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Kaffee und Kekse im Lager

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02.05.2003
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Kaffee und Kekse im Lager

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„He, du da!“ –„Ja?“ – „Treib sie dorthin und halt sie ruhig. Soll keinen Radau geben.“ – „Is gut!“ Ich schultere das Gewehr, tippe an meinen Helm, damit er mir ein bisschen in den Nacken fällt und verlagere mein Gewicht vom rechten auf das linke Bein. Durch den Stacheldraht hindurch kann ich andere Kolonnen wie meine sehen. Einige hübsche Frauen frieren da in der Kälte. Fast zu schade drum. “Eh, Josef, ist fast zu schade drum Eine Verschwendung. Schau dir die Mädchen da drüben an!“ – „Was?“ Er beugt sich über die Sandsäcke auf seinem Turm und späht in meine Richtung. Ich deute ihm zu den Mädchen drüben hin. „Was? Was hast du gesagt?“ – „SCHAU DIR DIE WEIBER AN!“ Er schüttelt den Kopf. Er versteht mich wahrscheinlich nicht. Ist auch egal. Das Gewehr leger auf der Schulter, spaziere ich an meiner Gruppe. auf und ab und inspiziere ein wenig die zitternden Rundungen meiner Schutzbefohlenen. „Na, ist euch kalt?“ Keine Antwort. Ihre Körper sind so weit abgekühlt, dass der Schnee auf ihnen nicht mehr schmilzt. Auf ihren Schultern bilden sich ein weißer Teppich, als wüchse eine Flechte auf der gefrorenen Haut. Wunderschön sieht das aus. „ Na gut. So, genug Pause. Auf, Auf!“ Die Kolonne trottet wie ein müder Tausendfüßler durch das Holzgatter hindurch. Ein Beinchen verhaschpelt sich mal. Dann repariere ich das mit dem Kolben von meinem Gewehr. ZACK. Und schon marschiert das Beinchen wieder im Takt. Auf der anderen Seite angekommen, bedeute ich ihnen mit dem Lauf meines Gewehres dort zu warten. Mehrere Gruppen warten bibbernd auf das Duschen. Von oben gesehen sieht es sicherlich recht militärisch aus. Ungefähr alle Gruppen in Rechtecken angeordnet. Sicher recht hübsch. Aber je näher man rankommt, umso übler wird der Gestank. Außerdem sehen sie recht jämmerlich aus, alle miteinander. Knochengerüste, Brüste, die wie ausgewrungene Weinsäcke bis zum Boden hängen, blaugefrorene Münder. Versaut einem den Appetit, wenn man sich zu lange damit beschäftigt. Außerdem schlecht für die Libido. Ich zünde mir eine Zigarette an und biete einem aus der Wachmannschaft, den ich nicht gut kenne, eine Zigarette an: er bedankt sich höflich und wir sprechen über Fußball. Wir sind beide darüber überrascht, dass eine österreichische Mannschaft den Meistertitel gewonnen hat. Wir lachen über diese absurde Begebenheit. Es fühlt sich freundschaftlich an und mir wird ein bisschen wärmer. Zu den Gefangenen sehe ich kaum hin. Als ich mich wieder umdrehe, sehe ich ein paar Nackte wegwanken. Ich schreie ihnen nach: bleibt stehen,, aber dann überlege ich mir das anders und probiere meinen neuen Karabiner aus. BUMM! BUMM! Auf den Rücken und in den Kopf.
Sind nur kleine rote Punkte und Hautfetzen, die am Rücken wegstehen, Dafür ist die Austrittwunde an der Vorderfront deutlich. Ein blutiger Krater. Ich drehe die Leiche wieder mit dem Fuß um. Der Kollege kommt rauchend näher und bietet mir Feuer an. Meine Zigarette ist mir ausgegangen. „Danke.“ – „Bitte. Gern geschehen. Guter Schuss“ Ich werde ein bisschen rot. Was sehr lächerlich ist. In meinem Alter wird man nicht mehr rot. Allein der Gedanke bewirkt es, dass sich mein Gesicht noch mehr rötet. Aber es ist zu kalt, als das man das wirklich sehen würde. Ich spüre nur, dass ich rot werde. „Ja. War ein guter Schuss.“ Ich häng’ mir das Gewehr wieder über die Schulter und gehe zurück zu meiner Gruppe.
Die Leutchen trauen sich nicht, mich anzusehen. Ist mir nur recht. Ist mir nur recht. Ich bleibe einfach vor ihnen stehen. Die Köpfe hängen alle zum Boden hin, als wären sie zu schwer. Durchaus möglich. Sie sehen aus wie Streichhölzer. Wie gebrauchte Streichhölzer. Gebrauchte Streichhölzer, die die Augen zupressen und ihre Köpfe hängen lassen. „LOS, MARSCH!“, höre ich eine Stimme, die das befehlen gewohnt ist. Mit meiner Stimme muss ich ein wenig aufpassen, hat mir der Arzt gesagt. Ah, da vorne tut sich was. Die Gruppe vor uns wird in das Gebäude getrieben. Als nächstes bin ich mit dem meinigen dran. Ein Moment, der mich immer ein wenig nervös macht. Ich spür’ dann so ein Kribbeln in den Unterarmen. Dann wird das stärker und wird zu einem Ziehen. Ich weiß nicht wieso. Auf Bahnhöfen bekomme ich ein ähnliches Gefühl. Oder bei der Matura Ich schmeiß’ die Zigarette auf den Boden und trete mit meinen neuen Stiefeln darauf. Schöne Stiefel. Das Gewehr wird langsam schwer. Ich suche in meinem Mantel nach Zigaretten. Finde keine. Ich sehe meine Leute scharf an. Sie haben lustig kleine Schwänze wegen der Kälte und bei den Frauen – manche haben aufgestellte Brustwarzen, die wirklich aussehen wie Himbeeren. Himbeeren habe ich schon lange nicht mehr gegessen! „Rührt’s euch nicht von der Stelle. Ihr habt’s vorher gesehen, ich schieß gut. Sehr gut sogar. Also!“ Ich hebe tadelnd den Zeigefinger. Es ist fast so als spräche man zu ungezogenen Kindern. Ich wollte mal Lehrer werden. Meine Mutter hat immer gesagt, ich soll Lehrer werden. Das hat Zeit. Kann ich ja immer noch machen.
Ich gehe hinein in das Gebäude. Wie ein Bunker. Schwere schwarze Eisentüren. Ein Bullauge wie bei einem Schiff. Ich trete ein, klopfe mir den Schnee von den Schultern und vom Mantel. Ich grüße den Wachmann an der Tür. „Hast du mal eine Zigarette für mich?“ –„ Ich rauch nicht. Tut mir leid. Aber da hinten im Aufenthaltsraum, kennst doch eh, die haben sicher einer Zigarette für dich.“ - „Danke.“ Gern bin ich nicht hier drinnen. Ein eigenartiger Geruch hat sich hier festgesetzt. Kann ihn nicht beschreiben. Wozu auch. An der Wand verlaufen Rohre,. Dicke Rohre. Der Aufenthaltsraum. Ich trete ein. Wohlige Wärme umfängt mich sofort. Es riecht nach echtem Kaffee, nach frischem Gebäck, nach Keksen. Sie sitzen um einen groben Holztisch, spielen Karten. Ich nicke zum Gruß und zeige auf die Kaffeekanne. „ Darf ich?“ – „ Bitte. Bedien dich.“ Einen von den Männern, die hier drinnen eine ruhige Kugel schieben, kenne ich. Er hat mit mir zusammen hier angefangen. Ist ein netter Kerl. Ich lächle ihm zu und hebe mein Häferl. Dann trinke ich. Ist nicht schlecht. Es werden mir Kekse angeboten. Ich frage nach der Zigarette. Deswegen bin ich ja gekommen. „Bitte, da nimm’ dir gleich ein paar.“ – „Ist sehr nett von dir, Kamerad.“- „Nicht so förmlich. Ich bin der Karl“ Unsere Hände verschränken sich. Ich gebe auch den anderen jetzt die Hände. Es wird zusehends freundlicher und wärmer hier drinnen. Ich nehme meinen Helm ab und hänge ihn zu den anderen.. „Ihr habt es auch hier schön eingerichtet. Ist wunderbar“, sage ich und sehe mich bewundernd um. Es ist tatsächlich nicht übel hier. Einer lacht. Die anderen trinken einfach weiter, nicken mir zu. Wir unterhalten uns ein bisschen über dies und jenes. Dann muss ich aber wieder los. „ So! Muss wieder raus. Danke für den Kaffe und die Zigaretten.“ Ich klopfe mir einmal auf das Knie, um meine Arbeitsbereitschaft zu signalisieren. Karl winkt freundlich ab. „ Bist immer willkommen.“ Ich freue mich darüber. Bis auf den Geruch draußen, ist es nett hier. Hier drinnen riecht’s aber eh nach Kaffee. Ich platziere den Helm wieder auf meinem Kopf und gehe hinaus auf den Gang. Ein Rauschen fährt durch die Rohre, die an der Wand entlang verlegt sind und schlussendlich genau vor mir, am Ende des Ganges in die Wand hineinlaufen. Das Rauschen begleitet mich bis ich das Gebäude verlassen habe. Draußen ist es einstweilen noch kälter geworden. Es kommt mir wahrscheinlich nur so vor, weil ich gerade im Warmen war. Der Himmel ist winterlich grau. Die Wachtürme zeichnen sich schwarz, wie Spinnen, vor dem grauen Hintergrund ab. Irgendwie erinnert mich das alles an einen Roman von Emile Zola. Ich stapfe durch das bisschen Schnee. Schöne Stiefel. So schön gewichst und schwarz. Auf so etwas lege ich wert. Das Gewehr drückt sehr auf meine Schulter. Ich hänge es über die andere. Darauf zünde ich mir eine Zigarette an. Ich wippe ein bisschen vor und zurück, um meine Füße zu entlasten. „ Scheiß Wetter, was?“ Die hängenden Köpfe antworten mir nicht. Der Rauch von meiner Zigarette ist scharf und gut sichtbar, er steigt auf und ich sehe ihm nach. Der Rauch aus den Schornsteinen des Krematoriums ist wesentlicher dunkler. Ich überlege kurz, ob ich die Zigarette an einem der Köpfe ausdrücken soll, verwerf’ es aber dann. Wozu, denk ich mir, wozu. Dann sind wir an der Reihe. Die schwarze Eisentür mit dem Bullauge geht auf. Der Wachmann von vorhin nickt mir zu. „ Na los. Komm, Opa, beweg deinen Rauschebart.“ Er stolpert. Genau wie vorhin. „Was soll das? Wieder Hiebe?“ Ich schreie da nicht rum. Wozu auch? Wie ich hier anfing, da war es noch Sommer, hat mich die Hitze irgendwie aufgeladen, da habe ich auch geschrieen, bis ich eine Kehlkopfentzündung hatte. So geht das nicht, hat der Arzt gesagt. So geht das nicht. Er hat mich damals gründlichst untersucht. Gründlichst. Überall. Ist ein guter Arzt. Ich spreche laut. Aber schreien tu’ ich nicht.
Der wächserne, Tausendfüßler bewegt sich hinein. Die Türen gehen zu. Ich zünde mir eine neue Zigarette an und betrachte den Himmel. Er ist sehr grau. Ich überlege kurz, ob ich nicht noch kurz mal hineinschau’, um mir einen Kaffe zu holen. Drüben, bei uns, ist er lang nicht so gut. Nein, lieber nicht. Ich schau weiterhin in den Himmel. Ja... Lehrer ist sicherlich nicht schlecht. Gar nicht mal so schlecht, die Idee. Die Lampen gehen an. Der Schnee knarzt unter meinen Stiefeln. Schöne Stiefel. Sehr schöne Stiefel. Ich gehe durch das Holzgatter wieder auf die andere Seite. Ich heb den Arm, um den Josef zu grüßen. Zum Spaß macht er den Scheinwerfer an und richtet ihn auf mich. Ich höre ihn lachen. Zuerst weiß ich nicht recht, ob ich lachen soll. Aber dann lache ich auch. Immer mehr Schnee. „ Soll ich kurz zu dir rauf? Die von drüben haben mich mit Zigaretten eingedeckt!“ Er beugt sich vor. Ich seufze und kletter’ einfach die Leiter hoch. Er hört schon schlecht.
„Die sitzen im Warmen, die Arschlöcher.“ Pause. „Schwuchteln!“ - „War halt Glück bei den Zuweisungen auf die Posten. Reg’ dich nicht so auf.“ Er brummt weiter vor sich hin. Er raucht die Zigarette, die ich zusammen mit meiner für ihn angezunden habe. Damit er sich die Handschuhe nicht ausziehen muss. Er hat furchtbare Arthritis auf den Händen – und da ist diese Kälte tödlich. Ich inhaliere ganz tief. Alles ist ruhig. Ich schaue mich um. Ist ein netter Aussichtspunkt von hier oben. Ich lass’ den Rauch ganz langsam aus meiner Nase kommen. „Schau, da tragen sie sie raus.“ Der alte Josef zeigt auf das Duschgebäude. „ Im Sommer ist das ganze angenehmer. Ist nicht so kalt.“ –„Dafür ist es aber heiß.“ – „Ja. Stimmt.“ – „Frühling ist gut, wenn es nicht regnet. Nicht zu heiß, nicht zu kalt. Und eine ordentliche Portion Sonne.“ – „ Außerdem stinken die Leut’ viel schneller, wenn es so heiß ist. Überall die Fliegen. Da muss man sich sputen, wenn man sie schnell unter die Erde bringen will.“ –„Ja.“ Ich werfe die Zigarette über die Brüstung. Die Glut spritzt Funken. Eine Sternenschnuppe. Ich wünsch mir was.

Ich wünschte, es wäre Herbst.

 

Hallo Fliegenrüssel

Die Grundidee deiner Geschichte gefällt mir gut.

Ich finde sie allerdings sprachlich nicht so toll umgesetzt und es hat auch sehr viele Schreib- und Satzzeichenfehler noch im Text.

Da ich gesehen habe, dass du schon lange nicht mehr hier auf KG.de warst, schreibe ich dir noch nicht alles auf. Falls du aber interesse hast, sende mir doch eine PM und ich lasse dir "meine" Korrektur zu kommen.

Freue mich von dir zu hören und grüsse dich freundlich
Muchel

 

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