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Blutsjungen

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15.01.2002
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Blutsjungen

Blutsjungen

Matthias war mein bester Freund. Es ist schon komisch. Manchmal denkt man nicht darüber nach, wie glücklich man eigentlich ist. Es reiht sich ein in die ewigen Karteikarten des Alltags. Irgendwo steckt das Gefühl, man weiß es, doch sucht es nicht, eben weil man sich seiner Existenz bewusst ist. Erst wenn die Kulissen fallen und einen das Licht der Realität blendet, greift man danach. Aber es ist nicht mehr da. Verschollen, vergriffen, verloren. Matthias und ich haben eine Zeit erlebt, die so bemerkenswert war, dass sie in sich verschwamm. Es gibt Momente, da kann ich nur seinen Namen nennen, um auszudrücken, dass wir Freunde waren. Doch irgendwann schießt mir eine Szene durch den Kopf, und noch eine, und dann noch eine. Ich muss lächeln. Ich muss weinen. Die Erinnerungen an Matthias überdecken sich mit den Interpretationen, die ich ihnen zuordne. So bestimme ich darüber, ob sie gestern rot waren oder morgen blau sind. Ich merke, dass mir es damals nicht wichtig genug erschien, mir alles einzubrennen, um es später wieder abrufen zu können. Heute bedauere ich es jeden Tag unserer Jugend, denn diese Zeit, ist vergangen und kehr nicht zurück.

Alles begann an einem Sonnabend, im Juli 1962. Ich saß auf einem Begrenzungspfosten an der Hauptstraße, kaute gemächlich auf einem Kaugummi und schaute in die gelben Rapsfelder am Straßenrand. Es war Sommer, ich hatte Ferien und scherte mich nicht drum, was der Tag noch bringen könnte. Ein Junge kam den Weg entlang, mit einer Milchkanne in den Händen, die viel zu groß und ebenso schwer für ihn war. Von der Seite musterte ich ihn eine Weile. Er trug ein kariertes Hemd zu einer kurzen Hose aus braunem Stoff. Seine Beine waren etwas dürr, seine Backen dafür umso dicker und sein blonder Schopf erinnerte mich an einen Schauspieler aus einem Hollywoodstreifen. Einen Moment überlegte ich, ob ich ihn ansprechen sollte.

„Soll ich dir helfen?“ Er schaute mich an, setzte den Kübel ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Ich muss bis zum Ende der Straße. Das sind einige Kilometer“
„Drei“
„Ja, kann sein“
„Zu zweit geht es schnell. Warte, ich helfe dir.“
„Danke. Ich bin Matthias“ Er ließ den Kübel unsanft zu Boden sacken und streckte mir seine rechte Hand entgegen.
Ich ergriff sie und zog mich von dem Pfosten, auf dem ich gesessen hatte.
„Schmeckt deinen Eltern die Milch aus dem Laden nicht?“

Matthias war neu in der Gegend. Sein Vater hatte hier eine Stelle in der Textilindustrie angeboten bekommen, alle Sachen zusammengepackt und ein altes Landhaus angemietet.

„Und warum seid ihr nicht näher an die Stadt gezogen?“ fragte ich.
„Mein Vater liebt das Land.“

Ich beäugte misstrauisch das unter uns pendelnde Fass und fragte mich, warum meine Eltern ihre Milch nie beim Bauern holten.
Matthias war einige Monate älter, aber ich konnte meine glühende Zigaretten schon im Mund verstecken, während er mir noch fasziniert dabei zuschaute und versuchte, Rauch durch seine Nase auszublasen. Nach den Ferien ging er in das Gymnasium im Nachbarort, Unterterzia. Leise verachtend schnaubte ich vor mich hin.

„Und wie sind die Leute dort so?“, fragte er.
„Nur Idioten“ behauptete ich. Er lachte.
„Dacht´ ich´s mir doch“

Die Straße gabelte sich an ihrem Ende in zwei Landwege. Auf der Gabelung stand ein kleines, weiß gestrichenes Backsteinhaus, umzäunt und von wildem Wein umschlungen. Ein großer Kastanienbaum reichte über den Zaun bis zur Wand des Hauses. Hier setzten wir die Milch ab.

„Danke noch mal“
„Keine Ursache.“
„Wohnst du hier?“ Er nickte.
„Was machst du die restlichen Ferien?“ fragte ich weiter.
„Lernen. Ich bin im Stoff etwas zurück.“
„Lernen?“
„Ja, lernen.“
„Ich zeig dir morgen den See, dann vergisst du die Schulbücher ganz schnell.“
Matthias presste seine Lippen aufeinander und überlegte kurz.
„Meine Eltern...weißt du.“
„Sag ihnen, du lernst draußen. Dein Vater mag doch das Land?“
„Ja...“
„Na dann. Ich hol dich morgen um sieben vor dem Haus ab.“

Ab diesem Sonnabend trafen wir uns täglich. Es war Sommer, die Sonne schien, die Welt stand still und Matthias Bücher lagen neben unseren Handtüchern im Schatten von Weiden, die ihre Arme in das dunkle Wasser des Sees streckten. Wir schwammen um die Wette zum anderen Ufer und zurück, rollten und prügelten durch den dreckigen Kies des Strandes, unterhielten uns stundenlang über Dinge, die mir vorher unwichtig erschienen waren. Meine Eltern, Straßenbau, Gurkengläser, es war vollkommen gleich. Manchmal wollte ich ihm an die Gurgel springen, weil er mir nicht Recht gab und gleichzeitig in Tränen ausbrechen, aus Dankbarkeit für seine ehrliche Meinung. Ein anderes Mal brach ich in Tränen aus, weil er mir Recht gab und sprang ihm anschließend an die Gurgel, wenn er mit einem sarkastischen „Aber...“ fortsetzte. Matthias und ich waren ebenso verschieden wie wir uns glichen. Es dauerte eine Weile bis ich begriff, wie viel er mir bedeutete.

Der Sommer ging vorbei, ohne dass wir es merken konnten. Matthias Eltern fingen an, daran zu zweifeln, dass ihr Sohn seine Bücher jeden Tag in der immer öfter verregneten Landschaft studierte. Er beichtete wohl und sie erteiltem ihm Arrest. Das sagte er mir, als er einen Abend danach für ein paar Minuten durch das Fenster zum See gehastet war. Die Schule begann und riss uns vollends auseinander. Gymnasiast. Ich spielte nicht einmal mit dem Gedanken, ihn auf dem Weg nach Hause abzufangen. Er war so fern, ich bildete mir ein, dass ich ihm egal sei, weil er seinen Kopf in Studien steckte, während ich mich weder für Grammatik noch für Algebra interessierte. Manchmal wenn es dämmerte, saß ich in der Nähe des Hauses und pfiff leise ein paar Töne in den Wind, in der Hoffnung, ein Fenster würde sich öffnen und ein blonder Junge hinaus klettern. Doch nichts geschah. Ich zog mich zurück zum See und schaute abends den Fischen beim Springen zu. Irgendwann saß er neben mir, ohne dass ich ihn hatte kommen hören.

„Wir sind doch Freunde, oder?“
„Haben deine Eltern den Arrest aufgehoben?“
„Nein, die Tapeten haben mich genervt.“ Ich betrachtete die Ameisen, die auf meinen Schuhen herumkrabbelten.
„Ich hab gedacht, ... “
„Wenn du anfängst zu denken“, unterbrach er mich. Dann schwiegen wir beide eine Weile.“
„Hab dich irgendwie vermisst“ stammelte ich verlegen und versuchte angestrengt ohne den Kopf zu heben seinen strafenden Blick auszumachen. Doch er lachte nur, legte seinen Arm um mich und sagte.
„Ich dich auch, Mann!“

An diesem Abend wurden wir Brüder. Wir vermischten unser Blut, schwammen durch den See und tranken eine Flasche Klaren, die ich aus dem Keller meiner Eltern klaute. Es war wieder Sommer, nur dass es nicht mehr so warm war. Matthias Eltern hatten nichts von seiner Flucht bemerkt und auch an den nächsten Wochen merkten sie nicht, wie ihr Sohn täglich aus dem Fenster über den Kastanienbaum hinaus in die bücherlose Freiheit kletterte, um mit mir durch die Felder zu laufen, verrückte Ideen auszuspinnen oder einfach nur zu schweigen.

Als wir 17 waren liefen wir beide von zuhause weg, wohin wussten wir nicht. Eines abends packten wir Kleidung, Zigaretten und ein paar Brote in unsere Rucksäcke und liefen über die Hauptstraße Richtung Autobahn. Irgendjemand in einem alten Transporter nahm uns mit, weg aus der Provinz, weg vom See und unseren Eltern. Bevor wir aus seinem Auto ausstiegen, klaute ich ihm das Portemonnaie. 30 Mark 65 Pfennige, Führerschein, Personalausweis und ein Bild von seiner Frau. Als er es merkte, saßen wir vermutlich schon im nächsten Wagen nach Nirgendwo.

„Wohin fahren wir eigentlich?“ fragte mich Mathias einmal, als ich vorbeifahrenden Autos hinterher schimpfte.
„Frag nicht mich“, antwortete ich ihm, „frag den Arsch der uns mitnimmt.“

Nach zwei Tagen zwischen Rastplatz und Asphalt endete unsere Fahrt in Amsterdam. Bis zur Grenze hatte es lange gedauert, ab hier ging es schnell. Jedes Auto schien nach Amsterdam zu fahren und man nahm uns bereitwillig mit. Das Geld war uns ausgegangen, dafür hatten wir umso mehr Hunger und Bedarf an Schlaf. In einem leerstehenden Gebäude im Außenbezirk schlugen wir unser Lager auf. Zunächst bettelten wir, später trugen wir Zeitungen aus und putzten die Frontscheiben von vor Ampeln wartenden Autos. Wir wuschen unsere fettigen Haare in öffentlichen Toiletten, unsere Einrichtung suchten wir uns aus dem Sperrmüll zusammen, nachts. Ich genoss das Leben, die Freiheit in Amsterdam. Das Geld, das ich verdiente, floss direkt in Fast Food und Drogen. Matthias kaufte sich seine Kippen und sparte.

„Irgendwann fahre ich nach New York“ sagte er. Damals lachte ich über ihn, New York, Matthias war ein Traumtänzer.
„Also kommst du nicht mit?“ fragte er mich trotzig, aber ich lachte nur und boxte ihn freundschaftlich auf seine Brust.
„Man, das ist Amsterdam. Verstehst du? Amsterdam.

Wochen, Monate vergingen, ohne dass etwas passierte und ich dachte keine Sekunde daran, dass sich daran etwas ändern könnte. An einem Februarmorgen weckte mich Matthias, sein Rucksack war gepackt, seine Haare gekämmt, seine Kleidung gewaschen.

„Ich fahre zu meinen Eltern“
„Warum?“ fragte ich kaum halbnüchtern den Kopf schüttelnd.
„Weil sie mich suchen.“
Ich begriff zwar nicht, was genau los war, aber ich merkte, dass er es ernst meinte.
„Ich komme mit.“ Verschlafen versuchte ich aufzustehen, torkelte durch den Raum und fiel wieder zu Boden. Matthias schaute auf mich herab, wie ich da am Boden lag, hielt für einen Moment die Luft an. Dann verließ er den Raum.

Matthias´ Eltern hatten über das Fernsehen nach ihm gesucht. Eine aufgeschlagene Zeitung, die auf dem Sofa lag, zeigte ein unscharfes Bild von ihm, neben Vater und Mutter.
Ich blieb noch eine Weile gekränkte Eitelkeit in Berlin. Mit den Drogen schloss ich ab. Es fiel mir nicht einmal sonderlich schwer. Nur das Rauchen wollte ich nicht aufgeben. Ich kaufte mir neue Kleidung, lernte die Sprache, kämmte meine Haare und bewarb mich um einen Job als Kellner in einer nahe gelegenen Kneipe. Die Baracke verließ ich. Stattdessen bezog ich ein kleines Zimmer auf der gegenüberliegenden Häuserfront, 180 Gulden kalt, im Sommer. Schöne große geschwungene Fenster, die ich nie öffnete. Eigentlich ging es mir besser, aber es war nicht mehr dasselbe. Amsterdam war nicht mehr Freiheit, sondern ein Gefängnis in Form eines Ein-Zimmer Apartments. Der Herbst war kalt, trotz Kohleofen, der Winter war noch schlimmer. Am Neujahrstag packte ich einen Koffer und stieg in den Bus zurück in meine Vergangenheit.

„Können sie mir sagen, wo ich am besten umsteigen kann?“ fragte ich mit stockendem Niederländisch.
„Keine Ahnung, man“, entgegnete mir der Busfahrer, „das ist Amsterdam!“

Die Fahrt dauerte lange. Durch die beschlagenen Fenster und die Schneewehen ließ sich nur vermuten, wo wir uns gerade befanden. Manchmal meinte ich die Schemen von Raststätteneinfahrten erkennen zu können.

Eissplitter schlugen mir in die Augen als ich, eingemummt in Mütze und Mantel, schließlich hinter der zischenden Tür hervor trat. Ich stemmte mich gegen den Wind und stapfte die von Schnee bedeckte Hauptstraße entlang. Erst als sich der Weg gabelte, konnte ich das weiße Haus erkennen. Zum ersten Mal ging ich zum Eingang des Hauses. Auf einem Schild aus Ton stand in geschwungenen Buchstaben „Familie Czewko“, darunter drückte ich auf die Türglocke, einmal, zweimal. Czewko. Was für ein seltsamer Name. Ich hatte Matthias nie danach gefragt. Es dauerte bis jemand an die Tür kam. Eine dunkelhaarige Frau öffnete einen Spalt breit.

„Ja bitte?“
“Ich möchte zu Matthias“ Die Tür schlug weiter auf. Flocken stoben in den Hausflur.
„Wer sind Sie?“
„Ein Freund“, antwortete ich ihr ausweichend.

Ich wartete darauf, dass Sie mir ins Gesicht schlagen würde, dafür, dass ich ihren Sohn dazu überredet hatte, von zu Hause wegzulaufen. Aber es passierte nichts. Matthias hatte nichts von mir erzählt. Aber er war auch nicht da. Seine Eltern erzählten mir davon, wie er nach Amsterdam geflohen sei, weil er es einfach nicht mehr bei Ihnen ausgehalten hatte, wie er eines Tages seine Sachen gepackt hatte, . Er hatte ihnen ein paar Briefe geschrieben. Ohne Absender, selbstverständlich. Es stand nicht viel darin, dass es ihm gut gehe, und dass sie sich nicht um ihn sorgen sollten. Er war nach Hause gekommen, lang erwartet, aber es war anders als er sich es vorgestellt hatte. Er war unruhig gewesen, ging morgens aus dem Haus und kam erst spät abends wieder, redete wenig. Zur Schule wollte er nicht gehen. Seine Eltern hatten ihn darauf angesprochen, aber er wich ihnen aus, sagte, er müsse nachdenken, fühle sich nicht gut. Dann eines morgens hatte er wieder seine Sachen gepackt und war gegangen. Ein Zettel ließ er ihnen zurück. Ich überflog die Zeilen.

„Ich muss meinen eigenen Weg gehen. Macht euch keine Sorgen. Ich melde mich, versprochen. Wenn jemand nach mir fragt, gebt ihm diesen Brief“

Der Brief war für mich, aber er war natürlich bereits geöffnet. Ich habe ihn ein paar Tage später zerrissen. An den Wortlaut erinnere ich mich nicht. Er schrieb, dass er es nach Amerika geschafft hätte, obwohl er noch nicht dort war. Ich solle nachkommen. Ein paar Zeilen schrieb er über Amsterdam. Eine Träne lief mir bis zum oberen Nasenflügel und ich wischte sie schnell weg. Er hatte alles so geschrieben, dass sich nicht erahnen ließ, in welcher Verbindung wir standen, daher fragten seine Eltern mich nur kurz, woher ich ihn kannte und ich verwies auf seine Zeit in Amsterdam. Ich war wütend, enttäuscht, gekränkt. Er war gegangen, ohne mich. Scheiß Amis. Er meldete sich nicht oft, sagten seine Eltern, rief noch weniger an. Die Beziehung zu ihnen war durch seine Eskapaden zerrüttet, auch wenn man ihnen ansah, dass sie sich nichts sehnlicher wünschten, als dass er zurückkäme.

Matthias Eltern boten mir an noch eine Weile zu bleiben, als ich erwähnte, dass ich noch keine Unterkunft hatte. Ein Zimmer war noch frei. Ich lag im Bett und starrte wütend die Decke mit den klaren, glatten Strukturen an, bis meine Augenlider von selbst zu fielen.
Ich wusste nicht so recht, wohin, beschloss einen Job zu suchen. Matthias Vater versprach, mir dabei zu helfen. In seiner Firma wurde noch eine Hilfskraft gesucht und so sprang ich ein. Als ich nach einer Wohnung suchte, bot er mir auch an, das freie Zimmer erst einmal zu behalten. Er meinte, seine Frau würde sich darüber freuen, wenn etwas Leben ins Haus käme. Auch hier willigte ich ein. Das war ein neuer Alltag, der sich mir eröffnete: Ich frühstückte nicht mehr alleine, trank Milchkaffee, lachte und wartete. Wartete auf Matthias.
Ich wusste, dass seine Eltern ihm von mir erzählt hatten. Ein unfertiger Brief lag irgendwann mal auf dem Küchentisch. Ein Brief kam zurück, in dem er mich aufforderte, ihn zu besuchen. Ich kam nicht, ich wollte nicht. Es war schon eine Überwindung gewesen, Amsterdam zu verlassen. Ich antwortete ihm nicht einmal. Früher dachte ich, dass dies mein größter Fehler gewesen sei. In Wirklichkeit gehörte viel mehr dazu.
Ich war glücklich, triumphierte, als ein Brief kam, in dem er ankündigte, dass er nach Deutschland käme.

Matthias verschwand auf dem Weg nach Europa. Die Polizei sagte seinen Eltern, dass er bei Sturm über Bord gegangen sei und keine Möglichkeit bestand, ihn zu retten. Ich hörte vom Treppenhaus zu und verstand nichts, weil der Beamte von dem Weinen der Mutter übertönt wurde. Ab hier raffte sich die Zeit für mich. Es ist nicht so, dass nichts geschehen wäre, ganz im Gegenteil, aber der Großteil drängte sich wohl aus meinem Kopf. Ich hielt es nicht mehr lange bei Matthias Eltern aus, auch wenn es mir wirklich schwer fiel zu gehen. Ich lief auch nicht einfach weg, sondern ließ mir eine Ausrede einfallen, die es rechtfertigte, Matthias Zimmer zu entfliehen. Ich fing an, Bücher zu lesen, holte meinen Schulabschluss nach und studierte Lehramt in Berlin.

Heute lebe ich in einer Mietwohnung in Charlottenburg, ein weißer Altbau. Ich trinke morgens frische Milch und denke vorher über die Fehler nach, die ich im Laufe des Tages machen werde. Matthias fehlt mir. Ich denke oft an ihn, obwohl er heute bestimmt nicht mehr der selbe wäre. Ich habe die Theorie, dass er mir nicht als Mensch, sondern als Gefühl in Erinnerung bleibt. Er ist nicht mehr ein Teil von mir, ich bin es, der zu ihm gehört. Manchmal gehe ich durch den Park und sehe ein paar Jungen am See. Ich erinnere mich an meinen Bruder und muss lachen, bestimmt für fünf Minuten, bis die Tränen kommen. Nachts wenn ich im Bett liege, weine ich dann aus Trauer und male klare, glatte Strukturen auf meine Raufasertapete. Ich sehe uns im Central Park sitzen, auf einem Baum. „Vielleicht im nächsten Leben.“ sagt Matthias und er ist kein bisschen traurig dabei. Ich dagegen wache auf, öffne das Fenster und schreie die Kindheit aus meinem Hals, die sich nicht von mir lösen lässt, wie Teer in den Lungen.
„Es lohnt nicht, zu verzweifeln, denn man ändert nichts daran“, meint er dann zu mir.
Und er hat recht. Zeit vergeht, es kommt der nächste Morgen und mit ihm auch der nächste Sommer.

 

Jeder hatte schon mal so eine Begegnung. Es ist die Begegnung mit dem früheren Ich, mit der Vergangenheit, mit den Fehlern, die noch wirken. Es ist ein Teil. Es ist heute. Es ist morgen. Vielleicht ist es nicht immer ein Mensch, der diesen Teil repräsentiert.

Liest sich glatt und ohne Sensation. An manchen Stellen vielleicht zu sentimental, da muss ich ein zweites/drittes/viertes Mal drüber gehen. An manchen Stellen sind Fehler drin, wobei ich mir bei den Satzzeichen unsicher bin. Suche das raus, wenn Du willst.

Hat meiner Meinung nach das nötige Understatement, worauf die da oben vermutlich stehen.

 

Hallo Zaza und danke für deine Antwort. Ehrlich gesagt bin ich noch alles andere als zufrieden mit dem Text. es fehlen Inahlte, der Text ist ziemlich kurz für die Thematik, wenngleich es mein längster ist. Dadurch wirkt er vermutlich an wichtigen Stellen zu oberflächlich, an anderen Stellen zu sentimental. Wäre nett, wenn du ein paar Satzzeichenfehler rausklauben könntest.

 

Zu kurz? Ich weiß ja nicht, was Du im Kopf hattest. Naja, mich würde ein längerer Text dazu wahrscheinlich eher nicht interessieren, aber wie gesagt, keine Ahnung, was Du im Kopf hast. Hm, was mich etwas stört, ist dass es 1962 ist, aber sonst wann sein kann. Vielleicht ein wenig mehr Hintergrund? Irgendwie kommt die Angabe mit so einer Wichtigkeit daher.

Fehler per Mail.

 

Wow....ich bin seit langer Zeit wieder hier und ich kann dir nur für deine Mühe danken. Tatsächlich habe ich an dem Text noch nicht weitergearbeitet, seit meine Bewerbung am, DLL gescheitert ist und mir fehlt auch ein wenig die Muße dazu. Obwohl ich nicht den Anspruch hatte, genommen zu werden, nimmt es mich ein wenig mit, zumindest, was das Schreiben insgesamt angeht (insofern kann ich Zaza jetzt ein wenig besser verstehen). Schade, dass wir uns neulich nicht gesehen haben, dann hätten wir vielleicht ein wenig so darüber philosophieren können. Nach der Mühe, die du dir gemacht hast, werde ich mich irgendwann wieder an den Text setzen. Danke nochmal.

 

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