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Da kam der Gedanke, er sollte einmal ein Buch schreiben.
Da kam ihm der Gedanke, er sollte einmal ein Buch schreiben.
Da kam ihm der Gedanke, er sollte einmal ein Buch schreiben.
Eines Tages beschloss er, ein Buch zu schreiben. Dazu braucht man im Allgemeinen viel Ruhe und noch mehr Konzentration. Plärrende Kinder störten nicht mehr, denn die waren schon ausgeflogen. Also blieb nur noch der letzte Störfaktor, den Fernseher, wegzuwerfen. Die irgendwo residierende Behörde verstand jedoch nicht, dass er Autor werden wollte und dazu also dringend seine Ruhe benötigte. “Die Abmeldung haben wir nicht durchgeführt. Die Begründung fehlt“, hieß es darauf kurz und bündig. Welche Begründung? Aber es ist nun einmal so, der Mensch hat sich für die Behörde zu begründen, sein Dasein nachzuweisen und so weiter. Die Zeiten sind längst vorbei, in denen es genügte, sich anstelle mit einem Dokument vorzustellen mit, „cogito, ergo sum „. Das alte “ich denke, also bin ich“, löst heute nur ein bedauerliches Lächeln aus. Zugegeben, früher kam man damit allein auch nicht so ohneweiteres durchs Land. Wie auch immer, heute gilt, „Sie existieren, also sind Sie ein öffentlich rechtlicher Fernseher“. Das hat mit Denken nun gar nichts zu tun. Jedoch das erste Hindernis für den Beginn, ein Buch zu schreiben, blieb hartnäckig bestehen.
Weitere Schreiben folgten, Wir haben weiterhin keine Abmeldung vorgenommen. Wir benötigen eine Bestätigung von einer Fachwerkstatt, dass das Empfangsteil ausgebaut wurde.
Er überlegte misstrauisch, ist das vielleicht schon der Anfang einer Orwellschen Zeit? Orwell hatte 1948 den Big Brother erfunden und jedem seinen Kasten vorausgesagt, der nie abgeschaltet werden durfte. Und laufen nicht schon längst die Big Brother Trainingsprogramme im Fernseher?
Doch es geschah ein Wunder, die Behörde entließ ihn aus der schon am Horizont heran stampfenden Orwellschen Gesellschaft. Nunmehr stand also kein Hindernis seiner schöpferischen Arbeit im Weg.
Da flatterte auch schon eine freundliche Broschüre herein, Wir freuen uns auf Ihr Buch. Mit uns wird der Traum vom eigenen Buch wahr. Na bitte, wer sagt’s denn. Weiter hieß es. Druckkosten werden nicht berechnet. Der Verlag liefert je belegte Buchseite zwei Exemplare. Beachten sie bitte die Fußnote. Dort stand dann im Detail, man könnte gleich 6795 Euro bezahlen und bekomme dann 20 Freiexemplare oder bei freier Druckkostenwahl schwirren zweihundert zu kaufende Bücher portofrei ins Haus. Buchgestaltung, Werbung und so weiter wird alles übernommen. Unsere Bücher erscheinen mit buntem Cover-Abbildung und Werbetext in der Presse. Was will ein Schreiber mehr?
Er kratzte sich am Kopf, rechnete Kilobytes in Seiten um und kam tatsächlich auf zweihundert hereinstürzende Bücher, die zudem noch alle denselben Inhalt aufweisen würden. Er sah sich daraufhin sein Manuskript an, schnitt da und dort ab und schmiss den Abfall in den virtuellen Papierkorb. Der Verschnitt belief sich fast auf ein zweites Buch. Er las das bunt zusammengewürfelte Abgeschnittene durch. Er fand diesen Inhalt viel kurzweiliger als das Original selbst. Doch diese Version stellte zu große Ansprüche an eine Leserschaft, überlegte er, denn es setzte Kenntnisse von ungemein schwer zu verstehenden Zusammenhängen voraus.
Dann sann er nach, wo bewahre ich zweihundert Bücher auf? Im Keller oder auf dem Boden lagern? - Das geht nicht. Auf dem Boden klettern im Sommer die Temperaturen leicht auf fünfzig Grad und im Keller ist es zu feucht. Das Kulturerbe im Koffer bei der Bank deponieren? Die kritischen Augen eines Bankers misstrauen doch so einem großen und gewichtigen Koffer. Da will jemand illegales Geld wegdrücken, heißt es gleich. Und wer soll dann Jahrhunderte lang die Gebühren für den klimatisierten Safe zahlen bis das Werk endlich entdeckt wird. Abgesehen davon, in einem Tresor liest niemand ein Buch. Also bleibt nur, das Werk auf dem Wochenmarkt zu verkaufen. Vielleicht als fliegender Händler verkleidet an einem Stand am Rande des Platzes. Am Ende hätte ihm sonst jemand mit Namen begrüßt, mein Gott, seit wann schreiben Sie Bücher? Dabei handelt es sich ja lediglich um ein einziges Buch. Mit Verkleidung galt es noch zu beachten, nie den großen schwarzen Hut abzunehmen und etwa auf den Tisch vor sich hinzulegen. In diesem Fall würden Vorbeigehende einige mitleidige Blicke zusammen mit vielen Geldstücken hineinwerfen und im Weggehen sagen, Bücher schreiben und dann betteln müssen, wie tief doch der Mensch heutzutage sinken kann.
Langsam dämmerte es ihm, so ein Buch bereitet viel Kopfzerbrechen und mit dem Wegwerfen des Fernsehers ist es nicht getan. Er tröstete sich mit einer Tasse Kaffee und mit der Klassik. Schließlich hätte, Werthers Leiden heute doch kein Verleger genommen und schrieb unverdrossen ein zweites Buch. Er war halt nur in die verkehrte Zeit hinein geboren worden, aber wer kann schon von sich behaupten, dass er in der richtigen Zeit lebt.
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