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Found in LA

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30.01.2004
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Found in LA

Hallo,

nach langer Zeit stelle ich hier mal wieder was rein, ich hoffe, dass ist OK und die Rubrik stimmt. Die Geschichte ist eine Art Fortsetzung von dem Film "Lost in Translation".

Wer den Film nicht gesehen hat: Es geht um einen älteren Mann und eine junge Frau. Sie treffen sich zufällig in Tokyo und freunden sich miteinander an. Am Ende erkennen sie, dass sie Seelenverwandte sind. Jedoch kommen sie nicht zusammen, da beide verheiratet sind. Da ich ein hoffnungslos romantischer Mensch bin konnte ich mir eine Fortsetzung einfach nicht verkneifen. Ich hoffe, mir wird wegen der Grammatik nicht gleich der Kopf abgerissen... ;-)

Viel Spaß beim Lesen!


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Found in LA

„Cut!“ Bob Harris schloss dankbar die Augen. Endlich war die Szene im Kasten. Schon fünf Mal hatten er und seine Filmpartnerin diese Trennungszene drehen müssen. Seit Tokyo hasste Bob Trennungen jeglicher Art und sei es auch nur in einem Film.

Mary, seine Kollegin kam nun lächelnd auf ihn zu. „Na, dass hätten wir dann ja endlich geschafft.“ Er nickte. Die Betonung lag auf „endlich“. Er verabschiedete sich schnell von Mary und ging in in die Maske um sich abschminken zu lassen. Bob musterte sich müde im Spiegel und fragte sich, warum er zugesagt hatte, dieses Drama zu drehen. 'Geld!' dachte er, 'Denk an das Geld.' Der Film war ein kleiner Independent-Film, so einer, der bei der Academy Award Company gute Chancen haben würde. Vielleicht würde die Quälerei ja durch einen Goldjungen belohnt.
Nachdem er endlich abgeschminkt war, erhob sich Bob seufzend und machte sich umgehend auf den Weg, das Studio zu verlassen. Es war früher Nachmittag und er fragte sich, was er tun sollte, an diesem schönen Frühlingstag, der so gar nicht seiner Stimmung entsprach, in dieser Millionenstadt Los Angeles. Eigentlich lebte er mit seiner Familie weit weg von Hollywood, sodass er schon seit Tagen in dem kleinen Appartment wohnte, das sie sich für solche Fälle angeschafft hatten.

Zwei Jahre waren seit der „Begegnung seines Lebens“ wie er es nannte, vergangen. Und doch dachte er immer noch jeden Tag an Charlotte. Bob war sich sicher gewesen, dass er sie vergessen würde. Das er die Zusammenkunft mit ihr irgendwann nur noch schemenhaft im Gedächtnis haben würde. Doch dem war nicht so. Er dachte noch oft an sie. Und jetzt, hier in LA umso mehr. Sie hatte gesagt, dass sie und ihr Mann hier lebten. Er fragte sich, ob sie immer noch hier wohnte. Bob rief nach einem Taxi und beschloss, sich zum Sunset Boulevard fahren zu lassen, um ein bisschen durch die Straßen zu schlendern. In die kalte, leere Wohnung wollte er noch nicht. Dort wartete eh nur der Anrufbeantworter mit den Sprüchen seiner Frau, die ihn ungeduldig fragen würde, wann er denn endlich mal wieder nach Hause käme.

Er lies sich an einer belebten Straßenecke absetzten und lief langsam den Boulevard entlang. Er musterte die Auslagen der Schaufenster, wurde ab- und zu von einen Touristen angesprochen und nach einem Autogramm gefragt.
'Erkennen tut man mich wenigestens noch!' dachte er leicht sarkastisch und fragte sich gleich wieder, ob er Charlotte noch erkennen würde.
Er kaufte sich eine Zeitung, steckte sie sich unter einen Arm und ging zu „Conrad´s“ dem Inn-Bistro Hollywoods. Er suchte sich einen schattigen Platz unter einem der großen Sonnenschirme und setzte sich. Ein Kollege, mit dem er früher mal gedreht hatte, nickte ihm zu und fragte kurz wie es ihm so ginge. Bob antwortete knapp und widmete sich dann wieder seiner Zeitung. Ab- und zu nippte er an seinem Kaffee und beobachtete die Menge, die an dem Bisto vorbei flanierte. Einmal verschluckte er sich fast, als er eine junge Frau in der Ferne sah, die ihn stark an Charlotte erinnerte, doch bei näherem hinsehen sah sie ihr nur ein bisschen ähnlich. Allmählich begann er sich einzugestehen, warum er das Angebot, einen Film in LA zu drehen, angenommen hatte. Die Hoffnung, sie wieder zu sehen. Das war es gewesen. Aber wie um alles in der Welt sollten sie sich per Zufall in solch einer Millionenstadt treffen? Er seufzte leise und versuchte sich in einen Artikel zu vertiefen, um die Gedanken an Charlotte zu vertreiben.

@@@@@

„Ja, ja, Mom, mir geht es gut! - Nein, du brauchst dir wirklich keine Sorgen um mich zu machen, wirklich nicht!“ Charlotte hörte noch einen Moment ihrer Mutter zu, verabschiedete sich dann und legte auf. Sie sah sich in ihrem kleinen Appartement um. Kisten standen, halb geschlossen, im Zimmer herum. Auf dem Bett lag ein Berg von Wäsche, die noch eingepackt werden wollte, eine kleine Kommode stand halb abgebaut an der Wand. Noch eine Woche, und ihre Zeit in LA würde der Vergangenheit angehören. Sie würde wieder nach Hause, nach New York ziehen. Leicht resigniert setzte sie sich auf ihr Bett.
„Zweiundzwanzig und schon geschieden.“ murmelte sie leise vor sich hin. Seit einem Monat war das Scheidungsurteil nun schon rechtskräftig und Charlotte war erleichtert, dass es vorbei war. Sie und John waren immer noch Freunde, aber für eine Ehe hatte ihre Beziehung nicht mehr gereicht.

Nach Tokyo war alles anders geworden. Sie stand auf und lief zu ihrem Rucksack, wo sie ein schwarzes Buch hervorzog. Sie öffnete es und strich, fast zärtlich, über die Seiten. Nachdem sie wieder in Amerika angekommen war, hatte sie angefangen, alles, was sie über Bob Harris in den Zeitungen fand, zu sammeln. Es hatte sich zu einem regelrechten Tick bei ihr entwickelt. Sie hatte angefangen, ihre Geschichte aufzuschreiben, so wie Bob es ihr zugeflüstert hatte. Und sie hatte gehofft, das es etwas bringen würde. Dass sie ihn dann vergessen würde. Doch durch das aufschreiben war er nur noch intensiver in ihrem Gedächtnis als vorher. Sie hatte den Romanentwurf an mehrere Verlage geschickt, bis jetzt aber noch nichts gehört. Sie legte das Buch wieder zur Seite und blickte auf ihre Armbanduhr. Sie hatte um vier eine Verabredung mit ihrer Freundin, und da sie etwas außerhalb wohnte, wurde es nun Zeit zu gehen.

Sie griff nach ihrem Mantel, Tasche und Schlüssel und verließ ihre Wohnung. Sie war mit Sarah am Sunset Boulevard verabredet, weil sie ihren Abschied „feiern“ wollten. Charlotte hatte eigentlich nicht sonderlich viel Lust zum feiern, fand aber, dass es eine gute Methode sei, sich abzulenken. Sie nahm ein Taxi und traf sich an einer belebten Straßenecke mit mit Sarah.

„Wo wollen wir denn hingehen?“ fragte Charlotte wärend sie sich durch die Menschenmenge schoben.
„Wie wäre es mit dem Conrad´s, ein bisschen Promischauen gehen?“
„Meinst du nicht, das dass ein bisschen zu teuer ist?“ fragte sie zweifelnd, doch Sarah ergriff Charlottes Hand und zog sie mit sich. „Das ist für lange Zeit das letzte Mal, das wir uns sehen, also, sollten wir heute mal richtig „dekadent“ sein.“ Charlotte musste wieder ihren Willen lächeln. „Na, gut, warum auch nicht.“
Sie betraten die rießige Terasse von einem kleinen Seiteneingang und fanden dort auch schnell einen Tisch, wo sie sich im Halbschatten nieder ließen.
Da Charlotte leicht von der Sonne geblendet wurde, bekam sie nicht sonderlich mit, wer alles um sie herum saß. „Da drüben sitzt Tom Hanks!“ raunte ihr Sarah begeistert zu. „Wo?“ Charlotte zog sich ihre Sonnenbrille auf, um besser sehen zu können. „Rechts, neben dir!“ sie wand sich vorsichtig und erspähte tatsächlich den Schauspieler dort. „Willst du hingehen und ihn nach einem Autogramm fragen?“ fragte sie leicht spöttisch. „Wo denkst du hin! So etwas würde ich nie tun!“

Sie studierten die Karten und bestellten sich zu erst etwas zu trinken. „Ich bin gleich wieder da!“ Sarah erhob sich kurz und verschwand im Restaurant. Charlotte ließ ihren Blick wandern und beobachtete die Leute, die die Straße entlang hetzten. Bald würde sie wieder in New York sein. Es war ein seltsames Gefühl und sie wusste nicht, ob sie deswegen weinen oder lachen sollte. Sie würde zu erst einmal wieder bei ihren Eltern wohnen und sich dann in Ruhe etwas eigenes suchen. Ihr Wein wurde gebracht und sie nippte nachdenklich daran. Sie schreckte erst wieder hoch, als Sarah zum Tisch zurück gestürzt kam.

„Weißt du, wer da hinten im Eck sitzt?“ „Nein, Tom Cruise?“ „Viel Besser! Hast du nicht mal erzählt, das du Bob Harris ganz gut findest?“ Charlotte erwachte augenblicklich aus ihrer lethalgie und starrte ihre Freundin mit großen Augen an.
„Was? Bob Harris ist hier?“ sie spürte, wie ihre Knie weich wurden. „Wo ist er?“ sie hob ihre Hand an die Stirn, damit sie nicht mehr so von der Sonne geblendet wurde und ließ ihren Blick über die Terrasse schweifen.
„Da drüben, in dem Eck dort, siehst du?“ Tatsächlich. Doch Bob saß nicht mehr, er stand gerade auf und war dabei, das Bistro zu verlassen. Charlotte atmete tief ein und fragte sich, wie sie jetzt handeln sollte. Sollte sie es als Wink des Schicksals sehen und einfach sitzen bleiben oder aufstehen und hinterherlaufen? Ein Gedanke kam ihr in den Sinn: 'Er ist dir auch schon einmal hinterhergelaufen!' Sie stand entschlossen auf und lief, ohne ihn aus dem Blick zu verlieren, hinter ihm her.

@@@@@@

Bob befand sich schon auf dem Gehweg und wollte sich ein Taxi rufen, als ihn plötzlich jemand am Arm anfasste. Er fuhr herum und wollte schon wütend lospoltern, als er sah, wer ihn da aufhielt.

Einen Moment verschlug es ihm den Atem. Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass Charlotte plötzlich vor ihm stehen würde.

„Hallo!“ seine Stimme war mehr ein flüstern.

„Hallo! Ich, ich habe dich hier gerade gesehen und – na, ja und wollte dir einfach mal wieder Hallo sagen!“ sagte Charlotte und ärgerte sich innerlich, was sie da für ein Zeug zusammen redete. Bob lächelte sie vorsichtig an.
„Ebenfalls Hallo!“ Charlotte grinste automatisch zurück.
„Dass war eine blöde Anmache! Aber mir ist nichts besseres eingefallen, so auf die Schnelle.“
Bob nickte. „Mir würde es genau so gehen.“
Schweigend musterten sie sich. Studierten einander, ob sie sich sehr verändert hatten. Bob stellte fest, das Charlottes Haare länger und dunkler waren. Anscheinend hatte sie sie gefärbt. Ansonsten sah sie immer noch so aus wie damals.

Auch Charlotte musterte Bob genau. Er sah besser aus als damals, nicht mehr so übermüdet und das graue Haar stand ihm, so fand sie, gut. Ihre Blicke trafen sich und wieder wussten beide sofort voneinander, was der andere dachte. „Ich freue mich wirklich, dich wieder zu sehen.“ sagte sie und schluckte. „Ja, ich mich auch – sehr sogar!“

„Wie geht es dir?“ er legte seinen Kopf leicht zur Seite und sah sie fragend an.

„Na, ja – ehrlich gesagt, nicht so gut... Ich, ich bin gerade mit einer Freundin hier..“ sie verstummte, weil ihr einfach die Worte fehlten um auszudrücken, wie glücklich sie war, ihn wieder zu sehen.
„Ich, ich muss auch gehen!“ sagte Bob leise, obwohl er nichts lieber getan hätte, als einfach nur hier zu stehen um sie anzuschauen. „Natürlich!“ antwortete Charlotte, du bist bestimmt vielbeschäftigt.“ er nickte und wollte sich schon abwenden, als ihm eine Idee kam. Er griff nach seiner Brieftasche und fischte irgend eine Visitenkarte heraus und griff nach dem Kugelschreiber, den er immer mit sich trug. Beides reichte er ihr. „Gibst du mir deine Telefonnummer?“ Erleichtert sah sie ihn an. Es war also noch nicht alles verloren.

Sie schrieb ihm rasch ihre Mobilnummer auf, mit dem Vermerk, dass sie nicht mehr lange da sein würde. Bob ergriff das Stück Papier wieder und dankte ihr. „Ich rufe dich an!“
„Ich würde mich freuen!“ erwiderte Charlotte und sie reichten sich förmlich die Hand. Wieder sahen sie sich tief in die Augen und sie wussten beide, dass Charlottes Handy klingeln würde.

@@@@@

„Woher kennst du Bob Harris?“ fragte Sarah neugierig, als Charlotte wieder an den Tisch zurückgekehrt war. „Sie seufzte leise. Sie konnte sich nicht herumreden und vielleicht war es gut, wenn sie darüber sprach. „Du erinnerst dich doch sicher noch, vor zwei Jahren war ich mit John ein paar Wochen in Japan. Er war auch dort um einen Werbespot zu drehen, und da haben wir uns kennengelernt!“
„Echt, dass ist ja interessant! Und?“
Charlotte zuckte mit den Schultern. „Nichts „und“ wir haben uns einfach nur nett unterhalten!“ Sie wollte nicht viel über ihre Seelenverwandtschaft mit Bob erzählen und Sarah wechselte auch bald wieder das Thema. Doch Charlottes Gedanken wanderten immer wieder zu ihm. Sie fragte sich, wann wohl ihr Telefon klingeln würde. Sie griff in ihre Hosentasche und umfasste ihr Handy.

'Bitte klingle bald!' dachte sie inbrünstig während sie versuchte, Sarah zu folgen.

@@@@@

Bob saß in seinem Appartement vor dem Telefon und drehte unablässig die Visitenkarte in seinen Händen. Er hatte die Nummer nun schon so oft gelesen, dass er sie auswendig konnte. Er lehnte sich in seinem bequemen Sessel zurück und schloss die Augen. Einen Tag war er nun schon am grübeln ob er sie anrufen sollte. Sein Verstand sagte klar „Nein“, doch sein Herz, seine Seele schrieen „Ja“. Wenn er es nicht bald tun würde, würde die Zeit, die ihm mit Charlotte bleiben würde, immer kürzer werden. Entschlossen griff er nach seinem Telefon und wählte die Nummer.

Charlotte lag zusammengekauert, wie ein Embryo auf ihrem Bett und starrte auf ihr Handy, dass neben ihr lag. Am liebsten hätte sie es an die Wand geworfen, weil es einfach nicht klingeln wollte. Tat es aber aus Angst, dass es dann vielleicht nicht mehr funktionieren könnte, nicht. Sie hatte sich gerade erhoben um aufzustehen, als sie endlich die vertraute Klingelmelodie vernahm. Rasch griff sie zu ihrem Telefon und nahm den Anruf an.
„Hallo?“ vor Aufregung klang ihre Stimme leicht gehetzt. Sie hörte kurz in die Stille des Hörers und wieder holte sich noch einmal. „Hallo?“

„Ja, auch Hallo! Ich bin es, Bob!“ Charlotte atmete hörbar aus. Er war es, endlich rief er an.

„Schön von dir zu hören.“ sagte sie leise. „Wie wäre es, wollen wir uns treffen? Ich bin in einer Stunde mit dem Dreh fertig...“ Bob sprach in langsamen, etwas zweifelnden Ton, als ob er jedes Wort abwägte, ob es wirklich gut war, dies zu tun.
„Ich würde mich freuen, ich könnte ja versuchen etwas zu kochen, wenn du magst!“
Bob lachte leise. „Das klingt sehr schön!“
„Gut! Kannst du um sieben Uhr bei mir sein?“
„Ja. Bis dahin dann, ich freue mich!“
„Ich mich auch, ich wohne 84, Lexington Square!“

Sie verabschiedeten sich und Charlotte saß einen Moment aufgeregt da. Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb und sie versuchte lang und tief einzuatmen. Sie war nicht sonderlich gut im Kochen. Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie griff wieder zu ihrem Telefon und wählte.

@@@@@@@

Bob warf einen Blick auf seine Uhr. Kurz vor sieben. Er hielt ein kleines Geschenk in seiner Hand und suchte nach Charlottes Klingelschild. Endlich fand er es und drückte den Knopf. Es dauerte einen Moment, dann hörte er ein Rauschen und vernahm Charlottes leicht verrauchte Stimme.
„Hallo?“
„Ich bin es, Bob!“ „Schön das du da bist!“ vernahm er mit erleichterung ihre Stimme.
„Du musst mit dem Lift in den 5. Stock fahren, da wohne ich!“ Der Türöffner summte und Bob betrat das Haus.

Charlott warf noch einmal einen nervösen Blick in den Spiegel und öffnete die Tür.
Sie lächelte ihn unsicher an, als die Türen des Lifts mit leisen Summen außeinander fuhren und Bob heraus trat.
Ihr Lächeln verwandelte sich in ein breites Strahlen und sie trat stumm zur Seite um Bob einlass zu gewähren.
Sie schloss rasch die Tür und sie sahen sich einen Moment einfach nur in die Augen, lasen beide darin, ohne ein Wort zu verlieren. Charlotte räusperte sich, um die Stille zu durchbrechen.
„Hier, etwas für dich...“ sagte Bob sanft und reichte ihr das Päckchen. Sie griff danach und kurz berührten sich ihre Hände. Charlotte spürte, wie sie erzitterte. Sie schluckte und versuchte in einem unverbindlichen Ton zu sprechen.

„Das wäre aber nicht nötig gewesen! Da bin ich aber mal gespannt..“ während sie fragte, riss sie rasch die Verpackung auf. Als sie den Inhalt erkannte lachte sie laut auf.

„Eine Karaoke-CD?“ Bob grinste sie an. „Ja, ich dachte mir, dass dir so etwas bestimmt gefällt!“
„Du verlangst aber nicht wirklich, dass ich jetzt anfange zu singen?“
„Damals hat es doch auch gut geklappt!“ sagte er grinsend während er Charlotte durch den kleinen Flur folgte. Er musterte die Wohnung. Im Flur standen Kisten übereinander gestapelt. Anscheinend war sie schon fleißig am Packen.

Sie betraten den Wohnraum. Charlotte hatte so gut es ging aufgeräumt und Bob stand einen Moment staunend im Türrahmen.

„Das schaut ja aus wie in einem japanischen Restaurant!“ Charlotte nickte. Ein großer Paravant verdeckte das Bett, von der Decke spendete eine Kugellampe warmes Licht und sie hatte überall Kerzen verteilt. Er fühlte sich sofort wohl.

„Ich habe Sushi hier – allerdings nicht selbst gemacht – du weißt ja sicher noch was da raus wird, wenn ich selbst versuche so etwas zu kochen!“

„Ich erinnere mich!“ murmelte Bob und versuchte unverbindlich zu lächeln. Er wusste nicht, wann er zuletzt so aufgeregt gewesen war, wie jetzt.

Charlotte deutete ihm, sich auf eines der Sitzkissen zu setzen. Sie legte ihre Hände flach aufeinander und verbeugte sich vor Bob, wie es Geishas immer taten.

„Dalf es eltwas Reiswlein sein?“ fragte sie mit japanischem Aktzend in der Stimme. Bob verbeugte sich ebenfalls. „Ich nehme gerne etwas Reiswlein!“ Charlotte lief zu ihrer Kochniesche und holte den gekühlten Wein. Nachem sie eingeschenkt hatte, ließ sie sich ihm gegenüber nieder.
„Sogar japanische Weinbecher!“ sagte Bob anerkennend und hob sein Holzgefäß um mit ihr anzustoßen.
„Auf diesen Abend!“
Sie nickte und wiederholte seine Worte. „Auf diesen Abend!“

Charlotte hatte sich eine ganze Palette japanischer Köstlichkeiten liefern lassen und für einen Moment waren beide nur dabei, sich ihren Teller mit dem Essen zu füllen.
Nachdem sie eine Weile schweigend gegessen hatte, legte Charlotte ihre Stäbchen weg und musterte ihn lächelnd.
„Wie ist es dir ergangen?“
Bob seufzte. „Nun, ja, im Geschäft läuft es ganz gut, ich drehe gerade einen Film, mit Mary McCure, diesem angehenden Filmstar.“
„Und, wie macht sie sich?“ fragte sie leise. „Ganz gut, aber ich bin froh, wenn die Dreherei vorbei ist! Vielleicht bin ich für solche Sachen schon zu alt.“ sagte er und zwinkerte ihr zu.
„Du bist doch im besten Filmstar-Alter!“ gab Charlotte zurück. „Danke für die Blumen!“ Bob hob wieder seinen Becher und prostete ihr zu.

Während des Abends redeten sie über die Ereignisse, die sich seit ihrem letzten Treffen ereignet hatten. Bob hörte sich betroffen die Geschichte ihrer Scheidung an. „Ich hätte nicht gedacht, dass gerade du dich Scheiden lässt!“
„Vielleicht waren wir einfach zu jung!“ sie zuckte mit ihren Schultern und suchte seinen Blick. „Nach Tokyo war alles anders. Ich gebe John kaum die Schuld. Eher mir. Ich habe mich geändert.“
„Ich mich auch!“ gab er zurück und sah ihr tief in die Augen. Charlotte konnte nicht mehr länger seinem Blick stand halten und erhob sich, um den Tisch abzuräumen. Sie stellte das Geschirr schnell in die Spüle und lief zu ihrer Stereoanlage, schaltete diese an und der Raum füllte sich mit sanften Klängen alter Lieder. Bob war aufgestanden und stand nun dicht hinter Charlotte. Nach den ersten Takten erkannte er das Lied.
„Dass ist eines meiner Lieblingslieder! Matt Monroe, nicht wahr?“ Sie spürte wie nah er war und konnte nur nicken.

Bob hob seine Hände und legte sie sanft auf Charlottes Schultern. Langsam sagte er den Text auf.
„If there ever is a next time, make it now. Wildest times to make you love me, show me how! I can offer you the autumn of my life, will you share it? I can dress you in a vail that made of dreams but will you wear it....“

Er hatte begonnen, sanft ihren Nacken zu streicheln und genoss es, ihre Haut unter seinen Fingern zu spüren, zu spüren, wie sie unter durch Berührung Gänsehaut bekam. Charlotte seufzte tief aus ihrem Inneren auf. Dass war es, darauf hatten beide schon den ganzen Abend gewartet. Bob erfasste ihren linken Arm und drehte sie herum. Damit er sie von Angesicht zu Angesicht sehen konnte. Ihr Blick war leicht verklärt und er wusste, dass es nun zu spät war. Er würde nicht mehr gehen können, er wollte es auch nicht. Dieser Abend gehörte nur ihnen. Ihren beiden Seelen, die darauf gierten endlich eins zu werden. Charlotte atmete heftig ein. Die Stimmung hatte sich schlagartig zu einem Knistern verwandelt, die die Luft elektrisieren lies. Sie spürte einen heftigen Klos im Hals und dass ihr Tränen in die Augen schossen. Sie wollte nicht weinen, schließlich war dies der Moment, den sie sich so lange herbeigesehnt hatte. Bob zog sie zärtlich in seine Arme und presste sich fest an ihn.

„Ich kann jetzt nicht mehr gehen!“ flüsterte er ihr rau ins Ohr. „Ich will auch nicht dass du gehst.“ Sie löste sich sanft von ihm und hob ihren Kopf um ihn zu betrachten. Nervös biss sie sich auf ihre Unterlippe und schluckte gewaltsam den Klos im Hals hinunter. Sie hob ihre Hand und lies sie durch sein Haar gleiten. Es war so wunderschön ihn zu berühren. „Danach habe ich mich so lange gesehnt.“
Bob nickte. „Ich mich auch!“ Er umgriff Charlotte und hob sie hoch. Sie schlang ihre Arme fest um seinen Hals und endlich trafen sich ihre Lippen. Erst vorsichtig, wie es damals bei ihrem Abschieds-Kuss gewesen war. Doch dann wurde Bob fordernder. Suchte ihre Zunge und sie versanken in ein tiefes Spiel ihrer Münder. Irgendwie hatte er es geschafft, Charlotte zu ihrem Bett zu tragen, wo er sie nun hinlegte. Er kniete neben ihr, auf dem Boden hin und musterte sie zärtlich. Ihr Blick war leicht glasig und sie strich ihm sanft über sein Gesicht.

„Du hast mich schon einmal ins Bett getragen, erinnerst du dich?“
„Wie sollte ich das vergessen?“ fragte er sanft, während er begann, ihre Stirn zu küssen. Charlotte schloss ihre Augen. Es war so wunderschön, so unglaublich, dass dies nun wirklich geschah. Bob küsste ihre Nasenspitze und als er ihren Mund erreichte öffnete sie ihn freudig. Sie versanken für einige Minuten nur in diesem Gefühl. Charlotte kam es vor, als ob sie vorher noch nie so intensiv geküsst worden war. Schweratmend lösten sie sich voneinander.

„Komm, komm zu mir!“ sagte Charlotte leise und zog Bob zu sich auf das Bett. Sie rückte etwas zur Seite, damit er genügend Platz hatte. Sie begannen sich langsam gegenseitig auszuziehen, Knopf für Knopf näherten sich beide langsam ihrer Lust, der Erfüllung ihres lang gehegten Traumes. Als sie sich fast ganz ausgekleidet hatten, hielt Bob kurz inne und musterte Charlotte mit solch einem unergründlichen Blick, dass sie es kaum schaffte, ihm stand zu halten. Sie brauchten nicht mehr miteinander zu reden, dass hatten wieder ihre Augen übernommen. „Ich liebe dich und ich will dich!“ las Charlotte in seinen Augen. Sie nickte nur schwach und zog Bob an sich.

Sie fuhr mit ihren Händen über seinen Rücken, presste ihren Kopf in seine Halsbeuge und sog seinen Duft ein. Ja, genau danach hatte sie sich gesehnt, das war Bob, so wie sie ihn kennengelernt hatte. Sie lösten sich kurz und er begann sie vom Mund hinab zu küssen, während er mit seiner Hand anfing sanft ihre kleinen Brüste zu streicheln. Er spürte, wie erregt sie unter seinem Tun wurde und er genoss es unendlich. Er erreichte mit dem Mund ihre Brüste und begann sanft, an ihrer linken Brust zu saugen. Er lies seine Zunge über die dunkel abstehende Warze gleiten, die hart unter seiner Zunge erzitterte. Charlotte stöhnte erregt auf. Es war einfach wunderbar.
„Bob, bitte...“ flehte sie leise und hob ihren Kopf um ihn anzuschauen. Seine Augen waren glasig und er lächelte sie an. „Ja, ja Charlotte.“

Sie entledigten sich schnell ihrer restlichen Kleidung und schlüpften unter das dünne Bettlaken. Er legte sich auf Charlotte und einen Moment musterten sie sich nur.
„Liebe mich!“ sagte sie heißer. Sie öffnete ihre Schenkel um ihn besser empfangen zu können. Charlotte konnte sich nicht erinnern, jemals erregter gewesen zu sein, wie in diesem Moment. Sie küssten sich tief und heftig auf den Mund als sie sich endlich vereinten.

Beide glaubten, zu träumen, nein dies war besser als ein Traum, es war die absolute, ausgelebte Realität. Die nur ihnen beiden gehörte. Als sie den Gipfel der Lust erreichten, vereinten sich ihre Seelen für einen Moment vollständig, wurden eins, umarmten sich, klammerten sich aneinander, wie es ihre Körper taten, wollten sich nie mehr loslassen und nie mehr verlassen. Voller Extase schrieen beide des anderen Namen raus, ließen sich fallen, füreinander, ineinander, miteinander.

@@@@@

Stunden später kuschelte sich Charlotte in Bobs Armbeuge, genoss es, seine Wärme zu spüren, die tief ihre Haut, ihr Herz berührte. Ihre Hände waren fest ineinander verschlungen und er wiegte sie sanft hin- und her im Takt ihrer eigenen, inneren Musik.

„Damals, mit der Sängerin, ich meine, warum...?“

„Warum ich mit ihr geschlafen habe?“ vollendete Bob fragend den Satz. Er spürte, wie sie nickte.

„Ich weiß auch nicht so recht, ich habe es hinterher sehr bereut. Aber wahrscheinlich habe ich es getan, weil ich es nicht mit dir konnte. Ich kann mich nicht mal mehr richtig daran erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich dabei nur an dich gedacht habe und dein Blick an diesem Morgen hat mich ja deutlich abgestraft...“

„Nun ja, vielleicht wäre ich damals ja schon gerne die Sängerin gewesen!“ gab Charlotte grinsend zurück. Bob drehte sie so, dass sie wieder direkt unter ihm lag. „Dann lass uns das Spiel doch noch einmal beginnen!“ flüsterte Bob und sie begannen von neuen.

@@@@@

Charlotte blinzelte, weil die Skyline New Yorks die Sonne stark reflektierte. Sie schloss kurz die Augen und lehnte sich zurück. Sie fühlte sich matt und traurig und in der nächsten Minute wieder glücklich und erfüllt. So viele Gefühle vereinten sich in ihr, binnen weniger Minuten.

Die Woche war vorbei, die Woche mit Bob, die Woche mit ihrer großen Liebe. Sie hatten viel gemeinsam unternommen, viel gelacht und auch ein wenig geweint. Bob hatte sich frei genommen und sie waren in die Berge gefahren, einmal hatte er ihr das Studio gezeigt, wo er seinen aktuellen Film drehte. Doch meistens waren sie in ihrer kleinen Wohnung geblieben und hatten sich geliebt.

Sie hatte nicht gewollt, dass er sie zum Flughafen bringt. Der Abschied war schon schwer genug gewesen. Er hatte überlegt, ob er nicht doch seine Familie verlassen sollte. Doch Charlotte hatte nur mit dem Kopf geschüttelt.
„Es würde alles kaputt machen. Uns wurden sechs wundervolle Tage geschenkt, Bob, sechs TAGE! Manch einer darf nicht mal einen erleben! Wir müssen dass, was wir haben tief in uns einschließen und es ab- und zu hervorziehen und froh sein, dass wir es erleben durften!“ sie sah, wie er seine Tränen hinunterschluckte und fragte sich, woher gerade sie die Stärke nahm so zu ihm zu sprechen. Zu gerne hätte sie sich weinend in seine Arme geworfen und ihn angefleht, sie niemals los zu lassen.
Doch hatte sie es nicht getan. Sie hatte Bob weggeschickt. Sie hatten sich noch einmal tief und leidenschaftlich geküsst und sich dann voneinander getrennt. Ohne eine Telefonnummer oder sonstiges auszutauschen.

Charlotte öffnete wieder die Augen und sah das, von der Sonne, golden eingefärbte Empire State Building. Sie legte ihre Hände auf ihren flachen Bauch und fing breit an zu lächeln. Bob mochte sie verlassen haben - für immer, und doch wusste sie, dass er immer bei ihr sein würde in ihrem Herzen und.... sie stoppte ihren eigenen Gedanken, streichelte sanft über ihren Bauch und ihr Herz ging auf vor Glück.


Ende

 

Hallo StellaMaris,

ich muss direkt zu Beginn sagen, dass ich Lost in Translation bisher leider nicht gesehen habe, so dass bei mir der Aspekt der Fortsetzung nicht so im Vordergrund stand. Normalerweise hätte ich was zum englischen Titel gesagt, aber als Kontrast zum Filmtitel find ich´s in Ordung. Eine nette Idee, eine Geschichte, deren Ende einen unbefriedigt zurücklässt, einfach weiterzuschreiben.

Deine Geschichte liest sich auch ein wenig wie ein Hollywood-Film. Nett, unterhaltend, stellenweise etwas kitischig und klischeehaft, aber ganz gut geschrieben, besonders die Liebesszene. Bis zum letzten Absatz war Deine Geschichte natürlich auch sehr vorhersehbar, zum Schluss hast Du mich allerdings überrascht, sowohl durch die Trennung als auch die Schwangerschaft. Da bietet sich ja förmlich eine erneute Fortsetzung an, was?

Ich hab ein paar der Fehler, für die Du bereits um Verzeihung gebeten hast, mal rausgesucht ;) Mach das doch demnächst besser in einem zweiten Posting unter der Geschichte - vielleicht schreckt die Ankündigung der Fehler den einen oder anderen Leser ab ;)

Das er die Zusammenkunft mit ihr irgendwann nur noch schemenhaft im Gedächtnis haben würde.
Dass
ab- und zu
ab und zu
„Zweiundzwanzig und schon geschieden.“
Der Punkt weg, dafür ein Komma nach den Anführungszeichen
etwas eigenes
etwas Eigenes
Hast du nicht mal erzählt, das du Bob Harris ganz gut findest?“
dass
lethalgie
Lethargie
„Hallo!“ seine Stimme war mehr ein flüstern.
Flüstern
erleichterung
Erleichterung
einlass
Einlass
Dass war es
Das war es
Wir müssen dass, was wir haben
das

Liebe Grüße,
Juschi

 

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