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Die Schrecken der Nacht - Die dunklen Geschichten der Donauinsel

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24.09.2000
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Die Schrecken der Nacht - Die dunklen Geschichten der Donauinsel

Die Donauinsel im Herzen Wiens. Schauplatz des jährlichen Donauinselfestes, dem größten Open-Air-Festival Mitteleuropas. Eine schöne Gegend für alles, was Spaß macht, Inlineskaten, Schwimmen gehen, Radfahren, Morden, ja sogar etliche Lokale gibt es, in denen man sich die Nacht um die Ohren schlagen kann, mit Betrinken, Tanzen und Flirten. Jetzt fragen Sie Sich vielleicht, warum ich das Morden angeführt habe. Da kann ich Ihnen nur sagen, das Morden ist passiert und ich mache kein Geheimnis daraus.
Damit Sie mich richtig verstehen, ich war es nicht und auch nicht einer meiner Bekannten, Verwandten, nicht einmal jemand aus meinem Freundeskreis. Der Mörder selbst kennt mich nicht einmal ansatzweise und ich muss gestehen, auch ich kenne den Mörder nicht. Ich kenne nur die Susi.
Die Susi, die, die den Nachnamen Ollinger hat, die ist... Es tut mir leid.
Die Susi, die, die den Nachnamen Ollinger hatte, die war zum Zeitpunkt ihres Mordes 21 Jahre alt. Sie war blond und blauäugig, hochhackig, und trug meistens kurze Tops und Miniröcke. Und das nicht nur im Sommer, wenn Sie verstehen. Ich möchte jetzt nicht schlecht über die Susi Ollinger reden, weil ich möchte kein Vorurteil schüren. Ich kenne viele die so aussehen, wie die Susi das getan hat und intelligent sind. Ja manche sind sogar trotz ihres Tops und ihrer Hochhackigkeit zu richtigen Top-Managerinnen geworden. Und vielleicht wäre das die Susi Ollinger auch, wenn sie genug Zeit gehabt hätte. Aber es wäre unwahrscheinlich, denn sie war ein wenig... naiv. Naiv ist gut. Neutral und man redet ja nicht schlecht über die Toten.
Die Susi Ollinger war sehr gerne auf der Donauinsel, besonders in den dort ansässigen Bars und Tanzlokalen, wie der „Sansi-Bar“ nahe der Reichsbrücke. Die Susi war das erste Mal dort, als sie 15 war, obwohl das Lokal erst ab 18 ist. Aber das ist ja jetzt ganz egal, da die Susi an diesem 19.August bereits 21 Jahre war, also legales Tanzen.
Und in dieser Sommernacht geschah es, dass die Susi Ollinger das letzte Mal gesehen wurde...

„Warum schaust du denn plötzlich so komisch drein“, fragte Susanne ihren neuen Freund, „Stimmt etwas nicht?“
„Doch, doch, alles in Ordnung“, sagte dieser etwas geistesabwesend. Er war den ganzen Abend so lustig gewesen, hatte einen Schmäh nach dem anderen gerissen und war vielleicht etwas hyperaktiv. Vielleicht etwas zu hyperaktiv, hatte sich Susanne das erste Mal gedacht, doch weiter hatte sie diesen Gedanken nicht geführt, denn eine längere Beziehung konnte sie sich momentan sowieso nicht so recht vorstellen.
„Dann komm endlich! Es ist so romantisch hier!“, schrie sie ihn an. Sie hatte ihn heute kennen gelernt und er hat ihr so gut gefallen. „Süß“ hatte sie ihn genannt und genau das war er auch. Thomas hieß er, wie der eine aus der Bibel, hat er gesagt. Wahrscheinlich so ein Engel oder was, aber ehrlich gesagt interessierte sie das nicht so recht. Sie wollte doch nicht Religionslehrerin werden. Sie war mit ihrer Friseurlehre sehr zufrieden, verdiente gutes Geld und im November würde sie von zu Hause ausziehen. Sie war zufrieden mit ihrem Leben, und einen Mann brauchte sie nicht wirklich. Männer allerdings schon.
„Komm jetzt!“, befahl sie und zog ihm am Ärmel. Sie waren nun von dem Tanzlokal rausgegangen und wollten ein wenig auf der Donauinsel spazieren gehen. Es war mitten in der Nacht, aber es war sehr warm. Man sah kaum die Hand vor Augen, nur die Sterne schimmerten verschwommen auf dem Wasser. Die Ideale Nacht fürs Spazieren gehen und für sehr viel mehr, dachte sich Susanne, aber das werden wir ja noch sehen...
„Na gut, ich komme“, sagte Thomas und sie gingen Hand in Hand die Donaupromenade, entlang.
„Findest du es nicht sehr romantisch hier?“, fragte sie ihn, wobei sie seine Hand kräftig drückte. „Die Sterne, das Wasser, du und ich!“
„Ich finde es eher etwas unheimlich“, sagte Thomas. Er schien nicht sehr ängstlich zu sein, war er doch braungebrannt und das Fitnesscenter hatte seinen Körper sehr schön geformt, aber Sinn fürs Romantische hatte er wohl nicht.
„Sei kein Hosenscheißer!“, sagte Susanne frech. „Es ist einfach wunderbar. Perfekt. Sieh nur hoch! Siehst du die Sterne? Dort ist der Orion! Siehst du ihn?“ Susanne deutete einfach irgendwohin. Sie wusste nichts über Sternzeichen und den Orion hatte sie sich nur gemerkt, weil es einen Erotikversand gibt, der auch so heißt und ein guter Freund von ihr hatte ihr erklärt, dass es ein Sternzeichen namens Orion gibt. Er hatte ihr aber nicht erklärt, dass Orion ein Wintersternzeichen ist und man es im Sommer nicht sehen kann. Aber das wollte sie auch gar nicht wissen, sonst hätte sie ja Astrologie oder was studiert. Sie war mit ihrer abgeschlossenen Friseur-Lehre sehr zufrieden.
Und Thomas schien das sowieso nicht zu interessieren. Er sagte einfach „Ja“, und somit war die Sache abgeschlossen.
Wieso ist er jetzt auf einmal so seltsam, fragte sich Susanne nun. Vorher so lebendig und jetzt so komisch. Er sah nachdenklich aus, betrübt. Hatte er wirklich so viel Angst vor der Dunkelheit? Es überraschte sie. Aber irgendwie auch nicht. Man kann Menschen jahrelang kennen und lernt noch immer neue Seiten von ihm. Das war wie bei der Ingrid, die hatte sie auch gekannt, jahrelang und dann hat sie ihr den Freund weggeschnappt. Einfach so. Und in den hatte sie sich beinahe verliebt gehabt. Jaja, die Ingrid... Susanne nahm sich vor, Ingrid am nächsten Tag anzurufen.
Und den Thomas kannte sie ja erst seit fünf Stunden.
Langsam gingen sie am Ufer der Donau endlang. „Warst du eigentlich schon einmal hier?“ fragte Susanne ihre Begleitung.
Er blieb plötzlich stehen und sah sie an. „Ja, das war ich“, sagte er leise, so als wollte er nicht, dass irgendwer ihn hörte.
„Ja, das warst du“, fragte Susanne genauso leise, um ihm ein wenig auf die Schaufel zu nehmen. „Mit einem Mädchen etwa?“
“Ja, mit einem Mädchen. Einem Mädchen wie dir!“
„Und was habt ihr da so gemacht?“ Nun war Susanne gespannt. Sie hatte sich etwas mehr als einen Spaziergang erwartet. Vielleicht einen Kuss, eine Umarmung und dann...
„Nicht viel. Seltsame Dinge passieren hier. Es ist unheimlich!“, sagte er. Noch leiser als vorher.
„Welche seltsamen Dinge?“, fragte Susanne neugierig, vielleicht kam er ja jetzt endlich zur Sache.
Er war sehr erregt, doch weniger sexuell als etwas anderes. Susanne war keine besonders gute Menschenkennerin, sonst hätte sie wohl Psychologie oder was studieren müssen, aber sie war eben Friseurin. Trotzdem erkannte sie etwas erschrockenes in seinem Blick. Etwas fürchtendes. Genauso hat „Bambi“ dreingeschaut, als es von den Jägern gejagt worden war. Vielleicht sollte sie ihn Bambi nennen. Süß war er ja.
Antwort gab er aber keine. Sie wartete eine gewisse Zeit, dann schritt sie näher zu ihm hin, presste ihren Körper an seinen, ihre Brust gegen seine Magengegend, er war ziemlich groß, und umarmte ihn. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Männer angesprungen.
Thomas aber nicht. Er küsste ihren Kopf, stieß sie von sich und sagte: „Ich will hier nicht länger bleiben. Gehen wir bitte zurück!“
„Nein, wir gehen weiter, du Angsthase!“, sagte Susanne, etwas beleidigt, da er sie auf solche Weise versetzt hatte. Das musste sie sich doch nicht gefallen lassen, oder? Sie hatte doch noch ihren Stolz! „Oder soll ich etwa allein gehen?!“
„Nein ich geh schon mit“, sagte Thomas widerwillig und sie gingen zusammen die Donaupromenade entlang. Während des Marsches verfinsterte sich Thomas Miene immer mehr und er wurde ruhiger und ruhiger. Sie kamen etwa noch hundert Meter, als einer der schrecklichsten Morde in der Geschichte der Donauinsel passierte...
Jetzt kann man natürlich sagen, etsch bätsch, ich weiß wer der Mörder ist. Es kamen ja nur zwei Personen vor. Und wenn die Susi das Opfer ist, dann kann der andere ja nur der Mörder sein. Aber wenn Sie das sagen, dann haben Sie mir wohl nicht richtig zugehört. Ich hab gesagt, ich kenne den Mörder nicht. Nicht einmal ansatzweise. Aber es ist interessant, was bei der Familie Walterfeut alles gesagt wurde. Da kam nämlich am 20. August der zukünftige Schwiegersohn der Manuela Walterfeut zu besuch....

„Servus Thomas“, sagte Herr Walterfeut, als er die Tür aufmachte. Er hatte schon vieles von dem Freund seiner Tochter gehört. Viel Gutes, wobei man sagen muss, dass man Töchtern die über ihre Freunde reden, nicht alles glauben darf. Aber dieser Thomas sah wirklich anständig aus. Etwas braungebrannt, etwas muskulös. Aber trotzdem sehr intelligent.
Und er war auch sehr witzig. Als sie sich nach dem Abendessen auf die Couch setzten, um etwas zu plaudern stellte sich heraus, dass Thomas einen sehr scharfen Sinn für Humor hatte. Etwas zynisch vielleicht, aber das gefiel Herrn Walterfeut sehr gut.
„Und dann sagte der andere: Naja, wenn sie wollen!“ Und alle lachten. Thomas war auch ein sehr guter Witze Erzähler!
„Wo habt ihr euch denn kennengelernt?“ fragte der alte Walterfeut.
„Auf der Donauinsel!“, sagte Manuela schnell, denn bei dem ganzen Gagfeuerwerk war sie gar nicht zu Wort gekommen. Thomas war etwas hyperaktiv, hatte sie das Gefühl, aber er war sehr süß.
„Auf der Donauinsel?“, fragte ihr Vater nach, „Da muss es wohl wunderschön sein!“
„Naja, ein paar seltsame Dinge geschehen dort“, sagte Thomas leise. Doch damit war das Thema erledigt.
„Nun gut, machen wir noch eine Flasche Wein auf?“, fragte Herr Walterfeut gastfreundschaftlich, war er doch froh, dass seine Tochter einen so netten Freund gefunden hatte. Er sah ja so anständig aus, aber der Schein scheint oft zu trügen. Darum heißt er ja nur Schein...
Alle bejahten das Angebot und Herr Waltersfeut wollte gerade aufstehen, als ein Schrei ertönte.
„NEEEEEIN! NEEEEEEIN! Tu das nicht. Ich hab sie sehr gerne! Warum tust du das?! Wieso??? Nicht schon wieder!!!“
Manuela sah Thomas entsetzt an. Sie hatte gehofft es würde nicht wieder passieren, aber da konnte sie wohl nichts machen. Es war ein Horror für sie. Warum geschehen solche Sachen immer nur ihr? Wieso, oh Gott?
Auch Herr Waltersfeut sah Thomas an. Erschrocken und blamiert, für etwas, für das er nichts konnte.
„Ich zeig dir den Orion, Susanne, ich zeig dir deinen beschissenen Orion!“ Kurze Pause. „NEEEEEEEEIN! Tu das nicht!“
Beide sahen sie erschrocken auf Thomas.
"Mit wem schreit der da?", fragte Thomas etwas stotternd.
"Mit niemanden, er ist allein, redet mit sich selbst. Haha...", sagte Manuela schnell.
„Es tut mir sehr leid.“ Sagte Herr Waltersfeut, der zuerst wieder zu Worten kam. „Sie müssen entschuldigen, er ist nicht ganz bei Trost.“
Thomas, der sich langsam wieder beruhigte, sah Herrn Waltersfeut an. Er war zuerst sehr erschrocken, als er diesen Schrei gehört hatte. Er war von der Straße gekommen, oder von der Nachbarwohnung oder so.
„Es handelt sich hier um Thomas Müller“, sagte Manuela mit etwas rotem Kopf, „Er wohnt im Stockwerk über uns und ist ein Idiot!“
„Manuela!“, herrschte sie ihr Vater an, „Er ist geistig etwas abnorm, aber lange kein Idiot.“, dann wandte er sich zu Thomas „Er ist psychisch krank. Er ist in Behandlung und seine Abnormität ist etwas besser geworden, aber diese Schreie und Rufe gibt es noch immer. Wenn auch nicht mehr so oft.“
„Er ist schon einmal unter Mordverdacht gestanden!“, sagte Manuela schnell.
„Das ist wohl richtig, aber es wurde nichts bewiesen und ich glaube auch nicht, dass er zu so etwas im Stande wäre. Es tut mir sehr leid, Thomas, dass Sie das gleich beim ersten Besuch miterleben mussten, aber dieser Thomas, nicht Sie! Den im oberen Stock meine ich, er ist krank und dafür muss man Verständnis haben.
Thomas, der noch immer etwas erschrocken war, wollte seinen Schwiegervater, obwohl er ja damals noch nicht wusste, dass er das werden würde, würde er doch Manuelas jüngere Schwester erst am 5. September kennen lernen, traute sich nur sagen: „Natürlich, dafür muss man Verständnis haben“

[ 16.07.2002, 17:47: Beitrag editiert von: Peter Hrubi ]

 

Seas plattfuss!

danke für´s kommentieren. Die Geschichte stammt aus einer Phase, in der ich den Leser gerne verwirrte und zum Nachdenken anregen wollte. Leider gelingt sowas nicht immer und oft bleibt der Leser, so wie du, einfach verwirrt zurück und versteht die Aussage nicht.
Hinzu kommt außerdem, dass das Medium Internet nicht gerade das Nachdenken fördert. Es ist ein aktives medium und wenige bleiben Stunden lang vor dem Bildschirm sitzen und philosophieren über den Text. Da ist das beim Schriftlichen schon ein bisserl anders.

Zur Aussage: Ich wollte den Mord einer Frisöse auf der Donauinsel erzählen. Den Mord aber aussparen und am Schluss erst den Mörder aufdecken. Der Leser solltze im dunklen gelassen werden, wer den Mord begannen hat. Der Aufriss der Frisöse oder ein dritter, der im Dunklen wartet?
Erst der Schluss (die Schreie und das irrationale Verhalten Thomas) sollen schließlich darauf hindeuten, wer der Mörder ist. Wie gesagt, der Text stammt aus einer Phase, in der mein Verständnis von einem guten Text in der Andeutung und Interpretationsmöglichkeit lag.

Ich hoffe, das gibt die etwas Aufschluss.

Lg, Peter

 

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