Die Party
Es ist ein Uhr. Ein Uhr morgens. Ich stehe vor Tims Haus. Laute Musik schallt mir entegegen und ab und zu höre ich auch ein paar Stimmen der Gäste, die anscheinend lauthals mitsingen. Ich wäre so gern dabei. Dabei, unter Tims Gästen. Aber er wird mich nie reinlassen. Ich bin nur ein kleiner Aussenseiter, den niemand haben will. Unbeliebt und geschmäht. Warum nur? Warum? Die Frage geht mir immer wieder durch den Kopf. Ich habe ihnen doch nie etwas getan, sie nie verärgert, war immer ,brav', hab mich korrekt verhalten und doch habe ich nie zu ihnen gehört, zu den Coolen. Ich weiss selbst nicht warum und ich denke immer wieder darüber nach.
Auf einmal geht die Tür auf. Ein paar Betrunkene kommen herausgetorkelt. Lallend ziehen sie an mir vorbei. Ich denke, sie haben mich nicht bemerkt. Wie auch, ist ja auch dunkel und ich stehe im Schatten.
Die Tür geht nochmal auf. Diesmal kommt nur ein Betrunkener raus. Die Türe lässt er offen stehen. Drinnen ist es hell und jetzt, wo die Tür offen ist, hört man die Musik noch viel deutlicher. Sie lockt mich, ruft mich, ich solle doch hineinkommen. Hinein, ins Haus, zur Party. Es sind ja so viele Leute drin und die meisten auch noch besoffen, da wird man mich sicher nicht entdecken und wenn doch, naja, dann lauf ich halt weg. Ich kann sehr schnell rennen.
Langsam schleiche ich mich an das Haus heran und werfe einen Blick in den Vorraum. Drinnen steht niemand. Der Vorraum ist menschenleer. Ich gehe durch den Vorraum ins Treppenhaus. Die Musik wird immer lauter. Gleich nebenan muss gefeiert werden. Von dort kommt sie. Leider ist die Tür zum Partyraum zu und aufmachen will ich sie nicht. Man könnte mich entdecken. Vielleicht sollte ich unter der Treppe warten, bis einer herauskommt.
Ich muss auch nicht lange warten, denn kurz darauf geht die Tür zum Zimmer, in dem gefeiert wird, auf. Ein weiterer, der nicht mehr Herr seiner Sinne ist. Dahinter liegt das Wohnzimmer. Ich erhasche einen Blick hinein. Drinnen geht echt die Post ab. Und die Musik ist ohrenbetäubend laut. Man könnte sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. Ohne zu zögern gehe ich nach dem Besoffenen hinein. Der schaut nur kurz verdutzt, scheint mich aber nicht zu erkennen. Das erste, was mir auffällt, sind die 3 grossen, schwarzen Boxen. Sie stehen zwar an der Seite, aber sie fallen unweigerlich in diesem Wohnzimmer, welches vollgestopft mit irgendwelchen seltsamen, fremdländischen Antiqitäten ist, auf. In den Regalen ist Porzellangeschirr und an den Wänden hängen Trophäen. Was noch zu der Einrichtung passen würde, wären dicke Perserteppiche (die wohl vorher rausgenommen worden sind, gäbe es sie). In der Ecke steht noch ein Klavier. In der Mitte des Raumes tanzen vielleicht an die 20 Menschen. Gegenüber der Tür, am Ende des Raumes ist eine Bar, an der auch einige stehen. Unter anderem Sophie. Mein Gott sieht sie gut aus. Leider steht Tim neben ihr. Sie reden und lachen, grinsen und lächeln sich an. Und plötzlich beugt er sich vor und ....flüstert ihr ins Ohr. Sie lacht, zeigt ihre weisse Zähne, legt ihren Kopf in den Nacken, so dass ihre langen kastanienbraunen Haare am Rücken herunterfallen. Dann hält sie Tim an den Händen fest, sieht ihm fest in die Augen. Beide bleiben eine Weile so stehen, dann beugt sich Tim vor und küsst sie zärtlich auf den Mund.
Bis gerade eben habe ich die Musik vergessen. Sie war nicht zu spüren, nicht zu hören, denn es gab nur mich, Sophie und Tim. Und jetzt, umso lauter kehrt sie in die Wirklichkeit zurück. Dröhnt mir in den Ohren, als ob sie mein Kopf sprengen würde. Meine Ohren schmerzen und fühlen sich so an, als ob sie gleich abfallen würden. Ich will nicht. Ich kann nicht mehr. Das Bild ertragen, was sich vor mir ereignet, auf dieser Feier, auf der ich nicht hätte sein dürfen. Ich bin falsch. Bin falsch hier, in dem Haus, in dieser Strasse, auf dieser Welt. Ich muss raus, weg hier.
Und während ich aus dem Haus renne, dröhnt die Musik hinter mir noch, wie jemand, der höhnisch lacht. Und ich renne die Strasse entlang, und ich renne durch das Viertel, durch die Stadt. Mein Puls rast und ich denke, dass wahre Freiheit nur im Laufen liegt. Die Freiheit vor äusserlichen Zwängen, sowie die Freiheit vor den eigenen Gedanken. Die Freiheit, die jeder haben muss und hat.
Und in Gedanken versunken sieht er nicht, dass die Ampel auf rot steht und in Gedanken versunken bemerkt er auch nicht das Auto, das ungebremst auf ihn zurast.