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Die Sünde (Teil 2)

Ice

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30.06.2003
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Die Sünde (Teil 2)

Der Kaffée hinterließ einen bitter – pelzigen Nachgeschmack auf seiner Zunge. Mittlerweile sein dritter Espresso ohne Alles. Frank wartete immer noch auf die Wirkung des Koffeins, aufgrund dessen er sich dieses ekelhafte Gesöff überhaupt antat.
Er hasst sie.
Zu dieser Erkenntnis war er gekommen als er die Bitterschokolade von der ungefähr sechsten Erdnuss gelutscht hatte. Er hasste Erdnüsse. Sein ganzer Tisch war übersäht mit abgelutschten und wieder ausgespukten Erdnüssen. Sie kristallisierten in seinem Speichel, klebten am Tisch fest und verströmten von dort aus den süß – herben Geruch der so typisch für sie war. Frank hasste Erdnüsse. Aber dafür liebte der die Bitterschokolade, die so köstlich seine Geschmacksnerven betäubte. Die Erdnussbitterschokolade hatte einen viel höheren Kakaogehalt als die, die man im Laden kaufen konnte. Deshalb mochten die meisten Menschen die Schokoladenerdnüsse nicht. Sie ersoffen lieber in künstlicher Süße um den bitteren Geschmack des Lebens nicht schmecken zu müssen. Das Leben war nicht süß, das war es nie gewesen.
Auch seine Mutter hatte versucht seine Wunden mit einem Verband aus klebrig süßen Substanzen zu verbinden. Nicht ein tröstendes Wort, nicht eine Umarmung die ihm gezeigt hätte das er nicht ganz so wertlos war, wie er sich damals fühlte, nicht ein entschuldigender Blick. Nichts. Nur Schokolade, Schweigeschokolade. Mit der Zeit konnte sie Frank nicht einmal mehr in die Augen sehen, dabei wünschte er sich nichts sehnlich als ein kleines „Frank, du bist ein guter Junge. Frank, ich hab dich lieb.“
Sie wusste es, sie hatte es von Anfang an gewusst.
Frank konnte noch ihre lächerliche Entschuldigung in seinen Ohren nachklingen hören und wahrscheinlich würde er sie nie da raus bekommen egal was er auch dagegen unternahm. „Pssst, Frank, du musst schweigen. Nichts darfst du erzählen. Der gute Onkel hat dich so lieb, das willst du ihm doch nicht kaputt machen. Oder? Du willst ihn doch nicht traurig machen. Oder? Ich weiß, am Anfang tut es ein bisschen in der Seele weh aber das vergeht. Und dann ist der Onkel ganz lieb zu dir und gibt dir Schokolade. Du magst doch Schokolade? Dein Onkel hat das auch mit mir gemacht, weil er mich so lieb gehabt hat. Und jetzt hat er eben dich lieb. Aber nichts darfst du erzählen, das ist jetzt unser Geheimnis!“
Frank konnte sie noch ganz genau vor sich sehen. Die leeren, kalten Augen, das Puppenlächeln das sie Zeit ihres Lebens auf den Lippen hatte und das noch weniger echt war als ihr Busen. Ihr Körper hatte mit der Zeit ausgesehen wie ein Schlauchboot in dem sich die Luft schlecht verteilt. Der ekelhafte große Busen, den Frank abstoßender als alles andere fand. Der Schmollmund, die wasserstoffblonden Haare und ihr, ihm Gegensatz zu ihren Brüsten grotesk dünner Körper. Sie hatte sich immer zu dick gefunden und nach dem Essen war ihr so oft schlecht geworden. Frank hatte sie dann kotzen hören. Seit ein paar Monaten war sie tot. Frank hatte nichts gespürt, außer ein kurzes Aufflackern einer gewissen Sehnsucht. Frank sehnte sich nach dem Tod. Nichts mehr sehen, nichts mehr hören, nichts mehr fühlen, kein schlechtes Gewissen mehr. Nur Friede. Denn das war etwas was Frank nur aus Märchenbüchern kannte: „ Und so lebten sie glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende....“
Franks bizarre Gedankengänge wurden von einer kurzen Melodie unterbrochen, die sein Computer von sich gab um das Eintreffen einer neuen Nachricht anzuzeigen. Endlich.... Sie war tatsächlich auf seine Avancen eingegangen. „Das Internet ist doch wirklich eine wunderbare Sache....“, dachte Frank und war froh darüber nicht wieder dieses lächerliche schlechte Gewisse zu verspüren, zumindest im Moment noch nicht. Warum sollte er ein schlechtes Gewissen haben, sein Onkel hatte es doch auch nicht gehabt.
„Lieber WildBoy!
Danke für dein süßes Mail. Ja, ich will dich auch treffen. Ich glaube wir sind für einander bestimmt. Meine Eltern sind so blöd, deshalb werde ich auch sagen, dass ich bei einer Freundin bin, wenn wir uns treffen, sonst lassen sie mich sicher nicht gehen.
Ich werde ein weißes Kleidchen tragen und meine Lippen rot schminken, so wie es dir gefällt. Ich muss jetzt Schluss machen, ich habe noch Hausaufgaben zu erledigen.
Wir sehn uns dann übermorgen um sechs bei der alten Brücke.
Bis dann,
Simone alias Cyberengelchen“
Während Frank die Zeilen des dreizehnjährigen Mädchens las, bekam er eine gewaltige Errektion. Nein jetzt noch nicht, das würde warten müssen. Er musste noch gewisse Vorbereitungen treffen, zum Beispiel musste er ganz dringend neue Nylonschnüre besorgen. Normale Seile oder Stoffschnüre ließen sich dehnen und wenn man lange genug daran herumzerrte, konnte man sich aus ihnen befreien. Wenn man jedoch Nylonschnüre als Fesseln verwendete, dann schnitten sie, je mehr man sich bewegte, ins Fleisch. Die meisten seiner Opfer, die er doch so lieb hatte, gaben es dann nach einer Zeit auf sich zu wehren.
Er achtete beim Hinausgehen sehr darauf, sich selbst nicht im Spiegel ansehen zu müssen. Er hasste sich selbst. Er hasste sich, weil er fett war und mehr Titten als ein Mädchen hatte. Er hasste sich, weil er zu schwach war um die Pickel in seinem Gesicht in Ruhe zu lassen, die sich jedesmal wenn er daran herumdrückte entzündeten und irgendwann kleine Krater in seinem Gesicht zurücklassen würden. Aber vor allem hasste er sich desshalb, weil er genauso war wie sein Onkel.


Frank sah sie schon von Weitem und erkannte sofort ihr war kalt. Er hatte sie sofort lieb, wie sie dastand und ihre dünnen Arme um ihren Körper schlang, der von etwas bedeckt wurde, das aussah wie ein weißes Spitzenkleidchen. Er näherte sich ihr und natürlich schenkte sie ihm keine Beachtung. Er konnte es ihr eigentlich nicht verübeln, im Chat hatte er sich nämlich ganz anders beschrieben. Die Kleine erwartete einen siebzehnjährigen, glutäugigen Spanier, der in seiner Freizeit am liebsten lange Sonnenuntergänge beobachtet und Gedichte schreibt. Niemals würde sie sich mit ihm, Frank, dem fetten Ekel abgeben. Und da war sie wieder die alte Wut. Sie würde nicht über ihn lachen, wenn er erstmal auf ihr lag und sie sich nicht wehren konnte. Frank fühlte sich unendlich mächtig und unendlich stark, als er das Mädchen hinter den nächsten Busch zerrte und ihr die Hände im Rücken zusammenband. Er war stark und eine Welle gewaltiger Erregung schoss durch seinen Körper und ließ seine Nervenenden vibrieren. Ihre knallrot angemalten Lippen hatten längst aufgehört Schreie zu formen und die Gesichtszüge der Kleinen hingen schlaff herunter, wie die einer Puppe. Frank vermied es jedoch ihr in die Augen zu sehen, sie würden ihn zusehr an sich selbst erinnern und dann hätte er wieder dieses schlechte Gewissen. Es würde kommen, ganz sicher, aber es würde erst später kommen.
Er hatte sie doch so lieb.....

 

Hallo liebe Leser,
also erstmal: Ich befürworte Kindesmissbrauch natürlich in keinster Weise. Ich finde es schrecklich und grausam, was unschuldigen Kindern alles angetan wird.
Diese Geschichte ist deshalb entstanden, weil ich bei meiner allerersten Geschichte hier auf Kg.de, in der auch dieses Thema behandelt wurde, eine ganz bestimmte Kritik bekommen habe, die mich dazu aufgefordert hat nicht nur die Opferseite zu sehen. Denn auch die Täter sind Menschen. auch wenn man das, was sie tun, schon lange nicht mehr als menschlich bezeichnen kann...
Ice

 

Moin Ice,

so, erst die Arbeit, dann das Vergnügen:

Er hasst sie.
Dieser Wechsel ins Präsens ist doch sicher ungewollt, oder?

Sie ersoffen lieber in künstlicher Süße um den bitteren Geschmack des Lebens nicht schmecken zu müssen. Das Leben war nicht süß, das war es nie gewesen.
:thumbsup:

Ihr Körper hatte mit der Zeit ausgesehen wie ein Schlauchboot in dem sich die Luft schlecht verteilt.
:thumbsup: , aber es fehlt noch ein Wort.

Warum sollte er ein schlechtes Gewissen haben, sein Onkel hatte es doch auch nicht gehabt.
Diesen Satz finde ich ein wenig zu profan.

Frank sah sie schon von Weitem und erkannte sofort ihr war kalt.
und erkannte sofort, dass ihr kalt war

Deine Geschichte lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Sie ist zwar vom Aufbau und Stil her gut geschrieben, aber ich kann mich mit dem Thema einfach nicht anfreunden. Meiner Ansicht nach bewegst Du Dich auf einem sehr schmalen Grad, weil Deine Geschichte an manchen Stellen droht in die Banalität abzugleiten (speziell dieses etwas plumpe mein Onkel hat es auch getan), was bei dieser Thematik katastrophal ist. Zwar stellst Du die innere Zerrissenheit Deines Prot dar, allerdings sind mir die Beweggründe für sein Handeln zu einfach.
Ich hatte stellenweise das Gefühl, dass Du versucht Mitleid bzw. Verständnis für Deinen Prot zu erzeugen, da er selbst missbraucht wurde, und er fett und hässlich ist. Dieses ist jedoch im Zusammenhang mit der Thematik sehr gefährlich und hat bei mir nicht funktioniert. In Deinem Posting hast Du ganz richtig gesagt, dass auch die Täter Menschen sind, allerdings ist meine Abneigung gegen diese Menschen viel zu groß, als dass ich mit Deinem Prot mitfühlen, geschweige denn mich mit ihm identifizieren könnte.
Ich weiß nicht, ob man als Autor das Recht hat, so eine Geschichte zu schreiben. Wenn man es jedoch trotzdem macht, braucht man unendlich viel Fingerspitzegefühl, welches mir bei Dir leider fehlt.
Ich würde mir wünschen, dass Du Deine Fähigkeiten nächstes Mal für eine Geschichte gebrauchst, deren Thematik nicht so kontrovers ist.

Jorgo

 

Hallo Jorgo,
danke für deine Kritik. Ich habe keinsten Falls versucht, Mitgefühl für meinen Prot zu wecken. Ich verabscheue, genau wie du, die Menschen, die fähig sind, das einem anderen Menschen an zu tun. sollte es den Eindruck erweckt haben, dann muss ich meine Geschichte unbedingt nochmal überarbeiten.
Dieses Genre war für mich eher ein "Experiment", weil ich normalerweise im Forum Philosophie poste.
Liebe Grüße,
Ice

 

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