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Es war wie so oft
Es war, wie so oft in dieser Jahreszeit, ein warmer Frühlingsmorgen. Der Himmel war klar, die Bäume in einem frischen Grün entfaltet. Ich erinnere mich noch gerne an die alte Zeit, als ich und mein Vater, öfters an Tagen wie diesen, zum Angeln an die Weser gingen.
Zwar habe ich selten etwas gefangen, doch das war mir eigentlich egal, denn ich wollte meinem Vater eine Freude bereiten. Mein Vater litt an einer schweren Herzkrankheit, sodass er viel Ruhe brauchte, und die fand er beim Angeln, und ich war da, damit er sich nicht allzu einsam fühlen musste. Anfang wollte ich überhaupt nicht mitfahren, ich hatte mit Angeln nichts am Hut, aber mein Vater und auch meine Mutter schafften es, mich zu überreden mitzukommen.
Ich muss zugeben, dass die Ruhe mich gefesselt hat, ich verliebte mich in sie, ich schloss manchmal die Augen und hörte, wie mein Herz das Blut durch die Venen pumpte, ich lauschte dem Fluss, der zu meinen Füßen ins Meer flüchtete, und allzu oft den Vögeln, die ihren Frühlinsgefühlen freien Lauf ließen und ihre Balzlieder von sich gaben.
Man könnte behaupten, dass auch jetzt Frühlingsgefühle in mir erblühten.
Doch hier gab es weit und breit keine einzige nette Dame, der ich den Hof machen konnte. Zwar hatte ich vor einigen Wochen eine junge Dame namens Lisa kennen gelernt, sie war nicht gerade gesprächig, was man von den wenigsten weiblichen Wesen erwarten kann, aber doch sehr nett.
Sie kam mich öfters besuchen, doch außer einem netten Gespräch, sofern sie gesprächig war, ist zwischen uns beiden nichts passiert. Wie denn auch? Lisa war eine Ente, und, nicht, dass ich Sex mit Tieren mag, so ist, soweit ich weiß, Sodomie in Deutschland verboten. Nachdem ich Lisa ein paar Tage nicht gesehen hatte, kam sie mit vier kleinen Entchen zu mir angeschwommen, ich war überrascht, dass ich nicht erkannt hatte, dass Lisa schwanger gewesen war, wobei ich auch nicht wusste, wer der Vater sein könnte.
Ich nannte die vier „Tick, Trick, Track und Donald“, wobei die Ente, die ich Donald getauft hatte, ihrem Namen alle Ehre machte, weil so tollpatschig wie er war keiner von den Vieren. Schade nur, dass Donald ein kurzes Entenleben hatte, ich musste mit ansehen, wie Donald von einem Hecht zum Frühstück verspeist wurde.
Alles in Allem war es ein sehr schöner Tag, um sich in einem kühlen Fluss zu erfrischen. Um genau zu sein, es war ein Nebenfluss der Weser, in dem ich unfreiwillig mein Seepferdchen machen musste.
So trieb ich mit dem Strom Flussabwärts in Richtung Weser, um vielleicht sogar eines Tages ins Meer zu treiben. Wer weiß, vielleicht werde ich eines Tages die englische Küste sehen, wer weiß? Ich weiß nicht mehr, wie lange ich so vor mich hintreibe oder wieso ich gerade eine Leiche bin, ich kann auch nicht sagen, ob ich vielleicht erschossen oder vielleicht mir der Kopf abgetrennt wurde, und dass nur mein Kopf ohne Körper im Wasser treibt, ich habe ja kein Gefühl mehr.
Ich dachte immer, die Leute, die tot sind, würden in den Himmel oder in die Hölle gehen, und nicht wie ich vor sich hintreiben. Nun lag ich da im Wasser und konnte überhaupt nichts machen, nicht mal „abwarten und Tee trinken“.
Doch das Warten hatte bald ein Ende, als ich eines Tages bemerkte, dass ich nicht mehr mit den Fluss abwärts floss, sondern zur Seite gezogen wurde. Ich konnte sowieso nichts dagegen tun und ließ mit mir alles machen. Ich merkte, dass jemand mich aus dem Wasser rauszog und ans Land brachte, er oder sie legten mich auf dem Boden, doch leider genau so, dass ich mit dem Gesicht zur Sonne lag und der grelle Schein der Sonnenstrahlen mir die Sicht nahm. Ich konnte nur noch ein Schattengesicht erkennen, das sich über mich beugte.