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Serie Geschichten aus dem Himmel: Gottes kiffender Sohn

jbk

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17.06.2003
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Geschichten aus dem Himmel: Gottes kiffender Sohn

Gott kam ins Zimmer seines Sohnes.
„Was riecht hier denn so komisch?“, fragte er, die Nase rümpfend und sich umschauend.
Jesus hing in der Couchgarnitur und schaute MTV. Gerade wurde ein Konzert der Satanic Surfers übertragen.
„Ich habe dir doch verboten, in die Zukunft zu schauen!“, murrte Gott. „Schlimm genug schon, dass in einigen Jahren mehrere Millionen meiner Schafe vor diesen Flimmerkisten sitzen werden und sich zur Verweichlichung ihrer Gehirne diesen Musikbrei reinziehen. Schalt sofort aus!“
„Ey Alter“, sagte Jesus schlaff, „schalt mal deine Leier ab. Jedes Mal der gleiche Scheiß: Mach dies, mach jenes. Keinen Stress sag ich nur; easy.“
Gott stemmte die Hände in die Hüften. „Wieso sieht dein Zimmer aus wie eine geplünderte Süßigkeitenabteilung eines Supermarktes? Überall Haribo und Chipstüten, Keksschachteln und Colaflaschen. Geschirr auf dem Boden. Becher voll mit Asche, als wärst du im Krematorium des Teufels gewesen.“
Jesus kratzte sich den Bart. „Lass mich doch. Ich bin gerade sehr beschäftigt.“
„Ach ja, und mit was bitte?“
„Ich… ich chille. Ja, ich chille, das ist mein Wille, was du sagst ist mir pille wie das Zirpen einer Grille, ich....“
Während Jesus rappte, schaltete Gott seinen Röntgenblick ein. „Es glüht hinter deinem Sofa, mein Sohn!“
Jesus zuckte zusammen. „Hä?“
„Nicht 'Hä', sondern was!“
„Hä, 'was'?"
„'Was', frage ich!"
„Was?“
Gott wurde es zu dumm. „Du hast dir einen geraucht!“
Jesus schaute zur Seite. „Aber ich rauche doch gar nicht mehr…“
„Und warum glüht es im Chillum deiner Bong noch?“
Verdammt. Sein Vater hatte bestimmt wieder seinen Allwissenheitstrick benutzt. Jesus fand das richtig fies. Als er letzte Woche meinte, bei Herkules, seinem griechischen Freund, einen Videoabend machen zu wollen, kam Gott und zog ihm das Feuerwasser aus der Tasche. Außerdem beauftragte er Gabriel, auf seinen Sohn aufzupassen. So mussten sie tatsächlich „Stadt der Engel“ gucken, eine Schnulze, bei der Jesus Aufpasser Rotz und Wasser heulte. Irgendetwas hatte Gott bei der Erschaffung der Engel falsch gemacht. Sie waren so sensibel, dass sie bei jeder Kleinigkeit zu Tränen gerührt waren. Als Gott damals von seinem Schöpfungsplan erzählt hatte, fingen sie vor Freude dermaßen an zu flennen, dass die Erde bald über und über mit Salzwasser bedeckt war. Und während Gabriel mit ihnen den Film guckte, war wohl wieder halb Asien vom Monsun überflutet worden.
Wäre doch Gabriel jetzt, da man ihn braucht, zu ihm gekommen. So ein klitzekleiner Monsun im Zimmer wäre die Rettung gewesen, dachte Jesus. Dann wäre die blöde Glut erloschen und sein Vater hätte nichts gemerkt.
„Nun?“, fragte Gott, diesmal bestimmter.
Jesus suchte nach einer Ausrede.
„Vergiss es!“, rief Gott. „Zu plädieren, dass ein Stück ewig brennende Höllenglut durch Windeshand in das Chillum getragen und so ein kleiner Rest Tabak entflammt wurde, kaufe ich dir nicht ab!“
Es war niemals leicht gewesen, einen Vater mit Durchblick zu haben. Zuweilen aber war es einfach nur nervig. Jesus versuchte eine letzte List: „Ein Schulprojekt, genau! Wir sollten die Inhaltsstoffe der verschiedenen Gräser analysieren. Und fleißig wie ich bin, habe ich…“
Es war nie ein gutes Zeichen, wenn sein Vater grün anlief. Also redete Jesus gar nicht erst weiter.
„Zimmerarrest hat bei dir wenig genützt, Sohn!“, fing Gott an. „Auch das Fegefeuer hast du immerzu benutzt, um deine komisch geformten Zigaretten anzuzünden. Ich bin mit meinen pädagogischen Maßnahmen nicht weiter gekommen. Ich werde dich wieder auf die Erde schicken, damit du den Ernst des Lebens kennen lernst. Nur wohin?“
Gott überlegte. Ihn dahin zu schicken, wo der Pfeffer wächst, wäre kein guter Schachzug. Sicherlich wäre er dem Klischee des strafenden Gottes damit gerecht geworden, doch das Problem lag woanders. In diesen Gebieten wuchsen ebenfalls die fünfblättrigen Harzpflanzen, und sein sonst so arbeitsscheuer Sohn wäre sicherlich gerne bereit gewesen, die anstehende Ernte mit all seinen Mitteln zu unterstützen. Nein, es musste etwas anderes sein. Wie wäre es mit dem Himalaja? Gar nicht so schlecht. Die Vegetation in dieser Region ist sehr dürftig und außerdem würde etwas frische Luft dem Jungen gut tun. Und vor allem: keine Menschenseele konnte ihn in dieser abgelegenen, feindlichen Region auf dumme Gedanken bringen.

Mit einem Fingerschnips beförderte er Jesus ohne Vorwarnung aufs Dach der Welt, wo er die nächsten Jahre als Eremit verbringen musste.
Als er ihn wieder zurückholte, fragte er ihn: „Und, mein Sohn. Bist du geläutert von allen Versuchungen, hast du in Demut und Einsamkeit gelebt, wie es sich ziemt?“
Jesus strahlte: „Du bist der beste Papa, den man sich vorstellen kann!“
Gott wurde stutzig. Er hatte zwar mit Einsicht und vielleicht auch noch Zuspruch gerechnet, aber eine solch euphorische Reaktion war merkwürdig.
„Erzähl mir von deinen Erlebnissen, Junge. Hast du eine höhere Stufe der Einsicht erlangt, dich in der Meditation gefunden, dein Wertesystem überdacht?“
„Viel besser!“, lachte Jesus. „Das war vielleicht eine Gaudi! Am Anfang war es recht langweilig, da habe ich monatelang die Schneeflocken gezählt. Dann aber tauchten aus den weißen Winden Menschen auf. Ich also verstecke mich in einer Gletscherspalte und just, da sie neben mir waren, sprang ich aus ihr hervor und schrie ‚Uaaah!’ Die waren natürlich voll erschrocken und rannten schnell zurück in ihr Lager. Faselten etwas von einem Schneemenschen mit dichtem Fell und großen Klauen. Hab mich dann mal angeschaut und gemerkt, dass mein Haar und meine Fingernägel tatsächlich etwas lang waren. Aber egal. Die jedenfalls stiegen schnurstracks wieder runter vom Berg und ein paar Wochen später kamen voll viele Leute an, mit Kameras und so. Da musste ich sofort an ‚Star Search’ denken, du weißt ja noch Papa, damals im römischen Reich…“
Gott hatte sich alles angehört. Sicher erinnerte er sich an den Trubel. Damals war ja die halbe Welt verrückt nach seinem Sohn gewesen. Warum, das entzog sich seiner göttlichen Einsicht. Nur deshalb hatte er ja Zimmerarrest bekommen.
Und nun das Gleiche. Gott wusste, dass wieder so etwas wie ein Starkult entstehen würde. Man würde vom Himalaja-Monster oder Yeti oder ähnliches reden und sich fragen, wie ein solches Wesen existieren könne. Sicherlich würden Theorien gesponnen werden, etwa Außerirdische hätten es auf die Erde gebracht oder ähnliche Hirngespinste. Jedenfalls würden all diese Behauptungen wieder einmal dazu führen, dass der Glaube an ihn, den einzig wahren Schöpfer allen Lebens, nachlassen würde. Sowieso war diese Zeit geprägt von gottlosen Menschen. Zwar wusste Gott schon immer, dass der Mensch solange irrt, wie er lebt – aber innerlich regte er sich dauernd über diesen Irrglauben auf.
Und sein Sohn? Hatte er seine Lektion gelernt? Gott zweifelte daran. Er musste einsehen, dass sein Plan schief gegangen war. Er wollte ursprünglich erzieherisch auf ihn einwirken, ihn Demut und Meditation lehren. Das hatte im Hochgebirge nicht geklappt.
Also dachte Gott weiter: Wo würde sein Sohn vor Langeweile fast sterben? Wenn er sich zu Tode langweilen würde, dann müsste er eigentlich überglücklich sein, wieder in den Himmel zu kommen. Jesus beklagte sich ja oft, hier wäre alles so stockkonservativ.
Da hatte Gott eine Idee. Er würde seinen Sohn in ein Land schicken, in dem es keine Berge gab.
Und so kam es, dass Jesus nach Holland verbannt wurde.

Er schaute sich in seiner neuen Umgebung um. Ein kleines Dorf war am Horizont zu erkennen, also machte er sich, nach alter Tradition, auf die Wanderung.
Im Dorf angekommen, wurde er von einem jungen Afrikaner freundlich begrüßt.
„Hey Mann“, meinte dieser, „du siehst aus, als kämst du gerade aus Amerika! Erzähl, wie sind die Demonstrationen gelaufen?“
„Demonstrationen?“, fragte Jesus.
„Genau! Verdammter Vietnam-Krieg! Du bist in Ordnung, Bruder. Komm erst einmal mit, dann stelle ich dir meine Kumpel vor.“
Sie gingen die Straße entlang. Die kleinen Häuser gefielen Jesus gut. Noch besser aber die ganzen grünen Pflanzen, die man durch die gardinenlosen Fenster sehen konnte.
„Was hat dich nach hier verschlagen, Bruder?“, meinte der rasterhaarige Afrikaner.
„Höhere Gewalt!“, war Jesus Antwort.
„Mann, ich verstehe dich gut. Ich weiß genau, was du meinst. Wir alle sind doch auf einer Odyssee!“
Sie kamen an einem der Häuser an und gingen durch ein Tor in den Garten.
Dort saßen einige Freunde des Afrikaners. „Hey Sam!“, begrüßten sie ihn im Chor. „Wen hast du denn da mitgebracht?“
„Einen Freund, der von weither zu uns kam.“
Jesus winkte in die Runde und setzte sich. „Du hast wirklich interessante Pflanzen in deinem Garten stehen, Sam.“
„Findest du? Ich und meine Freunde sind Hobbygärtner. Hier ist ja wenig los, da muss man sich eine Beschäftigung suchen.“
„Wir gießen und pflegen und düngen sie, immerzu. Das ganze liebe lange Jahr lang.“
„Und was macht ihr dann damit?“, fragte Jesus grinsend.
„Was meinst du?“, fragte Sam zurück.
„Ich meine, ihr gießt und pflegt und düngt sie ja nicht nur die ganze Zeit, oder?“
„Was denn sonst?“, meinte Sam. „Mehr ist mit Pflanzen nicht zu machen.“
Konnte das sein? Jesus glaubte nicht, was er da hörte. Sollte es ein Wink des Schicksals gewesen sein, dass sein Vater ihn hierhin geschickt hatte?
„Ihr habt sie noch nie geraucht?“
„Rauchen? So ein quatsch!“
„Erst die Mühe und dann die Pflanzen verbrennen? Du hast wohl einen an der Waffel!“
Jesus erklärte ihnen, was es mit den Pflanzen auf sich hatte.
Eine halbe Stunde später lagen sie allesamt grinsend auf dem Rasen.

Die Zeit in Holland gefiel Jesus sehr gut. Bald nach ihrer ersten Chill-Session ernteten sie und trockneten es. Bald darauf eröffneten die Freunde den ersten Coffeeshop in Holland. Weitere folgten mit der Zeit.
Als Gott seinen Sohn wieder zu sich holte, war ganz Holland von Coffeeshops übersät.
„Was hast du getan?“, rief Gott verzweifelt.
„Den Menschen etwas Gutes!“, grinste Jesus, der dicht bis in die Haarspitzen war.
Gott aber erkannte das Ausmaß dieser Tat. Schlimm schon war es, dass Prometheus das Feuer auf die Erde gebracht hatte. Nur so war es den Menschen möglich geworden, nächtelang zu feiern. Aber dass jetzt sein eigen Fleisch und Blut den Menschen das Cannabisrauchen beigebracht hatte, war zuviel.
„Was hast du dir dabei gedacht?“, schrie Gott.
„Du sagtest doch immer, dass Friede unter den Menschen herrschen soll, oder nicht.“
„Das ist richtig. Aber was hat das jetzt mit unserer Diskussion zu tun?“
„Nun, ich habe doch nur deinen Willen befolgt. Ich habe ‚Peace’ unter die Menschen gebracht!“

Gott wusste nicht mehr weiter. Also bekam Jesus wieder Zimmerarrest. Er selbst aber besuchte seinen Freund, den Teufel.

Doch das ist eine andere Geschichte…

 

Oh jbk, wie herrlich

Jesus erklärte ihnen, was es mit den Pflanzen auf sich hatte.
Eine halbe Stunde später lagen sie allesamt grinsend auf dem Rasen.
Buahahaha was habe ich gelacht...
Mehr davon!

 

Hi vita,

da bin ich ja froh, dass ich dein Zwerchfell kitzeln konnte!
Gibt schon ne Fortsetzung! :D

Gruß
Jan

 

Hallo Jan,

wie ich gesehen hab, bist du schon in Humor-Serien! Deine *Geschichten aus dem Himmel* kommen bei mir gut an, vielleicht könntest du sie noch ein wenig besser sortieren, denn ich nehme an, die Bibel wird von dir jetzt neu geschrieben!

Klar, dass das Schule macht und Mitbewerber sich auch versuchen. Nimm's nicht so tragisch, Gott und Teufel sind ja auch "Freunde".

Ciao - Carlo

 

Danke Kater für die Kritik.

DIe Sache mit den Sortieren macht mir Gedanken, klar.
Eine zeitliche Sortierung - etwa Bibel, Mittelalter, Neuzeit - ist momentan die wahrscheinlichste.
Schaun mer mal...

Gruß
jan

 

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