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Der blutsaugende Rüssel der Einsamkeit

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25.06.2004
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Der blutsaugende Rüssel der Einsamkeit

Der Zug raste in eine Richtung.
Jori summte vor sich hin, und die ganze Landschaft rundherum wurde durch die wechselnde Perspektive umgewühlt; wuchs und schrumpfte und veränderte sich in jeder erdenklichen Weise.
Und nicht nur das:
Bärte wurden länger, Bärte verschwanden, Bärte lugten langsam wieder hervor- testosteronaler Sisyphos.
Ob es möglich war, an den Gesichtshaaren zusammenzuwachsen?
War es möglich, dass auf irgendeinen langen Tag naturgemäß auch eine lange Nacht folgte, an deren Mündung ins Sonnenlicht, sie sich verwachsen sahen?
Angeleint aneinander, gebunden.
Angeleint an jeden anderen Menschen hier.
Obwohl das nicht viele waren, und überhaupt- die einzig erwähnenswerten Menschen waren er selbst und dann noch dieser Dicke.
Der Dicke war weder ganz nett noch ein ziemliches Arschloch.
Er war nicht in dieses charakteristische Spektrum einzuteilen, dass einem für gewöhnlich einen jeden Typen als billigen Mensch- Bausatz erscheinen ließ, hinter dem ein etwas komplizierterer Bausatz stand, und so weiter.
Die meisten sind so, die meisten sind das, genau das: Keine wirklichen Menschen; Affen die sich von Ast zu Ast von Dschungel zu Dschungel hangeln.
Sie sehen sich und die anderen immer woanders, mit all diesen Verbindungen die sie für wichtig halten.
Das ist böse.

Das Ziel erwuchs vor ihnen, wie eine gigantische Banane vor einem Affen erwachsen muss- mit Händen zu greifen, man will dort hin, mit Fleisch und Geist.
Eigentlich ist man bereits dort.
Der Zug schien langsamer zu werden, niemand sprach.
Der Zug, der Zug.
Der Zug fuhr ein, mit seinen kinderbuchartig rot bepinselten Flanken.
Er preschte noch, ließ sich hetzen, war am überkochen vor Energie.
Und schien dennoch viel zu langsam.
Seine Nüstern trompeteten.
Wir fuhren ein in ein Wohnzimmer das- flach und glatt- bis zum Horizont reichte, wunderten uns über diese Art von Wohlstand, waren erstaunt und erfüllt.
Wir wussten noch nicht wie lange wir durch diese Wüste wandern würden, wie einsame Reisende.
Wir orientierten uns an dem horizontalen Strich, der stets vor uns ruhte und den Rhythmus vorgab.
Es ist weit.

 

Hallo ZinnCinn,
mich wunderte, daß niemand einen Kommentar auf deine Geschichte geschrieben hat.
Jetzt kann ich es mir denken. Ich hab sie nicht begriffen und ich vermute mal, andere auch nicht.
Dann hab ich mal deine anderen Geschichten aufgerufen und teilweise deine Kommentare gelesen.
Zwei Geschichten hast du da als Fingerübungen bezeichnet.
Ich fühle mich immer dann verarscht, wenn ich mich ernsthaft mit einem Text auseinandersetzte und der Autor dann schreibt: War ja nur ne Fingerübung.
Acht... ich hab doch was verstanden:

Der Zug raste in eine Richtung.
Bei zwei Richtungen hätte ich ein Problem.
Mit verwirrten Grüßen
3

 

Hi ZinnCinn,

was mir gefallen hat, war das Bild von der Mündung der Nacht ins Sonnenlicht. Die Bemerkungen zu den Menschen, die so sind wie Affen, fand ich ein wenig zu besserwisserisch.

"Seine Nüstern trompeteten."
Da seh ich eine Dampflokomotive.

Grüße,
Stefan

 

Danke an alle!
@leixoletti
Es ist auch eine Dampflokomotive- gut erkannt.
Dass alle Menschen Affen sind ist die persönliche Meinung von dem Typen, nicht von mir.

 

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