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Die Statue

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12.04.2003
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Die Statue

Es ist 13 Uhr.
Der aktuelle Wetterbericht ihres Lieblingssenders:
Die Sonne scheint das ganze Wochenende, kein Wölkchen in Sicht. Wir haben perfektes Badewetter. Die Tageshöchsttemperatur 29, in der Nacht noch 20°. Wir machen weiter mit euren Wunschhits...

Die Sonne heizte, als würde sie eine Absprache mit den Kneipenbesitzern gemacht haben, um den allgemeinen Getränkekonsum auf die Spitze zu treiben. Überall herrschte rege Betriebsamkeit. Im Park lag die Stadtbevölkerung in der Sonne und genoss den Sonntagnachmittag. Auf den Wegen schlenderten Pärchen (sowohl vom Hetero-, als auf vom Homotypus). Überall herrschte ausgelassene Stimmung, von allen Ecken tönte glückliches Gelächter. Natürlich waren auch diverse Radios in Betrieb und leierten die aktuellen Sommerhits hoch und runter.
Mitten in der ausgelassenen Stimmung saß jemand auf dem Rasen. Allein. Wenn man ihn länger betrachtete, hatte man den Eindruck, dass um ihn herum das Gras eine Spur grauer war, die Sonne ein kaum wahrnehmbares Bisschen weniger hell leuchtete. Er saß stumm da. Keine Bewegung, nicht einmal ein Blinzeln. Er starrte auf eine tote Spinne im Gras. Es war, als starrten sich beide an. Schweigend, interessiert, aber nicht fordernd. Ihre Gedanken wanderten. Woran die Spinne dachte, kann man wohl schlecht nachvollziehen (wer kann schon in Worte fassen, was eine handelsübliche Spinne nach DIN-Norm denkt, zumal sie ja wie gesagt schon tot war). Jedoch die Person dachte an durchaus wesentlich verständlichere Dinge. Seine Gedanken schweiften durch die Vergangenheit.
Genauer um den letzten Sommer. Was hatten sie nicht alles gemacht... Eine Party nach der anderen, ein mieser Gag nach dem anderen. Ihm fiel wieder die Geschichte mit Dave ein.
Sie schlenderten gerade durch die Stadt, als ihm ein dämlicher Witz einfiel, den er mal ir-gendwo aufgeschnappt hatte. Sie postierten sich vor einer Wohnung, die gut von der Straße einsehen konnte, organisierte sich die T-Nummer aus dem T-Buch aus der T-Zelle und rief an.

Er : „Hallo. Kann ich eine Nachricht für Dave hinterlassen?“
Opfer : „Hier wohnt kein Dave.“
Er : „Sagen sie ihm bitte, dass Frank angerufen hat? Danke.“ Aufgelegt.

5 Minuten später...

Er : „Hallo. Kann ich eine Nachricht für Dave hinterlassen?“
Opfer (leicht gereizt) : „Hier wohnt kein Dave.“
Er : „Sagen sie ihm bitte, dass Thomas angerufen hat? Danke.“ Aufgelegt.

5 Minuten später...

Er : „Hallo. Kann ich eine Nachricht für Dave hinterlassen?“
Opfer (sauer) : „ICH KENNE KEINEN DAVE.“
Er : „Sagen sie ihm bitte, dass Stefan angerufen hat? Danke.“ Aufgelegt.

5 Minuten später...
Er : „Hier ist Dave. Hat jemand für mich angerufen?“

Sehenswerte Reaktion.

Damals hatten sie auch total dicht einige Scheiben eingeschmissen, von stadtbekannten Faschos. Oder die Polypen mitten in der Nacht mit einem Hilferuf zu irgendwelchen Behämmerten Leuten gerufen. Zeiten waren das...
Er starrte immer noch auf die Spinne. Vielleicht lebte sie vergangenen Sommer noch.
Es war viel passiert. Zu viel für ihn. Er saß wie versteinert auf einem Fleck und starrte. Keinem viel er auf. Die Leute waren viel zu sehr mit sich beschäftigt, wie immer. Was nicht stört, wird ignoriert. Es gab auch welche die warfen ihm aus Spaß Kleingeld hin. Vielleicht, glaubten sie ja, dass ihre Fehler weniger schlimm waren, wenn sie etwas taten, von dem sie glaubten, dass es „gut“ ist.
Er hätte viel darum gegeben, zu wissen, was die Spinne in diesem Moment dachte. Es gab da nur ein kleines Kommunikationsproblem. Sie war irgendwie ein bisschen zu tot, um irgendetwas mitzuteilen. So ist das halt.
Sein Körper stand auf. Das was er einmal war, dass verharrte. Versteinert. Eine unsichtbare, ungreifbare Statue. Es war seine Seele. Sie starrte die Spinne an. Währenddessen ging der handelsübliche Mensch nach DIN-Norm ins Nirgendwo. Eine leere Hülle ohne Inhalt. Die Spinne ist tot, jedoch keiner weiß, was sie denkt. Der Körper lebt, aber er denkt nicht mehr. Nie mehr.

Es ist 22 Uhr.
Die aktuellen Verkehrsmeldungen ihres Lieblingssenders:
Es liegen uns keine Staumeldungen vor. Wir wünschen weiterhin gute Fahrt.

 

Hi HaSch,

interessante Geschichte. Muss ich wohl noch ein wenig sacken lassen, aber nicht schlecht. Die Idee mit der DIN-Norm ist wirklich gut.
Dinge, die mir direkt aufgefallen sind:
- In dem Satz: "Sie schlenderten gerade durch die Stadt..." ist ein Trennstrich in "ir-gendwo" zuviel.
- Abgesehen davon, dass der Witz mit den Anrufen ziemlich alt ist, finde ich ihn in dieser Geschichte störend. Er unterbricht den Handlungsablauf. Wenn du etwas über den vergangenen Charakter deines Prot aussagen möchtest, versuch es kürzer, zur Not mit einem anderen Gag.
Falls du die Sache mit dem Anruf drin lassen möchtest, solltest du den Wortlaut der Anrufe leicht variieren, damit es realistischer klingt
- Vorletzter Absatz: "Es gab auch welche, die..." würde ich ändern in:"Einige Passanten warfen ihm...", das klingt runder.

Insgesamt gutes Potential,
viele Grüße, Xenomurphy.

 

Vielen Dank für die sachliche Kritik. Ich werde dran arbeiten. Die Story ist schon mehr als 2 Jahre alt, insofern wird es schwierig, sich da wieder hineinzuversetzen, aber ich werd's versuchen.
(Übrigens: Ich habe den "Gag" absichtlich abgedroschen und alt gewählt, damit ihn jeder kennt und eventuell etwas ähnliches in seinem Leben assoziieren kann, aber wahrscheinlich hast du Recht...)

 

"Früher war alles besser; früher war alles gut - da hielten alle fest zusammen, die Bewegung hatte noch Mut - Früher - HÖR AUF MIT FRÜHER - Ich kann das nicht mehr hör'n... mich kann das alles nicht stör'n..."

"Der Tag beginnt; ein neues SCHICKSALSSPIEL... GIB NIEMALS AUF; DU LEBST NUR DIESES EINE MAL - WER WAGT GEWINNT; SONST WIRST DU VERLIEREN..."

Bitte, bitte keine Witze über FRANK - Punks finden sowas echt nicht komisch...

 

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