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Der Vorangehende

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05.07.2002
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Der Vorangehende

Der Vorangehende

Eine Männertoilette ist ein ungewöhnlicher Ort, um auf jemanden zu warten. Ich tue es trotzdem, ich muss. Ich muss im Türrahmen zum Raum mit den Waschbecken ausharren, damit er mich sehen kann. Ich darf mich nicht umschauen. Auf dem Klo ist er gern allein. Wenn er den Arsch auf die Brille presst, muss ich nicht vorgehen, um die Schüssel anzugrinsen. Ich muss nur warten. Wegrennen? nein, das geht nun wirklich nicht. Er hat mich stets im Visier. Die Ausmaße sind größer, als sie denken.
Ich bin der fünfte und sechste Rückenwirbel, zwischen die sich der Stahl einbohrt. „Beweg dich, geh voran!“
Ich muss immer vorangehen. Andere müssen sich anders verhalten. Hände hoch, Schnauze halten, keine Dummheiten! Aber das kann man vielleicht auch nicht vergleichen. Denn ich bin nur für ihn da. Jetzt muss ich mir zum Beispiel die Hände waschen.
Ich bin die rechte und die linke Hand unter dem Wasserstrahl. „Wasch dir die Pfoten!“
Ich werde diesen Raum verlassen. Ich muss. Eigentlich ist es ganz schön hier allein zu sein. Draußen muss ich noch mehr aufpassen, um bloß keinen Fehler zu machen. Draußen ist er immer sehr gereizt.
Ich bin der arbeitende Bizeps am Türknopf. „Weiter nun!“
Jetzt geht es los. Bald, wenn da ein Anderer ist, kann ich nicht weiter für mich sprechen. Dann zählt nur noch der Andere. Dann heißt es, sich zu konzentrieren. Dann tue ich, was zu tun ist. Weil ich muss. Da kommt jemand. Ich spüre die verschüttete Kugel in meinem Fleisch.
Ich bin der vorrausgehende Er im Zitterschritt.
Ich bin die Maske vor meinem Gesicht.
Ich bin mein versklavter Schatten an der Wand der Höhle.
Ich bin die umkehrende Linse vor dem Abbild. „Guten Tag.“
Ich bin die emporgetriebene Mundwinkel auf beiden Seiten. „Wie geht es Ihnen?“
Ich bin das verklärende Schwingen der Luft aus deiner Kehle. „Danke, kann nicht klagen.“
Ich bin das von Nettigkeiten zerfurchte Trommelfell, bin das Drängende in meinem Rücken. „Einen schönen Tag noch.“
'Lass dich nicht unterkriegen!’
Der Schlüssel ist die Erlösung. Tür auf, Tür zu, erlöst, frei. Der Schritt vor den Spiegel zeigt keinen Anderen. Ich nehme das kalte Eisen von der Schläfe.

 

Hi Stöpsel,
ich mach dir zu Beginn direkt mal ein Kompliment: Tolle Sprache...aber das war es leider auch. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was du uns genau mit diesem Text sagen willst. Wirklich nicht...
Ich bitte um Erklärung ;)

Grüße...
morti

 

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