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Mademoiselle und Mister X

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15.04.2004
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Mademoiselle und Mister X

Es handelte sich um eine französische Schönheit. Der amerikanische Spion Gail Nather saß im Empfangssaal des teuren Hotels und beobachtete, wie Mademoiselle quer durch die Halle schritt. Sie war groß, schlank und sehr elegant. Gail observierte sie nun schon seit geraumer Zeit und bedauerte es, ihr nicht unter anderen Umständen begegnet zu sein. Doch es galt einen Auftrag zu erfüllen und da ging es um mehr als nur um sie. Und davon abgesehen: wer sagte ihm denn, dass Mademoiselle sich nicht kooperativ zeigen würde?
Als Mademoiselle das Hotel durch die Drehtür verlassen und sich so seinem Blickfeld entzogen hatte, erhob Gail sich von seinem Platz auf dem Sofa und ging zum Aufzug. „Siebte Etage“, wies er den Portier an und die stählernen Türen des Aufzugs schlossen sich wie die riesigen Fangen eines Haifisches.
737 war die Nummer ihres Apartments. Gail kramte den Schlüssel aus seiner Tasche, sah sich kurz um, öffnete dann die Tür. Innen roch es nach Parfum. Bis auf diesen auffällig starken Duft schien das Appartement nahezu unbewohnt. War es Pingeligkeit? Oder hatte sie wirklich nichts dabei? Gail hoffte auf Pingeligkeit. Allerdings hoffte er falsch. Nachdem er sämtliche Schubladen und Schranktüren geöffnet hatte, musste er feststellen, dass Mademoiselle anscheinend nicht so dumm wie hübsch war. Schübe und Schränke waren leer. Gut, dachte sich Gail, wenn sie nicht dumm ist, wird sie kooperieren. Und setzte sich und wartete.

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Jeanne nahm wider ihrer Gewohnheit die Treppe. Eine Maßnahme, die sie ergriff, um nicht sogleich von seinem Blick erfasst zu werden. Und tatsächlich; da saß er, wie jeden Tag. Den Blick stur auf den Aufzug gerichtet wartete er einzig und allein auf ihr Erscheinen. Als Mister X sie sah, hatte sie ihren Blick schon längst wieder von ihm abgewandt, ihn stattdessen dem Ausgang zugewandt, dessen Richtung sie nun einschlug. Mister X ahnte nicht, dass sie ahnte, dass er sie beobachtete. Hoffte sie zumindest. War er so dumm wie er aussah, dann wusste er von nichts. Katzengleich schob sie sich durch die Drehtür. Sie wusste: jetzt, da sie das Hotel verlassen hatte, würde Mister X in ihr leeres Appartement eindringen. Er würde ihre Sachen durchsuchen wollen und enttäuscht feststellen müssen, dass es keine Sachen gab, die er durchsuchen konnte.
In der Zwischenzeit würde sie ihre Vorbereitungen treffen.

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Gut drei ein halb Stunden, zwei Gläser Scotch und wer-weiß-wieviele Zigaretten später kam Mademoiselle endlich von ihrem Bummel zurück. Als sie das Appartement betrat, saß Gail da, in dem eleganten Designersessel mit einem Glas Scotch in der Hand, die Beine lässig übereinander geschlagen, lächelte ihr cool und wissend entgegen – ganz in alter James-Bond-Manier.
Zunächst würde er versuchen mit ihr zu verhandeln. Und wenn sie keine Dummheiten machte, würde sie vielleicht sogar überleben.

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Als sie das Appartement betrat, hatte Mister X es sich schon gemütlich gemacht. Unbeeindruckt stand sie in der Tür und wartete auf seine Reaktion.
Zunächst würde er versuchen zu kooperieren. Bei dem Versuch würde es auch bleiben, denn Jeanne war nicht an einem Handel interessiert; sie wollte Vergeltung. Schließlich würde er zu „härteren Maßnahmen“ greifen.
War Mister X wirklich so berechenbar, dass ihre Rechnung aufging? Er musste es sein.

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„Mademoiselle“, begrüßte er sie galant, lächelnd, nahm noch einen Schluck Scotch bevor er das Glas abstellte und sich erhob. Sie nickte ihm zu. „Sie wissen, wer mich schickt. Auch wenn es Ihnen entgangen sein mag, aber unsere Organisation hat seit ihrem erfolglosem Verschwinden jeden Ihrer Schritte genauestens beobachtet, Ihre Gewohnheiten, Verhaltensmuster ermittelt und analysiert. Sie sind berechenbar. Wir wissen alles über Sie. Sie sitzen in der Falle.“ Stolz, zufrieden und selbstgefällig lächelte er sie an. Sie würde nicht die geringste Chance haben. Aber sie sagte nichts. Stattdessen kam sie langsam auf ihn zu, begann ihre Bluse aufzuknöpfen. Gail war nicht überrascht. Nicht wirklich. Die Vorstellung sie noch kurz vor ihrem Tod zu vögeln reizte ihn, war jedoch undenkbar, unmöglich, unrealisierbar. Während sie näher kam, stand er da, sah sie kalt und unbeeindruckt an. Wie viele Frauen hatten schon auf diesem Wege versucht ihrer gerechten Strafe zu entgehen? Das war Bestechung. Aber er war ein Profi, sein Blick eiskalt.

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Mister X begrüßte sie mit einem billigen „Mademoiselle“ und bei seiner Offenbarung – einem Text, den er schon Wochen zuvor einstudiert haben musste – dachte sie nur an den guten Scotch, den sie nun hatte verschwenden müssen. Sowas aber auch. Jetzt fehlte nur noch, dass er begann, ihr ihre Rechte vorzutragen. Mister X war sich seiner Sache sicher – zu sicher. Seine Selbstsicherheit war seine stärkste Schwäche und Jeanne nutzte diese schamlos aus. Noch während er sprach begann sie ihre Bluse aufzuknöpfen, kam langsam auf ihn zu. Ihr Plan würde aufgehen – schließlich war er ein Mann. Ungerührt stand er da, sah sie unbeeindruckt an. Wenn das kein Amerikaner ist, dachte Jeanne. Sie schmiegte sich an ihn und strich mit den Händen über seinen Körper.

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Mademoiselles Reaktion gab ihm zu verstehen, dass er sich seine Verhandlungen sparen konnte.
Stumm ließ Gail die Liebkosungen über sich ergehen. Tatsächlich: sie war eine Schönheit. Wie gern würde er sich nun gehen lassen...
Mademoiselle hob den Kopf um ihn zu küssen, ihr Gesicht näherte sich dem seinen und ihre Lippen waren nur Millimeter von den seinen entfernt – als er ihr lautlos eine Kugel in den Bauch jagte. Guter alter Schalldämpfer. Sie zuckte zusammen, ihr Körper begehrte noch ein letztes Mal auf. Gail spürte den letzten Hauch Atem, der ihrem Mund entwich, bevor er endgültig und für immer verebbte. Langsam ließ er sie zu Boden gleiten. Er durfte keine Aufmerksamkeit erregen. Zufrieden schaute er auf sie herab, tat so als würde er den imaginären Rauch wegblasen, der aus dem Schaft seiner Pistole emporstieg. „Mademoiselle, Sie haben sich überschätzt.“ Ganz wie in alter James-Bond-Manier. Dann steckte er die Pistole wieder weg und verließ das Appartement.
Wenige Sekunden nachdem er den Wagen angelassen hatte, explodierte die Bombe.

 

Hey Babelfish!

Vom Prinzip her ist deine Geschichte gar nicht schlecht - die zwei Perspektiven waren in der Mitte zwar ein wenig verwirrend, aber auch interessant.
Es ist zwar gut, wenn sich der Leser ein Teil zu der Geschichte selbst denken kann, allerdings wären ein paar Hintergrundinformationen, warum "Mister X" "Mademoiselle" beschattet und am Ende umbringt, von meiner Seite her wünschenswert gewesen.
Zum Punkt Spannung: war schon vorhanden, wenn allerdings nicht so wirklich viel, weil ich die ganze Zeit die Gründe für das Alles am Suchen war ;)

Insgesamt meiner Meinung nach eine mittelmäßige Geschichte.

Liebe Grüße
Alisha

 

Hallo Alisha!

Meine Idee war die Gegenüberstellung zweier ganz verschiedener Perspektiven mit "spannender" Handlung.
Irgendwie hat mir das Ergebnis selbst nicht ganz gefallen, obwohl ich sehr viel an der Sprache und der Darstellung der Perspektiven gefeilt hatte.

Jetzt weiß ich auch endlich woran das lag!
Danke, werde mal schaun, ob ich die Geschichte mit mehr Hintergrundinformationen verbessern kann :) hast mir mit deiner Kritik sehr geholfen!

lg, Babelfish

 

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