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Dau
Der größte und natürliche Feind von Computer-Spezialisten im Allgemeinen und PC-Freaks im Besonderen ist der DAU: der dümmste anzunehmende User. Denn der DAU beweist den Spezialisten und Freaks, dass sie doch nicht ganz so die Spezialisten und Freaks sind, wie sie selbst von sich insgeheim glauben.
Einen Datenverarbeiter zeichnet ein Tunnelblick aus. Alles, was möglich ist, ist das, was er glaubt, verstanden zu haben - nach endlosen nur ihm zuliebe abgehaltenen Sitzungen und nach Erklärungen, die in simpler Wenn-dann-Logik formuliert wurden. Was der Datenverarbeiter schließlich immer noch nicht verstanden hat, lässt er weg und nennt es optimieren.
Das Ergebnis steht in einem Programm. Das, was nicht im Programm steht, das ist aus der Sicht des Programmierers schlichtweg überflüssig, nicht möglich - oder die Eingabe eines DAUs.
Einen DAU zeichnet Kreativität aus. Alles, was möglich ist, ist möglich, ist erlaubt und wird getan. Ein DAU nimmt nicht das Eingabefeld für "Nachlass", sondern das Feld für "Zuschlag" und tippt einen negativen Prozentsatz ein. Er beobachtet interessiert, wie das mit den teuersten und modernsten Techniken erstellte, lange und umfangreich getestete und demnach perfekte Programm sich in einer Endlosschleife verfängt, den Rechner einfriert und den Druck auf den Ausknopf erzwingt. Danach ruft er den Fachmann aus der Datenverarbeitung zu Hilfe und betont, wie wichtig dieser Vertrag sei.
Manchmal genügt schon ein Smørrebrød oder das Euro-Zeichen, um für nicht vorhergesehene Effekte zu sorgen. Wenn dann ein Rundschreiben an alle Angestellten im Haus und in den Filialen verschickt wird, mit der dringenden Bitte, dieses spezielle Zeichen nicht mehr einzugeben, bis die Spezialisten der IT-Abteilung das Problem behoben haben, dann kann der DAU sich zurücklehnen, sich ein Tässchen Kaffee gönnen und darüber nachsinnieren, weshalb wohl diese außergewöhnliche Abteilung und ihre fähigen Mitarbeiter demnächst in eine GmbH mit Sitz am anderen Ende der Stadt ausgelagert werden.
Ein DAU findet auch Fehlermeldungen wie:
"Der Text, den Sie eingegeben haben, besteht aus 738 Zeichen und ist damit zu kurz. Bitte erweitern Sie den Text auf die minimale Länge von 2 Zeichen."
Der pflichtbewusste DAU leitet eine solche Fehlermeldung umgehend an den Verantwortlichen weiter. Woraufhin der womöglich leicht genervt reagiert und dem DAU erklärt, weshalb 738 Zeichen weniger seien als 2 Zeichen. In diesem Fall sollte der DAU nachsichtig lächeln und ansonsten den Mund halten.
Kommt ein Programmierer zum Chef und sagt: "Chef, die neue Programmversion ist fertig." Fragt der Chef: "Gut - und was ist neu?" Antwortet der Programmierer: "Die Fehler!"
So sind sie, unsere Computer-Freaks. Auf ihre Fehler kann man sich immer verlassen.
*
Ich selbst liebe den Benutzerservice mit all den jungen Leuten und ihren fundierten PC-Kenntnissen. Wenn ich ein Problem habe, greife ich zum Telefon und ...
"Benutzerservice, PC-Betreuung. Wie kann ich Ihnen helfen?"
"Also, ich hab' da eine Mail bekommen. Da ist ein Bild drin und das wollt' ich auf meiner Festplatte speichern."
"Kein Problem. Gehen Sie mit der Maus auf den Anhang und drücken Sie die rechte Maustaste. In dem Menü wählen Sie ‚Speichern unter'."
"Das Bild ist kein Anhang", sage ich. "Es ist direkt in den Mailtext eingebunden."
Kurzes Schweigen. Dann: "Versuchen wir es trotzdem. - Gehen Sie mit der Maus auf das Bild und drücken Sie die rechte Maustaste. In dem Menü wählen Sie ‚Speichern unter'."
Ich hatte gewusst, dass mein Hinweis sinnlos bleiben würde. Ab dem Moment, in dem ich die Nummer des Benutzerservices gewählt habe, waren die Rollen unwiderruflich vergeben. Ich war der DAU und er der Spezialist. Und der Tag, an dem ein Computer-Spezialist auf einen Computer-DAU hört, der muss erst noch kommen.
Ich schiebe den Mauszeiger auf das Bild, das kein Anhang ist, und klicke mit der rechten Maustaste. "Bei mir kommt kein Menü mit ‚Speichern unter'."
"Und wenn Sie in der Menüleiste oben im Fenster auf ‚Datei' klicken und dann auf ‚Anlagen speichern'?"
Ich klicke. "Das Menü ist da, aber es passiert nichts."
Der freundliche junge Mann am anderen Ende der Leitung hat Glück und ich heute keine Lust zum Spielen. "Hören Sie. Ich schicke Ihnen die Mail einfach zu und dann versuchen Sie, das Bild herauszuholen. O.K.?"
Angesichts dieser Zumutung ziert er sich etwas, gibt schließlich nach, und ich leite die Mail an ihn weiter. Ungefähr eine Stunde später erhalte ich eine Antwort. Er konnte mein Problem nicht lösen, weshalb er die Mail samt Bild an das Back Office Team des Second Level Supports weitergereicht hat. Ein paar Stunden später meldet sich von dort ein Mitarbeiter. Auch die Spezialisten des Back Office Teams haben keine Lösung gefunden. Ob ich aus der einfachen Support-Anfrage einen offiziellen Problem Request machen könnte, damit sie sich genauso offiziell an den Customer Support Service von Microsoft wenden könnten?
Microsoft? - Für wenige Augenblicke gerate ich in Versuchung. Für wenige Augenblicke öffnet sich der DAU-Himmel. Ich höre süße Glocken klingen und eine herrlich warme Sonne strahlt mich an. Denn:
Meine Mail war eine privat erhaltene Mail, und das Bild war ein animiertes Bildchen mit Bart Simpson, wie er die Hose runterlässt.
Auch ein DAU muss wissen, wann Schluss ist. Auf einen Problem Request im Bug Tracking Tool und die Anfrage bei dem Customer Support Service von Microsoft habe ich deshalb verzichtet. Nevertheless: Der First Level Support und das Back Office Team des Second Level Supports einer international Company hatten vor dem banalen Problem eines stupidest imaginable Users kapituliert. Das war auch ein gewisser Success.
Eine Klasse für sich sind by the way ... -
Eine Klasse für sich sind übrigens die Studierten: die Diplom-Informatiker. Abgesehen vom perfekten Beherrschen des Computer-Dialekts des Denglisch haben sie von Tuten und ...
Das erinnert mich an eine junge Frau, gerade 20 durch, die Diplom-Informatik studierte und bei uns im Betrieb ein Praktikum machte. Sie hatte das Pech, in die Projektgruppe gesteckt zu werden, in der ich bereits saß.
Ich bin mir nicht sicher, ob Blondine die Steigerungsform von Diplom-Informatiker ist oder Diplom-Informatiker die von Blondine. Seit damals weiß ich jedoch, was passiert, wenn beides zusammentrifft. Es ergibt eine äußerst interessante, verführerische Mischung.
Es begann damit, dass ich DAU-mäßig neben einem PC stand. Sie trat zu mir und fragte, ob sie helfen könne.
"Nun", sagte ich gutgelaunt, "ich möchte den PC herunterfahren, aber ich weiß nicht wie."
"Das ist ganz einfach", antwortete sie mit irritiertem Blick. "Wenn Sie den PC ausschalten wollen, dann klicken Sie auf ‚Start'."
In dem Moment wusste ich, dass ich noch sehr viel Spaß mit ihr haben würde.