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- 11.07.2001
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Abschied
Abschied
Ich ließ meine Blicke über den Vorhof eines Schlosses schweifen, der im Nachtlicht allmählich Formen annahm, dunkle wellenförmige Kanten, die aufschimmerten und mysteriös wieder verschwammen.
Der Himmel über mir war eine riesige pechschwarze Plane, er war kein Loch sondern schien wie eine große ausgehöhlte Kugel, in deren Hohlraum winzige Lichter funkelten. Ich blieb eine ganze Weile wie angewachsen stehen mitten im Hof. Gedämpfte Geräusche hingen wie Nebelfetzen in der schneidenden Nachtluft. Ich konnte mich nicht mehr umdrehen, um weiterhin das Leben zu führen, das ich kannte.
Der runde Mond, der mir über einigen schaukelnden Baumwipfeln ins Gesicht schien, verhieß mir die Zukunft, die mit einem schweren Marsch beginnen würde. Es war wie ein Konflikt und zugleich wie eine Verheißung.
Der Boden unter meinen Füßen war hart, obwohl es Sommer war. Der Mond schien alles zu vereisen. Mein Wille schmolz diese Vereisung und löste die „kalte Hand“ um mein Herz. Ja, ich musste weitergehen.
Ich drückte sein Bild an mich wie ein Schutzwall und lief in die Nacht hinaus. Seine Worte tanzten mit Buchstaben durch meine Gedanken. Ich konnte noch seine Hände spüren. Stark, feinfühlig, voller Magie tasteten sie meinen Körper ab. Seine Lippen umwarben meinen Mund. Seine Augen durchdrangen meine Blicke. Die Bewegungen seines Körpers setzten sich wie kleine Perlen auf die Empfindungen meiner Haut. Das war Liebe. Ohne viel Worte zu spüren, dass das Vereinen unendliche Weite bedeutet.
Ich stapfte einen Hügel hinunter, spürte das mit Raureif überzogene Wiesengras an meinen Knöcheln. Ich verschwand im Dickicht, denn meine Gedanken waren nur bei ihm. Ich wusste nicht, was sich dahinter verbarg. Aber ich hatte 2 Möglichkeiten: Untergehen oder kämpfen. Ich war so in Trance, dass ich Sterne tanzen sah, wo keine waren. Ich sah zum Himmel hoch, eine Wolkenwand arbeitete sich zum Rand des Mondes, wird er wiederkommen? Wird er meine Nähe suchen, wird er an mich denken?
Ich wurde schneller, riss meinen schneeweißen Schleier ab und spürte plötzlich Regen auf meinem Kopf. Er wurde stärker und vereinigte sich mit meinen Tränen im Gesicht. Wer war er, dass er mein Leben gewann? Genannt wurde er Oliver, ein Mann aus dem Leben, der gerne seine Fesseln sprengen würde, der tief Luft holen möchte, um in die freie herrliche Gefühlswelt zu tauchen, der immense Kraft besaß, die das Leben funkeln ließ. Doch sein Wesen war vernebelt, denn übriggebliebene Ruinen erbauten sich aufs Neue. Die Macht des Gebundenseins fing ihn ein und Lebensreste umklammerten sein Herz. Seine Gedanken waren verschleiert und sahen den Kern der Tiefgründigkeit nicht mehr. Die Welle eines sturmähnlichen Gebildes zog ihn weg von mir. Ich wurde in die Dunkelheit eingehüllt und einfach weggeschickt ohne einen Blick oder ein Adieu.
Das Erwachen holte mich ein wie ein überraschender Monsun. Ich setzte mich auf einen Pfosten und hielt den Atem an, weil mir ein kalter Hauch wie die Hand des Herbstes in die Nase zog, dort ein Aroma der Traurigkeit erzeugte. Ich konnte die Angst des Nicht-Mehr-Wiedersehens hören. Wenn man in sich geht und alles zu vergessen versucht, um einen Moment lang nur auf sein Innerstes zu hören, dann kann man ein leises Heulen vernehmen. Ich war alleine.
Mußte ich mein Leben ohne ihn gehen?!!!!!
Anne Lickert-Merkle