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Der Dritte
Die Saiten waren völlig verstimmt, doch langsam und müde spielte Torff die Melodie seiner eigenen kleinen Wahrheit. Ton für Ton entkam jenes Gleichgütigkeit schürende Lied dem Bauch des schweren, hölzernen Instrumentes, das er wie ein Kind in seinen Armen trug. Die Zeilen der Hoffnung, so glaub er, waren es, die all die kleinen Melodien in ihm am Leben erhielten.
Note für Note zupfte er die Klänge aus den Saiten und beobachtete die Vögel am Himmel, die völlig verspielt im Takte seines Weines tanzten. Ja, der Wein… schon wieder ereilte ihn das Gefühl, die Welt sei ein Werk des Friedens, gepresst aus den Trauben der Hoffnung zu einem Wein der Verneinung jeder Zustimmung eines Dritten. Des Dritten, der ihm niemals erschienen ist.
Zitternd legte Torff das Instrument aus der Hand und sah hinaus in die grüne Welt der Felder und des blauen Himmels. Die Uhr lief, doch er kam nicht. Im Schatten des goldenen Käfigs regte sich ein Wesen, klein und benutzt. Er gab dem Wesen, was es brauchte und erklomm selbstlos den Gipfel seines eigenen Herzens.
Der Wald der Ewigkeit legte sich wie ein Teppich über das Land, verschmolz am Horizont mit dem Himmel und in Symbiose bildeten sie einen Anblick, den selbst die Götter nicht zu deuten wagten. Pflanzen wuchsen aus dem feuchten Boden und schöpften Kraft aus der Erde, dem Himmel und dem Wissen, das Leben sei doch nur eine kurze Episode des Universums.
Die Zeiger des Wissens kehrten ergeben ihre andere Seite dem Licht zu, öffneten sich dem Spiegel der Seelen. Torff versank in Demut und trat hinab in das Dunkel des Lichts.
Die Linie der Weiterführung der Zeilen wuchs unendlich in die Länge bis nur noch ein Stummel von ihr übrig blieb und die Einsamkeit im Wahn erklomm. Ein kleiner Spatz landete in der geöffneten Faust und sang sein klagendes Lied zur Stunde der Sehnsucht. In goldenen, weiten Kreisen ging Torff fast bis in den Tod und vergaß für einen kurzen Moment, wer die wahren Hüter des geheimen Wissens am Stein oben am Hügel unter dem Sternengebirge waren.
Doch der Dritte zeigte sich noch immer nicht am Horizont der verlorenen Tage. Nur die Tiere lagen in ihren im silbrig schimmernden Sternenlicht strahlenden Nestern und ein weiteres Mal entglitt eine Melodie dem Leib des Instrumentes in Torffs Hand, welche dem Wein eine neue, besondere Geschmacksnote versprach.
Der Dritte wartete schon lange auf sein Erscheinen, doch Torff entkam der Hoffnung seiner Befürchtungen und glitt hinab unter die Decke seiner Angst.
By Neawoulf
Kurzer Kommentar von mir: Bevor ihr fragt, worum es in dieser Geschichte geht: Versucht nicht die Worte zu verstehen, lest zwischen den Zeilen.
*Edit*
vielleicht wäre hier eine Rubrik für Geschichten angebracht, in der es um Psychologie und die Umwandlung von abstrakten Gedanken in Bildbeschreibungen geht ... hab das einfach mal unter Experimente gepackt. Hoffe, ich bin hier richtig.