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Das Glimmern
DAS GLIMMERN
„Basis!“, schrie er. „Basis!“ Die Hauptlichtquelle erlosch. Nun übernahm das Farbenspiel eines anderen Lichtes, tänzelte grünlich über seine Wangenknochen. „Basis!“ ertönte es zum wiederholten Male aus seinem Munde. „Basis! Hören sie mich?“ Nichts.
Er setzte sich in der Ecke auf die dunkelrot gepolsterte Bank und atmete verzweifelt aus. Ein Lächeln huschte von seinem linken zu seinem rechten Mundwinkel. Verglomm jedoch in der Dunkelheit des metallenen Raumschiffes. Nur eine Wand wurde von dem grün-gelb aufblitzenden, kugelförmigen Etwas ausserhalb des Fensters beleuchtet.
„Warum bin ich so allein? Ist das das Ende?“ dachte er, teilweise murmelnd. Sein Blick schweifte flüchtig über die leblosen Körper am Boden. Vier seiner Astronautenkollegen waren tot. Das Raumschiff hatte zuerst plötzlich keine Elektrizität mehr geführt, bis auf den Notstrom in den Lampen. Doch jetzt, war alles aus. Der grünliche Schimmer war so schön! Wenn er nun auch aus dem Guckloch schauen würde, würde er dann auch einfach zu Boden sinken? Wie seine Kollegen? Würde er einfach aufhören zu atmen und ruhig hinübergleiten? Es schien nämlich irgendwie angenehm zu sein. Was hatte er zu verlieren? Ansonsten würde er hier in der Dunkelheit hocken und traurig zu Ende gehen, immer mit der Hoffnung, dass das Schiff sich wieder erhellte, jedoch insgeheim wissend, dass es stumm und unbegreiflich düster bliebe.
Sie waren in sanfter Ruhe durch die Unendlichkeit geflogen, als sie plötzlich das runde Etwas vor sich auf dem Radar leuchten gesehen hatten. Verwundert hatten sich alle zum Fenster hingedrängt, als es sich auf der Seite des Schiffes befunden hatte. Doch war das Fenster zu klein für fünf Personen gewesen. Daher hatte er beschlossen, seine Abenteuerlust noch ein wenig zu unterdrücken.
Zwischen seiner Beobachtung der erstaunten Gesichter, die eigenartig zufrieden auf die andere Seite des Glases starrten und dem Verwundern über die absolute Stile, die sich indes des Raumes bemächtigte hatte – keiner der Kollegen hatte es gewagt einem Ton Raum zu gewähren – war die sanfte Bombe geplatzt und alle waren zu Boden geglitten, wie bei einem narkoleptischen Anfall. Parallel zum Stillstand des Schiffes. Er hatte die Basis rufen wollen. Die Basis hatte nicht erwidern wollen...
Jetzt war es dunkel, jetzt war er allein. Dafür, dass er gerade seine schrecklichsten und längsten 153 Sekunden durchlebt hatte, war sein Erstaunen wirklich gering.
Er stand unentschlossen auf und blieb stehen. Als sich seine Beine schon wieder biegen, der Rücken sich schon wieder krümmen wollte, entschied der Teil in ihm, der ansonsten für spontane Aktionen, wie 3 Wochen lang ohne jegliche Planung durch Europa zu fahren, verantwortlich war, auf das diabolische Glas zuzugehen.
Zwei Schritte. Dann den vorderen Fuss im Lot zur Raumschiffwand. Und jetzt nur noch ein paar Zentimeter mit dem Oberkörper nach links und er würde es sehen. Langsam schob sich die kalte Metallwand von links nach rechts. Wie ein Trennstrich gab sie nun den Blick zögernd immer mehr frei.
Es war wunderschön! Sein Gesicht glänzte von aussen, von innen. Der Widerhall des Lichtes zeigte sich in der Scheibe, in seinen feuchten Augen. Er war gerührt. Es schien zu leben. Es war das Grosszügigste, das er je gesehen hatte. Das Liebevollste, das Vollkommenste, das Ruhigste. Er schloss für ein paar Sekunden die Augen. Genoss diese Wärme. Öffnete sie wieder und schloss sie alsbald zum letzten Mal. Er fühlte, wie die Wärme in ihm sich ausdehnte, wie er zeitlupenartig niedersank, wie er immer weniger wurde.