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Eine kleine Welt

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30.06.2004
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Eine kleine Welt

„Alles ist grün, immerzu nur grün. Doch endlich weiß ich definitiv, dass es nicht die einzige Farbe ist – natürlich neben dem göttlichen Weiß unseres Himmels. Wie du ja schon weißt, ist es mir gestern gelungen, als der Himmel wieder für einige Auserwählte geöffnet wurde, die Welt der Götter zu erblicken. Ich hatte ja schon zahlreiche Legenden darüber gehört. Alle, die es jemals geschafft hatten, das Reich der Götter zu Gesicht zu bekommen erzählten, dass dort oben alles bunt und mindestens hundertmal so groß sei als hier auf unserer Welt. Ich musste es wenigstens ein Mal erblicken – ein Mal, bevor die Welt sich so drehen würde, dass diesmal auch ich herausfallen würde… Ins ersehnte Paradies. Aber bevor ich verrate, wie die Welt der Götter aussah, muss ich natürlich auch meine Anstrengungen schildern, die ja, das kann ich sicherlich schon enthüllen, wirklich besonders belohnt wurden und mich schließlich ans Ziel brachten!
Als gestern alle noch schliefen, schlich ich mich an der Masse vorbei; bis ans Ende der Welt. Ich weiß nicht mehr wem ich den Platz wegnahm, aber zu meiner großen Überraschung gab es später keinerlei Proteste. Ich hatte mich die letzten Tage absichtlich nicht all zu sehr angestrengt, um an dem besagten Tag noch genug Kraft zu besitzen, mein Vorhaben auch bis zum Ende durchzuführen. Drei ganze Tage lang schwebte ich ziellos herum, ließ mich herumschubsen und sogar, als ein Mal, vorgestern nämlich, die Welt sich wieder zu drehen begann, da versuchte ich weder dem Paradies näher zu kommen, noch mich am weltlichen Besitz, von dem ich übrigens eine beachtliche Menge besitze, festzuklammern. Es war damit klarerweise ein großes Risiko verbunden. Hätte ich Pech gehabt, so hätte mich das Loch der Hölle aufsaugen können, welches knapp unterhalb unseres wunderbaren Himmels sein gottloses Unheil ausbreitet. Ich habe mal gehört, dass sich um das Tor zur Ewigen Verdammnis eine Gruppe von Ketzern eingeniestet hätte, die dieses Tor mit dem Himmel gleichsetzen. Sie wollen tatsächlich behaupten, dass der Weg durch das böse, blasphemische Tor zum selben Ort führt wie der erlösende Himmel der Götter. Ich hoffe, dass sie mal durch das dunkle Tor aufgesaugt werden und ihr ewiges Leben an dem Ort verbringen, den diese Gotteslästerer auch verdienen.
Aber wieder zurück zum gestrigen Tag: Wie gesagt hatte ich einen Platz am Ende der Welt, der mir äußerst vorteilhaft erschien, ergattern können. Nun sollten die mühevollsten Stunden meines Lebens kommen. Ich klammerte mich an der Schale der Welt fest und schwor mir nicht loszulassen, bevor ich nicht einen kurzen Blick ins Paradies werfen konnte. Nach einem halben Tag bekam ich den ersten Muskelkrampf im linken Arm, den ich glücklicherweise schnell wieder loswerden konnte. Ärgerlich wurde es erst, als sich der Tag dem Abend neigte. Mich übermannte plötzlich in der ganzen unteren Hälfte meines Körpers ein heftiger Krampf, der gewaltige Schmerzen verursachte. Ich wäre beinahe vom Weltrand abgerutscht, und jemand anderer hätte mir mit Sicherheit meinen Platz weggeschnappt… Und dann wäre auch all die Anstrengung umsonst gewesen. Aber die Götter ließen mich nicht im Stich. Ich bin davon überzeugt, sie wussten wie sorgfältig ich mich auf diesen Tag vorbereitet hatte, und was er mir bedeutete. Als die Nacht hereinbrach kam meine große Stunde. Es wurde plötzlich heller, ein Zeichen dafür, dass ein Diener der Götter bald den Himmel wieder für wenige Auserwählte öffnen, und diese ins Jenseits, ins wunderbare Paradies holen würde. Und ich war diesmal ganz oben. Ja, ich hatte endlich das Privileg, dadurch, dass ich mir ganz früh am Morgen den Platz angeeignet hatte, ohne durch die neugierige Masse behindert zu werden und die Sicht versperrt zu bekommen, dieses herrliche Spektakel beobachten zu dürfen. Mein Herz raste. In diesen wenigen Augenblicken vergaß ich alles um mich herum. Ich fühlte mich so frei, so lebendig, so stark. Meine Krämpfe verschwanden. Gemeinsam mit ihnen wichen auch all meine Sorgen, und mein Geist erfüllte sich mit einem Wohlbefinden, das man nur mit einem absoluten Glücksgefühl vergleichen kann. Plötzlich fing unsere Welt an zu vibrieren. Der Himmel begann sich zu drehen und genau nach fünf Umdrehungen, die ich in meiner Euphorie noch zu zählen vermochte, geschah das Wunderbare. Helles Licht drang herein, und die geheimnisvolle Welt der Götter offenbarte mir ihr Antlitz. Es war, wie ich es mir nie erträumen hätte können: Ich sah mehrere große, runde Flecken, die so kraftvoll und intensiv auf mich herabschienen, dass es richtig schmerzte und ich meine Augen vorübergehend schließen musste. Das müssen wohl die Orte sein, die den Göttern vorbehalten sind. Wie dem auch sei, unsere Welt setzte sich nun in Bewegung. Als ich wieder emporblickte bot sich mir ein Bild, das ich an mein Lebensende nicht vergessen werde: Unzählige Objekte, die in allen möglichen Farben und Formen vor mir erschienen. Und was für Formen das waren! Nirgends findet man hier auf unserer Welt etwas auch nur annähernd Ähnliches. Aber das Schönste sah ich, als unsere Welt zum Stillstand kam, und die wenigen Auserwählten ins Paradies gelassen wurden. Ich kann das, was ich in diesen kurzen Sekunden wahrgenommen habe kaum in Worte fassen. Ein merkwürdig geformter Ort nahm vor meinen Augen langsam eine klare Form an. Er bestand aus vielen, glatten Ebenen und schien durchsichtig zu sein. Trotzdem spiegelten sich die wunderbarsten Farben in der Haut dieses Ortes wider. Ich hörte noch die wenigen Glücklichen, die durch den Himmel an den wunderschönen Ort gelangten, als sich plötzlich die Welt wieder in Bewegung setzte und der Himmel mir nach kurzen fünf Umdrehungen die Sicht endgültig wegnahm.
Nun, das ist meine Geschichte. Du sollst sie solange weitergeben, bis die ganze Welt von dem wunderbaren Paradies weiß, welches jeden einzelnen von uns erwartet. Ich werde mich heute an die Oberfläche begeben. Ich spüre, dass meine Zeit gekommen ist – ich sehe auch keinen Sinn mehr, hier noch länger zu verweilen, in dieser öden grün-weißen Welt, die nichts zu bieten hat, außer diesen zwei Farben und uns, den farblosen Schwimmern. Ich habe alles gesehen, ich bin überall herumgekommen, nun wird es Zeit um einen Platz im Paradies zu kämpfen. Wir sehen uns dann auf der anderen Seite des Himmels…“ – Das waren die letzten Worte meines großen Bruders. Ob er es an diesem Abend schaffte, ins Paradies zu kommen, oder ob er noch tagelang auf seine Erlösung warte musste, weiß ich leider nicht. Er war zu stolz, um nach einigen misslungenen Versuchen aufzugeben und zurückzukehren. Er ist mir immer ein Vorbild gewesen. Ich habe seit diesem Tage seine frohe Botschaft verbreitet und nun sieht es fast so aus, als ob schließlich auch wir, die letzten Schwimmer, ins Paradies geholt werden sollten…
Spürt ihr das? Es beginnt zu vibrieren…
Da! Der Himmel dreht sich…
Er ist weg; fünf Umdrehungen – genau wie mein Bruder es geschildert hatte…
Schaut! Schaut! Die herrlichen Farbenspiele in der Haut unserer neuen Heimat! Lasst uns alle an den Händen haltend gemeinsam ins Paradies schwimmen…
Jaaaa! Jetzt ist es soweit…
Gluck! Gluck! Gluck!

 

Puh!
Aber zunächst, yaande, herzlich willkommen auf kg.de und im "seltsamen" Forum :thumbsup:

Leider kann ich mit Deiner Geschichte nicht viel anfangen. Sie beginnt eigentlich viel versprechend, wirkt dann aber doch bis kurz vor Schluss wie die Erzählung eines Propheten und (bis auf den Stil) wie ein Ausschnitt aus einer heiligen Schrift. Entsprechend unklar oder für mich Irdischen bedeutsam wirkt das Beschriebene.
Der Schluss wiederholt das alles nochmal kurz, ohne eine Aufklärung zu bieten.
Möglicherweise gibt es gar keine, und das Geschilderte ist nur einem Traum entsprungen, der nur für den Träumenden eine Bedeutung hat. Mir bleibt die tiefere Bedeutung jedenfalls verborgen.
Sprachlich ist der Text ganz okay, an einigen Stellen etwas umgangssprachlich, aber es handelt sich ja auch um wörtliche Rede.

Fazit: sprachlich ok, inhaltlich kann ich nichts damit anfangen.

Uwe
:cool:

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Uwe!
Danke für die Begrüßung und deinen Kommentar. Ich wusste ehrlich gesagt nicht richtig wohin mit der Geschichte. Ich wusste auch nicht, wie ich sie abschließen soll, damit klar wird, worum es hierbei geht. Eigentlich sollte das „Gluck, Gluck, Gluck“ alles aufklären (deswegen auch kursiv), tut es aber anscheinend nicht. Es war ein kleines Experiment von mir, das hoffentlich nicht ganz nach hinten losging.

Ich kann nur eines verraten:
Die erzählenden Personen sind KEINE Menschen und es ist auch definitiv KEIN Traum!
Verstehe mich aber nicht falsch, die Geschichte soll kein Rätsel sein oder etwas in der Art.

mfg
-|- Y -|-

 

Es ist aber ein Rätsel, denn wie würdest Du einen Text bezeichnen, den man nur entschlüsseln kann, wenn man die letzte Zeile richtig versteht?
"Ich kann nur eines verraten" - Dein Satz zeigt, dass Du dem Leser etwas verheimlichst, und dass es für Dich entscheidend ist, dass er selbst die Lösung findet.
So etwas nenne ich "Rätsel" - jedenfalls, wenn es das wichtigste an einer Geschichte ist. In diesem Fall ist der Rat-mal-wovon-ich-rede-Aspekt überhaupt der einzige am ganzen Text, denn ohne die Entschlüsselung begreift man gar nichts und die Worte machen keinen Sinn. Ist jetzt klar, was ich mit Rätsel meine?

 

Hm... Ok! Sorry.
Ich hatte wirklich nicht vor ein Rätsel zu machen. Meine Grundidee war, irgendeine kleine Welt zu beschreiben - aus der Perspektive eines ihrer "Bewohner" - und wie wir Menschen auf diese Welt wirken könnten. Die Erzählenden sind nichts anderes als der Inhalt einer grünen Flasche mit einem weißen Verschluß, unterhalb dessen sich ein kleines Loch befindet :)

-|- Y -|-

 
Zuletzt bearbeitet:

Okay, wenn das klar werden würde, wäre das ja schonmal was. Allerdings nichts umwerfendes: Ob Du aus Perspektive einer Fliege eine Badezimmerlampe oder aus der Perspektive einer Laus eine Schere oder was auch immer beschreibst - es ist immer ein und dasselbe Motiv. Was soll der Aha-Effekt sein? Dass jener Gegenstand aus einer anderen Perspektive anders wirkt? Naja. Das finde ich etwas wenig. Wenn die Erzählung an sich witzig oder dramatisch wäre, okay. Aber die verzerrte Perspektive an sich ist eine zu häufige Idee, als dass sie noch jemanden groß beeindrucken würde.

 

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