Was ist neu

Herzlich willkommen bei den Wortkriegern!

Du hast eine Autoren- und Lesergemeinschaft gefunden, die sich in einigen Aspekten von anderen Literaturseiten unterscheidet. Seit 1999 bieten wir Autoren eine Plattform, auf der sie ehrlich und deutlich kritisiert werden, mit dem Ergebnis, dass aus dieser Seite (bis 2013 übrigens unter dem Namen Kurzgeschichten.de) Nachwuchsschriftsteller hervorgegangen sind, die sich in der neuen deutschen Literaturszene - zu der wir uns natürlich ebenfalls zählen - einen Namen machen konnten.

Lass dich auf unsere manchmal etwas ruppig wirkende Art ein; du wirst feststellen, dass du hier als Autor viel dazulernen, als ernsthafter Kritiker viel weitergeben und als Leser hohe Textqualität erwarten kannst.

Geträumt oder Wirklichkeit

Geträumt oder Wirklichkeit?

Die stumpfe Messerspitze streicht langsam über ihr Gesicht.
Fast sanft folgt sie den Bögen der unteren Lippe.
Er drückt die Messerspitze tiefer.
Die Lippe platzt geräuschlos auf.
Ihre Zunge berührt die verletzte Lippe.
Es schmeckt warm und metallisch.

Sie windet sich unter ihm, keucht und schreit.
Wie ein Tier in der Falle.
Er sieht sie leiden, saugt es in sich ein.
Ein reines unverfälschtes Entzücken. Er genießt es.
Seine Hände schließen sich um ihren Hals, drücken zu.
Sie stößt hysterische Laute aus, zappelt verzweifelt,
versucht sich zu befreien.

Vergebens.

Ihr Körper zuckt, bäumt sich ein letztes Mal auf,
wird schlaff.

Es kümmert ihn nicht.

Langsam steigt er von ihr runter. Die vergangenen zwei Stunden spiegeln sich vor seinem inneren Auge.

Als er die Wohnung verlässt, brennt sie bereits lichterloh.
Alle Beweise und die Vergangenheit, verbrennen mit ihr.

Geträumt oder Wirklichkeit?

Juliane weiß es nicht.
Sagt sie, als sie in der Bahnhofsmission darüber spricht.

Geträumt oder Wirklichkeit?

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Zusammenfassung der Ereignisse (jimmysalaryman)

Hätte mich jemand gefragt, ob ich eine Geschichte um jemanden lesen möchte, der durch die Stadt fährt und sich Gedanken macht – über sich, seine Vergangenheit, Umstände, Konsequenzen – hätte ich vermutlich gesagt: Sorry, bin grad dabei, mir Tabasco in die Augen zu spritzen.

Dann kommt ein Text wie dieser, und ist so viel mehr als ein Thema, ein Prota / Erzähler oder eine Reihe von Ereignissen. Ich finde es durchaus schwer, jetzt dieses ‚Mehr‘ zu greifen (und das ist auch ein Kompliment) – eine Erzählstimme, die augenzwinkernd von Dingen erzählt, die eigentlich nicht lustig sind. Ein ungeheurer Flow, Sog, der einen aber nicht schwindeln lässt wie bei extrem schrägen Texten, sondern mitstrudeln – Eindrücke, Assoziationen und Erinnerungen des Erzählers entwickeln sich langsam, rauschen nicht davon, ich kann während des Lesens genau hinschauen, intensiv mitfühlen und nachvollziehen.

Der Erzähler durchbricht die vierte Wand, dabei empfinde ich es weniger als abstrakte Metafiktion, sondern als Ansprache auf Augenhöhe (nicht mal wie üblich von einer Bühne ins Publikum herab). Der Schalk macht Spaß, aber andererseits liegt unter allem etwas Dunkleres, vielleicht Schmerzvolleres – es ist großes Kino, dass es mehr ein dringender Eindruck bleibt, als – was Jimmy ja auch hervorragend beherrscht – konkrete, heftige Szenen, an denen man diesen Eindruck festmachen könnte.

Mir jedenfalls geht es oft so, dass ich Schmerz und Trauer (gesetzt, dass diese hier auch ein wenig mitschwingen) umso stärker mitfühle, desto undramatischer ein Erzähler von ihnen berichtet. Vielleicht sogar so, dass man denkt, der Erzähler wäre sich selbst über das Ausmaß einer Tragik nicht umfassend bewusst, habe diese verdrängt oder (ggfs. wie hier) auch schon zum Teil verarbeitet, allein durch die vergangene Zeit hinter sich gelassen.
Dieses post-industrial Setting ist auch klasse, sehr passend im Sinne eines Abandoned. Einer optimistisch erwarteten Zukunft, die dann nie eintrat.

Ein Text, der gleichzeitig leicht und gewichtig ist, und – hey, last but not least! – unheimlich Spaß beim Lesen gemacht hat. Sehe das auf einer Ebene mit Taras Prokhasko und Yuri Vynnychuk, schwer zu finden sowas. Ein ganzer Roman davon? Auch sehr gerne, bitte.

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