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Die Kur

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09.12.2003
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Die Kur

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Die Kur

Zwei Männer unterschiedlichen Alters machten gemeinsam einen Waldspaziergang.
Es war Anfang September des Jahres 2002 und beide waren zu einem Kuraufenthalt nach Bad Kissingen gefahren. Es war ein ausgesprochen warmer Spätseptember und die beginnende Laubfärbung ließ erahnen, dass in diesem Jahr ein besonders schöner Herbst wird.
Hans Brandt hat die Hände in den Manteltaschen seines Trenchs und sagt:
„Ich hasse den Duft des Herbstes.“
August Weber stützte sich mit der rechten auf einen alten Wanderstock und hielt die linke Hand hinter dem Rücken. Er schmunzelte ein wenig über den Missmut des anderen und meinte: „Ja, alle Welt spricht immer vom Frühlingsduft, sogar in der Werbung. Obwohl ich das Frühjahr auch schön finde, mag ich den Herbst besonders gern.“
Brandt: „ Der Herbst hat so was morbides.“
„ Ach, wenn es ein sonniger Tag ist und die Färbung gerade am schönsten ist, dann habe ich große Freude daran und denke gar nicht an die Vergänglichkeit.“
„ Ja, ja es kommt immer wieder ein Frühling - und all das sentimentale Gerede.“
„ Na, das klingt aber pessimistisch.“ sagte Weber und freute sich, dass er seine gute Laune behielt.
„ Wenn Sie mein Schicksal hätten…“ kam es leise aus Brandts Tiefe.
„ Na, na jeder hat seine Schläge. Wir kennen uns erst seit kurzem,… Sie wissen doch nicht, ob ich ein schweres Leben und trotzdem nicht so pessimistisch bin oder ob ich es leicht hatte.“
Komischer Kauz, dachte Weber. Macht immer so einen gehetzten Eindruck.
Im Kurheim bei den Mahlzeiten guckt er sich ständig um, wie ein Reptil, so ruckartig.
Irgendwas stimmt mit dem nicht. Er sagte zu Brandt:
„ Ich bin mindestens 20 Jahre älter als Sie, bin 86 geworden.“

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„ Werde im Oktober 64, Jahrgang 38.“
Weber belustigt: „ Daher rührt also Ihre Abneigung gegen den Herbst, Sie sind nicht gern auf die Welt gekommen!
Na nun sind Sie nicht gleich beleidigt, war nicht so gemeint. ----
Dann haben Sie den Krieg als Kind erlebt. Ich war im besten Mannesalter in den Kriegsjahren.“
„ Die Versorgung im Krieg war gut, uns Kindern fehlte es an nichts. Nur – meine Mutter, die hat mich nicht geliebt.“
„ Wohl auf dem Lande gelebt, da ging es ja noch lange Zeit gut. Na, wenn Adolf sich nicht übernommen hätte, wären wir jetzt dicke da in Europa. Aber nun will der Pole auch noch mitreden, das hätte es früher nicht gegeben.“
Aha, ein ewig Gestriger, dachte Brandt. Warum hatte er sich nur auf diesen Spaziergang mit dem Alten eingelassen. Der schien das Leben nur gelassen zu nehmen aber vielleicht wird man im Alter so.
Brandt betrachtete den Alten von der Seite und sinnierte vor sich hin. Er geht noch ziemlich straff und gerade, ein hagerer Typ. Äußerlich ein bisschen ähnlich, wie Brandt.
So gingen beide eine Weile schweigsam neben einander.
Der Alte dachte, eigentlich war ihm der Kauz gar nicht so unsympathisch. Er nannte ihn in seinen Gedanken immer Kauz. Aber warum war er so mufflig, so negativ?
„ Sie können dem Leben wohl nicht viel Sonniges abgewinnen, wie? Ich lasse alles immer erst herankommen und seh dann, wie ich das Beste daraus machen kann. Das habe ich bald gemerkt in meiner Jugend. Gerade in den Kriegsjahren, da sah ich gleich wie der Hase läuft.“
Egoist – konterte Brandt, aber nur in Gedanken. Jetzt kam die ganze Lobhudelei auf den Krieg mit Kameradschaft, kraftstrotzender Härte und Edelmut.
„ Ich war ein großer schlanker Mann, blond, ist ja nichts mehr davon zu sehen“, lacht der Alte, „ und blauäugig. Das war gefragt. Nach dem Krieg musste man vorsichtig sein, was man erzählt. Aber heute, ich sag es Ihnen rundheraus!

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Ich habe mich so bald es ging in die SS gemeldet. Da gings uns Jungs gut. Wir waren die Herren. In unserem Haus haben mich alle gegrüßt, ängstlich manche.
Besonders die aus dem dritten Stock – wurden später abgeholt. Auschwitz, verstehn Se?“
Brandt, genauso hager wie der Alte, ging immer geduckter und schwieg.
Der Kerl hat Dreck am Stecken, dachte er. Er ließ ihn reden, da kam noch manches zutage.
Die Ruhe hielt Weber nicht aus, er steuerte auf eine Bank zu und sagte: „ Ich komme aus dem Brandenburgischen. Nach dem Krieg bin ich gleich in den Westen gegangen, mit dem Kommunistenpack drüben wollte ich nichts zu tun haben. Haha Sie verstehn? Nach der Wende bin ich hin, na die haben da alles verwahrlosen lassen.“
Er ließ sich stöhnend auf der Bank nieder und klopfte mit der linken Hand neben sich, um Brandt zum Sitzen aufzufordern.
„ Haben Sie denn Besitz in Brandenburg?“
„ Nein, nein da bestehen keine Ansprüche meinerseits – nur so allgemein die Fassaden und schlechten Strassen damals. Jetzt scheint es ja zu werden.
Aber Sie sprechen deutsch mit leichtem Akzent. Woher kommen Sie, ich tippe auf den Norden.“
„ Meine Mutter war Norwegerin, aber ich bin seit 59 in Deutschland. Ich wollte Norwegen verlassen, schon als Kind. Ich sagte Ihnen ja, dass meine Mutter mich nicht geliebt hat.“
Weber antwortete nicht und beide saßen schweigsam auf der Bank, bis ihnen die Stille zu lange dauerte. Dann redeten sie über Belanglosigkeiten und den Kurort. Es schien, als wäre beiden das vorherige Gesprächsthema unangenehm.
Doch Brandt hatte auf einmal das Bedürfnis über sein Leben zu erzählen, obwohl die Ansichten des Alten nicht die seinen waren, oder gerade deshalb.
Weber kam ihm zuvor und erzählte, dass er schon 1937 in Norwegen war. Das Land hat ihm sehr gefallen, aber besonders die norwegischen Mädchen. Sie passten äußerlich in das arische Weltbild, welches er heute noch hat.
„ Ich war Anfang zwanzig und hatte in Potsdam ein Mädel. Eines Tages wurden ein paar Kameraden und ich nach Berlin beordert und dort einer Ärztekommission vorgestellt.

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Wir waren alle gesund, groß und sportlich. Zwei Wochen später ging es ab nach Norwegen. Zuerst wurde nicht genau gesagt, was unsere Aufgabe wäre. Dann hörten wir, dass uns dort Norwegerinnen zur Verfügung standen. Da dachte ich aber nicht mehr an meine Luise in Potsdam. Das war die schönste Zeit für mich. Nach dem Krieg hörte man in den Medien nur Kritik an dieser Einrichtung, wurde übrigens von Himmler ins Leben gerufen. Danach wurde alles als ein Verbrechen dargestellt. Den Mädels ging es doch gut, die wurden versorgt mit ihren Kindern – na und Spaß hatten die auch dabei.
Meiner späteren Frau habe ich nie davon erzählt. Frauen sind da empfindlich, wissen Se.“
Mit einer ruckartigen Bewegung stand Brandt auf. In seinem Gesicht ruckten und zuckten die Nerven, er war aufs Äußerste erregt.
Aus seinen Augen sprühte Hass auf den Alten, aber auch eine unsagbare Traurigkeit und Resignation war zu sehen. Er schrie den alten Mann auf der Bank an:
„ Wissen Sie überhaupt, was Sie da sagen, was Sie damals alle angerichtet haben?
Diese Frauen wurden dazu gezwungen und ihre Kinder blieben immer ungeliebt.
Meine Mutter war so ein Mädchen und ließ mich allein. Ich wollte nach Deutschland, meinen Vater suchen und zur Rede stellen – habe ihn nie gefunden.
Wenn ich Sie sehe, bin ich froh, dass ich den Kerl nicht kennen gelernt habe.
Ich hasse ihn!
„ Lebensborn“ hieß das übrigens, falls Sie das vergessen haben.“
Brandt spuckte vor dem Alten aus und ging sehr schnell davon.

 

Hi romy,

so richtig begeistert war ich von der Stoy nicht.

Die ganze Unterhaltung (mehr passiert ja nicht) plätschert so dahin, und ist eigentlich nie richtig spannend. Auch die Charaktere bleiben oberflächlich. Besonders der jüngere der Beiden.

Die Seitenangaben solltest Du aus dem Text entfernen. Sie machen keinen Sinn und stören nur.

Gruß
Jörg

 

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