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Monolog eines Vampirs

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24.06.2001
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Monolog eines Vampirs

Monolog eines Vampirs

Der Abend kommt. So pünktlich wie die Gezeiten, so unaufhaltsam wie der Sonnenaufgang am Morgen darauf. Die Sonne versinkt rot hinter den Bergen. Es ist meine Stunde. Die Stunde des Erwachens. Dort unten, im dunkelsten Eck des großen Schlosses, dort ist meine Heimat. Verborgen hinter den Mauern des Vergessens und eingegraben in die Schatten der Vergangenheit.
1492
Kolumbus entdeckte Amerika. In Spanien erobert Königin Isabella Granada und vertreibt so die Mauren und Juden aus Spanien. In Deutschland entsteht der erste Erdglobus.
Und ich treffe Konstanze.
Konstanze. Sie war so schön. So wunderschön. Das Haar – wie ein Goldregen im hellsten Sonnenschein. Ihre Haut, ihr Teint – weiß wie der Schnee. Und ihre Lippen? Ein sanftes Rosa. Niemals zuvor und niemals danach sah ich eine solche Schönheit.
Wir begegneten uns auf einem Ball. Ich glaubte, ich sei ein Auserwählter, weil sie nur mir ihre Aufmerksamkeit schenkte. An diesem Abend dachte ich, ein Engel habe mich berührt. Zu spät wurde mir klar, dass es ein Teufel war.
Wir tanzten. Hinein in die Nacht und hinein in den Morgen. Längst hatte die Turmuhr geschlagen, wurde es Zeit, das Bett aufzusuchen. Welch abwegiger Gedanke in einer Zeit, in der Keuschheit eine Tugend und Wollust eine Todsünde darstellte. Und doch folgte sie mir auf mein Schloss und auch auf mein Gemach.
Es war bereits weit nach zwei, als wir einander liebten. Sie war so anders als alle Frauen, die je mein Bett geteilt hatten.
Ihre Brüste – vom Schnee bedeckte Hügel mit kleinen, braunen Erhebungen. Ihr Körper – so begehrenswert. So verführerisch. Keine Haare auf dem Weg zu ihrer Oase des Glücks, in der ich zu versinken bereit war.
Ihre Hände erforschten erst meinen Körper, dann meine Seele.
Konstanze gab mir eine nie gekannte Nähe. Leidenschaft und Hingabe, Verruchtheit und fast schon kindliche Naivität. All dass schenkte sie mir scheinbar ohne Gegenleistung, nur aus Liebe zu mir. Wie blind ich doch war.
Der Morgen graute bereits, als sie mich nahm. Ihre Zähne strichen über meinen Hals, neckten, spielten. Dann gab sie mir den Kuss. In diesem Moment begriff ich, welch Schlange sie doch war. Aber es war zu spät. Ihre Lippen – festgesaugt an meinen Hals. Ihre Zähne – tief eingedrungen in Haut und Fleisch. Ein unseliges Schmatzen und Saugen in meinen Ohren, während mir die Kraft durch die Adern davon rann, in ihren Mund hinein. Ihr Glück – mein Tod. Ihre Freude – meine Angst. Ihre Gier – meine Gier.
Es dauerte, bis ich aus dem Reich der Toten zurückkehrte. Hinein in eine Existenz, so ganz anders als meine bisherige.
1492
Kolumbus entdeckte Amerika. In Spanien erobert Königin Isabella Granada und vertreibt so die Mauren und Juden aus Spanien. In Deutschland entsteht der erste Erdglobus.
Und ich werde zu einem Vampir. Einem Untoter. Dazu verdammt, Nacht für Nacht auf die Jagd zu gehen, um jenen unheiligen Hunger zu stillen, der tief in meiner Seele sitzt. Der mich nicht ruhen lässt, selbst wenn ich der Jagd überdrüssig bin. Der mir die Stärke verleiht, die Menschen zu beherrschen. Der mich diese Stärke mit Schwäche bezahlen lässt, mich zu einem Sklaven meiner selbst macht.
Der Beginn meiner neuen Existenz. So wild. So leidenschaftlich. Die Frauen lagen mir zu Füßen. Ich konnte sie haben. Alle. Ein Blick, eine flüchtige Berührung. Und doch jagte ich in all den Jahren jener einen Frau nach, die ich niemals wiedersehen sollte. Meine Schöpferin Konstanze. Sie verschwand während meines Todesschlafs. Keine Spuren. Niemand, der sie kannte. So jagte ich des Nachts und schlief bei Tag. Die Zeiten änderten sich. Kaiser und Könige kamen und gingen, Weltreiche entstanden und zerfielen. Alles änderte sich. Die Mode. Die Technik. Nur ich, ich blieb stets der gleiche, überkommene Blutsauger. Gefangen in den Mauern der Nacht, mein Geist zu steif, zu unbeweglich für all die Veränderungen und gekettet an die Sucht nach jenem besonderen Saft. Blut.
Mein Schloss. Es gehört mir, ohne dass es jemand weiß. Des Tags, wenn ich in meinem Versteck liege, sicher vor Sonne und Entdeckung, trampeln Touristen durch die Säle, in denen ich einst Feste Feierte. Kinder mit schmuddeligen Fingern, die alles anfassen müssen. Erwachsene ohne Respekt oder Ehrfurcht vor den heiligen Hallen, von meinem Vater mit eigenen Händen erbaut. Einmal, nur ein einziges mal möchte ich aufstehen, ihnen sie alle jene Furcht lehren, die ich in der Lage bin zu verbreiten. Blankes Entsetzen in den Augen meiner Opfer, wenn ich ihnen die Gnade vorenthalte, in meinem Bann ihrem Ende entgegenzusehen. Die Urfurcht vor dem Urbösen. Den Tot – so deutlich vor Augen. So unausweichlich.
Ach könnte ich doch nur einmal bei Sonnenschein die große Freitreppe hinaufschreiten, wie ich es früher so oft getan habe, und das Pack zur Hölle jagen. Aber selbst diese kleine Freude, dieser kleine Triumph bleibt mir verwehrt.
Mein erstes Opfer. Janina aus Böhmen. Eine Maid, die des Nachts ihren Weg suchte. Unter dem vollen, runden Mond nahm ich ihre Unschuld. Sie lag in meinen Armen, zitternd, fiebernd den Augenblick herbeisehnend, der sie zur Frau machte. Er machte sie auch zu einer Untoten. Ich töte, was ich liebe. Liebe? Keine Liebe. Keine Gefühle. Nur Gier und der Drang, zu überleben. Egal wie.
Bin ich nicht besser als ein Tier? Ein Wolf, den Mond anheulend. Ein Löwe, der seine Beute reißt, nur um das nackte Überleben zu sichern. Wo ist meine Intelligenz, mein Wesen, dass mich einst als Menschen auszeichnete? Verloren in den endlosen Jahren, Wochen und Stunden der Unsterblichkeit. Was bleibt, wenn das Menschliche stirbt? Die Bestie. Die Bestie. So lange sie Opfer findet. Bis zum Ende der Ewigkeit. Verdammt.

Ende

(c) by G. Arentzen. Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Veröffentlichung - auch auf Websites und im Usenet nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

 

1492 - muss ein cooles Jahr gewesen sein :) , auch wenn der größte Teil der Menschheit wohl nicht viel von den Dingen mitbekommen hat, die geschehen sind.
Ist die Geschichte ein wenig von "Interview mit einem Vampir" bzw. den Büchern dazu inspiriert? Ich auf jeden Fall fühlte mich beim Lesen daran erinnert.

Gruß,
Britta
(muss mal im Archiv die Diskussion über Vampire suchen)

 

Eine Diskussion über Vampire? Ist mir entgangen... :(

Also ich glaube, ich hab schon mal erwähnt, daß ich Vampire nicht sooo besonders finde. Ich mag andere Monster mehr - Zombies z.B.... hihi... :cool: :D

Aber geschrieben ist die Geschichte sehr gut - mein Kompliment! Und auch die etwas altmodische Sprache gefällt mir sehr!!! <IMG SRC="smilies/thumbs.gif" border="0">

Alles in allem eine wirklich gelungene (aber leider auch gewöhnliche) Geschichte. Erinnert wirklich ein bißchen an "Interview mit einem Vampir" - aber ich denke, auf diesem Gebiet gibt es nichts, was es noch nicht gab... :( ---> ist halt ein ausgelutschtes Thema... *GGGG*

Griasle!
stephy

 

Hi :)

Ich muss gleich mal vorrauschicken das ich das Thema nicht besonders mag. Und dennoch, die Geschichte ist sehr gut geschrieben, wie ich finde und besticht v.a. durch ihr hohes Tempo (kurze Sätze, gechickt gesetzte Kommas und Gedankenstriche).
Am allerbesten fand ich die Wiederholung vom Anfang, als das lyrische Ich zum Vampir wird.

Kolumbus entdeckte Amerika. In Spanien erobert Königin Isabella Granada und vertreibt so die Mauren und Juden aus Spanien. In Deutschland entsteht der erste Erdglobus.
Das ist stark.

Einen Satz jedoch könntest du ruhig weglassen :

Keine Haare auf dem Weg zu ihrer Oase des Glücks, in der ich zu versinken bereit war.

Also bitte. "Oase des Glücks" ?? Was ist das den für eine Bezeichnung für ihre ... ups ... hab ich mich wieder gehen lassen. Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass das zu sehr nach Groschenroman klingt.

Also, anderes Thema und ich werd ein Fan :)


Gruss,

Batch

 

Aloha!

Ich habe mal wieder ein bisschen in den alten Beiträgen gewühlt und - auch wenn der Autor scheinbar nicht mehr unter uns weilt (letzter Beitrag aus 2001), aber vielleicht hat er ja die Benachrichtigung bei Kommentaren noch aktiviert - möchte ich die Erzählung nicht unkommentiert in den Schatten versauern lassen, wie es dem armen Vampir droht. :bla:

Also zur Sache: Ja, eine nette Erzählung ganz im Stile von 'Interview mit einem Vampir' und gerade deshalb auch nicht so einfach in eine Kurzgeschichte zu bringen. Hier ist dies sehr schön gelungen, vor allem der erneute Einstieg an der gleichen Stelle aus einer anderen Perspektive gefällt mir. Das auch die Wortwahl, die hier von Batch Bota bemängelt wird, eher altmodisch klingt, hebt die Erzählung meiner Meinung nach eher deutlich hervor.

Ich bin zwar kein großer Freund des Horrors - wohin die Erzählung eigentlich gehört -, aber gelungen finde ich sie alle Mal.


Dinge die mir auffielen (... und vermutlich nicht mehr geändert werden.):( :

Einem Untoter.
Untoter -> Untoten

... trampeln Touristen durch die Säle, in denen ich einst Feste Feierte.
Feierte -> feierte

... nur ein einziges mal möchte ich aufstehen, ihnen sie alle jene Furcht lehren, ...
ihnen sie alle -> ihnen allen


shade & sweet water
x

 
Zuletzt bearbeitet:

hi xhadoom,

was hat der hund denn da wieder ausgegraben *gg* also, so gut, als dass sie eine zweite chance am tageslicht verdient haette, finde ich die geschichte naemlich nicht... sind auch noch rechtschreibe-fehler drin und solcher kram. naja, egal...
das thema ist wirklich "ausgelutscht" ;) so besonders toll finde ich die geschichte auch sprachlich nicht, auch wenn ich die wiederholung von dem jahr und den ereignissen sehr toll finde. erinnert mich an campire: the masquerade... irgendwie... ausgelutscht

lg, vita

 

Warum auch immer...

...xadhoom das hochgeholt hat. Nett ist es ja zu lesen, aber ich muß zugeben und vita zustimmen, ich habe schon bessere Charakterhintergründe bei Vampire-the Masquerade gelesen...

Um aus dem Blutsaugerthema noch was interessantes rauszuholen, muß man mittlerweile schon SEHR kreativ sein.

greetz, Oile

 

Gugux nochma' ...

:heul: Meeeensch ... ich bin selbst Rollenspieler und wäre wirklich begeistert, wenn ihr die WoD mal außen vor lassen könntet, wenn es hier um Geschichten geht. So lieb mir die Hintergründe aus 'Vampire' auch sind, so stellen sie dennoch keine Bibel dar und außerdem bitte ich doch sehr zu berücksichtigen, dass die Erzählung 2001 entstanden ist.

Warum ich das ausgebuddelt habe? Ich gehöre hier nicht zu den Gründern und ich lese natürlich auch die Erzählungen vor meiner Inkarnation hier und in meiner Vermessenheit erlaube ich mir latürnich, die angenehm auffallenden nochmals in den Vordergrund zu rücken.

shade & sweet water
x

 

:heul: Meeeensch ... ich bin selbst Rollenspieler und wäre wirklich begeistert, wenn ihr die WoD mal außen vor lassen könntet, wenn es hier um Geschichten geht.
:thumbsup:

 

Gute Story. Ich mag Vampire. Besonders diesen. Diesen tragischen. Besonders schön die Schilderung seiner Liebes- und Todesnacht. Gut gelungen. Der Gedanke, seine große Liebe zu suchen und doch nicht zu finden, ist doch irgendwie schön schröcklich! Der Stoff, aus dem Geschichten sind.

 

Jaja, schon recht, haut mich, aber ich war/bin Live-SL und habe viele gute Hintergründe -auch in Geshcichtenform!- gelesen, auch mal ganz von der WoD abgesehen, und tut mir echt leid, aber viele von jenen Stories hatten mehr Tiefgang als diese hier.
Ich empfinde diese Geschichte nun mal -leider- als tragischen "Interview mit einem Vampir"-Abklatsch, und ich gebe zu, daß ich sowas auch schon geschrieben habe vor Jahren, und ich empfinde nichts davon als veröffentlichungswürdig weil zu abgeschmackt.

 

Naja, Vampirfilme habe ich irgendwann einmal in meiner Jugend gesehen. Und vom "Interview"-Vampir-Film hab ich ich Fernsehen eines späten Abends nur den Schluß gesehen. Vampirstories kenne ich auch nicht viele. Deswegen finde ich die Story sehr gelungen.

 

HI.
Also mir hast gefallen, obwohl ich langsam die Nase voll von Monologen hab(jetziges Thema in Englisch), aber der ist wirklich gut.
Wo ich sowieso so Vampirsüchtig bin*g*
An der SPrache gibts soweit auch nix zu bemängeln, ausser eben die eine Stelle, die Batch Bota (Also die 2. Stelle)schon erwähnt hat. Die passt da ja net so ganz findsch.
LG Lup :)

 

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