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Novelle Warm und nass

Seniors
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02.01.2011
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Warm und nass

Samstag
Die Räder meines Fahrrads quietschten, als würden sie vor Schmerzen schreien – ich raste die Hauptstraße runter, fuhr mitten auf der Straße, mit einer irren Geschwindigkeit – Leuchtreklamen von Dönerbuden flogen an mir vorbei, rote Ampeln, Straßenlaternen. Ich traute mich nicht, zurückzublicken, das würde bloß Zeit kosten; Zeit, in der die Bullen mich einholen könnten.
Ich glaube, ich war bloß acht, neun Minuten dort auf der Hauptstraße unterwegs, aber es kam mir vor wie Stunden – irgendwann, als ich schon ziemlich nahe am Stadtrand und vor dem kleinen Waldstück war, fingen meine Beine das Krampfen an, ich bekam kaum mehr Luft.
Dann wurde die Straße plötzlich erdig und immer durchfressener von Baumwurzeln – ich taumelte, keuchte, verlor schließlich das Gleichgewicht und zack! lag ich irgendwo mitten in der Dunkelheit des Waldes.
Ich drehte mich zur Seite und schaute in die Richtung, aus der ich gekommen war: nichts. Kein Blaulicht. Keine Polizei.
Ein paar Minuten vergingen, in denen ich wie betäubt dalag, schnaufte und hoch auf die Decke aus Ästen und Blättern blickte; alles wackelte und winkte mir zu.
Als ich wieder zu mir kam, war mir kotzübel. Ich stand auf, holte eine der Flaschen aus Seppis alten Army-Rucksack heraus und nahme in paar scharfe Züge. Klar, es fühlte sich falsch an, zu trinken, aber das war mir egal; alles war mir egal. Nichts würde mehr so sein, wie es einmal war – da lastete etwas auf meinen Schultern, das mich erdrückte, wie ein Sack voller Steine oder sowas.
Ich nahm noch einen Schluck, aber es half nicht gegen dieses absolut beschissene Gefühl in mir drin.
Ich fragte mich, wie es so weit kommen konnte – ich hatte früher immer gedacht, dass man merkt, wenn man irgendwo falsch abbiegt, wenn ein großer Haufen Scheiße auf einen zurollt. Aber so war das nicht.
Ich dachte an Ben und an Seppi und an Jessi, und es brach mir das Herz. Irgendwie wusste ich, dass es mit uns nie wieder so werden wird, wie es noch Freitag gewesen war – die Welt kam mir plötzlich ziemlich groß vor, und ich war verdammt klein. Da begann ich zu heulen – einfach so, ich konnte nicht anders. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und starrte bestimmt fünf Minuten lang ihren Namen an: wie sie mir gestern in die Augen gesehen hatte, so tief wie noch niemand zuvor, alles hatte gekribbelt; ja, sie war wohl die einzige, mit der ich mich jetzt besser fühlen würde, die einzige, die mich von dieser Last befreien könnte. Es läutete.


Freitag
„Eins fünfzig“, sagte er, und ich stand da, kramte in meinem Geldbeutel herum und schob ihm Centstück für Centstück unter die Nase. Er war nervös, ich spürte es; er blinzelte immer wieder an mir vorbei, nach hinten, dort wo Ben und Seppi sich gerade herumdrückten.
„Hastes bald?“
„Ja, ja, gleich ...“
Shit, was machen die so lange, dachte ich; langsam wurde mir heiß, mein Herz hämmerte und brachte alles zum Beben. Der Tankwart war neu, den konnte ich nicht einschätzen – das machte die ganze Sache noch schweißtreibender. Ich hörte Ben und Seppi hinter mir tuscheln, und das war schlecht, verdammt schlecht, der Opa starrte sie nun direkt an, mit einem Blick, als wäre er ein scheiß Löwe, der gerade eine Gazelle gesichtet hat.
„Kann ich auch mit Karte zahlen?“, fragte ich.
„Mit Karte?“
Jetzt hörte ich, wie die Tür aufgerissen wurde und Schuhe nach draußen schlurften; der Alte folgte ihnen mit seinen Augen und kniff die Lippen zusammen.
„Nee, mit Karte erst ab zehn Euro.“
„Gut, dann halt so ...“
Ich zählte die restlichen Centstücke ab, nahm meine Kaugummis und ging raus. Die anderen waren schon vorgelaufen. Das war auch gut so, der Opa durfte nicht sehen, dass wir zusammengehörten.

„Ach du Scheiße!“, rief ich, als ich an der Brücke ankam und den kleinen Hügel zum Bach hinunterrannte. „Was zum Teufel habt ihr da so ewig gemacht?“
Ben und Seppi hatten beide eine Kippe im Mundwinkel hängen, lagen auf dem Gras und grinsten wie bescheuert.
„Voilà“, sagte Seppi, öffnete den Rucksack und zog eine Flasche heraus. „Zwei Bier und 'nen Whiskey. Das is' neuer Rekord!“
Mir fiel die Kinnlade herunter; ich nahm den Schnaps in die Hand, hob ihn hoch und betrachtete ihn, als sei er ein Pokal oder sowas.
„Fuck it“, sagte ich, „nicht schlecht. Der alte Sack hat's gemerkt, ich sag's euch, wie der geguckt hat ...“
Ich riss das Cellophan ab, drehte am Deckel und steckte meine Nase hinein.
„Riecht geil“, sagte ich und nickte dabei mit dem Kopf.
„Erst mal das Bier?“, fragte Ben, und wir waren alle einverstanden. Jetzt begann auch ich zu grinsen wie ein Bescheuerter.

„Franzi kommt nachher auch in den Park“, sagte Ben und blies Rauch aus seiner Nase, als sei er ein wütender Drache oder so. Er nippte an der Flasche und gab sie an Seppi weiter.
„Oh-oh, F-F-Alarm“, sagte ich und erst begannen Seppi und ich leise zu kichern, dann schrien wir vor Lachen, Tränen liefen über unsere Wangen: „F-F-Alaaarm!“
„Ha, ha“, sagte Ben mit genervtem Unterton, versuchte sich ein Grinsen aufzusetzen, schaffte es aber nicht. „Ganz schön witzig, ihr Penner.“
Ben schaute aus wie ein verpickelter Buddha und seine Ische war nicht weniger korpulent als er, wir nannten sie F-F, fette Franzi. Sie lief uns in der Schule andauernd über den Weg, und irgendwann haben wir angefangen, „F-F-Alarm!“ zu schreien, wenn wir sie sahen; haben uns immer richtig bepisst vor Lachen, auch Ben. Dann kam er auf einmal händchenhaltend mit ihr angeschlurft, ich und Seppi blickten uns an und meinten so: „Hääää, Alter, was geht'n jetzt ab?!“
Naja, seitdem hatte Buddha sein Zölibat gebrochen und spielte ständig Zungenkungfu mit seiner
F-F.

Seppi reichte mir das Bier rüber. Ich setzte an, nippte, und es schmeckte scheußlich; es war so bitter wie dieser scheiß Rucola, den mir meine Mutter ständig in den Salat unterjubelte, weil sie meinte, es sei gesund. Ich fand es behindert, jetzt an meine Mutter zu denken, also nahm ich noch einen Schluck und gab die Flasche an Ben weiter.
„Ich hab's mit ihr gemacht“, sagte der plötzlich.
„Wie?“, fragte Seppi, „was hast du gemacht?“
Das Gelächter von gerade eben war wie weggeweht.
„Naja, ihr wisst schon ...“ Ben gluckste, lutschte am Bier, blickte uns an und formte dann mit Daumen und Finger einen Kreis, durch den er seinen Zeigefinger schob. „Sex.“
„Was?“, sagte ich, und schluckte; ich sah zu Seppi, aber der konnte mir auch nicht helfen; er machte ein Gesicht, als ob er gerade die schlimmste Verstopfung seines Lebens hätte.
„Du hast die F-F gebumst?“, sagte Seppi mit großen Augen.
„Jo.“ Ben lachte, nuckelte an der Flasche und irgendwie konnte ich mir vorstellen, wie er aussehen musste, wenn er an F-Fs Fetttitten herumsabberte. Ich legte mich zurück ins Gras und merkte, dass ich Ben irgendwie bewunderte – ich meine, wir ließen echt keine Gelegenheit aus, uns gegenseitig Scheiße ins Gesicht zu werfen, und seitdem er mit seiner Seekuhkönigin durch die Gegend robbte, flog das Meiste in seine Richtung – aber er nahm sein Mädchen immer an die Hand, lief mit ihr herum und küsste sie. Wenn ihn dabei einer von uns schief anschaute, sagte er bloß sowas wie: „Is' irgendwas?“ oder: „gibt's 'n Problem?“
Ich atmete tief ein.
„Und wann habt ihr's gemacht?“, fragte ich.
„Vorgestern“, sagte Ben. „Da hatte sie Geburtstag. Durfte bei ihr pennen.“
Ich fühlte mich scheiße; ich hatte noch nicht mal eine geküsst und dieser fette Buddha stocherte schon mit seinem Pimmel in den Girls herum.
„Und ... und wie isses so?“, fragte Seppi nach einiger Zeit.
„Mhm“, sagte Ben, und wir starrten alle vor uns hin, auf den Bach, der dahinplätscherte und eine Fantadose davontrug. „Warm.“
„Warm?“
„Ja. Warm und nass.“
Die Dose verschwand hinter einem Busch und ich sah Ben an. „Warm und nass?“
Er nickte und grinste so beschissen wie er es immer tat, seine Augen wurden zu glänzenden Schlitzen: „Warm und nass.“
Wir würgten noch einen Schluck Rucolasaft hinunter und gingen dann in den Park, der gleich hinter der Brücke lag.

Die Sonne hing hoch oben am Himmel und schüttete ihre gelbe Magie über alles; über die Wiese, den Spielplatz, das Klettergerüst, über uns. Wir kicherten doof herum, während wir über die Kieselsteine zu der Bank schlenderten, an der wir ständig abhingen. Ben und Seppi schrien und lachten, als sie versuchten, sich gegenseitig vom Weg zu schubsen. Ich zündete mir eine Zigarette an; irgendwie war ich verdammt gut drauf.
Schon von weitem sah ich sie auf dem Klettergerüst liegen, die Arme hinter dem Kopf verschränkt; das tat sie immer so, wenn sie da oben war. Mit jedem Schritt erkannte ich mehr von ihrem dürren Körper und den halblangen dunklen Haare, die sie zum Zopf gebunden trug. Jessi war Seppis Halbschwester und die anderen fanden sie scheiße, die meinten, sie sei total gaga-plemm-plemm drauf, weil sie ständig alleine auf dem Klettergerüst rumhing; wenn sie da oben nicht irgendwas auf ihrem Handy zockte oder Kippen in Kette paffte, starrte sie einfach nur in den Himmel; aber nicht melancholisch oder so, sondern einfach, weil es genau das war, worauf sie gerade Bock zu haben schien. Sie hatte immer ein Päckchen Zigaretten bei sich, die gab ihr ihr Stiefvater mit; Seppi war ziemlich neidisch darauf, glaube ich. Wenn er von seinem Alten redete, sagte er immer bloß: „Mein Alter, nee nee“, schüttelte den Kopf, blickte auf den Boden und nuschelte dann noch mal sowas wie: „Weiß auch nicht, ey.“
Aber auf gratis Kippen wollten wir auf keinen Fall verzichten, und so hing Jessi manchmal mit uns ab, Seppi kümmerte das irgendwie nicht.

Wir kamen an der Bank an und setzten uns. Allzu groß war der Park nicht, man hatte von hier aus alles gut im Blick. Das war wichtig, weil wir irgendwie ziemlich paranoid waren und überall Zivilpolizisten oder unsere Eltern vermuteten, die uns erwischen könnten; das machte uns verdammt große Sorgen. Wir waren fast alleine im Park, also riss Seppi seinen Rucksack auf und wir ließen die Flasche hin- und herwandern; es war schlimmer als Bier, es schmeckte nach Kloreiniger und brannte mir bis in den Magen. Aber wir nahmen es hin, weil wir wussten, wenn wir das Zeug erst mal drin hatten, würden wir auf Watte laufen. Ich nahm noch einen Hit, war nicht zu bremsen. Wir fühlten uns großartig; da hing etwas in der Luft, als ob alles möglich wäre.
Ich trippelte währenddessen herum, und musste immer wieder zum Klettergerüst schielen; ich erwischte mich ständig dabei, dass ich an sie dachte; an ihren verträumten Blick und an das Grinsen, das sich bei jeder Gelegenheit in ihrem Gesicht ausbreitete; an die Art, wie sie in den Himmel schaute und wie weich sich ihre Haut anfühlte, wenn wir uns manchmal zufällig berührten. Ich dachte irgendwie echt oft an sie, sogar am Abend zuvor, als ich mir ein bisschen in der Hose herumspielte, und es hatte sich gar nicht schlecht angefühlt. Ich schloss die Augen und sah, wie die beiden vor mir stehen würden: Seppi würde sein blasses Rattengesicht verziehen, sich seine Fettsträhnen hinter die Ohren streifen, zu Ben blinzeln und dann schreien: „Waaas, die? Der kleine Freak?! Ha ha ha!“
Die Vorstellung machte mir schwitzige Hände. Ich schaute wieder zum Gerüst und sah, wie Jessi sich zu uns umdrehte, lächelte und winkte. Ich hob reflexartig den Arm und beobachtete, wie sie in den Sand sprang und zu uns herüberschlenderte.
„Ach herrje“, sagte Ben, „der kleine Freak is' ja auch da.“
„Wenigstens gratis Kippen“, sagte ich und zuckte mit den Schultern.

„Hi“, sagte sie und grinste.
„Hi“, sagten wir im Chor.
„Was steht an, Jungs?“
„Unsere Kippen sind fast alle“, sagte ich, und als ich mich das sagen hörte, fand ich meine Antwort irgendwie ziemlich bescheuert.
„Mhm. Sowas ist scheiße“, sagte sie, schob die Unterlippe nach vorne und nickte mich an.
„Wir feiern heute 'ne Party, Schwesterchen“, sagte Seppi und machte den Reißverschluss seines Rucksacks auf. Jessi lugte hinein.
„Eins-A Stoff“, sagte Seppi, spuckte auf den Boden und streifte sich durch die Haare. „Willste auch?“
„Mhm, nee“, sagte sie und quetschte sich neben mich auf die Bank. Wir saßen da und ich hätte gerne etwas gesagt, sie was gefragt, aber mir fiel einfach nichts ein; ich hatte keine Ahnung, über was man mit einem Mädchen sprechen könnte, über was ich mit Jessi sprechen könnte. Ich verteilte meine letzten Kippen und wir pafften und spuckten vor uns hin. Auch Jessi züchtete ihre eigene Pfütze, und das gefiel mir irgendwie. Ich dachte kurz darüber nach, ob ich ihr erzählen sollte, dass Ben jetzt fickt, fand das dann aber doch eine scheiß Idee.

F-F watschelte von der anderen Seite des Parks wie ein aufgeblasener Pinguin zu uns herüber, mit diesem dümmlichen Lächeln im Gesicht; und hinter dem halben Liter Schminke verbarg sich auch nicht mehr: Dieses Lächeln war alles, was sie zu bieten hatte. Sie stand immer neben Ben herum, sagte kein Wort, und wenn man ihr in die Augen sah, kam es einem so vor, als würde man in zwei leere Becher blicken. Ich beobachtete F-Fs Gang und versuchte mir vorzustellen, wie Jessi wohl nackt aussehen würde; ich fragte mich, ob ihre kleinen Titten dann noch kleiner wären, so ganz ohne T-Shirt und BH außenrum; und was würde eigentlich passieren, wenn ich Jessi jetzt sofort, ohne Vorwarnung, meinen Finger in ihre Fotze stecken würde, fragte ich mich; ist das dann auch warm und nass oder braucht das da unten eine Aufwärmphase, so wie ein Zigarettenanzünder im Auto? Die Welt war voller Geheimnisse, Mysterien, Brüste und Ärsche und Muschis, von denen ich zwar keine Ahnung hatte, die mir aber dafür das Blut zum Denken aus dem Schädel zogen und engsitzende Hosen zu einem fürchterlichen Folterinstrument machten. Ich schielte etwas nach links und versuchte meine Titten-Theorie durch einen kleinen Spitzer in Jessis Ausschnitt zu überprüfen; sie drehte sich zu mir um und lächelte. Ich schreckte auf und riss meinen Blick wieder hoch, in ihr Gesicht.
„Was feiert ihr denn heute Schönes?“, fragte Jessi, und die Sonne, die in ihren dunklen Augen glitzerte, lenkte mich ab, verknotete mein Hirn.
„Och ... äh ...“, sagte ich. „Nix. Sommerferien halt.“
Ich begann stark zu schwitzen, kratzte mich am Hals und versuchte woanders hinzublicken. Ich sah auf die Wiese, wo sich Ben und F-F umschlangen und Körperflüssigkeiten austauschten. Das machte die Sache nicht besser. Die Beule in meinem Schritt schwoll zu einer ungesunden Größe an und drückte gegen die Hose wie ein Küken gegen die Eierschale.
„Los, den kriegen wir!“, schrie Seppi, grinste, zog eine Erbsenpistole aus seinem Rucksack, rannte los und beschoss den gigantischen Arsch vom knutschenden Buddha.
„Angriff! Nimm dir auch 'ne Knarre!“, schrie mir Seppi zu. Ich rutschte hin und her, sah auf den pulsierenden Kopf meiner Hosenschlange, den man schon im Sitzen viel zu offensichtlich erkannte.
„Passt schon, Mann! Ich chill' hier!“
Seppi blickte mich an, blinzelte rüber zu Jessi, verdrehte die Augen und wurde dann von Ben über die Wiese gejagt. Ich schaute den beiden bei ihrem Kampf zu, zog ein paar gute Schleimklumpen hoch und fütterte meinen Spuckesee mit frischer Rotze.
„Magst du mich nicht mehr oder so?“, fragte Jessi plötzlich.
Ich drehte mich zu ihr um und war irgendwie total schockiert.
„Hä, wie kommste jetzt da drauf?“
„Weiß nicht. Du redest heute gar nix mit mir.“
„Sorry, wir haben schon was getrunken, das macht mich immer 'n bisschen kirre in der Rübe.“ Ich blinzelte ihr zu und grinste blöd dabei, weil ich mir vorstellte, dass das cool aussehen würde. Jessi lachte.
„Du bist irgendwie anders als Ben oder mein Bruder“, sagte sie.
„Klar“, sagte ich, „sonst wären wir ja Drillinge.“
Jetzt grinste ich noch blöder; ich fand mich ziemlich witzig. Jessi lachte wieder, mit so einem dreckigen Unterton: „Ha ha ha ha ha! Schau“, sagte sie, „die anderen beiden sind nicht so lustig wie du.“
Ich fühlte mich gut, ich konnte Jessi neben mir riechen; ihre Haut roch nach Deo und Sonnencreme, ihr Atem wie ein Pfefferminzkaugummi in einem Aschenbecher. Ben kriegte Seppi nicht, dafür hatte er zu viel zu schleppen; aber er gab nicht auf, er rannte mit rotem Kopf über den Rasen und schrie Seppi allerhand zu, was er mit ihm machen würde, wenn er ihn fangen würde. Seppi lachte und ballerte weiter auf Angry-Buddha.
„Warum hängst du eigentlich immer ganz alleine rum?“, fragte ich Jessi schließlich. Sie sah mich einige Sekunden lang an; dann schaute sie auf den Boden und zuckte mit den Schultern. „Ich kann die anderen Mädchen halt nicht so leiden.“
Ich musterte sie und irgendwie tat sie mir auf einmal leid, sie strahlte da so eine Traurigkeit aus, die ich bei ihr noch nie gesehen hatte.
„Die ganzen Weiber ... ich meine, die können mich mal. Echt. Immer nur bla bla bla, Schminke, Jungs, keine Ahnung, ey, und wenn ich was sage, sind die immer so ...“
Ihr Kinn begann zu zittern und ich fragte mich, auf was für einen Knopf ich da gerade gedrückt hatte.
„Hey, ist ja schon gut, ich meine –“
„Ja, ja, ist schon wieder gut.“ Jessi wischte sich über die Augen, kramte ein Päckchen Zigaretten aus ihrer Hosentasche und hielt mir eine hin. Ich griff zu und gab uns Feuer. Jessi nahm einen tiefen, hungrigen Zug.
„Weißt du“, sagte sie, lächelte schwach und sah mich mit gläsernem Blick an, „wenn's draußen dunkel ist, sieht eine Kippe irgendwie fast wie ein Glühwürmchen aus. Ist dir das schon mal aufgefallen?“
Sie hielt mir die Glut vors Gesicht und wackelte damit herum. „Stell dir vor, es wäre dunkel ... wie 'n Glühwürmchen. Voll lustig oder?“
„Ja“, sagte ich, ohne verstanden zu haben, was gerade passiert war. „Voll lustig.“

Die anderen kamen zur Bank zurück, Ben gab Seppi ein paar Fäuste auf die Schulter, und damit schien ihr Schmerzen-zugefügt-Konto wieder ausgeglichen zu sein.
„Ooh-oh, sind die nicht putzig, die zwei“, sagte Seppi, und lächelte hämisch, „die Turteltäubchen: unser Nico und die kleine Miss Freak!“
Ben gluckste und F-F lächelte mich an.
„Ach, halt die Fresse“, sagte ich, und spürte meine Hände nass werden; Jessis Blick sank nach unten.
„Ohje, wieso wird da denn jemand so schnell gereizt?“, sagte Seppi, mit diesem Teufelsgrinsen im Gesicht; plötzlich hatte ich überhaupt keinen Bock mehr, neben Jessi zu sitzen, ich wollte gar nicht mehr wissen, wie ihr Loch da unten funktioniert oder wie ihre Titten ausschauen.
„Halt's Maul, Alter“, sagte ich, „gib mal lieber 'nen Drink rüber.“
Wir checkten den Park nach potentiellen Zivilbullen ab und ließen dann die Flasche kreisen; auch Jessi nippte. Ich spürte, wie ich mich immer leichter, leerer, tauber fühlte; es gefiel mir. Eine aufgebrezelte Oma mit Dackel und zu viel Lippenstift kam den Weg entlanggeschlichen. Ihr Blick blieb an uns kleben, sie musterte uns ausgiebig. Ich nahm noch einen Hit, extra für sie, um ihr recht zu geben. Der Schluck tat kaum mehr weh, da war bloß noch ein Kratzen, das mir in die Nase stieg. Als die Oma an uns vorbeiging, schüttelte sie den Kopf und versuchte uns nicht anzusehen; aber ihr scheiß Köter kläffte uns an, fletschte richtig die Zähne; sie schaffte es kaum, ihn von uns wegzuzerren.
„Na Oma“, sagte ich überlaut, „auch 'n Schluck?“
Sie schleifte das Drecksviech an uns vorbei.
„Komm schon, oder soll ich Ihrer Hoheit erst mal den Stock aus'm Arsch zieh'n?!“
Jetzt bekam die Alte Panik, und wollte Tempo aufnehmen; das sah so aus, als ob sie mit Fußfesseln davontrippeln würde.
„Ha ha ha“, grölte Seppi; und auf einmal platzte es aus uns allen heraus, wir lachten bestimmt eine Stunde lang, kein Scheiß, wir schaukelten uns hoch, in Ekstase; irgendwann kugelte sich Seppi auf der Wiese, F-F stand herum, lachte so ganz piepsig: „Hi hi hi hi hi!“, und auch Jessi lachte mit, und es war schön, sie lachen zu sehen.

Kurz bevor die Sonne die grauen Plattenbauten küsste und die Älteren aus der Mukkiebude kamen, von denen man immer nur slawische Wortfetzen und das Klimpern von Flaschen hörte, lagen wir auf der Tischtennisplatte, starrten in den Himmel und alles fühlte sich gut und warm und richtig an.
„Ich geh' dann mal“, sagte Jessi, und mir fiel auf, dass wir verdammt lange stumm dagelegen waren. Ich sprang von der Platte und hatte so beschissen weiche Beine, dass ich mich festhalten musste, als ich murmelte: „Jo, ich muss dann auch mal ...“
„So so“, sagte Ben, und zwinkerte Seppi zu, „muss er wohl mit dem kleinen Freak verschwinden!“
„Fick dich“, sagte ich, „fick dich einfach.“
Ben schaute mich komisch an und plötzlich spürte ich mein Herz klopfen.
„Fick dich, nimm deine fette Hure und spiel Trampolin, du Spast!“
Jetzt stand Ben auf und stierte mich an. „Sag das noch mal!“
„Leck mich“, sagte ich. Hätte ich geahnt, dass das unser letzter echter gemeinsamer Abend gewesen war, hätte ich ihn wohl nicht so enden lassen; aber ich war blind und sah das Gewitter nicht kommen, obwohl es bereits nieselte. Ich nahm Jessi und zog sie mit. Wir gingen aus dem Park, liefen über die Brücke und sagten kein Wort. Erst als wir auf der Hauptstraße waren, merkte ich, dass ich noch immer ihre Hand hielt. Ich hatte das gar nicht realisiert; ich torkelte und hatte genug mit mir selbst zu tun. Ich ließ sie los.
„Sorry, wollte dich nicht zerren oder so ...“
„Schon gut“, sagte sie.
„Wirklich, wollte dir nicht weh tun.“
„Ich glaub's dir ja.“
Wir standen da und sahen uns an. Schwiegen.
„Ich will dir nicht weh tun. Echt jetzt. Nie.“ Ich schluckte. „Ich will dir nie weh tun.“
Jessi sagte nichts, sie blickte mir bloß weiter in die Augen, ohne sich zu bewegen; es war so, als ob sie durch meine Pupillen direkt in meinen Kopf hineinschauen könnte, in mein Gehirn, in meine Gedanken. Irgendwie glaubte ich in diesem Augenblick alles an ihr zu verstehen, und ich war mir sicher, dass auch sie alles an mir verstehen würde. Eine Laterne auf der anderen Straßenseite fing zu blinken an und warf einen schwachen Lichtkegel auf den Gehsteig. Alles fühlte sich unecht und verschwommen an, wie im Traum.
Irgendwas brach in mir, ich konnte es fast knacken hören; dann sah ich, wie ich sie an mich heranzog und meine Lippen auf ihre presste; ich hatte mich immer gefragt, wie das wohl mit den Nasen funktionieren würde, woher man wissen sollte, ob man sie nach links oder rechts drehen muss, um nicht aus Versehen einen auf Eskimo zu machen; zu meinem Erstaunen klappte es, ohne dass ich darüber nachdenken musste. Zuerst zog sie ihren Kopf zurück, drückte mich leicht weg, aber dann gab sie nach; ich steckte ihr meine Zunge rein, schleckte im Pfefferminzaschenbecher herum. Es war weich und feucht, fühlte sich verdammt gut an. Sofort wachte mein Schwanz auf, fing an zu kribbeln und zu zucken, so, als wolle er mir von da unten zuwinken und schreien: „Heeey, Großer, lass mich raus, ich will auch!“
Ich umschlang sie noch fester, ließ meine Hände runter zu ihrem Arsch gleiten und begann zu kneten. Das Ding in meiner Hose drehte vollkommen durch. Da nahm sie meinen Kopf, riss ihn von sich weg und stieß mich um. Ich hörte sie heulen, als sie wegrannte. Noch einige Zeit saß ich auf dem Gehsteig und starrte auf die Straßenecke, hinter der sie verschwunden war.

Als ich zu meinem Fahrrad kam, hatte ich Schwierigkeiten, das Schloss zu öffnen; alles drehte sich, und nichts ergab mehr Sinn. Ich musste weit fahren, um nach Hause zu kommen. Der Park lag auf der Seite der Stadt, wo alles grau war; wo man die Männer aus den Fenstern ihrer Betonsärge Zigaretten paffen sah, wo es nichts als Pinten und Casinos und Dönerbuden zu geben schien, und wo immer irgendeine Gruppe Halbstarker herumlungerte, die dich unter ihren Kapuzen beobachteten. Das Viertel, aus dem ich kam, war anders: Jede Familie hatte dort ihr eigenes Haus, und sie schauten alle gleich aus; sie waren weiß und sauber und ohne Risse, sie strotzten vor Kraft und Gesundheit. Oft kam es mir so vor, als ob es auf der Straße vor unserem Haus nie nach etwas riechen würde; nicht nach Gebüsch und nicht nach Erde; nicht nach Autos oder Scheiße oder Blumen oder Menschen; ich war froh, wenn ich dort wegkam.

Ich hatte noch Schlagseite, als ich daheim ankam; jetzt folgte der nervigste Part. Meine Eltern hockten immer zwischen der Tür und meinem Zimmer, glotzten Fernsehen, und ich stank nach Sprit und Rauch und musste da vorbei. Ich hatte prophylaktisch ein Deo und ein paar Kaugummis im Müllhäuschen versteckt; also stopfte ich mir drei in den Mund, sprühte mich ein und tänzelte ein bisschen über den Vorhof, um den Duft einwirken zu lassen. Als ich die Tür öffnete, holte ich tief Luft. Der Fernseher dröhnte bis in den Gang; irgendeine dieser Diskussionsrunden, ätzend. Ich ging ein paar Schritte und wartete darauf, dass die übliche Prozedur über mich ergehen würde; ich würde ins Wohnzimmer kommen, meine Mutter würde sagen: „Wo warst du denn so lange, Jung'?“, dann würde mein Vater sagen: „Lass das Kind doch mal!“, meine Mutter würde laut seufzen und beide hätten sich nicht mal die Mühe gemacht, von der Scheibe wegzusehen. Wenn ich zu unvorsichtig gewesen wäre, würde meine Mutter in der Gegend rumschnüffeln und sagen: „Mensch Franz, riechst' das auch?“, und Franz würde aufstehen und sagen: „Nico! Du stinkst ja wie ein ganzes Wirtshaus! Wo treibste dich denn 'rum, hä?!“, und ich würde sagen: „War in 'nem Wirtshaus“, und dann würde er mir einen bösen Blick zuwerfen, sich wieder hinhocken, weiter glotzen, und ich könnte in mein Zimmer gehen und mich wütend in den Schlaf wichsen. Ich hasste die beiden, ich hasste alles an ihnen: ich hasste ihre Gesichter und ihre Stimmen, ich hasste die Art wie sie liefen und lachten, ich hasste es, dass sie mich anschauten und einen kleinen Jungen sahen, ich hasste es, dass sie mich nie nach den wirklich wichtigen Dingen fragten; ich hasste es, dass wir immer bloß über unserem Mittagessen hingen und uns anschwiegen. Die Tage, an denen wir dasaßen und ich erzählte, dass ich ein paar Einsen geschrieben oder gegen Ben ein Tischtennistunier gewonnen hatte, die Tage, an denen ich ihr Sohn war und wir zusammen Wetten, dass? schauten und lachten und uns wirklich etwas zu sagen hatten, diese Tage verkümmerten zu einer dieser Erinnerungen, die einem irgendwann so unwirklich erscheinen, dass man sich schwer damit tut, sie für wahr zu halten.
Als ich eintrat, geschah nichts von alldem. Mein Vater lag schnarchend auf dem Sofa und Maybrit Illner brüllte ihn an. Meine Mutter war nicht mehr da.

Ich lag im Bett und schloss die Augen. Alles drehte sich; mir war verdammt schlecht. So wollte ich nicht einschlafen, also entschied ich mich dazu, noch eine kleine Spritztour zu wagen. Seitdem ich herausgefunden hatte, was man so alles mit seiner Nudel anstellen konnte, litt ich an einer neurotisch-pubertären Zwangsstörung, die Massen von Möchtegernmännern schon immer in den Irrsinn getrieben hat: chronische Geilheit. Manchmal verbrachte ich den ganzen Tag im Bett und tat echt nichts anderes, als Mütze-Glatze zu spielen; ich konnte mich kaum zum Essen oder Pissen aufraffen, ohne mir in der Hose herumzufummeln. Ich brach ständig meine eigenen Rekorde, schaffte es drei- oder viermal hintereinander, tat es irgendwann nicht mal mehr des Gefühls wegen, sondern nur noch, um nach dem Orgasmus das kurze Zeitfenster zu genießen, in dem ich endlich klar denken konnte, ohne überall Titten und Ärsche und Muschis zu sehen. Aber spätestens, wenn das Biest in mir wieder zu brennen begann, ging der Wahnsinn von vorne los und alles bestand nur noch aus Brüsten, Brüsten, Brüsten. Solche Tage taten mir nicht gut, die zogen mir jegliche Kraft aus den Knochen und ließen mich am nächsten Morgen wie ein Zombie mit Hämorrhoiden durch die Welt humpeln.
Als ich mir in die Hand spuckte und anfing, den Kleinen wachzuschütteln, dachte ich an Ben; dieses warm-und-nass-Ding ging mir nicht mehr aus dem Schädel: warm und nass?! Ich dachte nach, stand auf, ging ins Bad und drehte am Wasserhahn herum. Als ich die perfekte Temperatur gefunden hatte, packte ich ihn aus und taufte meine Vorstellung auf den Namen Jessi. Es fühlte sich erstaunlich gut an, ging leicht von der Hand. Warm und nass, warm und nass, ich war nah dran, schloss die Augen, sah ihre kleinen Titten ...
Plötzlich blitzte ein anderes Bild auf meine Leinwand: die Jessi mit dem traurigen Blick, die Jessi, die schluchzend davonrennt. Irgendetwas stimmte nicht, entweder mit ihr oder mit mir. War sie gaga-plemm-plemm oder ich ein beschissener Küsser, ein perverser Vierzehnjähriger, der die kleinen Girls begrapscht? Ich schüttelte ihn, weil ich nicht wollte, dass er so kurz davor den Kopf wie eine verängstigte Schildkröte einzieht.
Die Tür ging auf, ich zuckte zusammen, rutschte fast aus; mein Vater erschrak genauso; er riss die Augen auf und durchstach mich mit einem ungläubigen Blick; er schien wohl kurz darauf zu warten, dass er aus einem beschissenen Albtraum aufwacht. Ich stand da, war paralysiert; Adrenalin raste durch meinen Körper. Schweigen. Das Plätschern des Wassers war das einzige Geräusch, das diese eklige Stille zu durchbrechen versuchte. Wir schauten uns weiter an. Niemand von uns beiden schien eine Idee zu haben, wie man sich aus dieser Situation am billigsten davonschummeln könnte. Ehe ich etwas sagen konnte, zog mein Vater die Augenbrauen hoch, warf mir so einen ach-was-machst-du-denn-da-Junge-Blick zu, seufzte, drehte sich um, nickte den Boden an und schloss die Tür hinter sich. Ich keuchte, drohte in den Fliesen zu versinken, sie waren Treibsand. Ein Schwall drückte mir im Hals, schoss nach oben, quoll mir aus dem Mund. Ich beugte mich vor, rülpste den Dreck heraus und erkannte die Whiskeynote; als ich fertig war, hob ich den Kopf, schaute in den Spiegel und sah mich an: Das war er also, sein Sohn; der mit den roten Augen und dem vollgekotzten Shirt, der mit dem Schwanz in der Hand und dem kleinen Freak in der Birne.


Samstag
Seppi und Jessi wohnten in der Nähe vom Park, in einem braunen Betonklumpen mit Fenstern und Balkonen; ich war nie oft bei ihnen gewesen, irgendwie hatte sich das nie ergeben. Wenn ich Seppi fragte: „Heey, Bock was auszuchecken?“, schlug er immer sofort etwas vor, was man nur draußen oder bei mir oder Ben machen konnte; das fand ich irgendwie ziemlich schade, weil ich mir heimlich vorstellte, dass Jessi drinnen in Hotpants rumlief oder so.
Ich stieg vor dem Wohnhaus ab und schob mein Fahrrad in den Hof hinein; Wäscheleinen, überquellende Müllcontainer und ein paar zahnlose Alte mit Baskenmützen, die herumalberten und Karten auf einen Pappkarton schmissen. Ich klingelte bei Seppi; irgendwie begann ich mich unwohl zu fühlen, ich spürte da etwas meinen Nacken kitzeln. Als ich mich umdrehte, erschrak ich: Da stand er, auf dem Balkon, über mir, Herr Lötzsch, Seppis Alter, er stierte mich an. Ich hatte fast vergessen, dass es ihn gab; die paar Male, als ich hier gewesen war, saß er immer in derselben steifen Position da oben, im Unterhemd, starrte stumm, kalt, wütend auf den Hof herunter, mit diesem vernarbten Gesicht und der Säufernase. Herr Lötzsch gab nie einen Laut von sich, selbst als ich mal „Hallo!“ nach oben gerufen hatte, durchlöcherte er mich als Antwort bloß mit seinen Blicken. Ich schaute schnell wieder weg, drückte noch mal auf die Klingel und kurz darauf stand Seppi vor mir.
„Hi Nico“, sagte er, aber mit so einem komischen Unterton, irgendwie ängstlich.
„Hey“, sagte ich, „was geht ab?“ Ich blinzelte ihm zu, weil ich herausfinden wollte, ob er das Zeug auftreiben konnte und unser kleiner Partymarathon weitergehen würde. Seppi schaute mich an, schluckte, wurde blass und sagte dann: „Komm, lass losgeh'n.“
Wir liefen ein paar Schritte, da durchschnitt ein kratziger Schrei die Luft. Sogar die Alten auf der anderen Seite des Hofs stoppten ihr Kartenspiel und drehten sich zu uns um.
„Sebastian!“
Seppi zuckte zusammen, blieb sofort stehen und rührte sich nicht.
„Schau' mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede, Sebastian!“
Seppi drehte sich ruckartig um und haspelte: „'schuldigung, Papa, ich –“
„Ja? Was?“
„Ich, ich ... äh ...“
„Wo gehst du hin, Sebastian?“ Der alte Lötzsch zündete sich eine Zigarette an, starrte uns unbeirrt von seinem Thron aus an und pustete den Rauch so heraus, als wolle er uns auf den Kopf spucken. Seppi schien keine Worte zu finden, er nuschelte bloß unverständliches Zeug: „Ich ... äh wi-wir .. geh'n ...“
„Ist das der junge Breitner?“, fauchte er vom Balkon herunter und nickte mich an.
„J-Ja, isser.“ Seppi warf mir kurz einen Blick zu, so, als wolle er checken, ob ich auch eine gute Figur vor seinem Vater abgeben würde. Jetzt musterte mich der Alte. Er hatte einen verdammt klaren Blick drauf, so, als ob ihm nichts entgehen würde, als ob er mich bloß anzusehen brauchte, um alles über mich zu wissen. Seine Mundwinkel zeigten weiterhin nach unten und die Kippe in seiner Hand glühte vor sich hin.
„Gut“, sagte der alte Lötzsch und stierte mich immer noch an. „Komm' nicht zu spät, Sebastian.“
Seppi rührte sich nicht, bis sein Vater uns noch mal auf den Kopf gespuckt hatte und sagte: „Ihr könnt jetzt gehen.“
Die Kartenspieler fingen wieder an herumzublödeln und wir latschten schnell davon.
„Der Alte hat gestern 'nen Großeinkauf gemacht“, sagte Seppi, als wir unsere Fahrräder ein Stück weit die Straße abwärts geschoben hatten. „Der ganze Keller steht mit Selbstgebranntem voll; würde 'nen Besen fressen, wenn der das checkt.“ Seppi begann mich anzugrinsen, bekam wieder etwas Farbe im Gesicht und tätschelte gegen seinen Rucksack.
„Jo, besser als der Stress mit der Tanke“, sagte ich. Plötzlich klimperten die Flaschen ziemlich laut und wir beide begannen herumzukichern.

Ben saß auf der Lehne unserer Bank, hatte die Hände vor sich gefaltet und ließ einen Spuckefaden zwischen seine Füße sinken. Neben ihm saß eine ziemlich aufgetakelte Tussi, die sich die Augen wie ein Panda angemalt hatte und Haare wie Heu trug; der Ausschnitt ging ihr knapp bis über die Nippel und ihre Titten waren so verdammt groß, dass es aussah, als wollten sie von ihrem Körper wegspringen; solche Euter bei einer in unserem Alter zu sehen war genauso selten wie ein Vierzehnjähriger mit Rasputinbart und Flugzeugführerschein. Ben schien sie nicht weiter zu beachten, er schien niemanden zu beachten; er starrte nach unten und manövrierte weiter Rotze zwischen seine Schuhe.
„Alter“, sagte Seppi, und in seinen Augen blitzte eine Mischung aus Geilheit und Wahnsinn, „schau dir mal die Braut an! Was will die 'n da?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Was weiß ich, vielleicht hat sich die F-F endlich mal das Fett umsaugen lassen.“
Wir glucksten blöd herum und kamen der Bank immer näher. Das Mädchen begann uns anzulächeln und ich war verwundert; eigentlich hätte mein Schwanz schon lange an seinen Gitterstäben rütteln müssen, aber irgendwie war er gerade am Pennen.
„Hey Ben!“, rief Seppi, streifte sich die Haare hinter die Ohren und steckte die Hände in die Hosentaschen. Ben hob den Kopf und warf uns einen flüchtigen Blick zu.
„Was geht ab, Jungs ...“, sagte er, und steckte sich eine Fluppe an. „Das is' die Mel, 'ne Freundin von der Franzi.“
„Hey“, sagte Seppi, so dämlich pseudocool. Mel nickte ihm zu, dann sah sie mich an; ihre Backen schoben sich zu ein paar Schminkegrübchen zusammen: „Heeey.“
„Die Franzi wollte eigentlich auch noch kommen“, sagte Ben und blinzelte auf sein Handy. „Schon vor 'ner halben Stunde, kein Plan ...“
Kurz schwiegen wir; Ben pustete den Rauch aus seinen Backen und starrte dabei in die Ferne. Seppi schaute Mel so an, als wolle er sie auffressen, und Mel stierte mich an; sie hatte graue, nichtssagende Augen, genauso grau und nichtssagend wie der Kieselweg oder eine Betonmauer. Irgendwie musste ich an die Augen denken, die mich gestern so tief und durchdringend angesehen hatten, die in mich hineingelangt und irgendetwas gestreichelt hatten; mir wurde warm, als ich daran dachte. Ich schielte zum Gerüst, aber da war niemand.
„Wie heißte denn?“, fragte mich Panda-Augen-Mel und schmatzte auf ihrem Kaugummi herum wie eine Kuh auf Gras.
„Nico“, sagte ich. „Und das ist der Seppi.“
„Mhmmm“, machte Mel und glotzte mich weiter an.
„Na dann kann's ja losgehen“, sagte Seppi, klatschte in die Hände, schwenkte seinen Blick mal durch den Park und holte dann eine Pulle aus seinem Rucksack.

Ben gab mir die Flasche rüber; ich nahm sie und versuchte einen Hit zu nehmen, aber es war schwierig; diese Irre hatte sich einfach auf meinen Schoß gesetzt und rutschte die ganze Zeit vor und zurück; natürlich war mein Schwanz dadurch wachmassiert worden, war von Wurm zu Kobra mutiert und pulsierte jetzt in die Arschbacken von dieser Mel hinein.
„Hey, hör mal“, sagte ich zu Ben; ich wollte es schnell hinter mich bringen, denn wer wusste schon, wie lange ich noch genug Blut in der oberen Körperhälfte hatte, um einen geraden Satz über die Lippen zu bringen. „Das gestern, weißte, das war nich' so gemeint, ich war besoffen und –“
Ben schaute mich an, aber irgendwie schien ihm meine Entschuldigung keine bessere Laune zu machen; er hatte Augenringe, blickte mich müde, kaputt, verschlafen an, und sagte nichts, sondern tippte bloß weiter auf seinem Handy herum. Mel laberte irgendwas mit Seppi und gluckste dabei; sie rieb ihren Arsch weiter vor und zurück – ich schluckte das scharfe Zeug hinunter, spürte ihren Körper auf mir, aber er gab mir nichts, er war ein Zellhaufen mit zu viel Schminke; das Gerüst war immer noch leer.

Es dämmerte bereits und die Mukkiebudentypen lungerten bei der Tischtennisplatte herum; man hörte sie lachen und anstoßen. Die Pulle hatte ein paar Kreise gezogen und war nur noch halb voll; da war er wieder, dieser taube, leichtfüßige, kribblige Nebel, der sich um uns zog und alles so unreal erscheinen ließ. Die Alte hatte sich mittlerweile umgedreht und saß jetzt so auf mir drauf, dass ich alle Mühe damit hatte, ihr meine Nase nicht zwischen die Titten zu stecken; ich musste meinen Kopf richtig unbequem verrenken, so nah war sie mir. Seppi erzählte ihr die ganze Zeit irgendeinen Stuss, von wegen, was er so Witziges in der Schule erlebt hatte, keine Ahnung; Kuhfressen-Mel lachte übertrieben laut: „Hä hä hä hä hä“, und hoppelte auf mir herum; irgendwann ging mir ein kleiner ab, glaube ich – ich bin mir nicht ganz sicher, auf jeden Fall klebte danach was in der Hose. Auch Ben witzelte wieder ein bisschen mit, blinzelte auf sein Handy und verteilte Kippen.

Wir hatten wegen irgendwas gelacht, auf jeden Fall hoppelte Mel gerade auf mir herum, da stand sie plötzlich vor mir; zuerst glaubte ich nicht, was ich sah. Ich wartete ein paar Sekunden ab, dann nickte ich ihr zu, weil ich irgendwie nicht wusste, wie man ein Mädchen begrüßen sollte, das heult, wenn man sie küsst.
„Hey Jungs“, sagte Jessi, schaute mich kurz an und riss ihren Blick dann schnell wieder weg.
„Hey ...“, murmelten die anderen; Mel glotzte Jessi von oben bis unten an und drehte sich dann zu mir um; sie versuchte sich ein Lachen zu verkneifen und pustete dabei ihre Backen so bescheuert auf.
„K'nnt ihr die?“, fragte mich Mel so laut, dass es alle hören konnten.
„Ähm ja“, sagte ich, „ist Seppis Schwester.“
Jessi setzte sich neben Ben auf die Bank; eine Weile schwiegen wir, bloß Mel rutschte auf mir herum; sie schwankte mittlerweile sehr.
„Ohh“, stöhnte sie auf einmal, „euer Alkohol br'nnt mir voll im M'nd.“
Ihre Worte klangen verwaschen; sie griff sich die Flasche, drehte den Deckel ab und nippte. „Ohh, das br'nnt!“
Jetzt schaute sie mich mit ihren Betonmaueraugen an, ihr Kopf wackelte hin und her. „Komm schon Schnucki, lösch' mei'e Lippen.“
„Was?“ Ich schluckte; ich meine, von sowas hatte ich während meiner Mütze-Glatze-Tage vierundzwanzig Stunden lang geträumt, und in Sachen Küssen war ich ja mittlerweile auch bewandert – aber ich konnte nicht, ich wollte meine Lippen nicht in dieses Gesicht drücken.
„Alter, jetz' küss sie halt endlich!“, stöhnte Ben, tippte auf seinem Handy herum und verdrehte die Augen. Plötzlich beugte sich Mel zu mir herunter und alles wurde dunkel; ich schmeckte dieses scharfe Zeug und fühlte ihre glibbrige Zunge, die sich wie ein Blinder in meinem Mund umhertastete. Danach schwiegen wir alle; Seppi sagte nichts mehr, ich sagte nichts mehr, Jessi rauchte eine nach der anderen und Ben drückte weiter auf seinem Handy herum.
„Ich geh' dann mal“, sagte Jessi, trat ihre Kippe aus und stand auf.
„Jetzt schon?“, fragte ich. „Ist doch noch nicht mal ganz dunkel.“
„Ja“, sagte sie, ohne mich anzusehen, und lief los, über die Wiese. Mein Herz hämmerte, ich fühlte mich fürchterlich; da kribbelte etwas in mir, das einfach nur aufspringen, loslaufen, mit ihr wegrennen wollte, aber ich konnte nicht, die anderen würden es nicht verstehen, die würden lachen.
„Was is' denn mit der los?“, fragte Mel und kicherte wieder so bescheuert rum. Seppi zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung“, sagte er, „die is' halt so.“
Ich ertrug es kaum, sie gehen zu sehen; ihr Rücken wurde immer kleiner und ich verbrannte; da lief sie, den Kopf gesenkt, die Hände in den Hosentaschen – es stach in meinem Bauch, tat weh. Mels Panda-Gesicht und ihre Beton-Augen schoben sich zwischen mir und Jessi, ich spürte ihren heißen Atem, hörte Seppi spucken und Ben auf den Tasten seines Handys herumdrücken – ihre Fresse kam näher, wurde immer größer; ich wollte es nicht, es war falsch, es brachte mich fast um, meine Hände schwitzten. Als ich Mels Lippen spürte, platzte es aus mir heraus; ich packte sie und schmiss sie von mir herunter; sie knallte auf den Kieselsteinweg, jaulte, Ben und Seppi zuckten zusammen, aber es war mir egal. Ich rannte los, über die Wiese, so schnell ich konnte, hörte die anderen irgendetwas rufen, ich verstand es nicht.

Sie stand hinter einem Gebüsch und ihre nassen Wangen glitzerten im Licht der Straßenlaterne. Da war sie wieder, diese Traurigkeit, die mir bei ihr so fremd vorkam. Ihr Kinn zitterte.
„Hey“, sagte ich und keuchte. „Hey.“
Jessi sagte nichts, sondern starrte mich bloß an. Dann fuchtelte sie mit ihrer Kippe herum.
„Hab ich's nicht gesagt: wie 'n Glühwürmchen.“
„Ja“, sagte ich, aber ich glaubte ihr nicht mehr, es war eine Fassade, eine Lüge. Wieder standen wir da und taten nichts als uns anzuschauen, aber es war keine nichtssagende Stille.
„Tut mir leid“, sagte ich dann, „das mit der ist nicht so, wie du denkst, weißte.“
„Du hattest es versprochen“, sagte sie und schluchzte. „Weißt du, das gestern, ich kann sowas einfach nicht abhaben ...“
Ein paar Minuten standen wir einfach so da; ich schlug ihr vor, ein bisschen rumzulaufen. Dann erzählte sie es mir, ich meine echt einfach alles, von ihrem Stiefvater und von ihren Halbschwestern, die es zwar wussten, sie aber nur dafür hassten, weil er ihr damals so viele Geschenke machte; von Seppi, der danach immer zu ihr ins Bett kam und sie solange in den Arm nahm, bis sie einschlief; von ihrer Mutter, deren Arme so vernarbt waren, dass sie keine T-Shirts mehr tragen konnte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also nickte ich bloß; ich glaube, ich hätte gerne mitgeheult, aber ich konnte nicht, da brannte zu viel Wut in meinem Bauch.

Als wir zurückkamen war es fast dunkel; Jessi meinte, dass es egal sei, wann sie nach Hause käme und mir war es auch egal, was wollte ich schon dort. Wir liefen an dem Gebüsch vorbei auf die Wiese, als ich einen Schrei, nein, vielmehr ein Jaulen hörte; erst erkannte ich nichts, ich sah bloß einen Schatten vor unserer Bank knien und hörte ein Krächzen.
„Warte hier“, sagte ich zu Jessi; meine Lungen fingen zu pumpen an, ich spürte das Adrenalin durch meinen Körper rasen und war plötzlich wieder stocknüchtern; ich begann zu rennen, hin zu diesem Schatten: Ich ahnte was gerade geschah, wollte es aber nicht wahrhaben.
„Du Sau!“, schrie er mit dieser kratzigen Stimme, „du Sau! Du blöde Sau!“
Ich rannte und rannte, meine Arme und Beine wurden taub. Jetzt erkannte ich ihn; das eingefallene Gesicht, die Säufernase. Ich hörte es knallen, wieder und wieder, sah seinen Arm nach unten schleudern; Seppi lag wie eine Puppe auf dem Boden, zuckte nicht mal mehr, Ben lag eingesunken auf der Bank, aus seinem Mund und seiner Nase quoll Blut; er sah mich mit trüben, leeren Augen an und schnaufte stark.
„Du Sau! Du elendige Sau!“, krächzte der alte Lötzsch wieder und wieder, „willste vielleicht so werden wie ich?!“
Ich rannte noch immer und als ich Seppis Gesicht erblickte, stach es in meiner Brust; ich erkannte ihn fast nicht wieder, da war kaum mehr als roter Matsch und Hautlappen übriggeblieben. Der Alte sah mich nicht kommen; ich dachte nicht darüber nach, was ich tat; ich schleuderte ihm einfach mit aller Kraft meinen Schuh gegen die Nase – es krachte und er fiel zurück, blieb kurz liegen und durchlöcherte mich dann mit diesem klaren Blick und den weit aufgerissenen Augen. Der alte Lötzsch sprang blitzschnell auf, krallte seine Pranken um meinen Hals, hob mich hoch und warf mich auf den Boden; ich hörte es unter mir klirren, spürte den Schmerz aber nicht – ich bekam kaum mehr Luft. Als der alte Lötzsch seine Faust ballte und sich zu mir herunterbeugte, da fühlte ich die Flasche bei meiner Rechten – ich griff zu und streckte ihm das abgebrochene Ding entgegen; der Alte kam zu schnell herunter, er stieß einen fürchterlich grellen Schrei aus, und ich spürte das warme Blut auf mich spritzen. Der alte Lötzsch zog den Kopf nach oben und riss mir so die Flasche aus der Hand; er schrie noch ein paar Mal, wurde immer stiller und blieb schließlich regungslos liegen; Scherben ragten aus seinem Gesicht. Ich atmete schwer, bekam keine Luft mehr, meine Hände zitterten; ich bemerkte, dass die Russen von der Tischtennisplatte um uns herum standen und telefonierten.
„Der Junke hat ihn umkepracht!“, schrie der eine und fuchtelte in meine Richtung, „der hat den Alten umkepracht!“
„Ist alles gut ...“, murmelte Ben, ohne sich dabei zu bewegen; er saß immer noch eingesunken auf der Bank und starrte blutverschmiert vor sich hin. „Ist alles gut ... alles gut ...“
Ich stand auf, hatte Seppis Rucksack um die Schulter; „der Junke hat ihn umkepracht!“
Ich schubste den Russen zur Seite und rannte, so schnell wie ich noch nie in meinem Leben gerannt war, über die Brücke, zu meinem Fahrrad.


*​

Der Mond schien hell in dieser Nacht und das Moos machte mir allmählich einen nassen Arsch; Jessi kannte die Stelle hier im Wald, vor zwei Jahren hatte sie Seppi mal auf den Fahrrädern mit zur großen Eiche genommen, als wir uns ein Päckchen Zigaretten organisiert hatten und uns noch nicht trauten, irgendwo in der Stadt zu qualmen. Schon damals war sie mir aufgefallen: Sie konnte über Witze lachen, über die wir uns als zwölfjährige Idioten bepisst hatten; das war ungewöhnlich – alle Mädchen, die ich kannte, interessierten sich für Ponys oder Harry Potter und nicht für Fürze und das A-Team.
Ich hörte ihr Fahrrad quietschen; ich stand auf und versuchte ihr Gesicht zu lesen, aber es war zu dunkel. Sie stieg ab, blieb vor mir stehen und sah mich an.
„Hi“, sagte sie.
„Hey“, sagte ich.
„Seppi ist jetzt im Krankenhaus“, sagte sie, „die haben gemeint, ihn hat's schwer erwischt, aber er wird's schaffen.“
Ich atmete durch und spürte eine große Last von meinen Schultern fallen; aber es drückte noch immer in meinem Bauch, mir war schwindelig, schlecht, kalt.
„Das ist gut“, sagte ich, und nickte dabei, „ist gut.“
Der Wald war ungewöhnlich still in dieser Nacht; die Blätter raschelten über unseren Köpfen und der Mond hing über uns und starrte auf uns herab.
„Und wie geht's dir?“, fragte ich.
Sie zuckte mit den Schultern und blickte nach unten. „Weiß auch nicht. Geht schon. Bin einfach abgehauen – die Mom ist jetzt eh bloß beim Seppi.“
Ich nickte und sog die frische Waldluft durch meine Nasenlöcher.
„Und ... dein ... dein Vater?“
Wieder zog sie die Schultern hoch. „Keine Ahnung. Die wissen noch gar nix.“
„Mhm.“
Ich ließ mich an der Eiche nach unten gleiten, auf das nasse Moos, alles tat mir weh; was passiert war, kam mir wie ein schlechter Albtraum vor – es ist nie passiert; der Schnaps brannte mir im Hals. Sie setzte sich neben mich.
„Du hast das Richtige gemacht“, sagte sie. Ich starrte einfach nur vor mich hin.
„Ich weiß nicht mal, ob ich will, dass er's schafft“, sagte sie dann und ihre Wangen begannen wieder zu glitzern. Ich nickte. Irgendwie verstand ich sie; ich wehrte mich dagegen, aber ich fühlte genauso. Ich wusste nichts mehr: nicht, was falsch war und nicht, was richtig war. Ich fühlte mich verloren.
„Ich versteh' dich“, sagte ich, „wirklich. Irgendwie versteh ich dich.“
„Nimmst du mich mal in den Arm?“
„Echt?“
„Ja.“
Ich legte meinen Arm um sie und drückte sie fest an mich heran; ich roch sie wieder: Sie roch nach Zigaretten und Sonnencreme und Deo und Jessi; Wärme breitete sich in mir aus.
„Ich habe immer eine scheiß Angst, wenn ich jemand anderen an mir fühle“, sagte sie, „dann spüre ich ihn immer auf mir liegen.“
„Ich habe auch Angst davor“, sagte ich. Sie blickte mich fragend an.
„Wie meinste das jetzt?“
„Naja, davor, dass mich eine da unten anfasst. Du weißt schon. Ich meine, ich will das ja und so, aber irgendwie hab' ich auch Schiss davor. Dass es weh tut oder so.“
„Ich will nicht, dass du Angst davor hast“, sagte sie dann.
„Und ich will auch nicht, dass du Angst vor mir hast“, sagte ich. Dann küssten wir uns und später setzte sie sich auf mich, ich spürte ihre warme, weiche Haut und wir ließen einander nicht los. Ben hatte recht: Es war warm und nass, aber es war viel mehr, es durchzog meinen ganzen Körper und ließ mich einen Meter über dem Boden schweben.

„Warte mal“, sagte sie, als wir gerade aus dem Waldstück herausgefahren waren und ich die ersten Sonnenstrahlen am Horizont sah. Ich bremste und drehte mich zu ihr zurück.
„Was is' denn?“
„Bitte vergiss mich nicht.“
Ich runzelte die Stirn und verstand nicht. „Wie meinste das jetzt?“
„Keine Ahnung. Ich glaub' irgendwie, dass wir uns nicht mehr oft sehen werden.“
„Ach Quatsch“, sagte ich, in der Hoffnung, wenn ich es bloß oft genug sagen würde, würde es schon stimmen. „Quatsch.“

Als ich zuhause ankam, war es bereits hell; die Vögel zwitscherten und der Tau glitzerte auf dem Gebüsch vor unserem Haus. Gleich nachdem ich die Tür geöffnet hatte, standen meine Eltern vor mir: meine Mutter mit roten Augen, die Haare zerzaust, und mein Vater mit geballten Fäusten und Augenringen. Dann platzte es aus mir heraus, ich konnte nichts dagegen tun: Ich heulte und die Rotze lief mir nur so aus der Nase, sie vermischte sich mit einer Menge Tränen und baumelte mir am Kinn herum. Ich fiel ihnen in die Arme und erzählte alles, was mir einfiel: von den Flaschen, von der Bank, von Seppi und seinem zermöbelten Gesicht, vom alten Lötzsch und von der Scherbe, die ihm aus dem Auge ragte. Sie nickten und nickten und hörten mir das erste Mal seit langem wieder zu; und plötzlich hasste ich ihre Gesichter und ihre Stimmen gar nicht mehr, es tat gut, sie zu sehen, sie zu hören. Meine Eltern waren nicht sauer. Ich glaube, sie waren einfach nur froh darüber, dass ich wieder bei ihnen war.

Die nächste Zeit war grauenhaft: Ich aß und schlief zwei Tage lang nicht, ich hatte furchtbare Angst davor, was mich in meinen Träumen erwarten würde; ich lag nur im Bett herum, wälzte mich von einer auf die andere Seite, schwitzte, fror, und starrte auf die Mattscheibe meines Fernsehers, ohne wirklich aufzupassen, was da gerade geschah. Ich traute mich nicht, Ben oder Seppi oder Jessi anzurufen; was ist, wenn Seppi mittlerweile tot ist? Was, wenn ich den alten Lötzsch umgebracht habe? Jeden Morgen schlich ich heimlich in die Küche und schlug die Zeitung auf, Todesanzeigen; und jeden Morgen starb ich fast selbst dabei, als ich die Seiten zitternd umblätterte; aber keiner hieß Lötzsch. Der einzige Mensch, den ich in dieser Zeit sah, war meine Mutter; sie brachte mir immer Tee mit Honig ans Bett, das half mir ein bisschen, es fühlte sich wie eine warme Umarmung an.
Nach drei Tagen stand er dann plötzlich in meinem Zimmer, ich hatte es gar nicht klingeln hören; auch er sah mitgenommen aus, sein Gesicht war blass, mit angeschwollenen Augen, Blutergüssen und Pflastern.
„Hey“, sagte Ben.
„Hey“, sagte ich.
„Schaust scheiße aus“, sagte Ben. Ich musste ein bisschen schmunzeln.
„Du aber auch, Alter.“
„Er ist wieder da.“
Ich schluckte; ein Stein sackte in meinen Magen und zog mich nach unten.
„Wie meinste das?“
„Seppi. Er hat's überstanden. Liegt jetzt in der Wachstation.“
Ich nickte und musste schwer schnaufen.
„Gut“, sagte ich.
„Ja ... der Alte liegt auch wach. Kann sich aber an nichts erinnern, so besoffen war der.“
Wir sahen uns kurz an und nickten, schwiegen.
„Sie hat mit mir Schluss gemacht“, sagte er dann.
„Wie meinste das jetzt?“
„Na die Franzi. Hat mit mir Schluss gemacht.“
„Oh“, sagte ich, weil ich irgendwie nicht wusste, was ich dazu sagen sollte. „Tut mir leid, Mann.“
„Mhm“, brummte Ben.

Jessi sollte recht behalten; ich sah sie noch ein einziges Mal wieder, als wir Seppi besuchten. Es war ein komischer Besuch: Wir alle schienen irgendwie zu spüren, dass es ein Abschied war, es lag in der Luft. Jessi und Seppi zogen zwei Wochen später mit ihrer Mutter nach Hamburg. Der alte Lötzsch wanderte wieder in den Knast. Ben sah ich kaum noch; wir gingen nicht mehr in den Park, niemand von uns beiden hatte den anderen je wieder gefragt, ob er Lust dazu gehabt hätte. Ben hing dann mit so anderen Typen im Pausenhof ab, ich kannte sie nicht, ich sah sie bloß von weitem immer herumalbern. Ein Jahr später wechselte er aufs Gymnasium, dann sah ich auch ihn nicht wieder.

 

Hallo zigga,

Deine Geschichte hat mir zum größten Teil ganz hervorragend gut gefallen! Ich hatte von Dir ja bisher nur "Bunte Haare" gelesen, den ich auch nett fand, aber insgesamt noch etwas strubbelig. Hier fand ich den Stil und den Zug der Geschichte schon sehr souverän. Das hat mich richtig reingezogen, hat mir die Figuren sehr nahe gebracht und war an vielen Stellen ziemlich schön.
So richtig symphatisch wurde mir der Text, als die so anfingen, über FF zu lästern. Da dachte ich, denen würd's recht geschehen, wenn Ben viel mehr Action kriegt als die. Und zack! Wunsch erfüllt. Da untegräbt sich Dein Erzähler etwas und das macht ihn sympathisch.
Da sind auch viele gute Details drin, wie den Pfefferminzaschenbecher oder die gezüchteten Spuckefützen. Die find ich zwar wirklich widerwärtig, aber man sieht sie da halt direkt so sitzen, wenn man das liest.
Also ich mochte das alles voll gerne. Aber ich mochte den Plot nicht, also das Ende :shy: Aus folgendem Grund: Ich hätte mir gewünscht, dass wenn da was Schlimmes passiert, das aus der Gruppe heraus passiert, was über ihre Beziehung und den Erzähler aussagt. Dass der irgendwo einen schlimmen Fehler macht, der entweder seine Freunde oder Jessi betrifft. Hier bricht das Böse aber von Außen herein wie so ein diabolus ex machina. Du machst ja auch die ganze Zeit so Andeutungen, dass sich da was Böses zusammenbraut zwischen denen, etwas, was man vielleicht hätte spüren und verhindern können. Und sowas hätte ich mir auch gewünscht. Aber das kommt ja nicht und es hat nicht wirklich was mit der Struktur der Gruppe oder des Protagonisten zu tun und es braut sich auch gar nicht zusammen und Nico hätte das niemal vorausspüren können oder müssen. Es ist zwar auch ne prägende Erfahrung, aber er lernt dadurch weniger über sich, als wenn es von innen heraus gekommen wäre. Es stößt ihm ja einfach zu. Die Geschichte mit Jessis Hintergrund hätte mir schon gereicht an äußerem Bösen. Auch um zu zeigen, dass es da eine heile und eine kaputte Welt gibt. Diese Action-Szene war für mich dann einfach drüber. Die ist so ein bisschen Holzhammer in einem sonst ziemlich feinen Text.
Tja, das ist ein bisschen schade. Aber bis dahin hatte ich verdammt viel Freude an dem Text. Das ist ja auch was wert :D

Details:

Ziemlich bescheuert, ich weiß, aber so waren wir damals.
Nach genau solchen Momenten suchten wir damals die ganze Zeit
Hätte ich geahnt, dass das unser letzter echter gemeinsamer Abend gewesen war, hätte ich ihn wohl nicht so enden lassen. Aber ich war jung, blind, und sah das Gewitter nicht kommen, obwohl es bereits nieselte.
je älter ich wurde und je schneller die Jahre an mir vorbeizogen, desto mehr verkümmerte diese irre Zeit im De-Gaulle-Park zu einer dieser Erinnerungen, die einem irgendwann so unwirklich erscheinen, dass man sich schwer damit tut, sie für wahr zu halten.

Dieses ganze rückblickend Sentimentale würd ich rausstreichen, weil es unnötig aus der jugendlichen Perspektive herausführt, die sonst total konsequent und gut eingehalten wird. Und wie gesagt, wie soll er dieses Gewitter auch kommen sehen. Es liegt ja völlig außerhalb seines Blickfeldes und betrifft ihn nur zufällig.

Ich raste die Hauptstraße mit einer irren Geschwindigkeit entlang, stemmte mein gesamtes Gewicht in die Pedalen, zog den Kopf runter bis zum Lenkrad; ich musste ein Pfeil werden, ein menschliches Geschoss auf Rädern. Zurückzublicken traute ich mich nicht, das würde Zeit kosten; Zeit, in der die Bullen mich weiter einholen könnten. Der Wind peitschte mir ins Gesicht und mein Herzschlag pochte in meinen Ohren; ich konnte nicht denken, alles was in meinem Hirn kreiste, war: 'Sie sind hinter mir her, sie sind hinter mir her!'
Du immer mit Deinen Strichpunkten. Die haben mich im ganzen Text durchweg irritiert. Ich würd auch entweder Kursiv oder einfache AZ nehmen (im ganzen Text).

Obwohl meine Beine krampften und ich kaum mehr Luft bekam, trat ich noch fester rein
"rein" würd ich streichen

Als die Straße erdig und durchtrieben von Baumwurzeln wurde
durchtrieben von Baumwurzeln ist ein schönes Bild, aber man kann es nicht so schön als Adjektiv verwenden.

Die Welt war plötzlich ziemlich groß und ich verdammt klein, Tränen liefen mir übers Gesicht, meine Hände zitterten.
Da gehört auch ein Punkt in die Mitte.

„Fuck it“, sagte ich, „nicht schlecht.
Das passt mir nicht. "Fuck it" ist doch sowas Wegwerfendes, wie "Scheiß drauf"

„Franzi kommt nachher auch in den Park“, sagte Ben und blies Rauch aus seiner Nase, als sei er ein wütender Drache, oder so.
"oder so" würd ich streichen. Einen sehr gesprochenen Stil hast Du sonst ja eigentlich nicht.

„Oh-oh, F-F-Alarm
Warum ist das hier kursiv? Und anderswo. Ich komm da nicht mit. Es verwirrt mich. Ich seh da kein System hinter.

Ich fand es behindert, jetzt an meine Mutter zu denken, also nahm ich noch einen Schluck und gab die Flasche an Ben weiter.
Den würd ich streichen. Der kausale Zusammenhang des "also" wird mir da auch nicht ganz klar.

Mhm“, sagte er, und wir starrten alle vor uns hin, auf den Bach, der dahinplätscherte und eine Fantadose davontrug. „Warm.“
„Warm?“
„Ja. Warm und nass.“
Die Dose verschwand hinter einem Busch und ich sah Ben an. „Warm und nass?“
Also das mit der Fantadose ist einfach sehr hübsch gemacht.

den halblangen dunklen Haare, die sie zum Zopf trug
"zum Zopf gebunden" oder "im Zopf"

es schmeckte nach Kloreiniger und brannte mir bis in den Magen
"mir" kann weg. Denn im Satz danach spricht er wieder für's Kollektiv

wenn man ihr in die Augen sah, kam es einem so vor, als würde man in ein zwei leere Becher blicken.
Das ist ein saugeiler Vergleich!

Ihre Haut war Milch, ihr Gesicht jung und frisch und unverbraucht.
Das hört sich so pädophil an. Kann mich nicht erinnern, dass ich als Jugendliche die Jugend anderer Jugendlicher so erwähnenswert gefunden hätte.

ie Beule in meinem Schritt schwoll zu einer ungesunden Größe an, drückte gegen die Hose, wie ein Küken gegen die Eierschale.
den mag ich auch! :)

Sie schleifte das drecks Viech an uns vorbei.
Drecksviech

F-F stand herum, lachte so ganz piepsig: „Ho ho ho ho ho“,
Dafür fehlt mir die Phantasie. In meinem Universum ist "hihi" piepsig

ch sprang von der Platte und meine Beine waren weich wie Gummistangen.
Was denn für Gummistangen? Wo begegnet man solchen im täglichen Leben? Da würd ich mir einen Vergleich aus dem Alltag wünschen

Das Viertel, aus dem ich kam, war anders: Jede Familie hatte dort ihr eigenes Haus, und sie schauten alle gleich aus, sie waren weiß, sauber, ohne Risse, sie strotzten vor Kraft und Gesundheit. Es kam mir oft so vor, als ob es auf der Straße vor unserem Haus nie nach etwas riechen würde, nicht nach Gebüsch, nicht nach Erde und nicht nach Autos oder Scheiße oder Blumen oder Menschen; ich war froh, wenn ich dort wegkam.
Das finde ich einen sehr interessanten Aspekt. Dass er sich nach etwas mehr Leben und Rauheit sehnt und dann sehr viel mehr bekommt, als er verkraften kann.

Wenn ich zu unvorsichtig gewesen wäre, würde meine Mutter in der Gegend rumschnüffeln und sagen: 'Mensch Franz, riechst' das auch?', und Franz würde aufstehen und sagen: 'Nico! Du stinkst ja wie ein ganzes Wirtshaus! Wo treibste dich denn 'rum, hä?!', und ich würde sagen: 'War in 'nem Wirtshaus', und dann würde er mir einen bösen Blick zuwerfen, sich wieder hinhocken, weiter glotzen, und ich könnte in mein Zimmer gehen und mich wütend in den Schlaf wichsen.
Also die Beziehung zu den Eltern fand ich auch sehr gut getroffen. Vor allem, weil das zum Ende ja nochmal einen Dreh kriegt. Klar entfremdet das, wenn der süße Kleine auf einmal zu so nem Sex-Maniac wird. Die ganze Wichsgeschichte fand ich auch ziemlich amüsant :D Son bisschen "Helden wie wir" oder "American Pie"

Die Tage, an denen wir dasaßen und ich erzählte, dass ich ein paar Einsen geschrieben oder gegen Ben ein Tischtennistunier gewonnen hatte, die Tage, an denen ich ihr Sohn war und wir zusammen Wetten, dass? schauten und lachten und uns wirklich etwas zu sagen hatten, diese Tage verkümmerten zu einer dieser Erinnerungen, die einem irgendwann so unwirklich erscheinen, dass man sich schwer damit tut, sie für wahr zu halten.
Das würd ich streichen. Das kommt so sentimental-reflektiert rüber. Das würde der sich doch gar nicht eingestehen, dass er sowas vermisst.

alles bestand nur noch aus Brüsten, Brüsten, Brüsten

oder ich ein beschissener Küsser, ein perverser Vierzehnjähriger, der kleine Girls begrapscht?
wie jung ist die denn, wenn selbst ein Vierzehnjähriger dagegen pädophil wirkt?
müssten das nicht eher "Titten, Titten, Titten" sein?

„Was weiß ich, vielleicht hat sich die F-F endlich mal das Fett umsaugen lassen.“
absaugen?

Auch dieses andere, das falsche Mädchen MEl, fand ich sehr gut. Nur hast Du es für meinen Geschmack ein bisschen zu dick aufgetragen. Mit den Schminkegrübchen, dem kalten Körper, den toten Augen. Sie wär ja auch ohne einfach die Falsche und das hätte bei einem weniger abstoßenden Wesen, ne deutlichere Aussage. Was ich gut finde ist, dass er bei ihrem Anblick nicht sofort nen Steifen krieg und sich darüber wundert, dass er versucht, seine Nase nicht in ihren Ausschnitt zu stecken. Die glibbrige Zunge und so stimmt dann auch wieder. Ich meine nur, es sollte ihm eben nur so stückchenweise aufgehen, dass das falsch ist. Dass der das eben nicht direkt so benennen kann als tote Augen, kalter Körper.

sie meinte, dass es egal ist, wann sie nach Hause käme
egal sei

Ich rannte und rannte, meine Arme und Beine wurden taub. Jetzt erkannte ich ihn; das eingefallene Gesicht, die Säufernase. Ich hörte es Knallen, wieder und wieder, sah seinen Arm nach unten schleudern; er lag wie eine Puppe auf dem Boden, zuckte nicht mal mehr, Ben lag eingesunken auf der Bank, aus seinem Mund und seiner Nase quoll Blut, er sah mich mit trüben, leeren Augen an und schnaufte stark.
Da war ich erst verwirrt, wer hier wer ist. Vor allem das er bezieht man ja erst auf den Schläger. Da würde ich alle beim Namen nennen. Es ist ja wichtig, dass sich der Leser nicht erst orientieren muss, sondern sich auf das Geschehen konzentrieren kann.

er Mond schien hell in dieser Nacht und das Moos machte mir allmählich einen nassen Arsch
den moosnassen Arsch mag ich!

Meine Eltern waren nicht sauer. Sie versprachen mir, es niemandem zu erzählen und vorerst nicht zur Polizei zu gehen.
Das find ich irgendwie komisch. Er kann ja zur Polizei gehen. War doch Notwehr. Es wär doch wichtig, dass er neben den Eltern mit der Polizei jetzt noch jemanden hat, der ihm zeigt, dass seine Welt trotz allem noch stabil ist. Das würd ich echt anders regeln.

lg,
fiz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Zigga!

Da hast Du ja einen kleinen Roman geschrieben, zumindest der Länge nach zu urteilen. ;)

Dein kleines Jugend-Drama gefällt mir sehr gut. Ich mag Deinen Schreib-Stil, sodass es mir überhaupt nicht langweilig wurde, als ich Deine Geschichte las.
Sie ist aus dem Leben gegriffen und bildhaft erzählt. Besonders schön finde ich auch Deinen Schluss, in dem Du erneut einen Satz aufgreifst, den Du zuvor bereits verwendet hast.
Es hat mir Spaß gemacht „Warm und nass“ zu lesen. Ich hätte nicht gedacht, dass es in dem Genre „Jugend“ Geschichten gibt, die mir gefallen.
Ein paar ganz wenige „Kritikpunkte“ habe ich, bzw. grammatikalische Einwände. Ich hoffe, dass Du sie angebracht findest.

Ich würde so gerne zitieren, habe alle Textpassagen rausgesucht, aber bin leider (noch) nicht in der Lage, zu zitieren. :rolleyes:

Ich wollte doch auch mal die Erste sein, die eine Geschichte "kritisiert, bzw. kommentiert. Wieder nicht geschafft ;)

Sobald ich weiß, wie's hier funktioniert, hole ich's nach.

Lieber Gruß,
Meraviglia

P.S.: Besonders witzig fand ich die Stelle mit dem "Fett umsaugen lassen"... ich bin kurz drüber gestolpert, aber als der berühmte Groschen fiel, musste ich ganz schön schmunzeln.

 

Besonders witzig fand ich die Stelle mit dem "Fett umsaugen lassen"... ich bin kurz drüber gestolpert, aber als der berühmte Groschen fiel, musste ich ganz schön schmunzeln.
Ach so. Bei mir ist er gar nicht von allein gefallen. :dozey: Danke für den Hinweis.

 

Nun habe ich gerade etwa eine Stunde lang zitiert und etwas dazu geschrieben, drücke aus Versehen die falsche Taste und alles ist weg!!! :bonk: :crying:

Ich setze mich morgen nochmal daran...

@ feirefiz: Gern geschehen. ;)

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus zigga,

verdammt, ihr macht mich noch verrückt mit eurer unpackbaren Produktivität, überhaupt mit dieser blöden Challenge. Vor lauter Jugendgeschichtenlesen kommt man echt zu nichts anderem mehr.
Und jetzt legst auch du noch gehörig nach, zigga. Und wie!
Ich hab mich gestern in tiefster Nacht förmlich verbissen in deine Geschichte, ich hab sie verschlungen, bzw. sie mich. Gänsehautlektüre.

Also für mich ist das dein bisher bester und stärkster Text, ehrlich, ich fand den wirklich großartig.
Ich werde jetzt gar nicht ins Detail gehen, eher so im Allgemeinen bleiben, einfach versuchen, meinen Eindruck von gestern Nacht zu schildern, weil der Text einfach perfekt funktioniert hat für mich. Das Thema, die Figuren, die Dramaturgie, usw., stimmte einfach alles. Aber ganz sicher werde ich mir die Geschichte beizeiten noch einmal in aller Ruhe durchlesen, dann kann ich dir vielleicht auch noch was Konstruktives dazu sagen, momentan gibt’s einfach nur Lob.
Klar kann man sagen, dass du hier beinahe zu viele Kisten gleichzeitig aufmachst, du lässt ja wirklich kaum ein für Teenager relevantes Thema aus:
Gedankenlose Kleinkriminalität, saufende Minderjährige, sinnloses Zeittotschlagen, gewalttätiger Vater, dem gegenüber das Elend mit vollkommen desinteressierten, bzw. überforderten Eltern, sexueller Missbrauch von Kindern, der Kampf bzw. Krampf mit der erwachenden Sexualität, der daraus resultierende Konkurrenzdruck unter den Jugendlichen, usw.
Aber mir war das echt nicht zu viel. Einfach deshalb, weil es dir gelingt, all das in eine ungemein packende und für mein Gefühl sehr folgerichtige Handlung zu fassen, obendrein bringst du mir deine jugendlichen Figuren sehr nahe, die zeichnest du ganz toll, wirklich lebensnah und authentisch. Und ein paar wirklich berührende Szenen sind drin, wie sie miteinander umgehen, also das ist schon ganz großes Kino. Und ihr Gequatsche ist einfach klasse, da fand ich echt nichts zu meckern.

Einzig an zwei oder drei Stellen erinnere ich mich, bei denen ich gestern kurz ins Stocken kam, eine hab ich mir notiert:

Nach genau solchen Momenten suchten wir damals die ganze Zeit …

Bis dahin war dein Erzähler die ganze Zeit unmittelbar am Erleben, im Erleben, und plötzlich klingt es, als blickte ein abgeklärter Erwachsener auf sein Leben zurück. Das störte mich schon beim Lesen, und mir ist auch nicht ganz klar, wozu du da aus der Erzählzeit rausgehst, das machst du ja ein paar Mal.
Ich vermute fast, dass du das selbst nicht weißt, dass dir das sozusagen versehentlich passiert ist. Da würde ich noch einmal darüber nachdenken, aber vielleicht hat das ohnehin nur mich gestört.

Ja, und dann war da noch was. Diese Szene, wo Nino den Seppi abholt und dieser Alte auf dem Balkon sitzt. Lötsch oder so. Da checkte ich die längste Zeit nicht, dass es sich bei dem um Seppis und Jessis Stiefvater handelt. Erst bei der Schlägerei ging mir dann ein Licht auf. Wie gesagt, war verdammt spät gestern, vielleicht stand ich einfach nur auf dem Schlauch, ich muss mir die Stelle einfach noch einmal in Ruhe durchlesen.

Die ganze Geschichte werde ich in Ruhe noch einmal lesen, ganz sicher, weil sie mir wirklich ausnehmend gut gefallen hat.
Ein fettes Bravo von mir, zigga.

offshore

PS
Noch mal zur Präposition zwischen:

ihre Beton-Augen schoben sich zwischen mir und Jessi,

Da hab ich noch mal drüber nachgedacht und bin mir mittlerweile hundertpro sicher, dass der Akkusativ richtig wäre.

Susi sitzt zwischen dir und ihm. Eindeutig Dativ
Susi setzt sich zwischen dich und ihn. Eben, Akkusativ. Hat, glaub ich, was mit der Bewegung zu tun, oder so.

 

Hi feirefiz!

Deine Geschichte hat mir zum größten Teil ganz hervorragend gut gefallen! Ich hatte von Dir ja bisher nur "Bunte Haare" gelesen, den ich auch nett fand, aber insgesamt noch etwas strubbelig. Hier fand ich den Stil und den Zug der Geschichte schon sehr souverän. Das hat mich richtig reingezogen, hat mir die Figuren sehr nahe gebracht und war an vielen Stellen ziemlich schön.
Mensch, das freut mich ziemlich. Weiß nicht, wie das bei anderen ist, aber ich habe immer so eine Grundskepsis gegenüber meinen Texten, und wenn er dann überzeugt, freut mich das natürlich. Bunte Haare ist jetzt auch wieder ein ganzes Stück weit her, aber dass du findest, ich hätte mich gesteigert, ist natürlich ein dickes Lob.

Aber ich mochte den Plot nicht, also das Ende Aus folgendem Grund: Ich hätte mir gewünscht, dass wenn da was Schlimmes passiert, das aus der Gruppe heraus passiert, was über ihre Beziehung und den Erzähler aussagt. Dass der irgendwo einen schlimmen Fehler macht, der entweder seine Freunde oder Jessi betrifft. Hier bricht das Böse aber von Außen herein wie so ein diabolus ex machina. Du machst ja auch die ganze Zeit so Andeutungen, dass sich da was Böses zusammenbraut zwischen denen, etwas, was man vielleicht hätte spüren und verhindern können. Und sowas hätte ich mir auch gewünscht. Aber das kommt ja nicht und es hat nicht wirklich was mit der Struktur der Gruppe oder des Protagonisten zu tun und es braut sich auch gar nicht zusammen und Nico hätte das niemal vorausspüren können oder müssen. Es ist zwar auch ne prägende Erfahrung, aber er lernt dadurch weniger über sich, als wenn es von innen heraus gekommen wäre. Es stößt ihm ja einfach zu.
Mhm, mhm. Ich kann einerseits deine Kritik durchaus verstehen; hätte sich die Clique rein aus dem Aspekt selbst zerfressen, dass sich innerhalb irgendetwas abgespielt hätte, wäre das natürlich so vom zwischenmenschlichen her viel stärker gewesen; ich will das jetzt nicht totkommentieren oder totdeuten, ich meine, ist ja nur eine Geschichte, ich als Autor kann da auch nicht sagen: neein, das ist so-und-so, und nicht anders!, aber andererseits sind die Kids ja auch an ihrem Elend irgendwie selbst schuld; ich meine, bei dem Lifestyle und mit ihren Hintergründen muss ja irgendwann etwas passieren; das müsste jetzt nicht unbedingt zum Bruch führen, aber nunja. Ich habe schon versucht, so eine gewisse Bruchtendenz innerhalb der Clique herbeizuführen: da ist der Streit zwischen Ben und Nico, und die Vergewaltigungssache mit Jessi. Wäre der Fight nicht gewesen, hätte das wohl auch seine Risse hinterlassen, so hat es einfach dazu beigetragen, dass sie sich nach der Schlägerei einfach nicht mehr zusammenfinden, dachte ich mir. Aber ich kann deinen Einwand verstehen. Ist halt einfach sauschwer, so eine eingeschworene Clique mit einem Plot kaputtgehen zu lassen. Und wie gesagt: Ich kann hier nicht das letzte Wort sprechen. Das sind Figuren mit Eigenheiten, ich habe bloß versucht, sie in gewisse Bahnen zu lenken, da gibt es viele Interpretationsmöglichkeiten.

Die Geschichte mit Jessis Hintergrund hätte mir schon gereicht an äußerem Bösen. Auch um zu zeigen, dass es da eine heile und eine kaputte Welt gibt. Diese Action-Szene war für mich dann einfach drüber. Die ist so ein bisschen Holzhammer in einem sonst ziemlich feinen Text.
Nicht falsch verstehen, aber ehrlich gesagt, als ich mir den Plot so ausdachte, musste ich an deine und Jujus Kritik zu "Bunte Haare" denken: Ihr habt euch da mehr Action gewünscht, mehr Drama. Ist ja auch nichts Falsches dran, mittlerweile sehe ich das genauso. Juju schrieb mir damals, ich sollte dahin gehen, wo es weh tut, und dann noch einen draufsetzen und noch einen draufsetzen (zumindest habe ich das damals so verstanden ;) ); und genau das habe ich hier probiert. Keine Ahnung, ich bin echt jemand, der Kritik sehr gerne liest und auch versucht, das dann zu verinnerlichen und umzusetzen, und für mein Gefühl war es beim Schreiben richtig, das alles mit dieser Prügelszene eskalieren zu lassen. Ich bin gespannt, was andere davon halten, offshore hat ja schon anmerken lassen, dass es für ihn funktioniert hat; aber ich habe deinen Kritikpunkt natürlich trotzdem im Hinterkopf.

Dieses ganze rückblickend Sentimentale würd ich rausstreichen, weil es unnötig aus der jugendlichen Perspektive herausführt, die sonst total konsequent und gut eingehalten wird. Und wie gesagt, wie soll er dieses Gewitter auch kommen sehen. Es liegt ja völlig außerhalb seines Blickfeldes und betrifft ihn nur zufällig.
Krass, das habe ich beim Schreiben irgendwie nicht erwartet, dass das negativ aufgeführt wird. Aber okay; ich fand das irgendwie keine schlechte Idee, vor allem mit dem Ende dann, als der Erzähler sagt, das sei alles Jahre her, so eine krasse Geschichte aus der Jugend eben. Ich werd's mir überlegen, ehrlich, vielleicht stört das tatsächlich den Lesefluss.

Du immer mit Deinen Strichpunkten.
Haha, oh Mann, ich ahnte dass das irgendjemanden nervt; diesmal hab ich echt mit meinen Strichpunkten die Sau rausgelassen; aber ich mag sie einfach so gerne.

Ich würd auch entweder Kursiv oder einfache AZ nehmen (im ganzen Text).
Warum ist das hier kursiv? Und anderswo. Ich komm da nicht mit. Es verwirrt mich. Ich seh da kein System hinter.
Das mit dem Kursiv: Ich benutze das immer, um etwas hervorzuheben, das betont werden soll. Also wenn jemand richtig laut schreit, oder der Erzähler beim erzählen ein Wort stark betont; keine Ahnung ob das die Leute checken oder eher scheiße finden.

Das passt mir nicht. "Fuck it" ist doch sowas Wegwerfendes, wie "Scheiß drauf"
Das ist in der Jugendsprache mittlerweile so ein Synonym für: Scheiße! Kenne ich halt so, würde fuck off eher als scheiß drauf deuten, so Bauchgefühl.

Die ganze Wichsgeschichte fand ich auch ziemlich amüsant Son bisschen "Helden wie wir" oder "American Pie"
:D :D

Das würd ich streichen. Das kommt so sentimental-reflektiert rüber. Das würde der sich doch gar nicht eingestehen, dass er sowas vermisst.
Mhm, mhm, schwierig. Das ist wieder einer dieser Vergangenheitsdinger ... im Nachhinein, so nach ein paar Jahren, würde er das bestimmt zugeben; aber im Augenblick, in der Jugend, vielleicht nicht. Ich denke mal drüber nach.

wie jung ist die denn, wenn selbst ein Vierzehnjähriger dagegen pädophil wirkt?
Mann, das mit dem pädophil macht mir Gedanken. Dachte halt, die ist bisschen jünger, in dem Alter sind ja selbst ein, zwei Jahre ein richtiger Generationsunterschied.

Auch dieses andere, das falsche Mädchen MEl, fand ich sehr gut. Nur hast Du es für meinen Geschmack ein bisschen zu dick aufgetragen.
Da denke ich auch noch mal drüber nach. Ich habe den Samstagsteil der Story jetzt in den letzten ... letzten Nächten geschrieben, da fehlt mir jetzt die Zeit, das Ganze erst mal bisschen sacken zu lassen, und dann mal mit frischem Blick drüberzuschauen.

Das find ich irgendwie komisch. Er kann ja zur Polizei gehen. War doch Notwehr. Es wär doch wichtig, dass er neben den Eltern mit der Polizei jetzt noch jemanden hat, der ihm zeigt, dass seine Welt trotz allem noch stabil ist. Das würd ich echt anders regeln.
Mhm ... ja, er könnte. Stimmt schon. Kann mir aber auch vorstellen, dass er im Affekt einfach meinte: Bitte versprecht mir, nicht zu den Bullen zu gehen, und sie einwilligten. Sowas hatte ich vor Augen. Aber kann natürlich auch anders ausgesehen haben, keine Ahnung. Das mit der Polizei jetzt noch aufzurollen fand ich halt irgendwie too much.

Die restlichen Anmerkungen habe ich umgesetzt beziehungsweise muss sie noch mal überdenken, aber danke dir auf jeden Fall fürs Lesen und deine inverstierte Zeit, hat mich sehr gefreut, feirefiz!

Hey Meraviglia,

Da hast Du ja einen kleinen Roman geschrieben, zumindest der Länge nach zu urteilen.
Jo, ist bisschen länger als durchschnittliche Kurzgeschichten, aber hält sich glaube ich noch gut im Rahmen des Genres.

Dein kleines Jugend-Drama gefällt mir sehr gut. Ich mag Deinen Schreib-Stil, sodass es mir überhaupt nicht langweilig wurde, als ich Deine Geschichte las.
Sie ist aus dem Leben gegriffen und bildhaft erzählt.
Danke dir für dein Lob, das baut einen natürlich auf und motiviert und so. Auch dass du den Text ohne Langeweile durchlesen konntest freut ich natürlich. Würde mich als Autor natürlich noch freuen und interessieren, was deine Kritikpunkte sind, die du leider irgendwie verballert hast ;)

Danke auch dir fürs Lesen und kommentieren, hat mich gefreut!

Hey offshore,

verdammt, ihr macht mich noch verrückt mit eurer unpackbaren Produktivität, überhaupt mit dieser blöden Challenge. Vor lauter Jugendgeschichtenlesen kommt man echt zu nichts anderem mehr.
Und jetzt legst auch du noch gehörig nach, zigga. Und wie!
Ich hab mich gestern in tiefster Nacht förmlich verbissen in deine Geschichte, ich hab sie verschlungen, bzw. sie mich. Gänsehautlektüre.
Also für mich ist das dein bisher bester und stärkster Text, ehrlich, ich fand den wirklich großartig.
Mann, krass, das sind echt schon große Worte von dir, die mich echt riesig freuen und so. Wenn man von einem Text so richtig gepackt wird, dass man ihn nicht mehr weglegen kann, und der einen dann auch noch so berührt, shit, das ist es doch, was man als Autor will. Seit den bigger boys bist du ja ein echt treuer Kommentator, muss man schon sagen, und dass du findest, das sei mein stärkster Text, freut mich natürlich umso mehr, weil ich weiß, dass du meine pseudo-Laufbahn hier kennst ;)

Klar kann man sagen, dass du hier beinahe zu viele Kisten gleichzeitig aufmachst, du lässt ja wirklich kaum ein für Teenager relevantes Thema aus:
Gedankenlose Kleinkriminalität, saufende Minderjährige, sinnloses Zeittotschlagen, gewalttätiger Vater, dem gegenüber das Elend mit vollkommen desinteressierten, bzw. überforderten Eltern, sexueller Missbrauch von Kindern, der Kampf bzw. Krampf mit der erwachenden Sexualität, der daraus resultierende Konkurrenzdruck unter den Jugendlichen, usw.
Aber mir war das echt nicht zu viel. Einfach deshalb, weil es dir gelingt, all das in eine ungemein packende und für mein Gefühl sehr folgerichtige Handlung zu fassen, obendrein bringst du mir deine jugendlichen Figuren sehr nahe, die zeichnest du ganz toll, wirklich lebensnah und authentisch. Und ein paar wirklich berührende Szenen sind drin, wie sie miteinander umgehen, also das ist schon ganz großes Kino. Und ihr Gequatsche ist einfach klasse, da fand ich echt nichts zu meckern.
Jo, das war auch einer meiner Befürchtungen. Hatte da noch eine etwas ausgewalztere Elternstory im Kopf, die hab ich dann aber doch sein lassen, das wäre dann endgültig too much gewesen. Aber finde ich natürlich ziemlich geil, dass das für dich so tadellos funktioniert hat!
Nach genau solchen Momenten suchten wir damals die ganze Zeit …
Bis dahin war dein Erzähler die ganze Zeit unmittelbar am Erleben, im Erleben, und plötzlich klingt es, als blickte ein abgeklärter Erwachsener auf sein Leben zurück. Das störte mich schon beim Lesen, und mir ist auch nicht ganz klar, wozu du da aus der Erzählzeit rausgehst, das machst du ja ein paar Mal.
Ich vermute fast, dass du das selbst nicht weißt, dass dir das sozusagen versehentlich passiert ist. Da würde ich noch einmal darüber nachdenken, aber vielleicht hat das ohnehin nur mich gestört.
Mhm ja, naja nachgedacht habe ich schon darüber, ich dachte halt es wäre cool, die Erzählerstimme ab und zu etwas hervorzuheben; auch dass der Leser merkt, dass sich alles auf etwas zubewegt, indem der Erzähler eben hin und wieder mal sagt: Jaja, so war das damals, aber dann wurde alles scheiße. Wurde ja von fiz schon angemerkt, mhm ... ich werde mir mal Gedanken darüber machen. Aber allzu sehr hänge ich jetzt auch nicht daran - mal sehen. Mich hat das jetzt beim Testlesen nie gestört oder rausgehauen, dachte auch nicht, dass das groß ins Gewicht fallen wird bei anderen, und dass es so dermaßen stört und den Lesefluss durchbricht, kein Plan. Ich werde es mir noch mal durchlesen und verinnerlichen!

Ja, und dann war da noch was. Diese Szene, wo Nino den Seppi abholt und dieser Alte auf dem Balkon sitzt. Lötsch oder so. Da checkte ich die längste Zeit nicht, dass es sich bei dem um Seppis und Jessis Stiefvater handelt. Erst bei der Schlägerei ging mir dann ein Licht auf. Wie gesagt, war verdammt spät gestern, vielleicht stand ich einfach nur auf dem Schlauch, ich muss mir die Stelle einfach noch einmal in Ruhe durchlesen.
Ähm ... habe mir die Szene jetzt noch mal durchgelesen. Hier mal kurz:

Als ich mich umdrehte, erschrak ich: Da stand er, auf dem Balkon, über mir, der alte Lötzsch, er stierte mich an. Ich hatte fast vergessen, dass es ihn gab; die paar Male, als ich hier gewesen war, saß er immer in derselben steifen Position da oben, im Unterhemd, starrte stumm, kalt, wütend auf den Hof herunter, mit diesem vernarbten Gesicht und der Säufernase. Er gab nie einen Laut von sich, selbst als ich mal 'Hallo' nach oben gerufen hatte durchlöcherte er mich als Antwort bloß mit seinen Blicken.
Ich schaute schnell wieder weg, drückte die Klingel und kurz darauf stand Seppi vor mir.
[...]
Wir liefen ein paar Schritte, da durchschnitt ein kratziger Schrei die Luft. Sogar die Alten auf der anderen Seite des Hofs stoppten ihr Kartenspiel und drehten sich zu uns um.
„Sebastian!“
Seppi zuckte zusammen, blieb sofort stehen, rührte sich nicht. „Schau' mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede, Sebastian!“
Seppi drehte sich ruckartig um, haspelte: „'schuldigung, Papa, ich –“
[...]
„Gut“, sagte er, stierte mich immer noch an. „Komm' nicht zu spät.“
Seppi rührte sich nicht, bis sein Vater uns nochmal auf den Kopf gespuckt hatte und sagte: „Ihr könnt jetzt gehen.“

Keine Ahnung, offshore, vielleicht war's ja gestern Nacht echt ein bisschen spät, aber meines Erachtens kommt das schon raus - wenn das andere noch stören sollte und sie es nicht verstehen, würde ich mir was überlegen, aber ääh, finde das jetzt nicht so unerkennbar, irgendwie.

Noch mal zur Präposition zwischen:
Ich werde es ausbessern.

Die ganze Geschichte werde ich in Ruhe noch einmal lesen, ganz sicher, weil sie mir wirklich ausnehmend gut gefallen hat.
Aber ganz sicher werde ich mir die Geschichte beizeiten noch einmal in aller Ruhe durchlesen, dann kann ich dir vielleicht auch noch was Konstruktives dazu sagen
Jo, wenn du Bock darauf hast und dir beim zweiten Lesen konstruktive Kritik oder irgendwas noch auffällt, immer gerne! Ich bin ja hier und veröffentliche das Zeug, weil ich was lernen will, weil ich mich verbessern will. Würde mich auf jeden Fall freuen!

Ein fettes Bravo von mir, zigga.
Heieiei, so viel Lob, damit kann ich doch gar nicht umgehen. ;) Nein Spaß, ich freue mich natürlich riesig, dass ich dich mit der Story so abholen konnte, echt, das bedeutet mir schon viel.

Danke auch dir für's Kommentieren und für deine Zeit, hoffe du bist wegen meinen literarischen Ergüssen heute nicht mit 'ner miesen Übermüdung durch Wien getappt!

zigga

 

Hallo zigga,

Ich raste die Hauptstraße mit einer irren Geschwindigkeit entlang, stemmte mein gesamtes Gewicht in die Pedalen, zog den Kopf runter bis zum Lenkrad; ich musste ein Pfeil werden, ein menschliches Geschoss auf Rädern. Zurückzublicken traute ich mich nicht, das würde Zeit kosten; Zeit, in der die Bullen mich weiter einholen könnten. Der Wind peitschte mir ins Gesicht und mein Herzschlag pochte in meinen Ohren; ich konnte nicht denken, alles was in meinem Hirn kreiste, war: 'Sie sind hinter mir her, sie sind hinter mir her!'
Saustark, was für ein Anfang. Ist total spannend und man mag echt gleich weiterlesen.
So insgesamt erinnert mich deine Schreibe ein bisschen an Stephen King, besonders hier der Anfang. Und das ist ein großes Kompliment von mir.

Als die Straße erdig und durchtrieben von Baumwurzeln wurde, begann ich zu taumeln, verlor schließlich das Gleichgewicht, fiel vom Fahrrad, aber es schmerzte nicht; ich drehte mich zur Seite und schaute in die Richtung, aus der ich gekommen war: nichts. Kein Blaulicht. Keine Polizei.
Durchtrieben von Baumwurzeln ist grundsätzlich cool. Finde ich hier aber dennoch nicht gut. Durchtrieben hat halt noch eine andere Bedeutung und die kommt einem durch die Satzstellung und den Gebrauch als Adjektiv hier in die Quere. Reißt einem kurz raus, bis man merkt, du meinst, dass er auf einen Feldweg kommt.

Ich lag ein paar Minuten schnaufend da, starrte hoch auf die Decke aus Ästen und Blättern. Alles wackelte und winkte mir zu. Ich wachte auf, setzte mich, holte eine der Flaschen aus dem Rucksack, nahm ein paar scharfe Züge.
Wieso ich wachte auf, selbst wenn alles wackelt, ist er doch bei Bewusstsein.

Es fühlte sich falsch an, zu trinken. Aber es war egal, alles war egal; nichts würde mehr so sein, wie es einmal war, da wog etwas auf meinen Schultern, das mich erdrückte, erstickte.
Gefällt mir, machst da einen kleinen Cliffhanger. Das hält einen total in der Spannung. Überhaupt finde ich deine Geschichte extrem spannend geschreiben.
Aber nicht wog schreiben sondern lastete. Wog kommt von wiegen. Aber weder ein Kind wiegen noch eine Sache wiegen passt grammatikalisch hier für mich, weil du noch eine Ortsangabe machst. Man kann sagen, seine Schuld wiegt schwer. Aber sie wiegt schwer auf seinen Schultern, da werden zwei bildhafte Wendungen miteinander verknüpft, was nicht immer passt.

Der Wald raschelte und legte seine kühle Hand auf mich. Ich nahm noch einen Schluck, aber es half nicht. Ich fragte mich, wie es so weit gekommen war; ich dachte früher immer, dass man es merkt, wenn man irgendwo falsch abbiegt, auf der falschen Seite der Autobahn fährt. Aber so war es nicht.
Gefällt mir gut, wie du hier peu a peu die Fährte legst. Auch in den Sätzen danach, das hält einen beim Lesen am Text fest.
Aber ganz ehrlich, weißt du, was ich da gedacht hab am Anfang? Dass er mit seiner Clique ein Autorennen gemacht hat. Und dann mit dem Fahrrad flüchten musste. :D
Vielleicht ein bisschen zuviel Straßenbild. Und nein, ich war weder übermüdet wie ernst und hatte auch kein einziges Bier intus beim Lesen.
Hmmm, vielleicht zuviel kranke Erwartungen?

Die Welt war plötzlich ziemlich groß und ich verdammt klein

schön. Vor allem, weil die Welt vorher ja nicht groß genug sein kann.

Dann klauen die Freunde des Icherzählers Alkohol, damit sie ihn zusammen saufen können. Und anbei stellst du sie vor mit ihren frechen Sprüchen und dem Rumgekaspere und den Spuckepfützen, was mir dabei gefällt, das sind diese kleinen Beobachtungen, wie sie Franzi immer nennen und sich dann saumäßig wundern, dass Ben dann auf einmal mit der gedissten Franzi abhängt. Ich hab mich richtg gefeut für den dicken Ben. Auch wie du die Jessi einführst, das gefiel mir alles ausgezeichnet.
Also ich muss echt sagen, außer so Kleinigkeiten hab ich echt nix zu bemängeln. Ich hab mich toll unterhalten gefühlt und nicht nur das, gibst einem auch ein bisschen Reibung zum Nachdenken. Och hab mir zum Beispiel überlegt, warum die später nicht mehr zusammen abhängen können, aber das ist wohl manchmal so, dass eine gemeinsam geteilte hässliche Erfahrung einen trennt. Und vielleicht gerade in der Jugend. Später ist das ja anders, da verbindet das häufiger.

Was mir auffällt, ist, dein Personal, zum Beispiel der dicke Ben, und die sind schon sehr unverkennbar gezeichnet. Richtig schön und zum Schwelgen. Erinnert mich übrigens auch ein bisschen an King, da gibt’s auch einen dicken Ben. Nur das Mädchen, ich hab vergessen, wie sie heißt, die hast du ein bisschen zu verzerrt beschrieben. Fiz wars glaub ich, die hat eigentlich schon alles dazu geschrieben. Da würd ich noch mal nachschauen, ob ich nicht

In dem Jugenddiskussionsthread hatten wir mal über die Sprache geredet. Und bei dir hier fällt mir auf, dass du völlig ungeniert Jugendsprache verwendest. Es fällt mir aber nur auf im positiven Sinn, es passt für mich hier richtig gut. Liegt vielleicht auch einfach daran, dass du noch jünger bist und weißt, was man was wo sagt. Da passt das und man nimmt es dir und deinen Protagonisten ab.
Schön fand ich auch, wie der Icherzähler so ein wenig neidisch wird auf den dicken Ben. Vorher sind die Rollen so klar verteilt, der Ben kriegt immer die Senge, auch wenn er der Freund ist. Und jetzt drehen sich die Rollen, weil er ihnen Erfahrung voraushat. Und auch ein bisschen was Cooles Weltmännisches, wenn er auf seine Freundin nichts kommen lässt. Man merkt das schön, wie die beiden anderen dann neidisch sind auf den Ben.

Die Sonne hing hoch oben am Himmel und schüttete ihre gelben Magie über alles; über die Wiese, den Spielplatz, das Klettergerüst, über uns. Wir kicherten doof herum, während wir über die Kieselsteine zu der Bank schlenderten, an der wir ständig abhingen. Ben und Seppi versuchten sich gegenseitig vom Weg zu schubsen, schrien, lachten. Ich zündete mir eine Zigarette an; irgendwie war ich verdammt gut drauf.
Sowas hier das mein ich, das ist echt schön. Toll.

Nach genau solchen Momenten suchten wir damals die ganze Zeit: Unbeschwertheit, Abenteuer, Spaß; einfach sein, die Welt erforschen, erleben, erobern. Wir fühlten uns großartig, da hing etwas in der Luft, als ob alles möglich wäre.
Bei diesen Einschüben bin ich sehr zwiegespalten. Solange sich das auf so eine Cliffhangerbemerkung beschränkt, in der angedeutet wird, was da noch Schlimmes kommt, find ich das ok, nur wenn es so wird, dass die wie alte abgeklärte Männer auf die Jugend zurückschauen, wie ganz am Ende, dann find ich das nicht so passend. Und trotzdem liebe ich diesen Satz hier, den ich da als Beispiel rausgepickt habe, der zeigt so schön, was für ein Zauber über allem hängt, wenn man jung ist und alles noch vor sich hat. Da hat ja selbst die Luft einen Geschmack. Also ja, ich liebe diesen Satz, der ist glaube ich auch so ein bisschen Kingisch.

Ich verteilte meine letzten Kippen und wir pafften und spuckten vor uns hin. Auch Jessi züchtete ihre eigene Pfütze und das gefiel mir irgendwie. Ich dachte kurz darüber nach, ob ich ihr erzählen sollte, dass Ben jetzt fickt, fand das dann aber doch eine scheiß Idee.
Na Gottseidank, kann mir auch nicht vorstellen, dass sie das gut gefunden hätte. Schön, wie du hier die Besonderheit ihrer Beziehung charakterisierst.

Sie drehte sich zu mir um, lächelte, ich schreckte auf, riss meinen Blick wieder nach oben.
„Was feiert ihr denn heute Schönes?“, fragte sie, und die Sonne, die in ihren dunklen Augen glitzerte, lenkte mich ab, verknotete mein Hirn. Ihre Haut war Milch, ihr Gesicht jung und frisch und unverbraucht.
Das veknotete Hirn ist cool, aber die Sache mit dem unverbrauchten Gesicht? Mmmnee, das passt nicht zu ihm.


„Los, den kriegen wir!“, schrie Seppi, grinste, zog eine Erbsenpistole aus seinem Rucksack, rannte los und beschoss den gigantischen Arsch vom knutschenden Buddha.
„Angriff! Nimm dir auch 'ne Knarre!“, schrie mir Seppi zu.
Ich find das so schön, das sind junge Kerle und gleichzeitig so kindlich wie so tollende junge Hunde. Ich mag die echt gern die Kerlchen, hast du schön hingekriegt.

Jessi sah mich einige Sekunden lang an, schaute dann auf den Boden und zuckte mit den Schultern. „Ich kann die anderen Mädchen halt nicht so leiden.“
Ich musterte sie und irgendwie tat sie mir auf einmal leid, sie strahlte da so eine Traurigkeit aus, die ich bei ihr noch nie gesehen hatte.
„Die ganzen Weiber ... ich meine, die können mich mal. Echt. Immer nur bla bla bla, Schminke, Jungs, keine Ahnung, ey, und wenn ich was sage, sind die immer so ...“
Ihr Kinn begann zu zittern und ich fragte mich, auf was für einen Knopf ich da gerade gedrückt hatte.
„Hey, ist ja schon gut, ich meine –“
Boah, sehr sensibel geschreiben. Schön.

„Ohje, wieso wird da denn jemand so schnell gereizt?“, sagte Seppi, mit diesem Teufelsgrinsen im Gesicht, und plötzlich hatte ich überhaupt keinen Bock mehr neben ihr zu sitzen, wollte gar nicht mehr wissen, wie ihr Loch da unten funktioniert, oder wie ihre Titten ausschauen.
Auch hier. Das ist total gut einfühlsam. Ich mein das kennt man ja, dass die Erwartungen der anderen dann die eigene Sicht verstellen können. Grad, wenn man jung ist.

Das Viertel, aus dem ich kam, war anders: Jede Familie hatte dort ihr eigenes Haus, und sie schauten alle gleich aus, sie waren weiß, sauber, ohne Risse, sie strotzten vor Kraft und Gesundheit. Es kam mir oft so vor, als ob es auf der Straße vor unserem Haus nie nach etwas riechen würde, nicht nach Gebüsch, nicht nach Erde und nicht nach Autos oder Scheiße oder Blumen oder Menschen; ich war froh, wenn ich dort wegkam.
Das fand ich interessant, wie er die Viertel hier vergleicht. Ich finde es gut, dass du ihn aus dem scheinbar besseren Viertel kommen lässt und auch, dass er sich von dort wegwünscht.

Die Episode mit seiner chronischen Geilheit gefiel mir gut. Ich find das mutig geschrieben (im Sinne von geh dahin, wos weh tut) und es macht den Prot so wunderbar menschlich. Auch dass er dann von seinem Vater ertappt wird, das fand ich super überlegt, ich mein, das ist ja eine der Jugendkatastrophen, dass einen die eigenen Eltern beim Onanieren erwischen. Und wie du den Vater reagieren lässt, das finde ich sehr realistisch. Er ist peinlich berührt und tut so, als wäre nichts geschehen.

Auch dass dann eine Mel kommt, die den armen Prot unter Hosendruck setzt. Schön, wie du das gelöst hast, dass er am Anfang gar nichts spürt, obwohl das Mädchen riesige Brüste hat, ihm also schon rein optisch einen Flash verabreichen müsste. Aber nein, sie muss sich ihm erst auf den Schoß setzen. Trotzdem, ein bisschen überzeichnet find ich das Mädchen schon.


Ich rannte und rannte, meine Arme und Beine wurden taub. Jetzt erkannte ich ihn; das eingefallene Gesicht, die Säufernase. Ich hörte es Knallen, wieder und wieder, sah seinen Arm nach unten schleudern; er lag wie eine Puppe auf dem Boden, zuckte nicht mal mehr, Ben lag eingesunken auf der Bank, aus seinem Mund und seiner Nase quoll Blut, er sah mich mit trüben, leeren Augen an und schnaufte stark.
„Du Sau! Du elendige Sau!“, krächzte er wieder und wieder. „Willste vielleicht so werden wie ich?!“
Ich rannte noch immer und als ich Seppis Gesicht erblickte, stach es in meiner Brust; ich erkannte ihn fast nicht wieder, da war kaum mehr als roter Matsch und Hautlappen übriggeblieben.
Also bei dieser Stelle hab ich nicht richtig kapiert, was vorgefallen ist. Also dass der alte Lötzsch da ist, das habe ich schon verstanden. Aber wer liegt dann wie eine Puppe auf der Bank. Der Alte oder Seppi? Also da musst du unbedingt Seppis Namen sagen, sonst denkt man, der Alte liegt schlaff auf dem Boden. Was dem Ben passiert ist, ich weiß es nicht, hat der versucht, dem Seppi zu helfen? Ich glaub ich würd ihn an dieser Stelle noch am Arm von dem Alten hängen lassen oder so, um dem Seppi zu helfen, damit dem Leser klar wird, was da genau passiert. Die Szene ist mir jedenfalls vom Ablauf her nicht ganz klar.

Die Szene dann mit der Flasche, die ist echt hart und gut geschrieben.

Schon damals war sie mir aufgefallen: Sie konnte über die Witze lachen, über die wir uns als zwölfjährige Idioten bepisst hatten; das war ungewöhnlich, normal interessierten sich die Mädels für Ponys und Harry Potter und nicht für Fürze und das A-Team.
Schön

„Ich habe immer eine scheiß Angst, wenn ich jemand anderen an mir fühle“, sagte sie dann, „dann spüre ich ihn immer auf mir liegen.“
„Ich habe auch Angst davor“, sagte ich. Sie blickte mich fragend an.
„Wie meinste das jetzt?“
„Naja, davor, dass mich eine da unten anfasst. Du weißt schon. Ich meine, ich will das ja und so, aber irgendwie hab' ich auch Schiss davor. Dass es weh tut, oder so.“
„Ich will nicht, dass du Angst davor hast“, sagte sie dann.
„Und ich will auch nicht, dass du Angst vor mir hast“, sagte ich. Dann küssten wir uns und später setzte sie sich auf mich, ich spürte ihre warme, weiche Haut und wir ließen einander nicht los.
Mann, hast du das schön gemacht. Das ist glaube ich die einzige Möglichkeit gewesen, dass die beiden zusammenkommen. Vorher musste sie ja schon weinen, wenn er sie nur geküsst hat. Aber die Tatsache, dass auch er Angst hat, das kann sie wieder stark machen. Das finde ich eine sehr einfühlsame Beobachtung, die du da machst. Ist ja oft so, dass man sich in dem, was man sich so traut, mutiger wird, wenn man jemandem gut zureden kann. Als ob der kleine Typ einen Psychologen aufgesucht hätte. :D
Es ist einfach wahnsinnig liebevoll, wie du die beiden da miteinander umgehen lässt.

Und dann, als er nachhause kommt und seine Eltern ihn auffangen, auch das fand ich wunderbar beschreiben, die Eltern da mit den Augenringen und er voller Tränen und Rotze. Und wie er dann merkt, wie sehr er die beiden braucht. Und die ihn auch bemuttern und bevatern.

Diese Waage zwischen seinem Mannsein und dass er dann doch noch ein Bub ist, das finde ich in deiner Geschichte immer wieder sehr glaubwürdig thematisiert. Genauso wie das Gefühl, dass alles offen und neu ist und jetzt kanns losgehen und dann ballert die Wirklichkeit einem ihre Wahrheit ins Gesicht.

Bevor ich es vergesse, wollte ich auch noch was sagen zu der Frage, wo kommt der Konflikt her und wäre es nicht besser gewesen, wenn der Konflikt aus der Clique heraus gekommen wäre. Ich verstehe fiz' Argumentation sehr gut. Beim Thema Clique, wünscht man sich natürlich, dass die Clique selbst mehr im Fokus steht und für den Konflikt sorgt, gäbe ja auch genug hier.
Aber du machst das hier nicht, sondern die Wirklichkeit bricht in ihre Cliquenwelt ein in Form dieses Vaters, aber mich stört das nicht. Ist einfach nur eine andere Lösung. Aber für mich auch eine gute und wahre, und dieser Gewaltakt schleudert sie ja direkt in die Erwachsenenwelt.

Das Ende?
Also den allerletzten Satz würde ich irgendwie streichen und den Rest dann angleichen Aber sonst? Mir gefällt das saugut, wie das ausklingt und die sich nicht mehr sehen. Erinnert mich an das Ende von stand by me von King, also bitte versteh mich nicht falsch, das ist nie ein Vorwurf an dich, wenn ich das sage, sondern eher ein freudig überraschtes Wiedersehen. Ich find das saugut gelöst. Sehr spannend gemacht alles und ein bisschen Wehmut und Nostalgie ist bei mir auch dabei.

Großes, sehr großes Lob an dich von mir.
Viele Grüße von Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

So, da bin ich wieder;
(ich mag Punktstriche auch;, es ist in Deiner Geschichte tatsächlich auffällig oft eingesetzt und vielleicht nicht immer angebracht, aber nicht wirklich störend – für mich)
mit einem neuen Versuch.

Mr. Offshore hat mich netterweise darauf hingewiesen, dass er bereits Korrekturvorschläge ablieferte, sodass ich jetzt fast wieder von vorne beginne. Nun gut. :D

ich und Seppi blickten uns an und meinten so

„Der Esel nennt sich immer zuletzt!“ – oder ist das Deine pure Absicht???

es war so bitter wie dieser scheiß Rucola

Du hast es ja schon von „dieses“ auf „dieser“ geändert. Nur ich war etwas konfus, sodass ich doch tatsächlich im Duden nachschlug, um festzustellen, dass der zu Rucola gehörende Artikel „die“ ist – „der“ nur dementsprechend im Genitiv. Hm, meist wird „Rucola“ ohne Artikel verwendet.
Und alles mit „Scheiß“ wird m.E. als Substantiv zusammen oder mit Bindestrich geschrieben („Scheiß-Rucola“ oder „Scheißrucola“). Das gleiche gilt für Scheiß-Idee, Scheiß-Köter und Scheiß-Angst. „Drecks-Viech“ ist ja bereits geändert.

Das Gelächter von gerade eben war wie weggeweht.

Hier fehlt mir ein wenig Ausdrucksstärke. „WegWEHEN“ klingt so schwach. Mir persönlich würde z.B. „weggeBLASEN“ o.ä. besser gefallen, um das Erstaunen der Jungs, die Spannung darauf, was passiert ist, mehr hervorzuheben. Um diesen abrupten Abbruch des Gelächters zu unterstreichen.

Wir würgten alle noch einen Schluck Rucolasaft hinunter und gingen dann in den Park, der gleich hinter der Brücke lag.

Diesen Satz mag ich, den finde ich witzig. Da wird das Geschmacksempfinden erneut so schön verdeutlicht.

Mit jedem Schritt erkannte ich mehr von ihrem dürren Körper und den halblangen dunklen Haare, die sie zum Zopf trug.

Da wurde das „n“ vergessen an den Haare. ;)

Allzu groß war der Park nicht, man hatte von hier aus alles gut im Blick.

Hier würde ich mir eine nähere Beschreibung wünschen, was „alles“ so beinhaltet. Aber das ist natürlich „Meckern auf hohem Niveau“:

Das war wichtig, weil wir ziemlich paranoid waren und überall Zivilpolizisten oder unsere Eltern vermuteten, die uns erwischen könnten,

Auch hier fehlt mir ein kleiner Nebensatz, in dem erwähnt ist, bei WAS sie erwischt werden könnten. Beim Trinken? Beim Rauchen? Beim Knutschen? Beim Spucken? Oder haben sie sogar noch etwas GANZ ANDERES vor, von dem noch nichts zu erahnen ist? Vielleicht bin ich ja die Einzige, die darüber stolpert!?

Wir waren fast alleine im Park, also riss Seppi seinen Rucksack auf und wir ließen die Flasche hin- und herwandern; es war schlimmer als Bier, es schmeckte nach Kloreiniger und brannte mir bis in den Magen. Aber wir nahmen es hin, weil wir wussten, wenn wir das Zeug erst mal drin hatten, würden wir auf Watte laufen.

Ich mag die Formulierung „es war schlimmer als Bier“ nicht. Das ließ sich für mich nicht flüssig lesen und passt aus diesem Grund nicht zu dem Rest Deines Textes, weil ich mir im ersten Moment die Frage stellte was „es“ ist. Der Alk? Oder ist da gerade etwas, das wir noch nicht „sehen“ können, ist etwas geschehen? Vielleicht so: „…das Zeug schmeckte schlimmer als Bier, so wie Kloreiniger und… wenn wir es erst mal drin hatten…“!? Oder so ähnlich!?

Ich steckte ihr meine Zunge rein, schleckte im Pfefferminzaschenbecher herum.

Das ist ein richtig toller, nachvollziehbarer Vergleich. Super!

ich erwischte mich ständig dabei, dass ich an sie dachte; an ihren verträumten Blick und an das Grinsen, das sich bei jeder Gelegenheit in ihrem Gesicht ausbreitete;

Ich würde mir ein oder zwei Beispiele für Gelegenheiten wünschen, was sie zum Grinsen bringt. ;)

„Waaas, die? Der kleine Freak?! Ha ha ha!“
Die Vorstellung machte mir schwitzige Hände.

Ich finde, „bereitete“ klingt besser an dieser Stelle.

Die Welt war voller Geheimnisse, Mysterien, Brüsten und Ärschen und Muschis, von denen ich zwar keine Ahnung hatte, die mir aber dafür das Blut zum Denken aus dem Schädel zogen und engsitzende Hosen zu einem fürchterlichen Folterinstrument machten.

Mir würde der Satz ohne „dafür“ besser gefallen.

Jetzt grinste ich noch blöder, fand mich ziemlich witzig.

Jetzt geht’s echt ans Eingemachte. ;) Aber ich fände ein „und“ statt des Kommas schöner zu lesen.

Ich griff zu, gab uns Feuer und sie sog den Rauch hastig zwischen ihre Lippen.

Hm, ich weiß auch nicht… das klingt merkwürdig „den Rauch zwischen den Lippen einsaugen“. Aber es kann sein, dass das eine Geschmacksfrage ist. Ich konnte mir kein Bild dazu machen, denn zwischen den Lippen ist doch die Fluppe, nicht der Rauch. Oder?

Als sie an uns vorbeiging, schüttelte sie den Kopf, versuchte uns nicht anzusehen,

Ich meine, da fehlt ein Komma nach „versuchte“.

Irgendwie glaubte ich in diesem Augenblick alles an ihr zu verstehen, und ich war mir sicher, dass auch sie alles an mir verstehen würde.

Komma nach „glaubte ich“ fehlt.

Noch einige Zeit saß ich da, starrte auf die Straßenecke, in der sie verschwunden war.

Ich hatte hier automatisch „in“ mit „hinter“ ersetzt, weil ich es als komisch empfinde, IN einer Straßenecke zu verschwinden.

Es kam mir oft so vor, als ob es auf der Straße vor unserem Haus nie nach etwas riechen würde, nicht nach Gebüsch, nicht nach Erde und nicht nach Autos oder Scheiße oder Blumen oder Menschen;

Finde ich gut, könnte mir aber vorstellen, dass der Substantiv noch besser klingen würde… „keine Gerüche gäbe…“.

mir nicht die Geheimnisse des Lebens verrieten, ich hasste es, dass wir immer bloß über unser Mittagessen hingen und uns anschwiegen.

„unserem“, oder!?

Irgendetwas stimmte nicht, entweder mit ihr, oder mit mir.

Ich glaube, hier ist das Komma vorm „oder“ zu viel.

War sie gaga-plemm-plemm, oder ich ein beschissener Küsser, ein perverser Vierzehnjähriger, der kleine Girls begrapscht?

Hier kommt m.E. auch kein Komma vorm „oder“.

ich war nie oft bei ihm gewesen, irgendwie hatte sich das nie ergeben.

Hm, „nie oft“ finde ich unpassend. Entweder „nie“ oder „nicht oft“. Was meinst Du?

„Hey, hör mal“, sagte ich zu Ben, ich wollte es schnell hinter mich bringen, wer wusste schon, wie lange ich noch genug Blut in der oberen Körperhälfte hatte, um einen gerade Satz über die Lippen zu bringen. „Das gestern, weißte, das war nich' so gemeint, ich war besoffen und –“

„…um einen geraden Satz…“

Seppi erzählte ihr die ganze Zeit irgendeinen Stuss, von wegen was er so witziges in der Schule erlebt hatte,

„Witziges“ wird hier groß geschrieben.

Kuhfressen-Mel lachte übertrieben laut:

Ich mag die Bezeichnungen, die Du den verschiedenen Prots zuordnest. In diesem Fall würde ich „Wiederkäuer-Mel“ oder so bevorzugen. Wenn ich Dich richtig verstehe, nimmst Du hier Bezug auf ihre Art, Kaugummi zu kauen!?

Ich ertrug es kaum sie gehen zu sehen, ihr Rücken wurde immer kleiner, ich verbrannte;

Komma nach „kaum“ fehlt. (Oje, ich hoffe, ich korrigiere hier nicht alles falsch… aber das soll ja nur als Empfehlung dienen, diesen Satz erneut durchzulesen. Falls ich falsch liege, tut es mir leid.)

Ich wusste nicht was ich sagen sollte, nickte immer bloß, hätte gerne mitgeheult, aber ich konnte nicht, da brannte zu viel Wut in meinem Bauch.

Komma nach „Ich wusste nicht“ fehlt.

„Ich weiß nicht mal ob ich will, dass er's schafft“,

Komma nach „mal“ fehlt. :)

Es war warm und nass, aber es war viel mehr, es durchzog meinen ganzen Körper, ließ mich einen Meter über den Boden schweben.

Wenn ich den Sinn richtig verstehe, meintest Du hier bestimmt „über dem Boden“!?

Als ich zuhause ankam war es bereits hell, die Vögel zwitscherten und der Tau glitzerte auf dem Gebüsch vor unserem Haus.

Komma nach „ankam“.

Ich glaube sie waren einfach nur froh darüber, dass ich wieder bei ihnen war.

:D Komma nach „glaube“ fehlt.

„Sie hat mit mir schlussgemacht“, sagte er dann.
„Wie meinste das jetzt?“
„Na die Franzi. Hat mit mir schlussgemacht.“

Schluss gemacht


Und damit mache auch ICH jetzt Schluss. ;)

Yeah!!! Ich habe es nun tatsächlich zu guter Letzt geschafft!!!

Lieber Gruß,
Meraviglia

 

Nachtrag:

Die Welt war voller Geheimnisse, Mysterien, Brüsten und Ärschen und Muschis, von denen ich zwar keine Ahnung hatte, die mir aber dafür das Blut zum Denken aus dem Schädel zogen und engsitzende Hosen zu einem fürchterlichen Folterinstrument machten.

Brüste und Ärsche - ohne "n", wenn ich mich nicht ganz täusche.

 

Hey Novak!

Erstmal echt danke fürs Lesen und Kommentieren.

Saustark, was für ein Anfang. Ist total spannend und man mag echt gleich weiterlesen.
So insgesamt erinnert mich deine Schreibe ein bisschen an Stephen King, besonders hier der Anfang. Und das ist ein großes Kompliment von mir.
Das ist ein wirklich ein großes Kompliment, dass dich der Anfang so mitzieht, und dich meine Schreibe an King erinnert - allerdings muss ich ehrlicherweise gestehen, noch nie was von King gelesen zu haben, obwohl's seit langem ganz oben auf meiner Agenda steht.

Durchtrieben von Baumwurzeln ist grundsätzlich cool. Finde ich hier aber dennoch nicht gut. Durchtrieben hat halt noch eine andere Bedeutung und die kommt einem durch die Satzstellung und den Gebrauch als Adjektiv hier in die Quere. Reißt einem kurz raus, bis man merkt, du meinst, dass er auf einen Feldweg kommt.
Jo, ich habe das jetzt bisschen geändert, warte aber noch auf eine geilere Idee. Hat ja fiz auch schon bemängelt. Überhaupt werde ich die ganzen Fehlerchen und sowas denke ich mal bis Sonntag ausmisten, gerade fehlt mir ein bisschen die Zeit dazu

Wieso ich wachte auf, selbst wenn alles wackelt, ist er doch bei Bewusstsein.
Dachte irgendwie an so nen Trancezustand, wenn man vom Fahrrad fällt, noch was intus hat, da sieht man erstmal Sternchen. Ich werds mal überdenken, kann gut sein, dass das rausfliegt.

Gefällt mir, machst da einen kleinen Cliffhanger. Das hält einen total in der Spannung. Überhaupt finde ich deine Geschichte extrem spannend geschreiben.
Danke! Ja, Cliffhanger hat es bei diesem längeren Text irgendwie gebraucht, fand ich, sonst denkt man sich als Leser ja irgendwie: Scheiße, komm doch mal zum Punkt, zigga, was willst du eigentlich erzählen? So hat man einen guten Fluchtpunkt. Ich mach das auf jeden Fall gerne, das hält einen beim Text, wie du sagtest.

Aber nicht wog schreiben sondern lastete. Wog kommt von wiegen. Aber weder ein Kind wiegen noch eine Sache wiegen passt grammatikalisch hier für mich, weil du noch eine Ortsangabe machst. Man kann sagen, seine Schuld wiegt schwer. Aber sie wiegt schwer auf seinen Schultern, da werden zwei bildhafte Wendungen miteinander verknüpft, was nicht immer passt.
Ausgebessert.

Aber ganz ehrlich, weißt du, was ich da gedacht hab am Anfang? Dass er mit seiner Clique ein Autorennen gemacht hat. Und dann mit dem Fahrrad flüchten musste. :D
Haha :D Ja eigentlich perfekt wenn du als Leser etwas ganz anderes erwartet hast und das Drama nicht gleich durchschaut hast. Habe die Story einem Kumpel zum Testlesen gegeben, und der dachte - warum auch immer - nach dem Anfang, dass es sich um ein Motorradfahrer handelt, der irgendwo auf der Autobahn Mist gebaut hat.

Dann klauen die Freunde des Icherzählers Alkohol, damit sie ihn zusammen saufen können. Und anbei stellst du sie vor mit ihren frechen Sprüchen und dem Rumgekaspere und den Spuckepfützen, was mir dabei gefällt, das sind diese kleinen Beobachtungen, wie sie Franzi immer nennen und sich dann saumäßig wundern, dass Ben dann auf einmal mit der gedissten Franzi abhängt. Ich hab mich richtg gefeut für den dicken Ben. Auch wie du die Jessi einführst, das gefiel mir alles ausgezeichnet.
Also ich muss echt sagen, außer so Kleinigkeiten hab ich echt nix zu bemängeln. Ich hab mich toll unterhalten gefühlt und nicht nur das, gibst einem auch ein bisschen Reibung zum Nachdenken. Och hab mir zum Beispiel überlegt, warum die später nicht mehr zusammen abhängen können, aber das ist wohl manchmal so, dass eine gemeinsam geteilte hässliche Erfahrung einen trennt. Und vielleicht gerade in der Jugend. Später ist das ja anders, da verbindet das häufiger.
Mann, hab mich natürlich sau gefreut, als ich das gelesen habe. Dass die Figuren und die Story so gut für dich funktioniert hat, und du sogar irgendwie zum Nachdenken angeregt wurdest. Fiz fand das ja irgendwie nicht so gut, ihr hätte es besser gefallen, wenn der Bruch innerhalb der Clique passiert wäre - aber so gefühlsmäßig würde ich auch sagen, dass man nach so einem krassen Vorfall in dem Alter sich schnell mal aus den Augen verliert.

Was mir auffällt, ist, dein Personal, zum Beispiel der dicke Ben, und die sind schon sehr unverkennbar gezeichnet. Richtig schön und zum Schwelgen. Erinnert mich übrigens auch ein bisschen an King, da gibt’s auch einen dicken Ben. Nur das Mädchen, ich hab vergessen, wie sie heißt, die hast du ein bisschen zu verzerrt beschrieben. Fiz wars glaub ich, die hat eigentlich schon alles dazu geschrieben. Da würd ich noch mal nachschauen, ob ich nicht
Danke danke. Hier hast du deinen Satz irgendwie abgebrochen, Novak!
Aber Ben ist ja rein phonetisch auch schon ein Name für korpulentere, sage ich jetzt mal; genauso wie Balu oder Bambo oder so.

In dem Jugenddiskussionsthread hatten wir mal über die Sprache geredet. Und bei dir hier fällt mir auf, dass du völlig ungeniert Jugendsprache verwendest. Es fällt mir aber nur auf im positiven Sinn, es passt für mich hier richtig gut. Liegt vielleicht auch einfach daran, dass du noch jünger bist und weißt, was man was wo sagt. Da passt das und man nimmt es dir und deinen Protagonisten ab.
Ja, ich hab die Diskussion mitverfolgt. Ich habe in dem Text auch irgendwie versucht, einfach mal so aufs Blatt loszuschreiben, wie sich in meiner Vorstellung ein Jugendlicher ausdrückt, also mit lauter irgendwies und viel oder so usw. Und ja, wahrscheinlich wirkt es so authentisch, weil ich einfach selbst näher an dieser Spreche dran bin und es mir überhaupt nicht schwerfällt, mich da reinzudenken.

Bei diesen Einschüben bin ich sehr zwiegespalten. Solange sich das auf so eine Cliffhangerbemerkung beschränkt, in der angedeutet wird, was da noch Schlimmes kommt, find ich das ok, nur wenn es so wird, dass die wie alte abgeklärte Männer auf die Jugend zurückschauen, wie ganz am Ende, dann find ich das nicht so passend.

Also ich nehme zwei Kritikpunkte von dir mit:
- diese alter-Männer-Rückblenden, die den Lesefluss durchbrechen stören
- Mel ist überzeichnet

werde mich morgen auf jeden Fall daran setzen und das hinbiegen und updaten. Wurde ja jetzt schon von mehreren kritisiert, also muss was dran sein ... ich bin einfach noch zu nah am Geschriebenen dran, das ist erst ein paar Tage her, da habe ich noch keine objektive Distanz dazu. Aber ich werde es mir in zwei Wochen nochmal anschauen und dann vergleichen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich euch dann recht gebe.

Das veknotete Hirn ist cool, aber die Sache mit dem unverbrauchten Gesicht? Mmmnee, das passt nicht zu ihm.
Ja. Ich muss sagen, ich habe Jessi in den letzten Tagen, als ich das geschrieben habe, nochmal umgestaltet und umgezeichnet, in der Ururfassung hätte das vielleicht gepasst. Aber jetzt nicht mehr, du hast recht.

Ich find das so schön, das sind junge Kerle und gleichzeitig so kindlich wie so tollende junge Hunde. Ich mag die echt gern die Kerlchen, hast du schön hingekriegt.
Danke! Hatte hier befürchtet, dass dieses ewige Rumgetolle die Figuren zwar zeichnet, aber gleichzeitig total langweilig ist und Länge bringt. Aber schön, dass es nicht so ist.

Auf die Stellen, die du gut fandest, gehe ich jetzt nicht besonders noch mal ein, keine Ahnung, ich will mich nicht ständig wiederholen, aber: Cool, dass es so schön für dich geklappt hat.

Das fand ich interessant, wie er die Viertel hier vergleicht. Ich finde es gut, dass du ihn aus dem scheinbar besseren Viertel kommen lässt und auch, dass er sich von dort wegwünscht.
Ja, viele Storys drehen sich ja dann eher um Unterschichtenfamilien, aber auch die Kids aus den "höheren" Familien sind halt bloß Kids und machen den gleichen Quatsch, wie andere.

Die Episode mit seiner chronischen Geilheit gefiel mir gut. Ich find das mutig geschrieben (im Sinne von geh dahin, wos weh tut) und es macht den Prot so wunderbar menschlich. Auch dass er dann von seinem Vater ertappt wird, das fand ich super überlegt, ich mein, das ist ja eine der Jugendkatastrophen, dass einen die eigenen Eltern beim Onanieren erwischen. Und wie du den Vater reagieren lässt, das finde ich sehr realistisch. Er ist peinlich berührt und tut so, als wäre nichts geschehen.
:D :D Ja, das tat echt bisschen weh beim Schreiben. Weil es mir einfach so leid getan hat für den armen Icherzähler; was schlimmeres hätte ihm in der Situation echt nicht passieren können, fand ich.

Trotzdem, ein bisschen überzeichnet find ich das Mädchen schon.
Ist notiert.

Also bei dieser Stelle hab ich nicht richtig kapiert, was vorgefallen ist. Also dass der alte Lötzsch da ist, das habe ich schon verstanden. Aber wer liegt dann wie eine Puppe auf der Bank. Der Alte oder Seppi? Also da musst du unbedingt Seppis Namen sagen, sonst denkt man, der Alte liegt schlaff auf dem Boden.
Habe ein paar Namen eingefügt, denke es ist jetzt klarer.

„Ich habe immer eine scheiß Angst, wenn ich jemand anderen an mir fühle“, sagte sie dann, „dann spüre ich ihn immer auf mir liegen.“
„Ich habe auch Angst davor“, sagte ich. Sie blickte mich fragend an.
„Wie meinste das jetzt?“
„Naja, davor, dass mich eine da unten anfasst. Du weißt schon. Ich meine, ich will das ja und so, aber irgendwie hab' ich auch Schiss davor. Dass es weh tut, oder so.“
„Ich will nicht, dass du Angst davor hast“, sagte sie dann.
„Und ich will auch nicht, dass du Angst vor mir hast“, sagte ich. Dann küssten wir uns und später setzte sie sich auf mich, ich spürte ihre warme, weiche Haut und wir ließen einander nicht los.
Mann, hast du das schön gemacht. Das ist glaube ich die einzige Möglichkeit gewesen, dass die beiden zusammenkommen.
Cool, dass das geklappt hat für dich. Ich hatte das so ähnlich gedacht wie du, plötzlich merken sie beide, dass sie vor der gleichen Sache Schiss haben, und dass der jeweils andere eigentlich die perfekte Person wäre, diese Angst endlich zu durchbrechen. Irgendwie sowas. Aber da habe ich echt schon meine ganzen Psychologie-Taschenspielertricks ausgepackt, und ich bin froh, dass das für die Leser bis jetzt aufging.

Diese Waage zwischen seinem Mannsein und dass er dann doch noch ein Bub ist, das finde ich in deiner Geschichte immer wieder sehr glaubwürdig thematisiert. Genauso wie das Gefühl, dass alles offen und neu ist und jetzt kanns losgehen und dann ballert die Wirklichkeit einem ihre Wahrheit ins Gesicht.
Sehr cool. Vielen Dank, ich habe mir echt die Birne weich gedacht und gelitten für diese Story, aber wenn es dann so schön für andere klappt, ist es mir das allemal wert.

Bevor ich es vergesse, wollte ich auch noch was sagen zu der Frage, wo kommt der Konflikt her und wäre es nicht besser gewesen, wenn der Konflikt aus der Clique heraus gekommen wäre. Ich verstehe fiz' Argumentation sehr gut. Beim Thema Clique, wünscht man sich natürlich, dass die Clique selbst mehr im Fokus steht und für den Konflikt sorgt, gäbe ja auch genug hier.
Aber du machst das hier nicht, sondern die Wirklichkeit bricht in ihre Cliquenwelt ein in Form dieses Vaters, aber mich stört das nicht. Ist einfach nur eine andere Lösung. Aber für mich auch eine gute und wahre, und dieser Gewaltakt schleudert sie ja direkt in die Erwachsenenwelt.
Ja, irgendwie ist das Ende und dieser Bruch auch für mich okay. Wie gesagt, ich verstehe fiz' Argument auch, aber erstens hätte ich jetzt keine bessere Idee, wie ich die Drei so auseinanderreißen könnte, und zweitens ist die Prügelei ja irgendwie auch ein Resultat ihres Lifestyles und ihrer eigenen Taten, von daher kommt das ja schon irgendwie von innen. Also sie laufen ja jetzt nicht spazieren, und plötzlich überfährt einer mit 'nem Auto Ben, und deswegen verliert sich die Clique, dachte ich mir.

Das Ende?
Also den allerletzten Satz würde ich irgendwie streichen und den Rest dann angleichen
Boah, ich glaube das kann ich nicht machen. Am letzten Satz liegt mir schon viel, auch, weil er schon mal im Text stand: Da war die Zeit, als er sich mit seinen Eltern vertragen hat und die heile Kinderwelt war diese Zeit, die ihm so unwirklich vorkam; und der letzte Satz sollte eben zeigen, selbst wenn du deine Freunde verlierst, das Leben geht weiter, und irgendwie blickst du drauf zurück und denkst dir, krass, dass ich mal so und so war; sowas in der Art, ich hoffe du verstehst, was ich meine.

Erinnert mich an das Ende von stand by me von King,
Mann, ich sollte echt mal King lesen, wenn der mir schon die Ideen klaut :D

Sehr spannend gemacht alles und ein bisschen Wehmut und Nostalgie ist bei mir auch dabei.

Großes, sehr großes Lob an dich von mir.

Vielen vielen dank, Novak. Ich freue mich echt mega über dein Lob und darüber, dass es dir so gut gefallen hat. Wie gesagt, gib mir ein, zwei Tage, bis ich alle Vorschläge umgesetzt habe. Schönes Wochenende!


Hey Meraviglia ,

ich antworte dir hier morgen! Bin leider gerade ziemlich busy und gleich zum Biertrinken verabredet :D Aber danke schon mal im Voraus für deine Kleinstarbeit, ich möchte da auch angebracht darauf antworten.

 

Gern geschehen. Meine Biere habe ich schon hinter mir. ;) Aber da es überwiegend um Grammatik ging in meiner "Kritik", freue ich mich auch über eine schlichte Kenntnisnahme Deinerseits. Das artet ja sonst noch in Arbeit aus hier. ;)

 

Hi zigga,

ich bin beeindruckt. Da ist richtig was gegangen bei dir, so entwicklungstechnisch. Ist deine beste KG bis jetzt. Ich würde sagen, es ist auch die KG, die aus der Challenge dem eigentlichen Sujet 'Jugend' am nähsten kommt, das ist jedenfalls meine persönliche Meinung. Du bist altersbedingt da wahrscheinlich näher dran, vieles wirkt echt, nah, authentisch, unverstellt, aber natürlich auch schon ausreichend reflektiert.

Ich würde mir nur noch mehr Szenen wünschen, vor allem da, wo der Mißbrauch und die Gewalt des Vaters passiert, das ist mir zu viel erklärt. Da könnte man eine Szene einbauen, die, wenn sie gelingt, den dramatischen Kern darstellt, die sehr intensiv ist.

Mir gefällt dein Text sehr gut, er fließt, ist sehr organisch, nie übertrieben, immer leicht melancholisch, so am Rande, und wenn du da noch in ein paar Szenen investierst, wird dir das gelingen, was mir nie gelingen wird; dann wird es ein schönes Auf und Ab der Emotionen. Ist wirklich eine sehr gute Geschichte geworden, da ist alles drin für mich, wirklich toll, ich kann mich nur wiederholen.

Chapeau!

Gruss, Jimmy

 

Hey zigga,

für mich ist das auch die beste Deiner Geschichten, von denen, die ich bisher gelesen hab. Habe ich wirklich gern und mit Spannung gelesen. Ich mochte die Figuren gern, wie sie da miteinander, gegeneinander. Als die Sache mit dem Vater ins Spiel kam, erinnerte mich die Geschichte an "Populärmusik aus Vittula". Mir kam das bisschen spät daher, dafür, dass es dann so einen großen Plotpunkt bildet. Auf der anderen Seite bereites Du da ja durch die Schwester vor, ihr a-typisches Verhalten im Vergleich zu den anderen Mädels in ihrem Alter. Diesen Rückzugsraum, den sie aufsucht. Dennoch hätte ich mir die Einführung vom Vater schon eher gewünscht, als das er dann so ab der Mitte vom Balkon lospoltert. Vielleicht, indem über ihn gesprochen wird, oder ein paar blaue Flecke, die man immer mal wieder sieht, von denen aber immer gesagt wird - gestoßen, gefallen, etc. Sprich, dass das Thema häusliche Gewalt da mit Gewalt einfällt, ist so das einzige - naja, was ich hab. Und es ist auch nur ein naja. Und auch ein Subjektives.

Ich dachte an Ben und Seppi und Jessi; irgendwie wusste ich, dass es mit uns nie wieder so werden würde, wie es noch Freitag gewesen war. Die Welt war plötzlich ziemlich groß und ich verdammt klein.

Mich hattest Du ab genau dieser Stelle :). Erst Spannung und dann dieser schöne Weltsatz hintendran.

Tränen liefen mir übers Gesicht, meine Hände zitterten. Ich konnte jetzt nicht alleine sein, ich musste sie sehen, bei mir spüren; ich kramte mein Handy heraus und starrte bestimmt fünf Minuten lang ihren Namen an: Ich erinnerte mich daran, wie sie mir gestern in die Augen gesehen hatte, so tief wie noch niemand zuvor, alles hatte gekribbelt; ja, sie war die einzige, mit der ich mich jetzt besser fühlen würde, die einzige, die mich verstand, die mich von dieser Last freisprechen könnte. Es läutete.

Das dagegen fand ich ein wenig schmozettig, aber gut ... die Jugend.

Ziemlich bescheuert, ich weiß, aber so waren wir damals.

Wo kommt der reflektierende, erwachsene Erzähler auf einmal her? Gab es den vorher auch schon mal?

Naja, seitdem hatte Buddha sein Zölibat gebrochen und spielte ständig Zungenkungfu mit seiner F-F.

Nice. Und schön, dass es auch mal die Dicken schaffen! Und man sie heimlich beneidet.

„Ich hab's mit ihr gemacht“, sagte der plötzlich.
„Wie?“, fragte Seppi, „was hast du gemacht?“
Das Gelächter von gerade eben war wie weggeweht.
„Naja, ihr wisst schon ...“ Ben gluckste, lutschte am Bier, blickte uns an, formte dann mit Daumen und Finger einen Kreis, durch den er seinen Zeigefinger schob. „Sex.“
„Was?“, sagte ich, schluckte, sah zu Seppi, aber der konnte mir nicht helfen; er machte ein Gesicht, als ob er gerade die schlimmste Verstopfung seines Lebens hätte.

Ja Ben, mach sie fertig! Und ziemlich geiler Vergleich :D.

... ich meine, wir ließen echt keine Gelegenheit aus, uns gegenseitig Scheiße ins Gesicht zu werfen, und seitdem er mit seiner Seekuhkönigin durch die Gegend robbte, flog das Meiste in seine Richtung – aber er nahm sein Mädchen immer an die Hand, lief mit ihr herum und küsste sie.

Seekuhkönigin ist so brutal und gleichzeitg ist das so voll mit Liebe zu den Figuren.

Hätte ich geahnt, dass das unser letzter echter gemeinsamer Abend gewesen war, hätte ich ihn wohl nicht so enden lassen. Aber ich war jung, blind, und sah das Gewitter nicht kommen, obwohl es bereits nieselte.

Ja, hier ist er wieder. Ich kann nicht sagen, dass er mich stört, aber ihm etwas abgewinnen kann ich auch nicht.

Ich nahm Jessi und zog sie mit.
Wir liefen über die Brücke, gingen aus dem Park, sagten kein Wort.

Und manchmal hast du Zeilenumbrüche drin, die es für mich nicht braucht. Der hier zum Beispiel.

Die Tür ging auf und ich zuckte zusammen, rutschte fast aus; er erschrak genauso, er riss die Augen auf, durchstach mich mit einem ungläubigen Blick, schien wohl kurz darauf zu warten, dass er aus einem beschissenen Albtraum aufwacht.
Ich stand da, paralysiert, das Adrenalin raste durch meinen Körper.
Schweigen. Das Plätschern des Wassers war das einzige Geräusch, das diese eklige Stille zu durchbrechen versuchte. Wir schauten uns weiter an. Niemand von uns beiden schien eine Idee zu haben, wie man sich aus dieser Situation am billigsten davonschummeln könnte.
Ehe ich etwas hätte sagen können, zog mein Vater die Augenbrauen hoch, warf mir so einen ach-was-machst-du-denn-da-Junge-Blick zu, seufzte, drehte sich um, nickte den Boden an und schloss die Tür hinter sich.

Sehr gute Szene, fand ich.

„Du Sau!“, schrie er mit dieser kratzigen Stimme, „du Sau! Du blöde Sau!“
Ich rannte und rannte, meine Arme und Beine wurden taub. Jetzt erkannte ich ihn; das eingefallene Gesicht, die Säufernase. Ich hörte es knallen, wieder und wieder, sah seinen Arm nach unten schleudern; Seppi lag wie eine Puppe auf dem Boden, zuckte nicht mal mehr, Ben lag eingesunken auf der Bank, aus seinem Mund und seiner Nase quoll Blut, er sah mich mit trüben, leeren Augen an und schnaufte stark.
„Du Sau! Du elendige Sau!“, krächzte er wieder und wieder. „Willste vielleicht so werden wie ich?!“

Ja, erst so die Jessi-Geschichte, dann der Alte im Park, und vorher gab es ihn nie. er sprach nie, war nie Thema und jetzt ist er der zentrale Punkt, der den Höhepunkt einleitet. Mir hätte es wirklich gefallen, wenn Seppi vorher über seinen Alten mehr abgelästert hätte, wenn er ab und an Blessuren hätte, wenn dieser Vater eben seichter eingeführt worden wäre, statt so aus dem Nichts aufzutauchen. Scheint aber bisher keinen gestört zu haben, also, nimm es als Gedankenanstoss, nicht als Kritik.

War wirklich toll zu lesen.
Und noch was ergänzendes:

zigga schrieb:
Ja, ich hab die Diskussion mitverfolgt. Ich habe in dem Text auch irgendwie versucht, einfach mal so aufs Blatt loszuschreiben, wie sich in meiner Vorstellung ein Jugendlicher ausdrückt, also mit lauter irgendwies und viel oder so usw. Und ja, wahrscheinlich wirkt es so authentisch, weil ich einfach selbst näher an dieser Spreche dran bin und es mir überhaupt nicht schwerfällt, mich da reinzudenken.

Dieses Füllwörterreden - das macht, glaub ich viel aus, wenn man Jugendliche reden lässt. Ich hatte 'ne Geschichte für einen Wettbewerb, wurde genommen, ein Lektor ging rüber und strich mir die ganzen Einsprengsel als Füllsel raus. Und dachte, ist der bekloppt - was macht der aus meinem Prot. Der klingt jetzt furchtbar unecht. Dann haben wir uns bei 50/50 geeinigt und wenn ich die Geschichte heute lese, lese ich automatisch immernoch meine Füllsel mit :). Ich wollt nur die Theorie mit den irgendwies und oder stützen. Ist mir nämlich auch aufgefallen.

Schöne Geschichte. Sprache und Stil haben mir echt gefallen.
Beste Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Noch mal ich, zigga

Ich streifte über die Klingeln – 'Lötzsch, Lötzsch ...'
Irgendwie begann ich mich unwohl zu fühlen, ich spürte da etwas meinen Nacken kitzeln.
Als ich mich umdrehte, erschrak ich: Da stand er, auf dem Balkon, über mir, der alte Lötzsch, er stierte mich an. Ich hatte fast vergessen, dass es ihn gab; die paar Male, als ich hier gewesen war, saß er immer in derselben steifen Position da oben, im Unterhemd, starrte stumm, kalt, wütend auf den Hof herunter, mit diesem vernarbten Gesicht und der Säufernase. Er gab nie einen Laut von sich, selbst als ich mal 'Hallo' nach oben gerufen hatte durchlöcherte er mich als Antwort bloß mit seinen Blicken.
Ich schaute schnell wieder weg, drückte die Klingel und kurz darauf stand Seppi vor mir.

Du weißt, zigga, dass ich beim ersten Lesen mit dieser Stelle Probleme hatte (okay, es war spätnachts, ich hatte das eine und die anderen Biere getrunken), jedenfalls hab ich heute, beim nochmaligen Lesen, ganz besonders auf diese Szene geachtet.
Na ja, und eigentlich ist sie ist nicht wirklich uneindeutig, sofern man checkt, dass Nico den Namen Lötzsch sucht. Irgendwie hab ich das vor einer Woche halt so gelesen, dass er mit dem Finger über die Namensschildchen fährt, und da gibt’s halt mehrere mit dem Namen Lötzsch. Ich kam wirklich nicht auf die Idee, dass das der Familienname von Seppi sein könnte. Und deshalb brachte ich den Alten erstmal auch nicht mit Seppi in Verbindung, das war für mich irgendein alter, unheimlicher Zausel.

„Sebastian!“
Seppi zuckte zusammen, blieb sofort stehen, rührte sich nicht. „Schau' mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede, Sebastian!“
Seppi drehte sich ruckartig um, haspelte: „'schuldigung, Papa, ich –“
„Ja? Was?“
„Ich, ich ... äh ...“
„Wo gehst du hin, Sebastian?“ Er zündete sich eine Zigarette an, starrte uns unbeirrt von seinem Thron aus an

Erst jetzt ahnte ich, dass der Alte Seppis Vater sein könnte, wunderte mich allerdings vorher noch, von was für einem Thron hier die Rede sei …
Was ich sagen will: Für mein Gefühl hältst du den (schwerfälligen) Leser über beinahe zwanzig Zeilen hin, bis er eine eindeutige Figurenzuordnung treffen kann.

Ich streifte über die Klingeln – 'Lötzsch, Lötzsch ...'

Ehrlich, in meinem Dusel vor einer Woche hab ich mir echt überlegt, was zum Teufel murmelt der da vor sich hin? Spaß ohne, aber wie sollte ich auch wissen, dass das ein Name sein könnte? Dachte erst, das sei vielleicht irgendso ein komisches Mantra von Nico ...
Und wieso muss er den Klingelknopf überhaupt suchen? Ich mein, er besucht ja Seppi beinahe täglich, da wird er ja wohl wissen, wo er drücken muss.

Ich klingelte bei Lötzsch.

So fände ich das viel besser. Kurz, prägnant, eindeutig und (auch für biertrinkende Leser) absolut unmissverständlich.
(Als Autor darfst du nie die Blödhaftigkeit deiner Leser unterschätzen, zigga. Mein ich ernst.)

Das wollte ich dir jetzt einfach noch sagen.
Und auch beim zweiten Mal Lesen war’s eine ganz tolle Story. Das wollte ich dir auch noch sagen.

offshore

 

Hi Meraviglia !

Erstmal danke fürs intensive Lesen und fürs Kommentieren. Ich werde auf einige Verbesserungsvorschläge eingehen. Wie gesagt, bin dir dankbar für die Fuselarbeit, ich habe mir zu jedem Anmerkel Gedanken gemacht.

ich und Seppi blickten uns an und meinten so
„Der Esel nennt sich immer zuletzt!“ – oder ist das Deine pure Absicht???
och, ich finde das ehrlich gesagt nicht schlimm

es war so bitter wie dieser scheiß Rucola
Du hast es ja schon von „dieses“ auf „dieser“ geändert. Nur ich war etwas konfus, sodass ich doch tatsächlich im Duden nachschlug, um festzustellen, dass der zu Rucola gehörende Artikel „die“ ist – „der“ nur dementsprechend im Genitiv.
okay, ich habe auch noch mal nachgeschaut, und der Rucola sind die Blätter, die man als Salat isst, die Rucola ist irgendeine Krautpflanze

Und alles mit „Scheiß“ wird m.E. als Substantiv zusammen oder mit Bindestrich geschrieben („Scheiß-Rucola“ oder „Scheißrucola“). Das gleiche gilt für Scheiß-Idee, Scheiß-Köter und Scheiß-Angst. „Drecks-Viech“ ist ja bereits geändert.
Jo, danke, wird mir nicht mehr passieren

Das Gelächter von gerade eben war wie weggeweht.
Hier fehlt mir ein wenig Ausdrucksstärke. „WegWEHEN“ klingt so schwach. Mir persönlich würde z.B. „weggeBLASEN“ o.ä. besser gefallen, um das Erstaunen der Jungs, die Spannung darauf, was passiert ist, mehr hervorzuheben. Um diesen abrupten Abbruch des Gelächters zu unterstreichen.
Mhm ja, da ist was dran. Ich werde das noch mal paar Tage sacken lassen, und dann nochmal darüber nachdenken. Ich finde halt rein vom Klang her "weggeweht" viel flüssiger, als weggeblasen. Hat wohl mit diesen zwei W's zu tun, kein Plan, aber klingt irgendwie so gut, finde ich

Allzu groß war der Park nicht, man hatte von hier aus alles gut im Blick.
Hier würde ich mir eine nähere Beschreibung wünschen, was „alles“ so beinhaltet. Aber das ist natürlich „Meckern auf hohem Niveau“:
Mhm, man weiß ja schon, wie es ungefähr in dem Park aussieht; und genau das kann man dort wohl beobachten; noch mehr Beschreibungen würden eher Länge bringen und den Textfluss zäh machen, denke ich

Das war wichtig, weil wir ziemlich paranoid waren und überall Zivilpolizisten oder unsere Eltern vermuteten, die uns erwischen könnten,
Auch hier fehlt mir ein kleiner Nebensatz, in dem erwähnt ist, bei WAS sie erwischt werden könnten. Beim Trinken? Beim Rauchen? Beim Knutschen? Beim Spucken?
genau bei den Dingern haben sie Angst erwischt zu werden :D Ich finde, manchmal braucht man Mut zur Lücke, der Leser checkt schon sehr viel und kann durchaus sehr viele Dinge, die auch nicht explizit beschrieben sind, in seiner Vorstellung stopfen und schließen

Wir waren fast alleine im Park, also riss Seppi seinen Rucksack auf und wir ließen die Flasche hin- und herwandern; es war schlimmer als Bier, es schmeckte nach Kloreiniger und brannte mir bis in den Magen. Aber wir nahmen es hin, weil wir wussten, wenn wir das Zeug erst mal drin hatten, würden wir auf Watte laufen.
Ich mag die Formulierung „es war schlimmer als Bier“ nicht. Das ließ sich für mich nicht flüssig lesen und passt aus diesem Grund nicht zu dem Rest Deines Textes, weil ich mir im ersten Moment die Frage stellte was „es“ ist. Der Alk?
Ja, mhm, das ist auch etwas schwammig formuliert, wenn man es ganz streng sieht. Aber irgendwie kommt doch im Subtext schon gut raus, dass "es" der Inhalt der Flasche ist, den sie gerade trinken

ich erwischte mich ständig dabei, dass ich an sie dachte; an ihren verträumten Blick und an das Grinsen, das sich bei jeder Gelegenheit in ihrem Gesicht ausbreitete;
Ich würde mir ein oder zwei Beispiele für Gelegenheiten wünschen, was sie zum Grinsen bringt.
okay, bisschen mehr Szene, könnte man machen; wie gesagt, der Text ist noch ziemlich frisch in mir drin, ich brauche da vielleicht noch ein paar Wochen, bis ich mehr Distanz habe, will aber jetzt nicht allzu viel Szenen umschmeißen, aber vielleicht fällt mir hierzu noch was ein

„Waaas, die? Der kleine Freak?! Ha ha ha!“
Die Vorstellung machte mir schwitzige Hände.
Ich finde, „bereitete“ klingt besser an dieser Stelle.
Würde ein 14jähriger wirklich bereitete sagen? Ich bin mir da nicht sicher

Die Welt war voller Geheimnisse, Mysterien, Brüsten und Ärschen und Muschis, von denen ich zwar keine Ahnung hatte, die mir aber dafür das Blut zum Denken aus dem Schädel zogen und engsitzende Hosen zu einem fürchterlichen Folterinstrument machten.
Mir würde der Satz ohne „dafür“ besser gefallen.
Ich finde das gerade nicht schlecht. So nach dem Motto: Ärsche, von denen ich zwar keine Ahnung habe, die mir aber dafür das und das antun.

Als sie an uns vorbeiging, schüttelte sie den Kopf, versuchte uns nicht anzusehen,
Ich meine, da fehlt ein Komma nach „versuchte“.
ähm ... bin ich mir nicht sicher. Glaube, das geht auch so

Noch einige Zeit saß ich da, starrte auf die Straßenecke, in der sie verschwunden war.
Ich hatte hier automatisch „in“ mit „hinter“ ersetzt, weil ich es als komisch empfinde, IN einer Straßenecke zu verschwinden.
du hast recht.

Es kam mir oft so vor, als ob es auf der Straße vor unserem Haus nie nach etwas riechen würde, nicht nach Gebüsch, nicht nach Erde und nicht nach Autos oder Scheiße oder Blumen oder Menschen;
Finde ich gut, könnte mir aber vorstellen, dass der Substantiv noch besser klingen würde… „keine Gerüche gäbe…“.
Ja, mhm, das ist halt wieder dieses Jugendspracheding, ich glaube so gekonnt mit Substantiv und dem "gäbe"-Fall würde sich kein Jugendlicher einfach mal so ausdrücken

mir nicht die Geheimnisse des Lebens verrieten, ich hasste es, dass wir immer bloß über unser Mittagessen hingen und uns anschwiegen.
unserem, oder?
stimmt!

ich war nie oft bei ihm gewesen, irgendwie hatte sich das nie ergeben.
Hm, „nie oft“ finde ich unpassend. Entweder „nie“ oder „nicht oft“. Was meinst Du?
Ich finde, "nie" würde eine falsche Aussage machen, weil er ja dann weiter erzählt, dass er Seppis Vater schon mal "hallo" hochgerufen hat; und "nicht oft" ... schwierig. Ich finde hier das Wörtchen "nie" sagt halt hier aus, dass eine Erzählinstanz aus der Zukunft über die Vergangenheit spricht; weiß auch gerade nicht, was ich davon halten soll. Aber ganz unpassend ists irgendwie nicht, kein Plan, ich schlafe mal drüber


„Hey, hör mal“, sagte ich zu Ben, ich wollte es schnell hinter mich bringen, wer wusste schon, wie lange ich noch genug Blut in der oberen Körperhälfte hatte, um einen gerade Satz über die Lippen zu bringen. „Das gestern, weißte, das war nich' so gemeint, ich war besoffen und –“
genau.

Kuhfressen-Mel lachte übertrieben laut:
Ich mag die Bezeichnungen, die Du den verschiedenen Prots zuordnest. In diesem Fall würde ich „Wiederkäuer-Mel“ oder so bevorzugen. Wenn ich Dich richtig verstehe, nimmst Du hier Bezug auf ihre Art, Kaugummi zu kauen!?
genau! Siehste, du hast das Bild doch im Kopf gehabt, was ich dir mit Kuhfressen-Mel projezieren wollte. Wiederkäuer ist irgendwie doch ein total langes und krummes Bild, ich meine, was gibt es denn so für Wiederkäuer? Da muss man erstmal zwei Sekunden nachdenken ... Kuhfresse, da hat man sofort ein Bild vor Augen, das flutscht doch viel besser, denke ich

Ich ertrug es kaum sie gehen zu sehen, ihr Rücken wurde immer kleiner, ich verbrannte;
Komma nach „kaum“ fehlt. (Oje, ich hoffe, ich korrigiere hier nicht alles falsch… aber das soll ja nur als Empfehlung dienen, diesen Satz erneut durchzulesen. Falls ich falsch liege, tut es mir leid.)
Bin mir nicht sicher, keine Ahnung, ich glaube, es geht auch so. Es ist nicht schlimm, wenn du falsch korrigierst. Hier soll man sich die Verbesserungsvorschläge ansehen und darüber nachdenken, und zum Schluss nimmt man sich mit, was man selbst gut und einleutend findet.

Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, fürs Lesen und für deine investierte Zeit!


Hey Jimmy!

Habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut.

ich bin beeindruckt. Da ist richtig was gegangen bei dir, so entwicklungstechnisch. Ist deine beste KG bis jetzt. Ich würde sagen, es ist auch die KG, die aus der Challenge dem eigentlichen Sujet 'Jugend' am nähsten kommt, das ist jedenfalls meine persönliche Meinung. Du bist altersbedingt da wahrscheinlich näher dran, vieles wirkt echt, nah, authentisch, unverstellt, aber natürlich auch schon ausreichend reflektiert.
Das ist ein riesen Kompliment, danke, Mann, gibt mir das Gefühl, auf dem richtigen Dampfer zu sein. Klar, bei mir ist diese ganze Phase nicht mal zehn Jahre her, da erinnert man sich bestimmt noch klarer an bestimmte Dinge, durch die man gegangen ist, und es fällt nicht allzu schwer, sich da hineinzuversetzen.

Ich würde mir nur noch mehr Szenen wünschen, vor allem da, wo der Mißbrauch und die Gewalt des Vaters passiert, das ist mir zu viel erklärt. Da könnte man eine Szene einbauen, die, wenn sie gelingt, den dramatischen Kern darstellt, die sehr intensiv ist.
Mhm, ja, da ist tatsächlich was dran ... ich habe den Text erst vor mittlerweile einer Woche fertigzuschreiben begonnen, sprich, er steckt mir noch zu frisch im Kopf, als ob ich da jetzt sehr objektiv darauf schauen könnte. Aber ich werde es mir auf jeden Fall notieren und nochmal intensiv darüber nachdenken. Ja, so eine Szene mit dem gewalttätigen Vater könnte das ganze Dilemma dem Leser vielleicht noch plastischer darstellen. Ist halt verdammt schwierig, wenn man einen Text endlich rundgeschliffen hat, da nochmal was einzuschieben; aber ich werde es im Hinterkopf behalten.

Mir gefällt dein Text sehr gut, er fließt, ist sehr organisch, nie übertrieben, immer leicht melancholisch, so am Rande,
Danke, freut mich sehr, dass dich die Story so abholen konnte
und wenn du da noch in ein paar Szenen investierst, wird dir das gelingen, was mir nie gelingen wird; dann wird es ein schönes Auf und Ab der Emotionen.
Weiß gerade nicht, was ich von dem Satz halten soll. Klingt irgendwie etwas arg pessimistisch deinem Können gegenüber; ich finde, das stimmt nicht, ich kenne dein Zeug und weiß, wie packend das sehr oft geschrieben ist.

. Ist wirklich eine sehr gute Geschichte geworden, da ist alles drin für mich, wirklich toll, ich kann mich nur wiederholen.

Chapeau!

Super! Freut mich total, ehrlich.

Jo, vielen Dank auch dir, Stiff, fürs Lesen und Kommentieren und deine investierte Zeit, weil es ja schon ein längerer Text war.


Hi Fliege!

für mich ist das auch die beste Deiner Geschichten, von denen, die ich bisher gelesen hab. Habe ich wirklich gern und mit Spannung gelesen. Ich mochte die Figuren gern, wie sie da miteinander, gegeneinander. Als die Sache mit dem Vater ins Spiel kam, erinnerte mich die Geschichte an "Populärmusik aus Vittula".
Danke, das ist ein großes Kompliment und zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Hat mich gefreut.
Populärmusik aus Vitulla, da kenne ich bloß den Film davon - aber den habe ich damals ziemlich gefeiert, sehr guter Film, freut mich natürlich, dass dich der Plot daran erinnert hat; ja, die Kids da sind zwar nicht ganz so abgefuckt, aber die Vaterfigur, stimmt schon, die ist ähnlich.

Mir kam das bisschen spät daher, dafür, dass es dann so einen großen Plotpunkt bildet. Auf der anderen Seite bereites Du da ja durch die Schwester vor, ihr a-typisches Verhalten im Vergleich zu den anderen Mädels in ihrem Alter. Diesen Rückzugsraum, den sie aufsucht. Dennoch hätte ich mir die Einführung vom Vater schon eher gewünscht, als das er dann so ab der Mitte vom Balkon lospoltert.
Jo, ich verstehe deine Kritik. Hatte beim Schreiben irgendwie auch Schiss, dass es sich in so zwei Storys aufteilt; einmal die Jessistory und einmal die Prügelstory. Aber als ich das dann geschrieben hatte, fand ich irgendwie, dass sich der Text schon flüssig und so anfühlt, keine Ahnung. Stimmt schon, das hat bis jetzt niemand angemerkt, und das hat mich auch gefreut - vielleicht baue ich den bösen Daddy in einem Satz oder einer Bemerkung am Anfang mit ein, einfach, dass der Leser schon mal kurz mit ihm konfrontiert wird - z.b. die Mutter des Icherzählers habe ich mal ganz kurz eingebaut am Anfang der Story, einfach weil ich mir einbilde, dass sich diese Elternsphäre irgendwie im Unterbewusstsein des Lesers gespeichert ist, keine Ahnung, ob das Schwachsinn ist oder nicht.

Ich dachte an Ben und Seppi und Jessi; irgendwie wusste ich, dass es mit uns nie wieder so werden würde, wie es noch Freitag gewesen war. Die Welt war plötzlich ziemlich groß und ich verdammt klein.
Mich hattest Du ab genau dieser Stelle . Erst Spannung und dann dieser schöne Weltsatz hintendran.
Freut mich, echt jetzt

Tränen liefen mir übers Gesicht, meine Hände zitterten. Ich konnte jetzt nicht alleine sein, ich musste sie sehen, bei mir spüren; ich kramte mein Handy heraus und starrte bestimmt fünf Minuten lang ihren Namen an: Ich erinnerte mich daran, wie sie mir gestern in die Augen gesehen hatte, so tief wie noch niemand zuvor, alles hatte gekribbelt; ja, sie war die einzige, mit der ich mich jetzt besser fühlen würde, die einzige, die mich verstand, die mich von dieser Last freisprechen könnte. Es läutete.
Das dagegen fand ich ein wenig schmozettig, aber gut ... die Jugend.
Mhm. Keine Ahnung, ich hatte mich immer als jemand bezeichnet, der eigentlich nicht auf Lovestorys oder so steht, keine Ahnung, wieso der Text jetzt so geworden ist. Und wenn dann jemand schreibt, es ist wirklich schon sehr schnulzig tut mir das irgendwie weh :D Aber gut, was soll's, ist halt jetzt so.

Ziemlich bescheuert, ich weiß, aber so waren wir damals.
Wo kommt der reflektierende, erwachsene Erzähler auf einmal her? Gab es den vorher auch schon mal?
Ist rausgeflogen. Hatten auch ein paar andere kritisiert, da gefiel's mir irgendwie auch nicht mehr.

Und manchmal hast du Zeilenumbrüche drin, die es für mich nicht braucht. Der hier zum Beispiel.
Ich denke mir bei manchen Sätzen, dass man einfach zum nächsten Satz hin mal kurz innehalten sollte beim Lesen, oder dass zumindest ein minimaler Umbruch stattfinden sollte; weiß auch nicht, ob das gut ist, oder scheiße. Werde den Text nochmal durchgehen und mal sehen.

Ja, erst so die Jessi-Geschichte, dann der Alte im Park, und vorher gab es ihn nie. er sprach nie, war nie Thema und jetzt ist er der zentrale Punkt, der den Höhepunkt einleitet. Mir hätte es wirklich gefallen, wenn Seppi vorher über seinen Alten mehr abgelästert hätte, wenn er ab und an Blessuren hätte, wenn dieser Vater eben seichter eingeführt worden wäre, statt so aus dem Nichts aufzutauchen. Scheint aber bisher keinen gestört zu haben, also, nimm es als Gedankenanstoss, nicht als Kritik.
ich werde mal gucken, was sich machen lässt

Dieses Füllwörterreden - das macht, glaub ich viel aus, wenn man Jugendliche reden lässt. Ich hatte 'ne Geschichte für einen Wettbewerb, wurde genommen, ein Lektor ging rüber und strich mir die ganzen Einsprengsel als Füllsel raus. Und dachte, ist der bekloppt - was macht der aus meinem Prot. Der klingt jetzt furchtbar unecht. Dann haben wir uns bei 50/50 geeinigt und wenn ich die Geschichte heute lese, lese ich automatisch immernoch meine Füllsel mit . Ich wollt nur die Theorie mit den irgendwies und oder stützen. Ist mir nämlich auch aufgefallen.
Ja! Sehr gut. Ich finde das nämlich auch. Und auf was für einen strangen Lektor biste denn da gestoßen? Der hat das mit der Jugendsprach wohl nicht gecheckt, oder hört eben nie Jugendliche reden. Teenager reden eben nicht glatt und ohne Füllwörter, die stammeln, sind sich unsicher, und so. (Und da war es schon wieder)

Danke fürs Lesen und Kommentieren, Fliege, hat mich gefreut!


Mister offshore,

Du weißt, zigga, dass ich beim ersten Lesen mit dieser Stelle Probleme hatte (okay, es war spätnachts, ich hatte das eine und die anderen Biere getrunken), jedenfalls hab ich heute, beim nochmaligen Lesen, ganz besonders auf diese Szene geachtet.
Na ja, und eigentlich ist sie ist nicht wirklich uneindeutig, sofern man checkt, dass Nico den Namen Lötzsch sucht. Irgendwie hab ich das vor einer Woche halt so gelesen, dass er mit dem Finger über die Namensschildchen fährt, und da gibt’s halt mehrere mit dem Namen Lötzsch. Ich kam wirklich nicht auf die Idee, dass das der Familienname von Seppi sein könnte. Und deshalb brachte ich den Alten erstmal auch nicht mit Seppi in Verbindung, das war für mich irgendein alter, unheimlicher Zausel.
Sofern man checkt, dass er den Namen sucht, kommt man da beim Lesen mit, da hast du recht. Ich werde das noch klarer umschreiben, sodass es auch der übermüdedste Bierliebhaber checkt, versprochen, denn diese sympathische Zielgruppe möchte ich natürlich nicht verlieren ;)

(Als Autor darfst du nie die Blödhaftigkeit deiner Leser unterschätzen, zigga. Mein ich ernst.)
:D :D Ich werde das umtippen, vllt sogar so, wie du es mir vorgeschlagen hast, muss mir die Stelle gleich mal ansehen.

Und auch beim zweiten Mal Lesen war’s eine ganz tolle Story. Das wollte ich dir auch noch sagen.
Geil! Wenn man die Story zweimal lesen kann, und sie dann immer noch gut findet (und das ohne Schöntrinkerei), dann freuts mich natürlich unheimlich!

Danke für deinen Kommentar und deinen Anmerkungen, offshore.

Grüße vom zigga!

 
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Hi zigga

Was für eine erfrischende Story, leider (oder zum Glück, je nach Sichtweise) erst jetzt von A-Z durchgelesen, da ich mir unbedingt Zeit nehmen wollte, also nicht so häppchenweise in der Kaffepause oder so.

Ich habe mir dann noch die Kommentare dazu durchgelesen und ich stimme den Vorrednern in den meisten Punkten zu. Du hast einen enormen Entwicklungsschritt gemacht; keine Angst, ich würde dich sicher nicht schon wieder an die symbolträchtige Couch-Kartoffel erinnern, nein ich vergleiche hier lieber mit den Strassentauben, da waren deine Figuren gerade geschlüpft, noch so Küken, etwas tapsig zogen sie durch den Plot.
Doch hier hast du für mich richtig tolle Charaktere geschaffen, die mit ihren Facetten Stereotypen aufbrechen, wie zum Beispiel den obligaten Dicken, der es aber geniesst, als erster mit nem Mädchen und so.

Dann mochte ich den Aufbau mit Rückblende, das ist so der Stil, den es für mich braucht, um eine Story aufzulockern. Stringent durch den Plot wird zwar gerne in der Jugendliteratur angewandt, allerdings darf man dem jungen Leser auch schon mal was zutrauen.

Die Figuren sind gut gezeichnte und agieren wohldosiert, glaubwürdig und total echt, aus dem Leben halt. Du zeigst mir ungeschminkt, wie junge Leute denken, fühlen; und aus der Sicht des Prots, was da mit seinem Körper abgeht, dieser ganze Testosteronkram, mal steht er, wenn er nicht soll, und umgekehrt.

Die Welt war voller Geheimnisse, Mysterien, Brüste und Ärsche und Muschis, von denen ich zwar keine Ahnung hatte, die mir aber dafür das Blut zum Denken aus dem Schädel zogen und engsitzende Hosen zu einem fürchterlichen Folterinstrument machten.
Das geht da so von lieblich verträumt (die Welt voller Geheimnisse) über primäre Geschlechtsteile bis hin zu den harten Fakten, alles in einem Satz! Die richtigen Worte in der richtigen Reihenfolge gesetzt, ganz grosse Klasse.

Überhaupt, diese tolle Bildsprache, viele Ausdrücke wurden schon lobend erwähnt, deshalb hier ein Satz, der für mich als Beispiel dient, wie du dem Leser (jedenfalls mir) nach kurzem Überlegen wie das jetzt gemeint ist, ein grosses "Ah" entlockst:

Er zog den Kopf nach oben und riss mir so das Glas aus der Hand, er schrie noch ein paar Mal, wurde immer stiller und blieb schließlich regungslos liegen, [...]
Da muss man schon mitdenken, jaha!

Ein Punkt noch, weil er mich ebenfalls kurz rausgehauen hat:
Die Prügelszene ist ok, kam zwar plötzlich, aber das hat mich nicht gestört, da ich den alten Lötzsch da auf dem Balkon schon so eingestuft hatte, den Proll, ertmal den Macker raushängen, dann wieder 'scheiss drauf'.
Nein das passt, aber diese "er" Bezüge, dass wollte mir nicht auf Anhieb gelingen, ich bezog sogar das zweite "er" kurz auf Ben, und das passte ja nun gar nicht. Da würde ich zumindest beim zweiten Mal 'Lötzsch' einsetzen.

Vorschlag:

[...], Ben lag eingesunken auf der Bank, aus seinem Mund und seiner Nase quoll Blut, er sah mich mit trüben, leeren Augen an und schnaufte stark.
„Du Sau! Du elendige Sau!“, krächzte (der alte) Lötzsch wieder und wieder. „Willste vielleicht so werden wie ich?!“
Toll gemacht zigga, ein Anwärter auf die Krone.
Sehr gerne gelesen,
Gruss dot

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey dotslash!

Was für eine erfrischende Story, leider (oder zum Glück, je nach Sichtweise) erst jetzt von A-Z durchgelesen, da ich mir unbedingt Zeit nehmen wollte, also nicht so häppchenweise in der Kaffepause oder so.
Das ist sehr nett von dir, echt, ich weiß, dass längere Texte schon mal eine Hürde sein können, allein zeittechnisch.

Ich habe mir dann noch die Kommentare dazu durchgelesen und ich stimme den Vorrednern in den meisten Punkten zu. Du hast einen enormen Entwicklungsschritt gemacht; keine Angst, ich würde dich sicher nicht schon wieder an die symbolträchtige Couch-Kartoffel erinnern, nein ich vergleiche hier lieber mit den Strassentauben, da waren deine Figuren gerade geschlüpft, noch so Küken, etwas tapsig zogen sie durch den Plot.
Doch hier hast du für mich richtig tolle Charaktere geschaffen, die mit ihren Facetten Stereotypen aufbrechen, wie zum Beispiel den obligaten Dicken, der es aber geniesst, als erster mit nem Mädchen und so.
Danke, echt, das ist ein sehr schönes Kompliment! Die Couch-Potatoe, ich glaube an die wirst du dich noch in fünf Jahren erinnern, wenn ich auf die dreißig zugehe und hier mal eine Story poste :D Nein Spaß beiseite, ich muss echt sagen, dass dieses Forum hier echt ein sauguter Ort ist, um was über die Schreiberei zu lernen, wenn man eben wirklich will und so. Da bin ich den Kommentatoren hier echt dankbar, kein Scheiß.

Dann mochte ich den Aufbau mit Rückblende, das ist so der Stil, den es für mich braucht, um eine Story aufzulockern. Stringent durch den Plot wird zwar gerne in der Jugendliteratur angewandt, allerdings darf man dem jungen Leser auch schon mal was zutrauen.
Finde ich auch, v.a. bei einem längeren Text, da hat man dann als Leser einen Fluchtpunkt im Kopf, auf den sich etwas zubewegt.

Die Figuren sind gut gezeichnte und agieren wohldosiert, glaubwürdig und total echt, aus dem Leben halt. Du zeigst mir ungeschminkt, wie junge Leute denken, fühlen; und aus der Sicht des Prots, was da mit seinem Körper abgeht, dieser ganze Testosteronkram, mal steht er, wenn er nicht soll, und umgekehrt.
Danke! Dieses Ungeschminkte wollte ich unbedingt, ich find das wichtig bei so einer Geschichte, weil im Endeffekt sich in diesen Jugendmarotten bestimmt sehr sehr viele wiedererkennen können, obwohl sie es so nie zugeben würden. Das schafft dann irgendwie Nähe zu den Figuren, denke ich mir.

Überhaupt, diese tolle Bildsprache, viele Ausdrücke wurden schon lobend erwähnt, deshalb hier ein Satz, der für mich als Beispiel dient, wie du dem Leser (jedenfalls mir) nach kurzem Überlegen wie das jetzt gemeint ist, ein grosses "Ah" entlockst:
Habe mich echt über deine lobenden Worte gefreut!

Ein Punkt noch, weil er mich ebenfalls kurz rausgehauen hat:
Die Prügelszene ist ok, kam zwar plötzlich, aber das hat mich nicht gestört, da ich den alten Lötzsch da auf dem Balkon schon so eingestuft hatte, den Proll, ertmal den Macker raushängen, dann wieder 'scheiss drauf'.
Nein das passt, aber diese "er" Bezüge, dass wollte mir nicht auf Anhieb gelingen, ich bezog sogar das zweite "er" kurz auf Ben, und das passte ja nun gar nicht. Da würde ich zumindest beim zweiten Mal 'Lötzsch' einsetzen.
Ja, ich dachte mir beim schreiben, dass es vielleicht ganz gut rüberkommen würde, wenn man als Leser noch nicht wirklich klar sieht, wer da prügelt, weil der Prot das ja in der Dunkelheit auch noch nicht wirklich zu hundert Prozent sieht; ich werde nochmal drüberlesen, versprochen, und kann gut sein, dass ich es nach deinen Änderungsvorschlag hin umändern werde.

Toll gemacht zigga, ein Anwärter auf die Krone.
Na die Krone, das wär ja mal wohl saugeil! Wäre echt gespannt, was die liebe fiz sich so für den Geschenkkorb hat einfallen lassen ;) Aber noch ist alles offen ...

Vielen Dank auf jeden Fall für deine Zeit und deinen tollen Kommentar und das nette Lob, das hat mich echt sehr gefreut!

Grüße

 

Hey zigga,

mit einer umgekehrten Chronologie lockst du uns ins Geschehen und das ist schon geschickt gemacht, auch wenn SAMSTAG FREITAG SAMSTAG eine abgefahrene Variante ist, mit der Zeit zu spielen, weil es nicht wie ein Rückblick aussieht im ersten Moment. Jedenfalls fragt man sich dann, ist der jetzt wegen der Tankstellensache geflohen, aber das kann es nicht sein und die Frage bleibt und wird ganz geschickt man Ende aufgelöst, ich finde, du hast da echt ein starkes Stück vorgelegt, die Figuren sind sehr plastisch, fassbar, alles, was sie tun, ist nachvollziehbar, man leidet mit ihnen mit, schüttelt an vielen Stellen den Kopf, aber das ist okay, und am Ende ist es doch eine kleine Liebesgeschichte. Aber natürlich viel mehr, es ist nicht nur warum und nass, es ist viel mehr, diese kichernde Freundschaft, dieses traurige Mädchen, wie das dann alles zerstört wird, du nimmst dir natürlich auch die Zeit, das alles zu erzählen und lange Texte sind schön, aber schrecken freilich immer ab, ich sehe das ja bei mir selbst, aber die Zeit braucht es wirklich. Dein Ende, diese Zersplitterung ist in Ordnung, auch, weil Jessi schon etwas vorher sagt, dass man sich vielleicht nicht mehr so oft sieht – dieses „Vergiss mich nicht“ – das war stark und zum Glück gibt es kein Happy End, so ein ganz sanftes Hinübergleiten in eine andere Zeit. Ich frage mich, warum seine Tat ohne Konsequenzen bleibt, vielleicht weil er Minderjährig ist, aber das ist so eine kleine Sache. Es gibt tatsächlich etwas, was mich grob gestört hat, aber jetzt erst ein paar Anmerkungen zum Text.

Ein paar Anmerkungen:

Ich raste die Hauptstraße mit einer irren Geschwindigkeit entlang, stemmte mein gesamtes Gewicht in die Pedale, zog den Kopf runter bis zum Lenker; ich musste ein Pfeil werden, ein menschliches Geschoss auf Rädern.
Du schreibst gut, aber für mein Empfinden einen Tick zu effektheischend. Hier könntest du zumindest das menschliche Geschoss rausnehmen, weil ein Pfeil schon ein starkes Bild ist, und auch, weil es ein bisschen übertrieben klingt.

Als die Straße erdig wurde und sich hunderte Baumwurzeln durch sie fraßen,
Es wirkt einfach ein bisschen überspitzt. Vielleicht: und sich immer mehr Baumwurzeln durch sie fraßen …

Ich zuckte zusammen, kam wieder zu mir, setzte mich, holte eine der Flaschen aus dem Rucksack, nahm ein paar scharfe Züge.
setzte mich auf?

Aber es war egal, alles war egal; nichts würde mehr so sein, wie es einmal war, da lastete etwas auf meinen Schultern, das mich erdrückte, erstickte.
Ich verirre mich gerne in Kleinkram, aber zu den großen Dingen zu deiner Geschichte wurde schon einiges gesagt und vielleicht kann ich dir ein bisschen ne andere Sicht auf deine Zeilen bieten. Wenn nicht, sag einfach, dann lasse ich das Kleinsticheln bei der nächsten Geschichte. Also: Es ist schon szenisch geschrieben, auch, wie das Blätterdach ihm winkt, das finde ich schön, aber dieses „erdrückte, erstickte“ ist mir einfach zu sehr wirkungsorientiert, da machst du es dir leicht, indem du Wörter hinschreibst, von denen du genau weißt, wie sie beim Leser wirken. Und dann noch eine kleine Logikfrage: Wenn etwas auf der Schulter lastet, ist das zwar nicht angenehm, aber erstickt man davon? Das müsste schon schwer genug sein, um das Skelett einzudrücken, den Ich-Erzähler zu zerquetschen, und bei so einem Bild frage ich mich, was um Himmels willen, da lastet.

Gegen Ende kommt die Last noch einmal:

Ich atmete durch, spürte eine große Last von meinen Schultern fallen, aber es drückte immer noch in meinem Bauch, mir war schwindelig, schlecht, kalt.
Ich weiß nicht, ich würde da ein anderes Bild wählen. Ich habe fast einen Freund umgebracht, fuck, das ist mir so eine Last auf der Schulter – weißt du, was ich meine, das wird dem einfach nicht gerecht.

Der Wald raschelte und legte seine kühle Hand auf mich.
Das widerspricht sich ein wenig, finde ich, wenn der Wald Hände hat, dann hat er tausende, und „seine kühle Hand“, was ist das? Der Wind? Der kann sich nicht auf etwas legen, der fließt nur vorbei und kühlt, etwas Thermodynamisches, das Bild passt irgendwie nicht.

ich dachte früher immer, dass man es merkt, wenn man irgendwo falsch abbiegt, auf der falschen Seite der Autobahn fährt.
Würde den letzten Teil streichen.
Ich dachte früher immer, dass man merkt, wenn man irgendwo falsch abbiegt. Beziehungsweise: abgebogen ist. Weil es ja nicht der Moment des Abbiegens ist, indem man merkt, fuck, falsche Richtung, sondern man fährt ne Weile und merkt dann, Mist, ich hätte den anderen Weg nehmen sollen.

Ben und Seppi und Jessi
Seppi ist ein sehr ausgefallener Name, gefällt mir. Jessi mochte ich gar nicht. Das ist freilich nur Geschmacksfrage. Ich würde mein Kind nicht so nennen, selbst wenn ich so viele Kinder habe, dass mir fast kein anderer Name mehr übrig bleibt. Heißen halt zwei Michael.

Ich erinnerte mich daran, wie sie mir gestern in die Augen gesehen hatte, so tief wie noch niemand zuvor, alles hatte gekribbelt
Solche Sätze gefallen mir! Sehr schön!
Vielleicht ein kleiner Vorschlag: Das „Erinnern“ weg: Wie sie mir gestern in die Augen gesehen hatte, so tief wie noch niemand zuvor, alles hatte gekribbelt. Bei mir würde es ohne dem „Erinnern“ funktionieren.

sie war die einzige, mit der ich mich jetzt besser fühlen würde, die einzige, die mich verstand, die mich von dieser Last freisprechen könnte.
Wortwahl: befreien statt freisprechen

Er war nervös, ich spürte es
Das fand ich komisch, warum schreibst du hier, dass er es spürt. Weil man sonst Nervosität sieht? Aber wie spürt man Nervosität? Also spüren, ohne ein visuelles oder akustisches Signal? Er war nervös. (Der Ich-Erzähler hat das wahrgenommen, wie, ist nicht so entscheidend hier, vor allem, weil nicht klar wird, wie das Spüren funktioniert, oder weil es total klar ist.)

Ben schaute wie ein verpickelter Buddha aus
Fand ich gut!

F-F-Alarm!
Mies, aber so etwas macht einen Text immer sympathisch und einzigartig, finde ich, wenn so Insider drin sind.

Zungenkungfu
Fand ich auch gut, vor allem, weil ich mir das nicht schön vorstelle.

„Ich hab's mit ihr gemacht“, sagte der plötzlich.
„Wie?“, fragte Seppi, „was hast du gemacht?“
Das Gelächter von gerade eben war wie weggeweht.
„Naja, ihr wisst schon ...“ Ben gluckste, lutschte am Bier, blickte uns an, formte dann mit Daumen und Finger einen Kreis, durch den er seinen Zeigefinger schob. „Sex.“
Die Szene hat mir auch gut gefallen!

Ben lachte, nuckelte an der Flasche, und irgendwie konnte ich mir vorstellen, wie er aussehen musste, wenn er an F-Fs Fetttitten herumsabberte.
Gut!

Ich fühlte mich scheiße; ich hatte noch nicht einmal eine geküsst und dieser fette Buddha stocherte schon mit seinem Pimmel in den Girls herum.
„Und ... und wie isses so?“, fragte Seppi nach einiger Zeit.
„Mhm“, sagte er, und wir starrten alle vor uns hin, auf den Bach, der dahinplätscherte und eine Fantadose davontrug. „Warm.“
„Warm?“
„Ja. Warm und nass.“
Die Dose verschwand hinter einem Busch und ich sah Ben an. „Warm und nass?“
Er nickte und grinste so beschissen wie er es immer tat, seine Augen wurden zu glänzenden Schlitzen: „Warm und nass.“
An dieser Stelle kann ich dir verraten, dass ich den Titel deiner Geschichte echt gut finde. Das ist so eine plumpe Beschreibung, aber irgendwie stimmt es. Ein bisschen entzaubernd auch.

Die Sonne hing hoch oben am Himmel und schüttete ihre gelbe Magie über alles; über die Wiese, den Spielplatz, das Klettergerüst, über uns.
Gefiel mir auch, ich hätte vermutlich „kleckerte ihre gelbe Magie über alles“, aber auch mit dem schütten ist das die chilligste Sonnenbeschreibung, die ich je gelesen habe. Die hängt halt da oben und schüttet Magie herab, das ist ihr Job, sie macht ihn nicht gern, aber sie macht ihn.

Wir kicherten doof herum, während wir über die Kieselsteine zu der Bank schlenderten, an der wir ständig abhingen. Ben und Seppi versuchten sich gegenseitig vom Weg zu schubsen, schrien, lachten. Ich zündete mir eine Zigarette an; irgendwie war ich verdammt gut drauf.
Manchmal kommt einem echt der Gedanke, „oh, ich bin ja verdammt gut drauf“, diese Beiläufigkeit der Erkenntnis hast du hier gut eingefangen.

wenn sie da oben nicht irgendetwas auf ihrem Handy zockte oder Kippen in Kette paffte, starrte sie einfach nur in den Himmel; aber nicht melancholisch oder so, sondern einfach, weil es genau das war, worauf sie gerade Bock zu haben schien.
Stark!

Nach genau solchen Momenten suchten wir die ganze Zeit: Unbeschwertheit, Abenteuer, Spaß; einfach sein, die Welt erforschen, erleben, erobern. Wir fühlten uns großartig, da hing etwas in der Luft, als ob alles möglich wäre.
Hier wird es sehr erklärend, aber das ist okay. Stört nicht.

Ich dachte irgendwie echt oft an sie, sogar am Abend zuvor, als ich mir ein bisschen in der Hose herumspielte, und es hatte sich gar nicht schlecht angefühlt.
Hehe.

Ich schaute wieder zum Gerüst und sah, wie Jessi sich zu uns umdrehte, lächelte, winkte. Ich hob reflexartig den Arm, beobachtete, wie sie in den Sand sprang und zu uns herüberschlenderte.
Also ist die reflexartige Armbewegung jetzt das Winken, oder meldet er sich?

„Was steht an, Jungs?“
„Unsere Kippen sind fast alle“, sagte ich, und als ich mich das sagen hörte, fand ich meine Antwort irgendwie ziemlich bescheuert.
Das Gegenteil von bescheuert!

Sie stand immer nur neben Ben, sagte kein Wort, und wenn man ihr in die Augen sah, kam es einem so vor, als würde man in zwei leere Becher blicken.
Stark!

Ich beobachtete ihren Gang und versuchte mir vorzustellen, wie Jessi wohl nackt aussehen würde; ich fragte mich, ob ihre kleinen Titten dann noch kleiner wären, so ganz ohne T-Shirt und BH außenrum; und was würde eigentlich passieren, wenn ich ihr jetzt sofort, ohne Vorwarnung, meinen Finger in ihre Fotze reinstecken würde, fragte ich mich, ist das dann auch warm und nass, oder braucht das da unten eine Aufwärmphase, wie ein Zigarettenanzünder im Auto, oder so?
Alter, zigga, das ist echt ne richtig starke Stelle. Frech, sympathisch, auch so eine verrückte Logik, gefällt mir richtig gut!

die mir aber dafür das Blut zum Denken aus dem Schädel zogen und engsitzende Hosen zu einem fürchterlichen Folterinstrument machten.
Das Bild fand ich dann ein bisschen überholt, aber es stimmt ja auch. Vielleicht den Gedanken beibehalten, aber etwas entschärfen in dem Ausdruck.

Ich schielte etwas nach links, versuchte meine Titten-Theorie durch einen kleinen Spitzer in Jessis Ausschnitt zu überprüfen.
Wurde sie denn jetzt bewiesen oder nicht? Oder hat sie das Experiment gesprengt?

Sie drehte sich zu mir um, lächelte, ich schreckte auf, riss meinen Blick wieder nach oben.
Ich mach das selbst viel zu wenig, aber hier vielleicht besser:
Sie drehte sich zu mir um, lächelte. Ich schreckte auf, riss meinen Blick wieder nach oben.

wo sich Ben und F-F umschlangen und Körperflüssigkeiten austauschten.
Das ist auch so ein abgenutzter Ausdruck.

Die Beule in meinem Schritt schwoll zu einer ungesunden Größe an, drückte gegen die Hose, wie ein Küken gegen die Eierschale.
Das ist so viel besser als „fürchterliches Folterinstrument“!

Jetzt grinste ich noch blöder, fand mich ziemlich witzig
Das ist alles sehr gut beobachtet, aber teilweise verwundert mich die Selbstkritik des Ich-Erzählers. Er weiß ganz genau, was blöd aussieht, und warum er das macht und jenes, und was er sich dabei denkt. Ist jetzt kein großes Problem, aber das muss man auch immer berücksichtigen, wenn es zu auktorial im Ich-Erzähler wird. Passiert dir hier allerdings nicht.

ihre Haut roch nach Deo und Sonnencreme, ihr Atem wie ein Pfefferminzkaugummi in einem Aschenbecher.
Mit Gerüchen hast du mich ja auch sofort im Text, und das hier ist schlichtweg genial, weil sie selbst nicht riecht in dem Moment, das billige Deo, die Sonnencreme, ich weiß nicht, ob Jessi sich tatsächlich Sonnencreme aufträgt als Prävention für Hautkrebs, usw., als Schutzverständnis einfach, sie ist eher so eine, die sich drei Mal am Tag die Haut eincremt, das würde auch passen zu der weichen Haut, die du ein Stückchen weiter vorne beschreibst, mit Sonnencreme wäre die ja eher fettig, also vielleicht bloß Hautcreme. Und der Atem … nein, man kann sich das richtig gut vorstellen und auch, dass so viel um einen Charakter herum ist, also die ganzen Geruchslügen, bevor der wahre Kern kommt – das Warm und das Nass.

Später setzt du das fort:

ich roch sie wieder, sie roch nach Zigaretten und Sonnencreme und Deo und Jessi
Dieses Mal ist sie dabei, ihr Eigengeruch. Sehr schön, auch wie du die Fäden, die du spinnst, im Laufe der Geschichte wieder aufnimmst, das ist etwas Gutes, das macht Geschichten rund!

wenn's draußen dunkel ist, sieht eine Kippe irgendwie fast wie ein Glühwürmchen aus. Ist dir das schon mal aufgefallen?
Zusammen mit dem leisen Selbstmitleid echt deep! Nein, ernsthaft, das ist alles stimmig.

wie ihr Loch da unten funktioniert
Das ist jetzt das Frauenverständnis von feirefiz‘ Hippiekacke. Muss es echt „funktionieren“ heißen. „wie ihr Loch da unten schmeckt“ oder „wie sich ihr Loch da unten anfühlt“ … Würde eher passen, finde ich.

Wir checkten den Park nach potentiellen Zivilbullen ab, ließen die Flasche kreisen, auch Jessi nippte jetzt mal.
Denkst du wirklich, dass das so ist, dass die sich sagen: Lass mal nach Bullen Ausschau halten, dann schauen sie rum, wie Erdmännchen, und dann ist wieder gut. Das ist doch so eine Grundangst, die immer da ist, die gucken immer wieder mal, sind vorsichtig, hier habe ich das Gefühl, dass sie das so demonstrativ in regelmäßigen Abständen machen, was ich irgendwie nicht realistisch finde.

Ich spürte, wie ich mich immer leichter, leerer, tauber fühlte.
Irgendwie lustig: Ich spürte, wie ich mich (…) fühlte. Warum nicht: Ich fühlte mich immer leichter, leerer, tauber.

Kurz bevor die Sonne die grauen Plattenbauten küsste und die Älteren aus der Mukkiebude kamen, von denen man immer nur slawische Wortfetzen und das Klimpern von Flaschen hörte, lagen wir auf der Tischtennisplatte, starrten in den Himmel und alles fühlte sich gut und warm und richtig an.
Stimmungsvolle Beschreibung, keine Frage, aber „die Älteren“ – das passt nicht so ganz. Lass dir da etwas anderes einfallen. Ich wette, du hast beim Schreiben schon darüber nachgedacht, was du da nehmen könntest.

meine Beine waren weich wie Gummi.
Wenn ich so etwas lese, dann springt mich das richtig an, aber im negativen Sinne, weil das so Allgemeinplätze sind, die kann man verwenden, wenn man keine eigenen Bilder schaffen kann, aber du hast ja ausgiebig bewiesen bisher, dass du das sehr wohl kannst. Ist auch irgendwie so eine Regel für mich geworden: keine inflationären Redewendungen, die haben einfach keine Wirkung mehr, die stehen halt da und als Leser weiß man, was man denken und fühlen soll, aber überraschen tust du damit niemanden.

Hätte ich geahnt, dass das unser letzter echter gemeinsamer Abend gewesen war, hätte ich ihn wohl nicht so enden lassen; aber ich war blind, und sah das Gewitter nicht kommen, obwohl es bereits nieselte.
Das ist ein schöner Kunstgriff, finde ich. Wenn etwas das letzte Mal passiert, fragt man sich, Warum? Und das ist zwar eine einfache, aber doch subtile und wirkungsvolle Art von Spannungsaufbau, schließlich will man wissen: Warum?

Sie sagte nichts, blickte mir bloß weiter in die Augen, ohne sich zu bewegen, und es war so, als ob sie durch meine Puppillen direkt in meinen Kopf hineinschauen könnte, in mein Gehirn, in meine Gedanken, in meine Seele.
Pupillen hast du hier falsch geschrieben.
Und ich weiß, ich bin der letzte, der dir das vorwerfen darf, aber als sie ihm in die Augen schaut, ins Gehirn, in die Gedanken – da dachte ich mir, lass es da enden, es ist gut, aber dann kam noch Seele und ich weiß nicht, bei mir schauen sich ständig irgendwelche Figuren in die Seele, aber ich denke, dass das hier nicht passt. Vielleicht schwächst du das ab.
„als ob sie durch meine Pupillen direkt in meinen Kopf hineinschauen könnte, in mein Gehirn, meine Gedanken, Gefühle.“ Das fände ich gut, aber nur eine Anregung, so wie alles nur eine Anregung.

Irgendwie glaubte ich in diesem Augenblick alles an ihr zu verstehen, und ich war mir sicher, dass auch sie alles an mir verstehen würde.
Das verstehe ich jetzt nicht. Sie schaut ihn doch an und taucht ein in ihn, aber doch nicht umgekehrt. Also, das passt dann nicht ganz, wenn er sie jetzt auch total versteht.

Da nahm sie meinen Kopf, riss ihn von sich weg, stieß mich um und ich fiel auf den Rücken.
Das ist klanglich nicht schön. „und ich fiel auf den Rücken“ – streich das doch! Umstoßen und das darauf folgende „sitzen“ macht klar, dass er umgefallen ist.

Ich hatte prophylaktisch ein Deo und ein paar Kaugummis im Müllhäuschen versteckt; also stopfte ich mir drei in den Mund, sprühte mich ein und tänzelte ein bisschen über den Vorhof, um den Duft einwirken zu lassen.
Bei seinem Rausch eine beachtenswerte Vorgehensweise!

Ich ging ein paar Schritte und wartete darauf, dass die immer gleiche Prozedur über mich ergehen würde;
Vorschlag: „übliche“ statt „immer gleiche“

und mich wütend in den Schlaf wichsen. Ich hasste die beiden, ich hasste alles an ihnen: ihre Gesichter, ihre Stimmen, die Art wie sie liefen und lachten, ich hasste es, dass sie mich anschauten und einen kleinen Jungen sahen, ich hasste es, dass sie mich nie nach den wirklich wichtigen Dingen fragten, mir nicht die Geheimnisse des Lebens verrieten, ich hasste es, dass wir immer bloß über unserem Mittagessen hingen und uns anschwiegen.
Wooh, das kam unerwartet, nach dem ganzen Spielchen um Jessi und den Alk jetzt diese krasse Auseinandersetzung mit den Eltern, also kein Streiten, aber solche Hassgefühle, kam einfach unerwartet. Verstehe auch gar nicht, warum das da steht. Ich hoffe nicht, bloß weil du die Jugendproblematik mit den Eltern mit reinbringen wolltest. Ein bisschen hat es den Anschein.

was man so alles mit seiner Nudel anstellen konnte, litt ich an einer neurotisch-pubertären Zwangsstörung, die Massen von Möchtegernmännern schon immer in den Irrsinn getrieben hat: chronische Geilheit. Manchmal verbrachte ich den lieben langen Tag im Bett und tat echt nichts anderes, als Mütze-Glatze zu spielen, ich konnte mich kaum zum Essen oder Pissen aufraffen, ohne mir in der Hose herumzufummeln.
Das fand ich billig. Und das „den lieben langen Tag“ – nee!

Zombie mit Hämorrhoiden
Wieso? – du musst dazu nichts sagen, ich fands einfach lustig!

Als ich mir in die Hand spuckte und anfing den Kleinen wachzuschütteln, dachte ich an Ben; ich meine, nicht falsch verstehen, aber dieses warm-und-nass-Ding ging mir nicht mehr aus dem Schädel; 'warm und nass?!'
Das klingt ja jetzt schon so, als würde mir der Ich-Erzähler gegenübersitzen und mir das erzählen. So nah hab ich ihn dann doch nicht eingeschätzt.
Vorschlag: Als ich mir in die Hand spuckte und anfing den Kleinen wachzuschütteln, dachte ich an Ben; dieses warm-und-nass-Ding ging mir nicht mehr aus dem Schädel; 'warm und nass?!'

kleinen Titten herumwackeln
Oxymoron

War sie gaga-plemm-plemm, oder ich ein beschissener Küsser, ein perverser Vierzehnjähriger, der die kleinen Girls begrapscht?
begrapschte?

Die Tür ging auf und ich zuckte zusammen, rutschte fast aus; er erschrak genauso, er riss die Augen auf, durchstach mich mit einem ungläubigen Blick, schien wohl kurz darauf zu warten, dass er aus einem beschissenen Albtraum aufwacht.
Ich stand da, paralysiert, das Adrenalin raste durch meinen Körper.
Schweigen. Das Plätschern des Wassers war das einzige Geräusch, das diese eklige Stille zu durchbrechen versuchte. Wir schauten uns weiter an. Niemand von uns beiden schien eine Idee zu haben, wie man sich aus dieser Situation am billigsten davonschummeln könnte.
Ehe ich etwas hätte sagen können, zog mein Vater die Augenbrauen hoch, warf mir so einen ach-was-machst-du-denn-da-Junge-Blick zu, seufzte, drehte sich um, nickte den Boden an und schloss die Tür hinter sich. Ich keuchte, drohte in den Fliesen zu versinken, sie waren Treibsand. Ein Schwall drückte mir im Hals, schoss nach oben, quoll mir aus dem Mund. Ich beugte mich vor, rülpste den Dreck heraus, erkannte die Whiskeynote; als ich fertig war, hob ich den Kopf, schaute in den Spiegel, sah mich an: Das war er also, sein Sohn, der mit den roten Augen und dem vollgekotzten Shirt, der mit dem Schwanz in der Hand und dem kleinen Freak in der Birne.
Da ist wieder dieses Effektheischende, einen Tick zu übertrieben einfach. Bis auf die fett markierte Stelle, die ist richtig gut!

Seine Mundwinkel zeigten weiterhin nach unten und die Kippe in seiner Hand glühte vor sich hin.
Das ist echt dumm, so etwas zu machen, aber was hältst du davon, wenn die Kippe in seinem Mund so aussieht, als würde er auf einem Glühwürmchen herumbeißen. Das ist auch gar nicht meine Idee, das ist ein Bild, was noch nachhallt von der Szene früher, ich fände das passend.

ihr Ausschnitt ging knapp bis über ihre Nippel und ihre Titten waren so verdammt groß, dass es aussah, als wollten sie von ihrem Körper wegspringen; solche Euter bei einer in unserem Alter zu sehen war genauso selten, wie ein Vierzehnjähriger mit Rasputinbart und Flugzeugführerschein.
Lässig!

„Was weiß ich, vielleicht hat sich die F-F endlich mal das Fett umsaugen lassen.“
Hehe, weiß nicht, ob „umsaugen“ das richtige Wort ist.

eigentlich hätte mein Schwanz schon lange gegen seine Gitterstäbe rütteln müssen
Falsch: Man rüttelt nicht gegen die Gitterstäbe. Man klopft gegen die Gitterstäbe oder man rüttelt an den Gitterstäbe, aber so wie es dasteht, ist es falsch.

„Das is' die Mel, Freundin von der Franzi.“
„Das is' die Mel, ne Freundin von der Franzi.“ – liest sich besser.

sie hatte graue, nichtssagende Augen, genauso grau und nichtssagend wie der Kieselweg oder eine Betonmauer.
Das ist jetzt interessant, weil er Jessis Augen als zwei leere Becher beschrieben hat, in denen aber doch mehr war, Augen scheinen für ihn echt wichtig zu sein. Einen Verbesserungsvorschlag hab ich hier: „genauso grau und nichtssagend wie ein Kieselweg oder eine Betonmauer“ – oder meint er genau den Kieselweg, auf dem sie kichernd und ein bisschen betrunken gegangen sind? Also einfach einen unbestimmten Artikel.

war von Wurm zu Kobra mutiert und pulsierte jetzt in die Arschbacken von dieser Mel hinein.
Oh man …

er war ein Zellhaufen mit zu viel Schminke; das Gerüst war immer noch leer.
Einfach gut, stört dich das, wenn ich die Sachen ständig rauspicke?

irgendwann ging mir ein kleiner ab, ich war mir nicht ganz sicher, auf jeden Fall klebte da was in der Hose.
Wieder: Oh man …

und in Sachen küssen war ich ja mittlerweile auch bewandert
Küssen groß?

Ich wusste nicht was ich sagen sollte, nickte immer bloß, hätte gerne mitgeheult, aber ich konnte nicht, da brannte zu viel Wut in meinem Bauch.
Hat mir auch sehr gut gefallen!

da fühlte ich das Glas bei meiner Rechten, ich griff zu, streckte ihm die halbe Flasche entgegen; er kam zu schnell herunter, stieß einen fürchterlichen grellen Schrei aus, ich spürte das warme Blut auf mich spritzen. Er zog den Kopf nach oben und riss mir so das Glas aus der Hand, er schrie noch ein paar Mal, wurde immer stiller und blieb schließlich regungslos liegen, Teile der Flasche ragten noch aus seinem Gesicht.
Deine Kampfchoreographie ist nicht perfekt. Und es liegt nicht an meinem Namen, aber Glas und Flasche sind etwas total Unterschiedliches. Das kannst du nicht synonym verwenden.

Ich atmete schwer, der Sauerstoff befriedigte mich nicht, ich hyperventilierte
„der Sauerstoff befriedigte mich nicht“ klingt sehr umständlich, und Hyperventilation bedeutet eine über den Bedarf gesteigerte Lungenbelüftung, man atmet sehr schnell und mit sehr kleinem Atemzugvolumen, aber das widerspricht sich mit der schweren Atmung, das ist, wenn man nicht atmen kann, beispielsweise, wenn man mit dem Rücken aus mittlerer Höhe fällt und kurze Zeit das Gefühl hat, gar nicht atmen zu können. An dem Satz musst du etwas ändern, musst du dich entscheiden.

Ich hörte ihr Fahrrad quietschen, stand auf, versuchte ihr Gesicht zu lesen, aber es war zu dunkel. Sie stieg ab, blieb vor mir stehen und sah mich an.
An und für sich schön, „ihr Gesicht lesen“, aber hier würde ich „stand auf, suchte nach ihrem Gesicht, aber es war zu dunkel“ schreiben, auch weil ich nicht verstehe, was Gesichtlesen hier bedeutet.


Ich nickte, sog die frische Waldluft in meine Nasenlöcher.
Spätestens jetzt wirst du mich hassen: sog die frische Waldluft durch meine Nasenlöcher.

Ich ließ mich an der Eiche nach unten gleiten, auf das nasse Moos, alles tat mir weh; was passiert war kam mir wie ein schlechter Albtraum vor, es ist nie passiert, der Schnaps brannte mir im Hals. Sie setzte sich neben mich.
… was passiert war, kam mir …

Ich wusste nichts mehr: nicht was falsch war und nicht was richtig war. Ich fühlte mich verloren.
nicht, was falsch war …
und nicht, was richtig war

„Ich versteh' dich“, sagte ich, „wirklich. Irgendwie versteh ich dich.“
„Nimmst du mich mal in den Arm?“
„Echt?“
„Ja.“
Manchmal ist er echt dumm.

„Naja, davor, dass mich eine da unten anfasst. Du weißt schon. Ich meine, ich will das ja und so, aber irgendwie hab' ich auch Schiss davor. Dass es weh tut, oder so.“
Ähm, okay – manche sind grob und zupfen da rum als wäre das ein Dildo aus Plastik, aber … Hat man als 14jähriger echt Angst, dass das weh tut???

Dann küssten wir uns und später setzte sie sich auf mich, ich spürte ihre warme, weiche Haut und wir ließen einander nicht los.
Und du sagst, du bist kein Romantiker! Ich mag‘s trotzdem.

Ben hatte recht: Es war warm und nass, aber es war viel mehr, es durchzog meinen ganzen Körper, ließ mich einen Meter über dem Boden schweben.
Verdammt! Da hast du mich enttäuscht. Ben hatte recht: Es war warm und nass, aber es war (so) viel mehr. Die Anlehnung an den Titel deiner Erzählung und dann schwebt er einen Meter über den Boden … pfff, da muss viel mehr kommen, finde ich, das ist es doch, was am Ende entscheidet, dass es nicht nur warm und nass ist, dass es viel mehr ist, und das musst du beschreiben, da musst du dir mehr Mühe geben! Notfalls streichst du „es durchzog meinen ganzen Körper, ließ mich einen Meter über dem Boden schweben.“ – und lässt es mit „aber es war so viel mehr“ enden, aber so wie es dasteht, war es enttäuschend für mich.

Meine Eltern waren nicht sauer. Ich glaube sie waren einfach nur froh darüber, dass ich wieder bei ihnen war.
Komma: Ich glaube, sie waren …

Was, wenn ich den Alten umgebracht habe?
Dass du ihn so oft „Alter“ nennst, hat mich ein bisschen irritiert. Immerhin ist er doch ein guter Freund gewesen und irgendwo wird er das auch bleiben, aber so respektlos, naja, was, wenn der Alte jetzt hin ist?


Mein großer Kritikpunkt soll die Elternhassszene sein. Da übertreibst du. Ich habe schon was dazu geschrieben weiter oben, aber Mutter und Vater sind Figuren, die du aus dem Klischeeregal genommen hast, das würde ich viel subtiler gestalten, damit das am Ende trotzdem klappt. Er muss seine Eltern doch nicht hassen. Er kann ihre Gesichter und ihre Kleidung doof finden, aber hassen? Ich mochte diese Heranführung am Ende, als er seinen Eltern alles erzählt hat, aber um das vorzubereiten, musst du nicht so sehr sagen, wie sehr er sie hasst. Außerdem scheint es mir auch nicht zu passen, dass der Vater vorm TV schnarcht und nur TV guckt, usw. Du hast doch da einen Kontrast aufgebaut zwischen den Betonbauten und den einzelnen Häusern, lass den Vater doch ständig arbeiten, die Mutter Serien gucken und mit Freundinnen reden, schon zeigen, dass die Eltern ihn vernachlässigen. „Dass mich ansahen und einen kleinen jungen sahen“ – das ist die beste Stelle in dieser Szene und darum würde ich das bauen.

Wenn du das mit den Eltern noch etwas besser machst, habe ich da fast nichts auszusetzen, ich hab den Figuren gespannt zugeschaut, es war spannend, die vielen Beobachtungen waren interessant, lustig, anregend, teilweise ausgefallen bis pervers, aber alles in einer guten Mischung. Sprachlich war das auch sehr angenehm, aber nicht konsequent, hab dir ja bisschen was dazu geschrieben, aber bis auf ein paar Patzer schon ziemlich souverän. Versuche dich beim nächsten Mal, mehr auf deine Bildgewalt und weniger auf die vorgefertigten Effektformulierungen zu verlassen, du wirst sehen, dass das auch ohne die geht.

Sehr gerne gelesen, gehört auf jeden Fall zu den gelungensten Werken dieser Challenge! Ich hoffe, ich konnte dir noch was Neues dazu sagen.

Beste Grüße
markus.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Markus,

erstmal echt vielen Dank für deine detailreiche Kritik, wirklich, das hat bestimmt eine Menge Arbeit gemacht. Schaut jedenfalls danach aus; und das rechne ich dir hoch an. Du hast ein sehr scharfes Auge, was Formulierungen angeht, und du fragtest mich:

Ich verirre mich gerne in Kleinkram, aber zu den großen Dingen zu deiner Geschichte wurde schon einiges gesagt und vielleicht kann ich dir ein bisschen ne andere Sicht auf deine Zeilen bieten. Wenn nicht, sag einfach, dann lasse ich das Kleinsticheln bei der nächsten Geschichte.
Auf keinen Fall! Ich kann das echt nicht von dir erwarten, dass du meine Storys so detailliert kommentierst, aber wenn du das gerne machst, bin ich dir sehr sehr dankbar und ich freue mich natürlich auch sehr darüber, weil dein scharfer Blick mich einfach weiterbringt und mir Sachen zeigt, die ich sonst bestimmt übersehen hätte, oder die mir so nicht aufgefallen sind. Also: Wenn du gerne so detailreich kommentierst, ich freue mich darüber!

mit einer umgekehrten Chronologie lockst du uns ins Geschehen und das ist schon geschickt gemacht, auch wenn SAMSTAG FREITAG SAMSTAG eine abgefahrene Variante ist, mit der Zeit zu spielen, weil es nicht wie ein Rückblick aussieht im ersten Moment. Jedenfalls fragt man sich dann, ist der jetzt wegen der Tankstellensache geflohen, aber das kann es nicht sein und die Frage bleibt und wird ganz geschickt man Ende aufgelöst, ich finde, du hast da echt ein starkes Stück vorgelegt, die Figuren sind sehr plastisch, fassbar, alles, was sie tun, ist nachvollziehbar, man leidet mit ihnen mit, schüttelt an vielen Stellen den Kopf, aber das ist okay, und am Ende ist es doch eine kleine Liebesgeschichte.
Vielen Dank für deine lobenden Worte, wirklich, das hat mich sehr gefreut, auch von wegen plastischen Figuren und Nachvollziehbarkeit und so.
Zu der umgekehrten Chronologie: Ich hatte die Story anfangs in einem chronologisch ablaufenden Stück schreiben wollen, hatte dann aber irgendwie Schiss, dass ich viele Leser aufgrund der Länge irgendwo in der Mitte verliere - dann habe ich meine Trickkiste rausgeholt und versucht, so Spannung aufzubauen, weil die Frage, was passiert, wieso alles auseinanderbricht, schwirrt einem ja irgendwie die ganze Zeit über im Text. Freut mich, dass das auch bei dir funktioniert hat!

Dein Ende, diese Zersplitterung ist in Ordnung, auch, weil Jessi schon etwas vorher sagt, dass man sich vielleicht nicht mehr so oft sieht – dieses „Vergiss mich nicht“ – das war stark und zum Glück gibt es kein Happy End, so ein ganz sanftes Hinübergleiten in eine andere Zeit.
Freut mich, dass das Ende für dich klappt! Ich bin übrigens auch kein großer Freund von Happy Ends. Ich meine, wenn es mal gut passt, warum nicht ... aber das wäre mir zu billig gewesen, etwas zu schreiben, wie: Und dann saßen sie wieder im Park, und wenn sie nicht gestorben sind, sitzen sie da heute noch zusammen und Nico hat Jessi geheiratet ... Das ist doch scheiße. Im wahren Leben läuft das eben anders ab, gerade in so einer Zeit.

Ich frage mich, warum seine Tat ohne Konsequenzen bleibt, vielleicht weil er Minderjährig ist, aber das ist so eine kleine Sache.
Mhm, im letzten Satz unter Freitag wird erwähnt, dass er vierzehn ist - das ist gerade das Alter, wo man strafmündig ist. Ich hatte bis vor einer Woche oder so noch einen kleinen Satz von wegen Polizei und sowas drin stehen, aber fand das dann irgendwie nicht mehr passend ... sagen wir's so: Ich hätte die Polizeistory da jetzt too much gefunden, der alte Lötzsch kommt ja in den Knast, also wird er irgendwie angezeigt ... und was der Prot damit zu tun hat - das ist der Fantasie des Lesers irgendwie überlassen. Ich meine, so nach Bauchgefühl, könnte das unter Notwehr durchgehen, keine Ahnung.

Zu deinen Anmerkungen: Ich habe viele davon umgesetzt, und ich bin dir ehrlich sehr sehr dankbar für diese Anmerkungen, hab ich ja schon erwähnt, das ist eben sowas, was meinen Blick schärft, und weswegen ich so gerne Texte hier hochlade. Ich werde jetzt nicht zu jedem deiner Anmerkungen etwas sagen, aber bitte glaube mir, ich habe mir zu jedem Punkt Gedanken gemacht, und wie gesagt auch vieles umgesetzt. Bei manchen Punkten bin ich mir noch sehr unschlüssig, da muss ich deine Verbesserungsvorschläge nochmal paar Tage sacken lassen, um einen objektiveren Blick darauf kriegen zu können, ich hoffe du verstehst das.

Du schreibst gut, aber für mein Empfinden einen Tick zu effektheischend. Hier könntest du zumindest das menschliche Geschoss rausnehmen, weil ein Pfeil schon ein starkes Bild ist, und auch, weil es ein bisschen übertrieben klingt.
Da hat's mich wohl am Anfang etwas geritten. Gerade, weil ich's spannend schreiben wollte, dass man neugierig wird ... ich habe es runtergefahren, da hast du schon recht.

Als die Straße erdig wurde und sich hunderte Baumwurzeln durch sie fraßen,
Es wirkt einfach ein bisschen überspitzt. Vielleicht: und sich immer mehr Baumwurzeln durch sie fraßen …
Mit dem Satz konnte ich auch nicht so wirklich. Deinen Vorschlag finde ich gut.

Aber es war egal, alles war egal; nichts würde mehr so sein, wie es einmal war, da lastete etwas auf meinen Schultern, das mich erdrückte, erstickte.
Es ist schon szenisch geschrieben, auch, wie das Blätterdach ihm winkt, das finde ich schön, aber dieses „erdrückte, erstickte“ ist mir einfach zu sehr wirkungsorientiert, da machst du es dir leicht, indem du Wörter hinschreibst, von denen du genau weißt, wie sie beim Leser wirken. Und dann noch eine kleine Logikfrage: Wenn etwas auf der Schulter lastet, ist das zwar nicht angenehm, aber erstickt man davon? Das müsste schon schwer genug sein, um das Skelett einzudrücken, den Ich-Erzähler zu zerquetschen, und bei so einem Bild frage ich mich, was um Himmels willen, da lastet.
Ja, du hast recht. Ich werde es abändern; ich sehe gerade, du wirst Mediziner, jetzt weiß ich auch, warum du mich so oft bei körperlichen Beschreibungen erwischt hast :D

ich dachte früher immer, dass man es merkt, wenn man irgendwo falsch abbiegt, auf der falschen Seite der Autobahn fährt.
Würde den letzten Teil streichen.
Finde ich gut, werde ich streichen; Novak dachte lustigerweise an der Stelle, die Story wird von einem Autorennen handeln, fällt mir gerade ein. Hat sie wohl auch verwirrt, die Metapher.

Ben und Seppi und Jessi
Seppi ist ein sehr ausgefallener Name, gefällt mir. Jessi mochte ich gar nicht. Das ist freilich nur Geschmacksfrage. Ich würde mein Kind nicht so nennen, selbst wenn ich so viele Kinder habe, dass mir fast kein anderer Name mehr übrig bleibt. Heißen halt zwei Michael.
:D Aber irgendwie passt er zu dem Mädchen, dachte ich mir. Und auch zu dem Elternhaus, aus dem sie kommt; die würden ihre Tochter Jessi nennen, fand ich.

Ich erinnerte mich daran, wie sie mir gestern in die Augen gesehen hatte, so tief wie noch niemand zuvor, alles hatte gekribbelt
Vielleicht ein kleiner Vorschlag: Das „Erinnern“ weg: Wie sie mir gestern in die Augen gesehen hatte, so tief wie noch niemand zuvor, alles hatte gekribbelt. Bei mir würde es ohne dem „Erinnern“ funktionieren.
Jo, das ist eine gute Idee, macht die Sache auf jeden Fall dichter!


sie war die einzige, mit der ich mich jetzt besser fühlen würde, die einzige, die mich verstand, die mich von dieser Last freisprechen könnte.
Wortwahl: befreien statt freisprechen
Du hast recht. Das war's, was ich meinte!

Er war nervös, ich spürte es
Das fand ich komisch, warum schreibst du hier, dass er es spürt. Weil man sonst Nervosität sieht? Aber wie spürt man Nervosität? Also spüren, ohne ein visuelles oder akustisches Signal? Er war nervös. (Der Ich-Erzähler hat das wahrgenommen, wie, ist nicht so entscheidend hier, vor allem, weil nicht klar wird, wie das Spüren funktioniert, oder weil es total klar ist.)
Ja, stimmt. Man spürt Nervösität ja als ein Resultat von optischen und akkustischen Einflüssen, die man von der Person wahrnimmt. Ich eiß gerade auch nicht, was ich davon halten soll; es geht ja dann so weiter:

Er war nervös, ich spürte es; er blinzelte immer wieder an mir vorbei, nach hinten, dort wo Ben und Seppi sich gerade herumdrückten.

Da kommt ja eigentlich raus, dass er die Nervösität an den Blick des Tankwarts spürt; mhm. Ich finde es halt irgendwie schon wichtig, dass gesagt wird, dass der Prot die Nervösität bewusst wahrnimmt, weil das irgendwie schon Spannung bringt, finde ich, man fiebert bissle mit. Ich überlegs mir mal.

An dieser Stelle kann ich dir verraten, dass ich den Titel deiner Geschichte echt gut finde. Das ist so eine plumpe Beschreibung, aber irgendwie stimmt es. Ein bisschen entzaubernd auch.
:) Habe den Titel ganz am Anfang als Arbeitstitel benutzt, dann hatte er zwischendurch dreitausend andere Titel, habe mir echt den Kopf zerbrochen, bis ich dann doch wieder den hier nahm ... heieiei. So als belanglose Info für dich!

Die Sonne hing hoch oben am Himmel und schüttete ihre gelbe Magie über alles; über die Wiese, den Spielplatz, das Klettergerüst, über uns.
Gefiel mir auch, ich hätte vermutlich „kleckerte ihre gelbe Magie über alles“, aber auch mit dem schütten ist das die chilligste Sonnenbeschreibung, die ich je gelesen habe. Die hängt halt da oben und schüttet Magie herab, das ist ihr Job, sie macht ihn nicht gern, aber sie macht ihn.
Yeah! Ich stehe irgendwie auf so Wetterbeschreibungen, da wird man immer schön ins Szenario gezogen. Finde ich geil, dass dir das so zusagt!

Ich schaute wieder zum Gerüst und sah, wie Jessi sich zu uns umdrehte, lächelte, winkte. Ich hob reflexartig den Arm, beobachtete, wie sie in den Sand sprang und zu uns herüberschlenderte.
Also ist die reflexartige Armbewegung jetzt das Winken, oder meldet er sich?
Hehe. Lustig dass du das fragst. Ich habe mir beim Schreiben vorgestellt, dass sich der Prot da selbst nicht entscheiden kann. So ein Zwischending hatte ich vor Augen, halb winkewinke, halb einfach nur Arm heben.

Ich beobachtete ihren Gang und versuchte mir vorzustellen, wie Jessi wohl nackt aussehen würde; ich fragte mich, ob ihre kleinen Titten dann noch kleiner wären, so ganz ohne T-Shirt und BH außenrum; und was würde eigentlich passieren, wenn ich ihr jetzt sofort, ohne Vorwarnung, meinen Finger in ihre Fotze reinstecken würde, fragte ich mich, ist das dann auch warm und nass, oder braucht das da unten eine Aufwärmphase, wie ein Zigarettenanzünder im Auto, oder so?
Alter, zigga, das ist echt ne richtig starke Stelle. Frech, sympathisch, auch so eine verrückte Logik, gefällt mir richtig gut!
:D


wo sich Ben und F-F umschlangen und Körperflüssigkeiten austauschten.
Das ist auch so ein abgenutzter Ausdruck.
Stimmt schon. Ich lass mir was anderes einfallen.

Jetzt grinste ich noch blöder, fand mich ziemlich witzig
Das ist alles sehr gut beobachtet, aber teilweise verwundert mich die Selbstkritik des Ich-Erzählers. Er weiß ganz genau, was blöd aussieht, und warum er das macht und jenes, und was er sich dabei denkt. Ist jetzt kein großes Problem, aber das muss man auch immer berücksichtigen, wenn es zu auktorial im Ich-Erzähler wird. Passiert dir hier allerdings nicht.
Gut beobachtet. Stimmt schon, ab und zu kratzt das am Rand zum auktorialen Erzählstil; aber gerade diese Selbstkritik finde ich unterhaltend, deswegen könnte ich mich nicht davon trennen. Aber willst du mir ja auch gar nicht nahelegen. Hatte in einer früheren Fassung mir Gedacht, dass könnte so eine Erzählung von einem Älteren Typen sein, der über seine Jugend erzählt; wahrscheinlich sind das noch kleine Überbleibsel davon. Aber ich werde diese Anmerkung im Hinterkopf behalten.

ihre Haut roch nach Deo und Sonnencreme, ihr Atem wie ein Pfefferminzkaugummi in einem Aschenbecher.
Mit Gerüchen hast du mich ja auch sofort im Text, und das hier ist schlichtweg genial, weil sie selbst nicht riecht in dem Moment, das billige Deo, die Sonnencreme, ich weiß nicht, ob Jessi sich tatsächlich Sonnencreme aufträgt als Prävention für Hautkrebs, usw., als Schutzverständnis einfach, sie ist eher so eine, die sich drei Mal am Tag die Haut eincremt, das würde auch passen zu der weichen Haut, die du ein Stückchen weiter vorne beschreibst, mit Sonnencreme wäre die ja eher fettig, also vielleicht bloß Hautcreme. Und der Atem … nein, man kann sich das richtig gut vorstellen und auch, dass so viel um einen Charakter herum ist, also die ganzen Geruchslügen, bevor der wahre Kern kommt – das Warm und das Nass.
Später setzt du das fort:
ich roch sie wieder, sie roch nach Zigaretten und Sonnencreme und Deo und Jessi
Dieses Mal ist sie dabei, ihr Eigengeruch. Sehr schön, auch wie du die Fäden, die du spinnst, im Laufe der Geschichte wieder aufnimmst, das ist etwas Gutes, das macht Geschichten rund!
Toll, was du da alles reininterpretierst, so tief hatte ich die Bedeutung von Sonnencreme gar nicht weitergedacht, als ich das geschrieben habe; aber vielleicht ist ja wirklich was dran. Ob die Haut dann fettig ist, mhm, weiß nicht, kann schon sein, aber wenn das Zeug eingewirkt ist, ist sie ja auch weich, oder?

wie ihr Loch da unten funktioniert
Das ist jetzt das Frauenverständnis von feirefiz‘ Hippiekacke. Muss es echt „funktionieren“ heißen. „wie ihr Loch da unten schmeckt“ oder „wie sich ihr Loch da unten anfühlt“ … Würde eher passen, finde ich.
anfühlt finde ich gut, aber das war in meinen Augen noch so ein Überbleibsel von der Frage, ob ihr Ding wie ein Zigarettenanzünder im Auto funktioniert, mit Anlaufzeit und so, du weißt schon, jetzt will er das nicht mehr wissen, er fühlt sich jetzt nicht mehr so hingezogen, wie in der Szene, als er sich das fragte. Das wollte ich damit sagen. Deswegen hatte ich das funktioniert gewählt. Aber danke für die Anmerkung, würde sich sonst echt besser lesen.

Wir checkten den Park nach potentiellen Zivilbullen ab, ließen die Flasche kreisen, auch Jessi nippte jetzt mal.
Denkst du wirklich, dass das so ist, dass die sich sagen: Lass mal nach Bullen Ausschau halten, dann schauen sie rum, wie Erdmännchen, und dann ist wieder gut. Das ist doch so eine Grundangst, die immer da ist, die gucken immer wieder mal, sind vorsichtig, hier habe ich das Gefühl, dass sie das so demonstrativ in regelmäßigen Abständen machen, was ich irgendwie nicht realistisch finde.
Irgendwie kann ich mir das schon vorstellen, dass sich die Kids kurz umschauen, ob jemand kommt, dann die Flasche durchgeben und schnell wieder verschwinden lassen, hinter der Bank, oder in der Tasche. Klar, diese Grundangst schwingt mit, stimmt schon, aber solange die Flasche versteckt ist, ist diese Angst bisschen kleiner, kann ich mir vorstellen.

Ich spürte, wie ich mich immer leichter, leerer, tauber fühlte.
Irgendwie lustig: Ich spürte, wie ich mich (…) fühlte. Warum nicht: Ich fühlte mich immer leichter, leerer, tauber.
Nicht schlecht, ist mir gar nicht aufgefallen, das Redundante, obwohl hundert Mal drübergelesen. Hatte mir halt so eine Art Selbstwahrnehmung vorgestellt, wenn du weißt, was ich meine; so ein: Okay, ich habe was getrunken, und jetzt habe ich ein taubes Gesicht, scheiße. Werd's mal überdenken.

Kurz bevor die Sonne die grauen Plattenbauten küsste und die Älteren aus der Mukkiebude kamen, von denen man immer nur slawische Wortfetzen und das Klimpern von Flaschen hörte, lagen wir auf der Tischtennisplatte, starrten in den Himmel und alles fühlte sich gut und warm und richtig an.
Stimmungsvolle Beschreibung, keine Frage, aber „die Älteren“ – das passt nicht so ganz. Lass dir da etwas anderes einfallen. Ich wette, du hast beim Schreiben schon darüber nachgedacht, was du da nehmen könntest.
Krass, ja. Hatte tatsächlich lange darüber gegrübelt, wie ich die nennen soll. Ich denke nochmal weiter.

meine Beine waren weich wie Gummi.
Wenn ich so etwas lese, dann springt mich das richtig an, aber im negativen Sinne
Ich kann den Vergleich auch nicht leiden, ich bin da wie du, ich sträube mich vor so abgenutzten Floskeln, aber das geht leider nicht immer ... vor zwei Wochen stand da noch: wie Gummistangen, und das fand ich noch schlimmer. Mir ist da irgendwie einfach nichts Geiles eingefallen bis jetzt, ich schreibe mir mal ein Post-It und zerbreche mir den Schädel. Echt jetzt.

Und ich weiß, ich bin der letzte, der dir das vorwerfen darf, aber als sie ihm in die Augen schaut, ins Gehirn, in die Gedanken – da dachte ich mir, lass es da enden, es ist gut, aber dann kam noch Seele und ich weiß nicht, bei mir schauen sich ständig irgendwelche Figuren in die Seele, aber ich denke, dass das hier nicht passt. Vielleicht schwächst du das ab.
Ja. Bei diesen ganzen schnulzigen Szenen bin ich mir eh sau unsicher. Ich denke mir da immer: Alter, das ist einfach too much. Und dann lese ich's und denke: Nee, das ist total unsensibel, setz noch einen drauf. Hier war es wohl eins zu viel, ich nehme dir das gerne ab.

Irgendwie glaubte ich in diesem Augenblick alles an ihr zu verstehen, und ich war mir sicher, dass auch sie alles an mir verstehen würde.
Das verstehe ich jetzt nicht. Sie schaut ihn doch an und taucht ein in ihn, aber doch nicht umgekehrt. Also, das passt dann nicht ganz, wenn er sie jetzt auch total versteht.
Irgendwie mag ich den. Er ist sich in dieser Szene noch sicher, alles an ihr zu verstehen; das wird sich als falsch herausstellen. Weil er sie dann küsst, und das total falsch eingeschätzt hat. Deswegen mag ich das Ding hier.

und mich wütend in den Schlaf wichsen. Ich hasste die beiden, ich hasste alles an ihnen: ihre Gesichter, ihre Stimmen, die Art wie sie liefen und lachten, ich hasste es, dass sie mich anschauten und einen kleinen Jungen sahen, ich hasste es, dass sie mich nie nach den wirklich wichtigen Dingen fragten, mir nicht die Geheimnisse des Lebens verrieten, ich hasste es, dass wir immer bloß über unserem Mittagessen hingen und uns anschwiegen.
Wooh, das kam unerwartet, nach dem ganzen Spielchen um Jessi und den Alk jetzt diese krasse Auseinandersetzung mit den Eltern, also kein Streiten, aber solche Hassgefühle, kam einfach unerwartet. Verstehe auch gar nicht, warum das da steht. Ich hoffe nicht, bloß weil du die Jugendproblematik mit den Eltern mit reinbringen wolltest. Ein bisschen hat es den Anschein.
Ja fuck. Ich war echt froh, dass das von niemandem bemängelt wurde, weil ich ziemlich schiss hatte, dass das hier wie angeklebt erscheint. Ich hatte ursprünglich eine riesige Elternstory schreiben wollen, habe dann aber relativ schnell gemerkt, dass das total vom roten Faden weggehen würde, und hab's dann hier nur kurz angekratzt; aber das geht dir schon zu weit weg. Kein Plan. Ich werde man darüber nachdenken, aber ich denke nicht, dass ich das jetzt noch wegstreichen kann oder so, gerade, weil die Eltern später nochmal auftauchen. Ich wollte nicht billig eine Elternproblematik reinbringen, aber gerade für einen jugendlichen Prot fand ich es sehr wichtig, sein Elternhaus zu beleuchten, weil das ja schon verdammt prägend ist in dieser Zeit; gegen was man sich auflehnt, was für Vorstellungen man von allem hat, und so, du weißt schon. Deswegen hab ich's reingebracht.

was man so alles mit seiner Nudel anstellen konnte, litt ich an einer neurotisch-pubertären Zwangsstörung, die Massen von Möchtegernmännern schon immer in den Irrsinn getrieben hat: chronische Geilheit. Manchmal verbrachte ich den lieben langen Tag im Bett und tat echt nichts anderes, als Mütze-Glatze zu spielen, ich konnte mich kaum zum Essen oder Pissen aufraffen, ohne mir in der Hose herumzufummeln.
Das fand ich billig. Und das „den lieben langen Tag“ – nee!
Jo, aber irgendwie finde ich das einfach ehrlich. Vielleicht ist dir die Schreibart zu billig, ich weiß es nicht, aber ich fand es wichtig, auch so eine Szene aus der Welt eines Vierzehnjährigen zu beleuchten, so ganz ungeschminkt und ungeschönt.

Zombie mit Hämorrhoiden
Wieso? – du musst dazu nichts sagen, ich fands einfach lustig!
:D Weiß auch nicht, was ich dazu sagen soll, wenn ich ehrlich bin; aber solange du es lustig fandest, hat es seinen Zweck ja erfüllt.

Als ich mir in die Hand spuckte und anfing den Kleinen wachzuschütteln, dachte ich an Ben; ich meine, nicht falsch verstehen, aber dieses warm-und-nass-Ding ging mir nicht mehr aus dem Schädel; 'warm und nass?!'
Das klingt ja jetzt schon so, als würde mir der Ich-Erzähler gegenübersitzen und mir das erzählen. So nah hab ich ihn dann doch nicht eingeschätzt.
Jo, wie gesagt, es gab eine bisschen andere Fassung, wo so aus der Zukunft erzählt werden sollte, das ist wohl noch ein fälschlicher Überbleibsel, ist mir gar nicht aufgefallen, danke für den Hinweis.

War sie gaga-plemm-plemm, oder ich ein beschissener Küsser, ein perverser Vierzehnjähriger, der die kleinen Girls begrapscht?
begrapschte?
Boah, bin mir da auch überhaupt nicht sicher. Gegenwart oder Vergangenheit?

Die Tür ging auf und ich zuckte zusammen, rutschte fast aus; [...]Das war er also, sein Sohn, der mit den roten Augen und dem vollgekotzten Shirt, der mit dem Schwanz in der Hand und dem kleinen Freak in der Birne.
Da ist wieder dieses Effektheischende, einen Tick zu übertrieben einfach. Bis auf die fett markierte Stelle, die ist richtig gut!
Mhm ja, ich werde es mir für folgende Storys auf jeden Fall merken. Aber diese Stelle, weiß auch nicht, ich finde so kleine Höhepunkte in einer längeren Geschichte schon wichtig, sonst habe ich immer ziemlich Muffe, dass der Text vor sich hinplätschert.

Seine Mundwinkel zeigten weiterhin nach unten und die Kippe in seiner Hand glühte vor sich hin.
Das ist echt dumm, so etwas zu machen, aber was hältst du davon, wenn die Kippe in seinem Mund so aussieht, als würde er auf einem Glühwürmchen herumbeißen. Das ist auch gar nicht meine Idee, das ist ein Bild, was noch nachhallt von der Szene früher, ich fände das passend.
Weiß jetzt auch nicht genau, was du dumm findest: den alten Lötzsch, das Flaschenklauen, oder die Ausdrucksweise? Ist eine nette Idee, wäre sehr metaphorisch, ich denke mal drüber nach!

„Was weiß ich, vielleicht hat sich die F-F endlich mal das Fett umsaugen lassen.“
Hehe, weiß nicht, ob „umsaugen“ das richtige Wort ist.
Da sind schon einige drüber gestolpert. Manche haben's dann verstanden: Ich meine, diese Mel hat riesige Brüste, und F-F ist einfach nur dick. Und umsaugen, dann im Sinne von Bauch nach Brust, du weißt schon. Dummer Scherz, aber ich könnte mir die beiden so beim Rumblödeln vorstellen

eigentlich hätte mein Schwanz schon lange gegen seine Gitterstäbe rütteln müssen
Falsch: Man rüttelt nicht gegen die Gitterstäbe. Man klopft gegen die Gitterstäbe oder man rüttelt an den Gitterstäbe, aber so wie es dasteht, ist es falsch.
Stimmt!

sie hatte graue, nichtssagende Augen, genauso grau und nichtssagend wie der Kieselweg oder eine Betonmauer.
Das ist jetzt interessant, weil er Jessis Augen als zwei leere Becher beschrieben hat, in denen aber doch mehr war, Augen scheinen für ihn echt wichtig zu sein. Einen Verbesserungsvorschlag hab ich hier: „genauso grau und nichtssagend wie ein Kieselweg oder eine Betonmauer“ – oder meint er genau den Kieselweg, auf dem sie kichernd und ein bisschen betrunken gegangen sind? Also einfach einen unbestimmten Artikel.
Ui, nette Deutung, aber ich glaube da hast du dich verlesen: die Becheraugen gehörten zu F-F. Ja, mit Kieselweg ist der Weg gemeint, der an der Bank vorbeiführt, das wird irgendwo mal erwähnt, glaube ich. Und auf diesem Weg stehen sie ja gerade; weiß nicht, ob das so gut rübergekommen ist

er war ein Zellhaufen mit zu viel Schminke; das Gerüst war immer noch leer.
Einfach gut, stört dich das, wenn ich die Sachen ständig rauspicke?
Wie gesagt, überhaupt nicht! Finde das eine sehr hilfreiche und angehme Art zu reflektieren.

Deine Kampfchoreographie ist nicht perfekt. Und es liegt nicht an meinem Namen, aber Glas und Flasche sind etwas total Unterschiedliches. Das kannst du nicht synonym verwenden.
Habe es ausgebessert.

Ich atmete schwer, der Sauerstoff befriedigte mich nicht, ich hyperventilierte
„der Sauerstoff befriedigte mich nicht“ klingt sehr umständlich, und Hyperventilation bedeutet eine über den Bedarf gesteigerte Lungenbelüftung, man atmet sehr schnell und mit sehr kleinem Atemzugvolumen, aber das widerspricht sich mit der schweren Atmung, das ist, wenn man nicht atmen kann, beispielsweise, wenn man mit dem Rücken aus mittlerer Höhe fällt und kurze Zeit das Gefühl hat, gar nicht atmen zu können. An dem Satz musst du etwas ändern, musst du dich entscheiden.
Hast mich erwischt. In dem Bereich hast du sicherlich mehr Ahnung als ich, deswegen übernehme ich das einfach mal.

Ich nickte, sog die frische Waldluft in meine Nasenlöcher.
Spätestens jetzt wirst du mich hassen: sog die frische Waldluft durch meine Nasenlöcher.
Nä, wieso sollte ich dich hassen? Finde solche kleinen Fehler ärgerlich und bin umso froher, wenn mir das jemand sagt, weil ich das nie gemerkt hätte, dass das ein Fehler ist.

„Ich versteh' dich“, sagte ich, „wirklich. Irgendwie versteh ich dich.“
„Nimmst du mich mal in den Arm?“
„Echt?“
„Ja.“
Manchmal ist er echt dumm.
Das checke ich jetzt nicht, Markus!

„Naja, davor, dass mich eine da unten anfasst. Du weißt schon. Ich meine, ich will das ja und so, aber irgendwie hab' ich auch Schiss davor. Dass es weh tut, oder so.“
Ähm, okay – manche sind grob und zupfen da rum als wäre das ein Dildo aus Plastik, aber … Hat man als 14jähriger echt Angst, dass das weh tut???
Haha. Netter Vergleich. Keine Ahnung. War eine schöne Möglichkeit, die beiden zusammenzukommen lassen, fand ich; beide haben im Endeffekt vor der gleichen Sache Angst, und können sich irgendwie ... ja ... heilen? Keine Ahnung. So war der Gedanken dahinter. Schiss davor zu haben, mhm, kann ich mir schon vorstellen.

Dann küssten wir uns und später setzte sie sich auf mich, ich spürte ihre warme, weiche Haut und wir ließen einander nicht los.
Und du sagst, du bist kein Romantiker! Ich mag‘s trotzdem.
Shit. Weiß auch nicht, vielleicht ist meine Selbsteinschätzung nach dieser Story nicht mehr haltbar ;)

B
en hatte recht: Es war warm und nass, aber es war viel mehr, es durchzog meinen ganzen Körper, ließ mich einen Meter über dem Boden schweben.
Verdammt! Da hast du mich enttäuscht. Ben hatte recht: Es war warm und nass, aber es war (so) viel mehr. Die Anlehnung an den Titel deiner Erzählung und dann schwebt er einen Meter über den Boden … pfff, da muss viel mehr kommen, finde ich, das ist es doch, was am Ende entscheidet, dass es nicht nur warm und nass ist, dass es viel mehr ist, und das musst du beschreiben, da musst du dir mehr Mühe geben! Notfalls streichst du „es durchzog meinen ganzen Körper, ließ mich einen Meter über dem Boden schweben.“ – und lässt es mit „aber es war so viel mehr“ enden, aber so wie es dasteht, war es enttäuschend für mich.
Mhm, mhm ... ich lasse mir das durch den Kopf gehen. Wollte jetzt irgendwie nicht noch eine ausgewalzte Sexszene, das wäre mir zu effekthascherisch gewesen! Aber anscheinend würde es für dich genau da passen. Weiß auch gerade nicht, ob ich das mögen würde oder nicht; gib mir ein paar Tage Zeit.

Was, wenn ich den Alten umgebracht habe?
Dass du ihn so oft „Alter“ nennst, hat mich ein bisschen irritiert. Immerhin ist er doch ein guter Freund gewesen und irgendwo wird er das auch bleiben, aber so respektlos, naja, was, wenn der Alte jetzt hin ist?
Nein, nein ... mit der Alte meinte ich den alten Lötzsch! Nicht seinen Kumpel! Werde das klarer machen. Ansonsten wäre es tatsächlich wired.

Jo, puh, jetzt habe ich doch auf fast alle deiner Vorschläge geantwortet, egal.

Mein großer Kritikpunkt soll die Elternhassszene sein.
Mhm ja ... kann gut sein, dass ich daran noch was ändern werde. Deine Argumentation klingt da echt verdammt schlüssig. Ich werde mal schauen, was sich machen lässt, dass die Eltern bisschen subtiler gestaltet werden, aber ich kann mir gut vorstellen, dass er sie hasst - oder zumindest hat er so einen Groll auf sie, dass er sich einbildet, sie zu hassen, ohne wahrscheinlich zu wissen, was echter Hass überhaupt bedeutet. So kann ich mir das vorstellen. Ich werde mir den Kopf mal zerbrechen!


Wenn du das mit den Eltern noch etwas besser machst, habe ich da fast nichts auszusetzen, ich hab den Figuren gespannt zugeschaut, es war spannend, die vielen Beobachtungen waren interessant, lustig, anregend, teilweise ausgefallen bis pervers, aber alles in einer guten Mischung.
Danke, echt! Das ist ein tolles Kompliment. Oh Mann, ausgefallen bis pervers, das stimmt schon ... aber ich fand das irgendwie passend für einen Jugendlichen. Dummerweise bin ich seit Kurzem in so einem Unischreibkursding, und da habe ich mich dazu bereit erklärt, was aus einer Story vorzulesen, und irgendwie habe ich so einen perversen Teil aus dieser Story eingeschickt, kein Plan, tut jetzt nichts zur Sache, auf jeden Fall bin ich mal gespannt, wie sich das am Freitag anfühlen wird, so ein Zeug irgendwelchen Leuten vorzulesen :D

Versuche dich beim nächsten Mal, mehr auf deine Bildgewalt und weniger auf die vorgefertigten Effektformulierungen zu verlassen, du wirst sehen, dass das auch ohne die geht.
Ich werde es beherzigen.

Danke für den tollen Kommentar und die Zeit, die du da reingesteckt hast. Dein Kommentar hat mich auf jeden Fall weitergebracht!

Grüße

 

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