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Abstieg

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22.06.2004
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Abstieg

Abstieg

Der Berg! Imposant, majestätisch und furchteinflößend. Deswegen war er hier. Ein weiterer Schritt nach oben. Die Bergwache hatte ihn gewarnt, es würde schlechtes Wetter aufziehen und ihn eindringlich vom Aufstieg abgeraten, da er noch nicht erfahren genug wäre. Aber er – Gottfried Dernhardt – war Manager. Herausforderungen zu bewältigen war sein Job. Außerdem brauchte er diese Abwechslung. Er hatte es mit viel zu vielen dummen Menschen zu tun. Untergebene, die nicht mal die Mindestanforderungen erfüllen konnten. Mit so einer Tour konnte er seinen Kopf freibekommen.

Das Wetter war eigentlich ziemlich gut. Die Wetterfrösche hatten sich wohl geirrt. Der Himmel war blau. Um ihn herum gab es hauptsächlich Wiesen, auf denen vereinzelt noch Kühe grasten. Der Waldbestand nahm jedoch zu und immer mehr weiße Wolken erschienen am Firmament. Der Weg wurde steiler und mühsamer. Dann war er nur noch von Bäumen umgeben. Die Sonne wurde immer öfters auch von dunkleren Wolken bedeckt. Die Strahlen, die den Vorhang durchdrangen, tauchten die Umgebung in ein besonderes Licht. Die Blätter schienen zu leuchten. So stellte er sich immer einen Märchenwald vor. Fast erwartete er hinter der nächsten Biegung eine Elfe mit durchsichtigen Flügeln zu sehen.

Der Manager amüsierte sich über seine eigenen kindlichen Gedanken. Dabei musste er spontan an das Kind denken, dem er letztendlich seine großartige neue Position zu verdanken hatte. Etwas Wind kam auf. Die Kühlung tat gut und er genoss das Rauschen des Waldes. Das Wetter verschlechterte sich zusehends, was allerdings Gottfrieds Entschlossenheit, den Gipfel zu erreichen, nur noch verstärkte.

Der Wind in den Wipfeln klang manchmal wie Flüstern in seinen Ohren. Was war das? Hörte er seinen Namen? Nein, natürlich nicht. Aber er nahm noch mehr wahr: Ächzen von Holz und das Knacken von Gestrüpp. Ihm drängte sich das Bild eines riesigen Tieres auf, das sich seinen Weg durch den Forst bahnte. Schon des Öfteren war er in Wäldern gewesen, aber diese Geräusche hatte er so noch nie zuvor gehört. Unwillkürlich musste er an das letzte Mal denken, als er in einem Wald war.

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Vor einigen Monaten war Gottfried Dernhardt auf einem Managerseminar gewesen. Die Teilnehmer wurden in eine Schonung geführt, mit Tüten voller Müll, den sie verteilen sollten. Das Überwinden falscher Skrupel sollte hierbei das Ziel sein. Gottfried hatte keine Probleme damit. Sie lernten in Rollenspielen die Mängel der Anderen auszunutzen. Bei einer Aufgabe mussten sie sich sogar in einer Schlange vordrängen. Sie sollten den Wert ihres Gegenübers erkennen und so niedrig wie möglich halten. Nur wenn sie reflexartig an ihren Vorteil denken konnten, würden sie das Optimum für ihre Firma herausholen. Wer Schwäche zeigte, würde es nie nach ganz oben schaffen. Gottfried verstand.

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Auf dem Berg frischte der Wind merklich auf. Langsam verließ Gottfried den dichten Wald. Die Böen verursachten nun ein Pfeifen in den steinernen Schluchten und der spärlicher werdenden Vegetation. Manchmal glaubte er auch Klagen zu vernehmen. Er schaute in die Wolken und versuchte beruhigende Formationen zu erkennen, doch er sah nur verzerrte Fratzen. Es begann zu regnen. Die letzten Sonnenstrahlen schienen den nun kahlen Berg zum Glühen zu bringen. Das Leuchten erstarb und es wurde augenblicklich fast stockdunkel. Neben dem Heulen und Klagen des Windes war ein anhaltendes Grollen zu hören, das Gottfried nicht einordnen konnte. Der heftige Regen lief sein Gesicht hinunter und trotz eigentlich wetterfester Kleidung war er bald fast völlig durchnässt. Alles schien sich dagegen zu sträuben, aber er wollte ganz nach oben, denn dort hoffte er Erlösung zu finden. Dieses irrationale Gefühl hatte sich in ihm festgesetzt.

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In der Firma waren Gottfrieds Chefs von seinem Einsatz speziell beim Seminar beeindruckt. Natürlich sagten sie es nicht, aber ihm gegenüber wurde erwähnt, dass es eine freie Stelle als Leiter der Marketingabteilung gäbe. Leider existierte noch ein anderer Bewerber, der von den Qualifikationen her besser geeignet war. Sie ließen durchblicken, dass sie lieber ihn besetzten würden, aber die Eignungen des Anderen ließen sich nun mal nicht ignorieren.

Gottfried rätselte, warum sie ihm den Job in Aussicht gestellt hatten, obwohl er doch gar keine Chance hatte. Aber dann erinnerte er sich an sein Erlerntes. Sie wollten, dass er sich etwas einfallen ließ, was er auch tat und diese Idee konnte er nur als genial bezeichnen.

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Der Gipfel! Pfade gab es schon längere Zeit nicht mehr. Die entstellten Grimassen am Himmel hatten ihm geantwortet. Erst war es unverständlich gewesen, ein Grummeln und Heulen, aber dann fingen sie an von der Befreiung, die auf der Spitze des Berges wartete, zu reden. Gottfried glaubte ihnen. Nun stand er ganz oben. Die Gesichter um ihn herum sahen kindlich aus. Plötzlich spieen sie Feuer. Von allen Seiten. Sie hatten ihn belogen! Er konnte es nicht glauben.

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Der Plan, seinen Nebenbuhler auszuschalten, war einfach: Was würde wohl passieren, wenn ein Kind behauptete, von Gottfrieds Kontrahenten missbraucht worden zu sein? Aber wie brachte er ein Kind dazu, so etwas von einem völlig Fremden zu behaupten? „Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen“. Diese fand er im Internet: Ein kleiner Laden, der naturgetreue Masken herstellte. Ein Gag für Partys und andere gesellschaftliche Ereignisse. Kinder sehen – besonders in extremen Situation – nicht so genau hin.

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Fünf Minuten, nachdem Gottfried Dernhardt mehrfach von Blitzen getroffen worden war, starb er auf dem Gipfel – ganz oben.

 

hi again texter!

Die Bergwache hatte ihn gewarnt, es würde schlechtes Wetter aufziehen und ihn eindringlich vom Aufstieg abgeraten,
hier würde ich das abraten und das wetter vertauschen.

Aber er – Gottfried Dernhardt – war Manager
das gefällt mir: ich gott du nix!!! :D

Einige Monate zurück war Gottfried Dernhardt auf einem Managerseminar gewesen.
vielleicht besser: vor einigen Monaten, einige monate zurück klingt etwas seltsam
(übrigens: jetzt hab ich die rückblende kapiert :) )

also, diese geschichte hat mir echt gefallen. etwas kurz, aber für zwischendurch sehr unterhaltsam.
auch schön geschrieben. :thumbsup:

Tama

 

Servus Texter!

Ja, ich kann mich Tamira anschließen. Hat mir gefallen, nur der Stil war etwas zu nüchtern für meinen Geschmack.
Ich konnte mich nicht richtig mit dem Prot identifizieren, weder im positiven noch im negativen Sinne, verstehst du? Es war mir letztendlich egal, dass er gestorben ist.

In diesem Sinne
c

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo chazar und tama meine Stammleser :D :anstoss:

Hat mir gefallen,
Das hört man gerne. Danke!

nur der Stil war etwas zu nüchtern für meinen Geschmack.
Und dann das :heul: Ne im Ernst. Gibt's einen Punkt, wo man das festmachen kann?

War dir das Schicksal des Prots wirklich egal? Nicht mal ein bisschen Schadenfreude? :naughty:

--

und Tama meine Liebe

hier würde ich das abraten und das wetter vertauschen.
Also ich weiß nicht. Sie habe ihn doch erst gewarnt und als er offensichtlich nicht hören wollte ihm auch noch abgeraten. Vertauschen fänd ich jetzt komisch. :confused:


das gefällt mir: ich gott du nix!!!
Gott war doch auch nur ein Manager unter vielen, oder etwa nicht ;)


vielleicht besser: vor einigen Monaten, einige monate zurück klingt etwas seltsam
Du hast Recht.


(übrigens: jetzt hab ich die rückblende kapiert )
Öhm :confused: Zumindestens siehst du jetzt, warum mir das Thema letzte mal so wichtig war.


also, diese geschichte hat mir echt gefallen. etwas kurz, aber für zwischendurch sehr unterhaltsam.
auch schön geschrieben.
Das tut so gut :kuss:

Grüße
Texter

 

Hi Texter!

Hallo chazar und tama meine Stammleser
;)

War dir das Schicksal des Prots wirklich egal? Nicht mal ein bisschen Schadenfreude?
Da musste ich dann wirklich lachen. Die Gefühle, die ich für deinen Prot hegte, kamen Schadenfreude schon sehr nahe... :D

Nein, jetzt mal ehrlich, genau das ist das Problem: Geschichten, die auf Charakteren fußen, die eher negativ sind, kommen beim Leser grundsätzlich schlechter an. Es sei denn, es ist ein wirklich herausragender Bösewicht, der einfach interessant ist. (Hannibal Lector, Mephisto) Und deshalb fesselt diese Geschichte einfach nicht so sehr.

Den nüchterne Stil entsteht hauptächlich dadurch, dass du nüchtern schreibst. Nein, war auch ein Scherz:
Er entsteht durch deinen sehr auktorialen Erzählstil, du schreibst nicht aus Gottfreids Sicht, sondern aus der Sicht eines übergeordneten Erzählers. Wenn du mehr Emotionalität willst, dann musst du aus der Sicht des Prots schreiben. Das muss dann nicht ein Ich-Erzähler sein, aber du musst einfach mehr auf die Gefühle, auf die Gedanken deines Prots eingehen.
Aber Vorsicht: nicht jede Geschichte profitiert von einem derartigen Erzähler, ich bin mir nicht sicher, ob das bei dieser der Fall wäre.
Mit etwas nüchtern für meinen Geschmack ist nicht diese Geschichte im speziellen, sondern diese Art Geschichte an sich gemeint, verstehst du?

In diesem Sinne
c

 

Tag chazar

Stammleser ist vielleicht ein wenig übertrieben. Vielleicht liegt es auch daran, dass du und tama derzeit am aktivsten hier seid.

Er entsteht durch deinen sehr auktorialen Erzählstil
Hm, ja verstehe. Das ist wie im Kino. Je näher die Kamera dran ist, desto gefühlvoller wird es. Aber Hier meine ich ist gefühlvolle Nähe wenig angebracht, da das wesentliche Element hier ist, dass der Prot ein Manager ist. Ob Manager oder toter Fisch, Gefühle habens da halt schwer.

Also nochmals danke für eure Anmerkungen. Ohne euch wäre mein Geschichte im Tümpel ohne Antwort untergegangen. :huldig:

Grüße
Texter

 

Hi Texter!

Aber Vorsicht: nicht jede Geschichte profitiert von einem derartigen Erzähler, ich bin mir nicht sicher, ob das bei dieser der Fall wäre.
Um mich mal schamlos selbst zu zitieren.
Du hast schon recht mit dem, was du schreibst.

Ob Manager oder toter Fisch, Gefühle habens da halt schwer.
Aber ist das wirklich so? Ist ein Manager ein Fisch? :D (Sollte ein Scherz sein.)
Man kann jeden Charakter, jeden Menschen auf seine Art besonders machen. Auch als Autor. Wenn man denkt, das geht nicht, verfällt man allzu schnell in ein Klischee. Und das wirkt dann gezwungen auf den Leser.

Versteh das nicht falsch, ich bin nach wie vor der Meinung, dass der von dir angegebene Stil zu der Geschichte passt.
Wollte nur noch mal meinen Sermon zu deiner Aussage geben.

In diesem Sinne
c

 

Nochmals hallo chazar

Ich weiß deine Anmerkungen zu schätzen. Wenn man eine neue Geschichte schreibt bleiben einem die Kommentare zur eigenen kg natürlich am meisten im Gedächtnis. So schreibt ihr meine Sachen quasi mit :comp:

Klischees sollte man natürlich vermeiden. Aber ein klein wenig damit spielen sollte wohl erlaubt sein, nicht wahr?

sodele
Texter

 

Schönen Tag Noel

Schön, dass du meine kkg (kurze kurzgeschichte) gelungen fandest. Hat mich gefreut.

auch wenn ich erst mal nachdenken musste, wer da denn wen vergewaltigt.
wirklich? Überrascht mich ein wenig. Es geht doch eigentlich nur um Gottfried.


War mal was anderes, auch wenn mir dieser Erzählstil auf Dauer nicht umbedingt gefallen würde.
Ja, seh ich ein. Scheint als hätte ich ne kleine Lawine damit losgetreten? Oder ist das nur Zufall, dass jetzt so viel so kurze kgs hier erscheinen?


und Hallo Jo

mir gefiel die Geschichte nicht so gut
Schade


Die Schlusspointe bekommt mAn zuwenig Potential
Hm, ich bin mir jetzt wirklich nicht sicher, was du damit meinen könntest.


So muss er ja schließlich selbst Hand ans Kind legen ... ich weiß nicht, ob das jemand könnte, ohne diese Neigung zu haben!
Jupp, um das anzudeuten spreche ich auch von mehreren Kindergesichtern in den Wolken.


So war es für mich eher eine KG über einen Bergsteiger, der böse Dinge tut, statt einem bösen Manager, der nebenbei auch Berge besteigt.
Des eine muss doch nicht schlechter sein als das andere, oder?


Aha, dann bin ich also oft von Managern umgeben beim Einkauf!
Aber nur wenn die Schlips und Kragen tragen :schiel:


Grüzi
Texter

 

Hi Blackwood

Ich habe es wohl provoziert und nun muss ich die Suppe auslöffeln wie? :bonk:

Lieber ein Weichei als ein Arsch von Manager
aber dann schaffst dus gar nicht bis ganz nach oben :shy:

Dass man erstmal mit dem Prot fühlt und dann merkt, was für ein Arsch das wirklich ist, ist echt ein guter Gedanke (würde das ganze noch fieser machen). Aber in der kürze der Geschichte Mitgefühl zu erzeugen ist wohl eher nicht drin.

Ich sehs ja eine. Ich sehs ja eine. meine nächste kg wird länger und ähm besser (aber wohl erstmal noch nicht in Horror)

aber vielleicht verzichtest Du in der nächsten etwas mehr auf allzu undifferenzierte Stereotypien?
Versprochen...

Grüße
Texter

 

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