er war Archäologe, er war ein Experte für Geschichte, er wusste von dem, was solchen niedlichen kleinen Städten zugestoßen war. „Deswegen gibt das Orakel euch keine zweite Chance. Wir hatten schließlich auch keine, niemand bekam bisher eine. Warum sollte es gerade jetzt damit anfangen?“


Von seinem Zelt aus sah Peélius dabei zu, wie der Turm in Nebel gehüllt wurde. Wind zog auf, Regen fiel in großen, schweren Tropfen vom Himmel hinab. Von der Kanzel winkte ihm Nadjeschda zu, er winkte zurück. „Trotzdem“ dachte er sich „werde ich meinen Titel behalten. Archäologie klingt einfach besser, außerdem mag der Dekan der Astronomen mich sowieso nicht.“ Der Sturm wurde stärker und zwang den Gelehrten in sein Zelt. Der Leuchtturm, das Felsmassiv auf dem selbiger stand und die schöne Sirene waren bereits nicht mehr zu sehen. Über das Fernglas aus dem Wrack gebeugt schlief er erst spät in der Nacht ein.

 

Hallo Trethenmerth

Dein Text ist mir viel zu anstrengend, und ... ja doch: langweilig.
Eigentlich passiert nicht viel. Gut, möglicherweise hängt das damit zusammen, dass der Magister Archäologe ist. Er tut dies, er sieht das, er geht dorthin, ...
Ich musste mich regelrecht weiterkämpfen

Er starte auf die Tür, nach dem er oben angelangte ...
Er kam auf seinem Weg an den zerstörten Fenstern vorbei...
Auf seinem Weg die Treppe hinauf konnte er auch den Turm selber studieren ...
Der Magister war so gut wie da ...
usw.
Mir fehlt der Spannungsbogen, der Magister findet die versunkene Stadt, Symbol für die Menschheit und dasOrakel gibt keine zweite Chance, nein, das ist mir zu allgemein und ich konnte zu keiner Zeit eintauchen in die Geschichte.
Sorry, nichts für mich.

Noch was: Da sind noch einige Grammatikfehler im Text, aber da du deinen letzten Text im KC gelöscht hast, und du dich nach dem 2. Text auch sonst nicht um deine Kritiker kümmerst, erspare ich mir hier vorerst die Arbeit, die sich josefelipe und Ella Fitz damals gemacht haben.

Gruss dot

 

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