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Ein Abend im Klub
Es ist Freitag Abend und wir befinden uns in der Innenstadt. Nach einem kurzen Stelldichein in der Pinte besuchen meine Freunde und ich einen Klub. Ich kenne ihn nicht, darum frage ich mich, was mich dort erwartet. Von alleine zieht es mich nicht in Klubs.
Draußen in der Kälte wartet schon eine lange Schlange. "Alle Mädels vor!", tönt eine rauchige Stimme. Sie gehört dem Türsteher. Vom Typ Ralf Möller: Groß, muskulös, dunkle Haare und grüne Augen mit stechendem Blick. Sein Kollege Vin Diesel, Vollglatze und durchtriebener Gesichtsausdruck, aber ebenso muskulös, sammelt die Ausweise der Minderjährigen ein.
Ralf lässt einige Leute vor, um der Menge gleich darauf wieder mit gekreuzten Armen den Weg zu versperren. Vin schaut mir argwöhnisch hinterher.
Die Musik ist jetzt schon leise zu hören. "Vielleicht gefällt sie mir drinnen besser?", denke ich, gehe durch den Metalldetektor und bleibe an der Kasse stehen. Ein abrupter Piepston lenkt meine Aufmerksamkeit nach hinten: Franko streift langsam die unzähligen Gold-Ketten von seinem Hals. "Er stellt sich mal wieder zur Schau", flüstert Peter, der an der Seite steht und alles beobachtet. Franko greift in die tiefe Tasche seiner weiten Hose und legt dann den Schlüsselbund mit dem eisernen Anhänger daran in eine Schale.
Vereinzelte Blicke junger Männer und Frauen richten sich auf ihn, auch nachdem er dann, nun wieder vollständig, an die Kasse tritt. "Prolet", entgegne ich ihm. Er schmunzelt bloß.
Wir gehen den Gang vor und bleiben rechts an der Eckbar stehen. Bei der Bedienung, die mehr von Denise Richards hat als Denise Richards selbst, fallen meinen Kameraden beinahe die Augen heraus. Und mir auch. Die langen Haare, das breite Lächeln und die tiefen Augen ... Ich bestelle bei Denise stotternd eine Bacardi-Cola. "Bis dreiundzwanzig Uhr alles einen Euro!", sagt sie freundlich und lächelt. Ich lächle. Ihr freund kommt. Ich gehe meinen Freunden nach.
Wir setzen uns an die Tische auf der höheren Ebene. Es ist RNB-Night. RNB bedeutet Rythmus und Blues. Leider kann ich in dem zuckenden Gerammel auf der Tanzfläche weder das eine noch das andere erkennnen.
Wenn diese Mädchen auch nur annähernd verstehen würden, worum es in den Texten der Lieder geht, denke ich, dann wären sie nicht mehr hier. Aber vielleicht sind sie gerade deshalb hier. In einer Raumecke steht ein Käfig, in dem sich gerade einige Blondinen, Brünette und Rothaarige lasziv aneinander schmiegen. "Euch geht's gar nicht um den Charakter!", erkennt Franko witzelnd. "Haha. Welchen Charakter? Sind doch eh alle gleich", entgegnet ihm Peter. "Es geht nur um blond oder brünett." Die beiden stoßen mit ihren Desperados an.
Plötzlich stehen sie auf und schieben mich auf die Tanzfläche. "Los Junge, los." Umgeben von wild wabernden Weibern, wohl eher Mädchen - keine Frauen, versuche ich mich zu behaupten. Der Boden klebt an meinen Schuhen. Wahnsinn, was die jeden Tag für neue Gläser ausgeben müssen, denke ich.
Es stinkt. Nach Zigarettenqualm und Erbrochenem. Einige der Mädchen haben zuviel getrunken - schrecklich für sie. Es ertönt nach einer Weile die Durchsage, dass alle unter achtzehn Jahren den Klub verlassen sollen.
Zwei stunden danach schaue ich durch die Menge. Die Wahrscheinlichkeit wegen Verführung Minderjähriger in einem Klub, in dem sich nur Erwachsene aufhalten dürfen verknackt zu werden, scheint mir ziemlich groß. Ich will es nicht drauf anlegen, aber meine Freunde die Party-Macher zwingen mich zu bleiben. "Komm, einer geht noch!"
Ein paar Stunden und noch viel mehr Runden Tequila später wanken die zwei Draufgänger an meiner Seite zum Parkplatz. Im Nachbarort angekommen steigen sie aus dem Wagen. "Danke ... fürs fahren", das bringen sie gerade noch hervor. "Und bis morgen". Die Türen knallen zu. Warum komme ich immer wieder mit ihnen mit, verdammt nochmal?, frage ich mich, während ich die Kupplung löse und Gas gebe. Dabei weiß ich die Antwort schon längst: Sie sind meine Freunde.