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Holde Fee

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01.07.2004
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Holde Fee

Ein junger unbedarfter Mann, voll von Lebenslust, noch nicht wissend, was er aus seinem Leben machen wird, aber durchaus zuversichtlich in die Zukunft blickend, denn er ist nicht dumm und das weiß er, begegnet eines Tages einer Frau mittleren Alters. Es handelt sich um eine seltsame Begegnung, denn sie taucht, während eines Sonntagspazierganges, plötzlich wie aus dem Nichts vor ihm auf und zwingt ihn so zum Stehen bleiben. Er ist verdutzt, doch da die anderen Passanten aufgrund dieser plötzlichen Erscheinung keinerlei Überraschung erkennen lassen sondern weiter ihrer Wege gehen, vermutet er, sie, in Gedanken versunken, übersehen zu haben.
„Kann ich etwas für Sie tun?“, fragt er höflich.
„Moment“, sagt die Frau. Mit einem vornehm klingenden ‚Klick’ öffnet sie eine lederne Handtasche, holt ein Notizbüchlein heraus und beginnt darin herumzublättern. Die Frau ist schlank. Sie trägt eine Brille. Ihre Kleidung ist unauffällig. Ein beigefarbenes Kostüm, weiße Bluse, braune, flache Schuhe. Sie scheint in ihrem Notizbuch etwas nicht zu finden und blättert hektischer.
„Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann“, sagt der junge Mann.
Die Frau schaut ihn an und sagt: „Sehr witzig.“
Da es der junge Mann nicht für notwendig hält, länger zu verweilen, verabschiedet er sich höflich und wendet sich zum Gehen.
„Sie bleiben hier!“
„Wie bitte?“
„Hier geblieben. Ich bin noch nicht fertig“, sagt die Frau in einem scharfen Ton.
„Noch nicht fertig? Womit?“
„Mit Ihnen?“
Wegen des seltsam rüden Tones, der so gar nicht zu der Frau passen will, schwankt der junge Mann kurz zwischen Ärgernis und Belustigung und erkundigt sich dann höflich, wer denn die Dame sei.
„Eine Fee“, lautet die knappe Antwort.
„Was?“ Er glaubt seinen Ohren nicht zu trauen.
„Ich bin eine Feehee.
„Eine richtige... ich meine... eine echte Fee?“
„Ja.“
Das gefällt dem jungen Mann. Er hatte nicht damit gerechnet, jemals in seinem Leben einer Fee zu begegnen. Genaugenommen hatte er die Existenz von Feen immer etwas angezweifelt und in Frage gestellt. „Und, hab ich jetzt drei Wünsche frei?“, fragt er neugierig.
„Keine Ahnung. Das versuche ich ja gerade herauszufinden Moment, einen kleinen Moment, haben Sie nur etwas Geduld? Ah, da hab ich Sie.“
„Und?“ Das Gesicht des jungen Mannes hat sich vor Aufregung etwas gerötet.
„Keine Wünsche“, sagt die Fee.
Es fällt ihm schwer seine Enttäuschung zu verbergen, die sich auf seinem Gesicht wiederspiegelt, das etwas an Röte verliert. „Sondern?“
„Tja“, sagt die Fee, „ein Fluch.“
„Ein Fluch? Was denn für einer?“
„Keine Ahnung, die Schrift ist verwischt. Der Kuli hat geschmiert. Aber das macht nichts, das funktioniert trotzdem. Also, ich verfluche Dich.“
„Ja, aber warum denn?“
„Woher soll ich das wissen? Hier ist doch alles verwischt. Außerdem mach auch nur meinen Job.“ Plötzlich scheint sie verunsichert. Sie schaut abwechselnd auf den jungen Mann und in das Notizbuch.
„Stimmt etwas nicht?“, möchte der junge Mann wissen.
„Doch, doch alles in Ordnung. Sie sind doch Joachim Schmidt aus der Nordstraße 5?“
„Nein!“
„Nicht?“
„Nein.“
„Ganz sicher?“
„Natürlich bin ich sicher, ich weiß doch wie ich heiße. Mein Name ist Gerhard...“
„Scheiße, so eine verdammt scheiße“, unterbricht ihn die Fee, „dass mir das schon wieder passieren muss. Mist. Verdammt, verdammt, verdammt!“
Sie klappt ihr Notizbuch zu und steckt es zurück in die Handtasche. „Eine Verwechslung“, sagt sie achselzuckend. „Entschuldigung.“
„Macht ja nichts,“ entgegnet der junge Mann. „Das kann ja mal vorkommen. Nehmen sie nur einfach den Fluch zurück und wir vergessen das Ganze.“
„Das geht nicht. Verflucht ist verflucht, das ist ja das ärgerliche. Tut mir leid“, sagt die Fee und löst sich vor den Augen des jungen Mannes in Nichts auf.
In der kommenden Nacht kann der junge Mann nicht einschlafen, und als der Morgen graut fasst er den Entschluss, in die Politik zu gehen.

 

Hallo falky,

eine Fee, die keinen Plan hat, was sie eigentlich macht ... eine nette Geschichte, die mich zwar nicht wirklich zum Lachen brachte, am Ende musste ich dann aber doch schmunzeln. Kurzweilig unterhaltsam ist der Text.

Viele Grüße,

Michael :)

 

Hi falky,

in der Fee habe ich mich doch glatt wiedererkannt, denn so schusselig kann ich auch manchmal sein. :shy:

Eine schöne Schmunzelgeschichte, angenehm zu lesen und mit "erschreckendem" Ende ;)

Werde mal sehen was du noch geschrieben hast.
So was lockeres tut zwischendurch mal gut.

liebe Grüße, coleratio

 

Da hast Du wirklich recht, Michael.
Ist keine Brüller - Geschichte.
Aber wenn Du geschmunzelt hast, ist alles gut.

Stimmt Jo_oder_so,
den Wähler triffts - und wie.

Coeratio,
danke fürs Lesen und fürs Gutfinden.

Gruß
falky

 

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