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Sklave

awi

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23.03.2017
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Sklave

Wüste. Eine Tempelstadt. Es ist laut. Viele Menschen sind heute hier. Ein großes Fest zu Ehren der Götter ist im Gange. Kinder kreischen fröhlich während sie miteinander spielen. Händler geben alles um ihre Waren unters Volk zu bringen. Die Menschen sind damit beschäftigt ausgiebig zu feiern. Momentan interessiert sich noch niemand für den Sklaventrupp. Am Horizont kann man verschwommen ihre Gestalten erkennen. Die Hitze raubt ihnen die letzte Kraft. Die stechenden Strahlen der Wüstensonne sind zu dieser Tageszeit erbarmungslos. Hintereinander taumeln sie langsam voran. Man treibt sie zum Vorhof des Tempels. Sie sind körperlich anwesend doch ihr Geist zieht sich während solcher Zeremonien gelähmt zurück.

Musa - er erinnert sich so genannt worden zu sein. Oder doch nicht? Die Erinnerungen an seine Kindheit sind nahezu verschwunden. Einige sind geblieben, doch sie verschwimmen immer mehr und manchmal glaubt er, sie seien nur ausgedacht. Eines Tages kamen bewaffnete Fremde ins Dorf. Es entwickelte sich ein Kampf. Die meisten Männer des Dorfes kamen um. Einige für den Sklavenhandel geeignete Bewohner wurden mitgenommen und später an den Meistbietenden verkauft. Nun ist Musa selbst ein Mann.

Aus der Masse an Geräuschen kann er klar den Schrei eines Vogels herausfiltern. Er sieht in die Richtung aus der das Geräusch zu kommen scheint. Er sieht ihn. Es ist ein Falke. Seine Bewegung ist majestätisch, der Flügelschlag, das Abtauchen und wieder Emporsteigen überwältigen Musa. Bei diesem Anblick regt sich etwas in seinem Inneren. Das seltene Bild eines Falken wird von einem plötzlichen Schmerz unterbrochen. Musa wird schwarz vor Augen. Er geht in die Knie. Der Schmerz kam vom Hinterkopf. Musa weiß genau was es war. Den Aufprall der Holzkeule des Aufsehers kennt er nur zu gut. Das war zu erwarten denn ein Sklave hat seinen Blick auf den Boden zu richten. Es kostet große Mühe sich aufzurichten, doch er tut es da er gesehen hat was mit denen passiert, die es nicht tun.

Eine Erinnerung an Harmachis schießt ihm durch den Kopf. Er war so einer. Eines Tages hatte er genug der Schläge und beschloss nicht mehr aufzustehen. Dann statuierten sie an ihm ein Exempel. Die Szenen der Gewalt hat Musa verdrängt. Das nächste woran er sich erinnert ist Harmachis blutüberströmtes Gesicht. Es war Freude in seinen Augen. Er würde jetzt bestimmt lächeln wenn seine untere Gesichtshälfte nicht zertrümmert wäre, dachte Musa damals. Harmachis blickte noch einmal zu Musa und schloss seine Augen zum letzten Mal. Seit dem wagte es keiner, sich dem Willen der Aufseher zu widersetzen. Von allen Erinnerungen die Musa noch geblieben sind, ist die an den Blick seines Freundes kurz vor dessen Tod am klarsten.

Er steht wieder. Es geht weiter. Nur noch an den Marktständen vorbei, dann haben sie ihr Ziel erreicht. Stangen, Keulen, Steine und andere Folterwerkzeuge liegen auf der Bühne vor den gefesselten Männern bereit. Eine Horde nörgelnder Zuschauer wartet schon gespannt auf den Beginn des Spektakels. Neben der Bühne stehen Menschen die sich als Folterer versuchen wollen. Ein fetter Mann kommt als Erster hoch. Seiner Kleidung zufolge gehört er zur Oberschicht. Die anderen in der Reihe vor ihm machen verängstigt Platz. In seinem runden Gesicht kann man die perverse Vorfreude erkennen, deren widerlichen Anblick jeder der Gefesselten gut kennt. Einige Momente später geht einer der Sklaven neben Musa von einem Schlag des Fetten zu Boden. Zwei andere helfen dem Mann hoch.
Musa hört wieder den Falken. Er sieht ihn umher kreisen. Alles andere blendet er sofort aus. Als der Vogel relativ nah vorbeifliegt, glaubt Musa seinen Blick erkannt zu haben. Harmachis. Er hat auf das Gefühl in seinem Inneren vertraut, hat sich entschieden, hat die Angst überwunden und es durchgezogen. Ist er jetzt wirklich… frei? Plötzlich überkommt Musa eine tiefe Erkenntnis. Er muss nicht die Rolle spielen, die andere für ihn gewählt haben. Er muss sich nicht dem Willen der Gewalttätigen fügen. Er ist niemandem irgendetwas schuldig.

Der Fette zeigt mit dem Finger auf Musa. Die Menge kreischt. Nach theatralischem überlegen entscheidet sich der Mann für den Langstock. Diese Waffe ist schwer, etwas länger als ein durchschnittlicher Mann und etwa drei Finger breit. Im Aufprallbereich ist der Stock mit Metall überzogen. Als der Mann zum Schlag ausholt, rutscht er aus. Er verliert das Gleichgewicht. Die Stange bremst ab und berührt Musa lediglich sanft an der Schulter. Musa beachtet das gar nicht. Er sieht auf seine gefesselten Hände und sagt mit unerschütterlicher Entschlossenheit: „Nein“. Die Fesseln lösen sich, das Seil fällt zu Boden. Der Vogel kreist hinter ihm. Musa dreht sich um. Der Fette richtet sich auf. Erbost über sein Missgeschick und das Gelächter der Meute erreicht er den Höhepunkt seiner blinden Wut. Er stellt sich diesmal besser hin und holt nochmals zum Schlag aus. Die anderen Sklaven sehen, dass Musa die Wucht des Schlages nicht überleben kann. Sie sehen ihren Mitgefangenen mit einem Lächeln im Gesicht zum Himmel schauen. Musa verspürt Freude und Entschlossenheit.

Plötzlich bebt die Erde, Sand wird hochgewirbelt. In Sekundenbruchteilen entwickelt sich ein starker Sturm. Man sieht kaum etwas. Musa muss die Augen schließen. Einige Augenblicke später ist alles vorüber. Eine himmlische, unbeschreibliche Ruhe, welche Musa noch nie erlebt hat, stellt sich ein. Er öffnet die Augen, schaut sich um. Neben dem Tempel sind die Leichenhaufen der gerade eben noch Lebendigen zu sehen. Jeder Haufen besteht aus einer Handvoll Menschen die in Pyramidenform aufeinander gestapelt liegen. Es sind so viele. Im exakten Abstand zueinander scheinen die Pyramiden ein Muster zu bilden. Aufgrund seiner riesigen Fläche kann man nicht erkennen was es ist. Musa macht diese Anblick nichts aus, es ist in Ordnung so. Auf seine Freude hat das alles keinen Einfluss. Es ist ganz genauso wie es sein muss.

Der Falke kreist in einiger Entfernung. Im nächsten Augenblick sieht Musa den Tempel und die Leichenhaufen unter sich vorbei ziehen. Nun kann er das Muster erkennen. Es ist ein Auge mit einem langen Strich auf der rechten Seite. Darüber eine Augenbraue. Vom Auge führt ein Strich nach rechts unten und wird an seinem Ende zur Spirale. Musa verspürt bei diesem Anblick eine unbeschreibliche Unbeschwertheit. Es gibt keine offenen Fragen, alles ist einfach und klar. Das Bild verdunkelt sich bis nichts mehr zu sehen ist.

Der Schmerz setzt ein. Musa öffnet die Augen. Er steht immer noch kniend da. Jemand versucht ihm auf die Beine zu helfen. Nach und nach wird seine Sicht klarer. Ihm wird bewusst dass er eine Vision hatte. Er spürt noch die abklingenden Gefühle die er während dieser hatte. Wie konnte das alles sein. Egal, er hatte die Freiheit gekostet und war jetzt bereit jeden Preis für sie zu zahlen. Eine noch nie da gewesene Lebenslust überkommt ihn.

Sie gehen nun an den Marktständen vorbei. Musa hebt leicht seinen Kopf und sieht den Fetten aus seiner Vision in der Menge. Leichter Wind kommt auf. Ein Soldat steht in einiger Entfernung und überwacht den Markt. Musa muss sich entscheiden. Er hört den Falken. Jetzt ist er sich sicher. Es muss es versuchen. Er muss fliehen. In der Ferne scheint sich ein Sandsturm zu bilden. Musa nimmt all seinen Mut und seine Kraft zusammen uns stößt den Soldaten um. Er durchtrennt mithilfe der Speerspitze des Soldaten seine Fesseln und rennt. Sein Ziel ist der Sandsturm. Es seine einzige Chance.

 

Hallo awi,
willkommen bei den Wortkriegern!
ehrlich gesagt weiß ich nicht so recht, was ich von Deiner Geschichte halten soll. Ich habe das Gefühl, sie beginnt erst mit dem Ende. Vorher wurde Musas Elend geschildert, wie er bloßgestellt und verprügelt wird. Das ist natürlich übel, aber wirklich berührt hat es mich nicht, dafür bleibst Du zu allgemein. Charaktere und Umgebung werden nur stichpunktartig angerissen, vor meinen Augen entsteht kein klares Bild.
Am Anfang schreibst Du:
"Wüste. Eine Tempelstadt. Es ist laut. Viele Menschen sind heute hier. Ein großes Fest zu Ehren der Götter ist im Gange. Kinder kreischen fröhlich während sie miteinander spielen. Händler geben alles um ihre Waren unters Volk zu bringen. Die Menschen sind damit beschäftigt, ausgiebig zu feiern..."
Um ein lebendiges Bild zu erzeugen, das mich als Leserin sofort in die Geschichte reinzieht, müsstest Du die Szenerie ausschmücken, genauer werden. Was ist das für eine Wüste? Eine Sandwüste? Oder liegt doch eher Geröll herum? Wie sieht die Tempelstadt aus? Da gibt es ja auch verschiedene. Welche Geräusche hört man? Welche Musik? Was spielen die Kinder? Welche Sachen tragen sie? Was verkaufen die Händler und und und. Ich denke, Du weißt, worauf ich hinaus will. Nun musst Du das Ganze natürlich nicht endlos ausschmücken, es reicht schon, wenn Du jedem Detail ein, zwei Sachen hinzufügst, damit sie für mich lebendig werden.
Als der Sklaventrupp am Horizont vorbeizieht, entsteht zum ersten Mal ein klares Bild vor meinem inneren Auge.
Der zweite Absatz, der Musa beschreibt, hat mir gefallen. Der dritte ist auch ok. Trotzdem werde ich nicht in das Geschehen reingezogen, ich erlebe Musas Schmerzen nicht mit. Ich denke, das liegt daran, dass Du mir zwar von dem Geschehen berichtest, aber die Figuren weiterhin im Unklaren bleiben. Es gibt keine Dialoge. Gut, was soll man in so einer Situation auch sagen, aber der fette Mann hätte z.B. etwas rufen können, oder es sind Satzfetzen aus der Menge zu hören. Der Falke, der die Freiheit symbolisiert, ist an sich ein schönes Bild, aber hier ist es mir zu vorhersehbar, weil ihm sofort eine Bedeutung gegeben wird, die ich lieber selbst herausfinden möchte.
Auch, dass Musa Freude und Entschlossenheit spürt, als der Mann zum Schlag ausholt, klingt unrealistisch. In so einem Moment hat man wohl doch eher Todesangst, steht allenfalls unter Schock und spürt gar nichts, aber Freude?
Und dann kommt plötzlich ein Sandsturm und Musa flieht. Das liest sich für mich so, als ob Du die Geschichte möglichst schnell zu Ende bringen wolltest.
Die Idee finde ich nicht schlecht, aus dem Setting könntest Du eine Menge rausholen. Aber bei so einem starken Thema müsstest Du mMn den Leser langsam heranführen, damit er sich mit Musa identifizieren und mit ihm mitleiden kann. So ist mir das ein bisschen zu wenig und die Aussage: Er hört den Falken und flieht in den Sandsturm ein wenig zu flach, sorry.
Auch verstehe ich die tags: "Philosophisches" und "Fantasy" nicht. Davon konnte ich in dem Text nichts entdecken.
Ich hoffe, Du kannst mit meiner Kritik etwas anfangen.
Liebe Grüße, Chai

 

Hallo Chai,

vielen Dank für Deine Kritik. Hat mir sehr geholfen.
LG, awi

 

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