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Das Auge des Teufels

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13.03.2004
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Das Auge des Teufels

Das Auge des Teufels

"Schatz, sind die Kinder fertig?"
"Aber natürlich, Diana, nur du fehlst uns noch zum vollkommenen Glück!"

Die langen, blonden Haare strichen ihr im frischen Frühlingswind über das verlegene Lächeln. Langsam kam sie die Verandatreppe hinab. Die leichte weiße Bluse stand ihr gut. Sie gab ihm einen sinnlich tiefen Kuss, ehe sie den Picknickkorb in den Koferraum stellte.

Auf der Rückseite des Wagens klatschten die beiden Kleinen freudig in die Hände. Sie waren voller Vorfreude auf den Familienausflug, der an diesem jungen Frühlingstag unbeschwert und glücklich begann. Als der Wagen anfuhr, wirbelten kleine Staubwolken auf. Im Radio dudelten Songs of Love. Langsam entfernten sie sich von ihrer einsam gelegenen Ranch im US-Bundesstaat Texas.

Sie fuhren auf der ewig geraden Wüstenstraße direkt auf eine Polizeiabsperrung zu.
"Sieh mal, Marc, da ist doch etwas!"

"Ja, jetzt sehe ich es auch, das ist...das ist doch...das sind Polizisten!"
"Eine Polizeisperre!"

Dann ging alles sehr schnell. Marc kam nicht mehr dazu, auch nur einen Ton heraus zu bringen. Die äußerste Brutalität und Schnelligkeit des texanischen Sondereinsatzkommandos versetzte ihn in einen Schock.

Die Kinder weinten. Seine Frau Diana schrie laut auf.

Vor einer weißen Betonwand und unter einer ständig dröhnenden Stimme kam er wieder zu sich. Er war allein. Er war allein in einer kahlen Gefängniszelle. Die Stimme, immer wieder die Stimme in seinem Kopf: "Sie sind des Mordes in drei Fällen verdächtig. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweiggern..."
"Was ist hier los?" Benommen bedeckte er mit beiden Händen sein verweintes Gesicht.
"Was ist los...was ist...Hilfe...ich will hier sofort raus...Diana!!"

Für Marc und seine Familie begann eine Zeit des Schreckens. Eine Zeit des Horrors. Marc wurde vor dem Geschworenengericht des dreifachen Mordes angeklagt und zum Tode verurteilt. Ein Brillenträger wollte aus hundertfünfzig Metern Entfernung alles beobachtet haben. Marc hatte keine Chance, er war hoffnungslos verloren.

Heute, am Tag seiner Hinrichtung, zwei jahre nach seiner Festnahme, kam seine Frau mit den Kindern, um ihn ein letztes Mal zu besuchen. Zum letzten Mal trafen sich ihre Blicke. Ihre Hände hoben sich und berührten die kalte Panzerglasscheibe.

Marc lag auf der Pritsche. Er fühlte die Zeit verticken. Er hatte mit dem Leben abgeschlossen und war in eine tiefe Ruhe gefallen. Er hatte aufgehört zu denken. Er lag ganz einfach nur da.
Schritte kamen näher. Mit dumpfen Geräusch öffnete sich die Tür der Todeszelle:

"Sie sind frei!"
"Hören Sie, Sie sind frei!!"
"Wir haben den wirklichen Mörder gefunden!"
"Sie sind frei!"

Marc bäumte sich auf und musste sich übergeben.
Er kotzte den größten Teil der Henkersmahlzeit aus. Millionen Glückshormone schossen durch seinen kahlgeschorenen Schädel. Marc biss sich auf die Zunge. Blut und Speichel sabberten aus seinem Mund.

"Ich...ich...ich bin frei...ich bin frei...?"
Dann wurde er plötzlich vollkommen ruhig.
"Er lebt noch " "Hört ihr, er spricht vor sich hin!"

"Ich...ich bin frei...ich bin frei...!"

Die Augenklappe wurde ihm angehoben.
Des Henkers kalte, tiefgrüne Augen sahen Marc durchdringend an: "Nein, mein Lieber, Du bist nicht frei, Du sitzt auf dem elektrischen Stuhl und fantasierst! Aber ein widerstandsfähiges Kerlchen bist du, das muss ich schon sagen, aber keine Sorge, das haben wir gleich!"

Die Augenklappe wurde wieder geschlossen.
Marc sah in die Tiefe der Dunkelheit.

"Geh hoch auf 20.000, der da unten wartet schon auf ihn!"
Im blassen, schwamigen Gesicht des Henkers blieb ein Lächeln stehen.

Noch einmal, in einem anderen Ton, stöhnte Marc benommen auf. "ich...bin frei!"
Blutiger Speichel quoll aus seinem Mund.
In seinem Kopf explodierten noch einmal Glücksgefühle.
Dann war Ruhe. Unendliche Ruhe.


Friedrich (25)
Das Auge des Teufels

 

Hi!

Nach einen Moment des Grübelns muss ich sagen, dass mir deine Geschichte als reine Momentaufnahme besser gefallen hätte. Der Anfang dient zwar dazu die Zerstörung des Familienglücks einzufangen, was auch ganz gut gelungen ist, aber mir fehlen daran die Zusammenhänge, die den gesuchten Mörder auf einen Unschuldigen projizieren, was heißen soll dass mir seine Festnahme und die Schuldzuweisung zu undeutlich erscheint. Die eindeutig zweifelhafte Aussage eines vermeintlichen Zeugen hat keine absolute Beweißkraft, oder? Auch fehlt mir die Tat als solches, die nebulös mit Mord in dreifacher Ausführung beschrieben ist. Es hätte mir besser gefallen wenn der Mörder tatsächlich aufgetaucht, sein Handeln deutlicher geworden wäre und er vielleicht mit Gleichgültigkeit, Erleichterung oder Reue die Bestrafung des Unschuldigen registriert hätte.

Den Schluss fand ich dafür, wenn auch ein bisschen knapp, gelungen. Wenn dieses Warten in der Todeszelle und der Moment der Hinrichtung ausführlicher und ohne die Festnahme und Verurteilung gestanden hätte, hätte ich die Geschichte super gefunden. Besonders der Glaube frei zu sein, dass sich alles zum Guten gewendet hat, während er in Wirklichkeit auf dem Stromstuhl sitzt und fantasiert. Das hatte was. Insbesondere weil ich tatsächlich an das Happy End geglaubt hatte.

Nun gut. Das war’s von meiner Seite.
Fröhliches Schreiben noch!

gollum

 

Hi Friedrich,
nun, ich kann dieser Geschichte leider nicht sehr viel positives abgewinnen. Wie es Gollum bereits sagte, der Anfang ist überflüssig und das Ende dafür viel zu kurz. Mir scheint, als hättest du eine Idee innerhalb von Minuten ausgearbeitet und diese auch ebenso schnell heruntergeschrieben. Wahrscheinlich existierte sogar nur der Schluss und du empfandest es als nötig die Situation auf dem Stuhl herzuleiten...dies meine Theorie ;)Ergo hast du eine Menge Potential verschenkt, die „zwischen den Zeilen“ durchaus vorhanden ist.Den Titel hast du auch recht schlecht gewählt. Ich denke mal der Henker ist gemeint, doch spielt dieser eine wirklich so große Rolle, dass ihm die Überschrift gebührt?...

Grüße...
morti

 

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