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Neue Therapie zur Vergangenheitsbewältigung!

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10.09.2002
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Neue Therapie zur Vergangenheitsbewältigung!

Vergangenheitsbewältigung

Seit der Erfindung der ersten Zeitmaschine im Jahr 2046, ist das Reisen in die Vergangeheit vom Staat verboten worden. Der Staat kontrolliert dabei die Zeitströme und fällt ihnen doch ein illegal Reisender ins Netz, wird dieser hart bestraft, selbst die Todesstrafe wurde schon verhängt.
Trotz allem gibt es Kreise und Gruppierungen, die es riskieren. Sie nennen sich „Spieler“. Seit Jahren hört man die Legenden über diese Gruppe von Underdogs. Doch bis vor einigen Monaten hielt ich sie immer für reine Gerüchte. Wie falsch ich doch lag. Mein Name ist Jismail Brukerer. Mit 23 Jahren besitze ich bereits ein Vermögen von mehreren Milliarden und bin Erbe eines Grossunternehmens. Es war mehr ein Zufall, als ich von der Echtheit der Existenz der „Spieler“ erfuhr. Durch eine Frauenbekanntschaft begann ich mich auf etwas, wie soll ich sagen, spezielleren Partys herumzutreiben und auf so einer wurde ich von einem „Spieler“ angesprochen. Er war fein rausgeputzt, und doch erkannte man sofort, dass er nicht zu der gehobeneren Gesellschaft gehörte und doch bei allen einen guten Ruf zu geniessen schien. Rudolf, wie er hiess, ist eine Art Dealer. Er verkauft den Reichen Eintrittskarten in die Welt der Spieler. Er sprach mich an, als ich auf der Toilette mich erleichtern wollte. Er kannte mich, wusste genau, wer ich war. Zuerst glaubte ich ihm nicht. Ein neuer Versuch der Polizei, so vermutete ich, angehende Gesetztesbrecher zu ertappen. Erst als er mir zu erklären begann, was die Spieler eigentlich taten, begann ich ihm zu glauben. Keiner könnte sich einen solchen Irrsinn einfach ausdenken.
Denn die Spieler hatten eine völlig neuartige Form des Spielens erfunden und führten diese genüsslich aus. Es war etwas unvorstellbares. Eine Erfahrung, die unerklärlich ist. Die Spieler reisten, wie gesagt in die Vergangenheit, doch das Wahnsinnige war, was sie dort taten. Ein Spieler reist nur einige Monate zurück in die Vergangenheit, und ist er erst einmal dort, kennt er nur ein Ziel –den Mord an sich selbst. Kein Witz. Der Spieler sucht seine eigene „vergangene“ Person auf und tötet sie –kaltblütig. Hat er sich selbst, sozusagen, ermordet, vebrennt er die Leiche und lebt an seiner Stelle weiter. Doch tat ein Spieler das erst einmal, so tut er es immer wieder, es ist wie eine Sucht. Er wartet einige Monate, verarbeitet diese ungeheuer intensive Gefühl und tut es dann wieder, reist in die Vergangenheit und tötet sich selbst. Ein Spieler tut das immer wieder von Neuem. Viele Spieler, verfallen nach einer Weile einer panischen Angst, da sie selbst ja jederzeit ebenso Jäger, wie auch Gejagter sind, sie wissen, jeden Moment kann ihr zukünftiges Ich erscheinen, um sie zu töten. Sozusagen eine Überdosis.
Wie Rudolf mir das alles erzählte, hielt ich ihn für Verrückt und doch war meine Faszination so gross, dass ich jeden Preis gezahlt hätte, damit er mich in dieses Spiel reinbringt. Was für ein Gefühl, wenn man plötzlich sich selbst gegenüber steht, sich selbst flehen und betteln hört und sich selbst dann tötet. Ich begann mir mein eigenes Spiel zurecht zu legen. Mir einen Spass daraus zu machen meine vergangenen Ichs zu quälen, sie wie Fische an der Angel zappeln zu lassen, bevor ich sie tötete. Das Töten brachte mir nach einer gewissen Zeit jedoch keine Befriedigung, keinen Kick mehr. Ich musste weitergehen, ich begann meine Ichs zu foltern. Ihnen immer grössere Qualen zu zu fügen, sie zu missbrauchen und sie zu vergewaltigen.

Man könnte sich fragen, wie ich so ruhig sein kann. Ich bin ja der Nächste, das Nächste ich in der Reihe meiner perversen Verbrechen an mir selbst. Ich habe ein neues Spiel begonnen. Ich habe mir den Tag, an dem und den Tag, an den ich zurückreise genau geplant. Am 2. Dezember werde ich an den 20. November zurückreisen und mich töten. Morgen ist der 20. November und ich bin bereit. Ich bin bewaffnet. Dieses Mal wird ein fairer Kampf zwischen mir und meinem zukünftigen Ich stattfinden.

Jismail schloss die Tür zu seinem Haus auf und tastete nach dem Lichtschalter. Grelles Weiss begann den Raum zu füllen, nachdem er den Schalter gefunden hatte. Jismail schloss die Tür, hing seine Jacke auf und begab sich in die Küche. Aus dem Eisschrank schnappte er sich ein Bier und begab sich ins Wohnzimmer, wo er sich vor den Projektor warf und eine Erfahrung wählte, die er sich nun zu gemüte führte, während er das kühle Bier genoss. Das Geräusch von Schritten, erweckte seine Aufmerksamkeit und er sah sich kurz um. Nichts. Erneute Schritte. Zögernd stand Jismail von seinem Stuhl auf.
„Hallo?“, fragte er in den Raum, schüttelte seinen Kopf und setzte sich wieder hin, „Idiot.“, sagte er zu sich selbst.
„Hallo.“ Jismail sprang erschrocken auf und es war ihm als sähe er in einen verwunschenen Spiegel.
„Du bist zu früh!“, schrie er, „Es ist noch nicht Zeit!“
„Nun, ich habe es mir anders überlegt.“, seine Stimme war ruhig und gefasst.
„Neiin“, Jismails Stimme zitterte vor Angst, „das kannst du nicht tun, ich will das nicht.“
Als er spürte, wie der Giftpfeil in seine Brust eindrang, wusste er, er wahr verloren. Er kannte die Schmerzen, die seine früheren Ichs hatten ertragen müssen, und er wusste, dass er genau deshalb die noch viel schrecklicheren Qualen erleiden werden müsste. Denn er war gnadenlos.

 

Hallo Jismail

Zeitreisegeschichten scheinen ja in letzter Zeit wieder groß im Kommen zu sein.
Dem ungeachtet gefällt mir prinzipiell deine Idee aus der Kombination von Zeitreise und (Selbst)mord eine Art perverses Gesellschaftsspiel aufzuziehen. Interessanter Ansatz, den zumindest ich noch nicht kenne. :D

Du bist erfreulicher Weise nicht in die große Falle der allzu genauen technischen Beschreibung des Rückreisevorganges getappt, wie so vielle Autoren vor dir. Dort werden zum Teil die hahnebüchensten Ideen eingebracht, die meist immer irgendwelche Fehler beinhalten.

Leider bist du aber über diese Fallgrube hinübergesprungen, nur um im der nächsten dahinter zu versinken: der Paradoxielogik (oder besser -unlogik)

Meines Erachtens gibt es einige logische Fehler, über die ich nicht hinwegsehen kann:

Was passiert mit den Leuten, die sich selbstermordet haben?-Sie nehmen den Platz ihres Alter Egos ein -> landen dann wieder in der Zukunft ->reisen zurück->nehmen Platz ein->etc.
1)In einem Universum führt das offensichtlich zu unauflöslichen Paradoxien, denn wenn ich tot bin kann ich nicht in der Zukunft mich in der Vergangenheit töten.
2.) In einem Multiversum (paralelle Zeitläufe) wird der Reisende immer älter(während die Umwelt ja nur zwischen den zwei Terminen altert), bis es schließlich so sehr auffällt, dass er den Platz seines jungen Ichs nicht mehr einnehmen kann.

Hab ich mir zumindest so überlegt.

mfg Hagen

 

Hagen schrieb:
Zeitreisegeschichten scheinen ja in letzter Zeit wieder groß im Kommen zu sein.

Ich nehme das auch gerade bedauernd zur Kenntnis.

Sich selbst in der Vergangenheit umzubringen, ist keine neue Idee. Daraus ein perverses Spiel zu machen, schon. Die logischen Probleme, die bei jeder Zeitreise auftauchen, stehen dieser an sich brauchbaren Idee jedoch gegenüber.

Schlimmer finde ich in diesem Fall Sprache und Stil der Geschichte: wirklich schwach. Da sehe ich umgangssprachliche Wendungen ("wie gesagt", "sozusagen", "Kein Witz"), Tempusfehler und holprige Sätze. Schon der erste Satz ist grammatikalisch falsch, da "Seit" immer auf eine Zeitspanne verweist, in Deinem Nebensatz aber ein punktuelles Ereignis (das Verbot) genannt wird. Richtig wäre: "Unmittelbar nach der Erfindung der Zeitmaschine im Jahr 2046 wurden Zeitreisen vom Staat verboten" oder "Seit der Erfindung der Zeitmaschine im Jahr 2046 sind Zeitreisen staatlich verboten." - je nach gewünschter Zeitform. Der Text schwankt übrigens manchmal zwischen Präsens und Imperfekt. Insgesamt wirkt er ein wenig, als hättest Du ihn nach dem Schreiben nicht nochmal durchgelesen. Lies ihn Dir laut vor, dann merkst Du, wie er holpert.

Erzählerisch hat der Text wenig Wirkung, weil Du zu unemotional erzählst. Anfangs wie ein Bericht, später mit zuviel Abstand. "Ihnen immer grössere Qualen zu zu fügen, sie zu missbrauchen und sie zu vergewaltigen."

Show, don't tell!
Du erklärst Deine Idee, statt eine spannende Geschichte draus zu machen.

Fazit: Durchaus brauchbare Idee, sprachlich und erzählerisch mit großen Schwächen.

Uwe
:cool:

 

@Uwe: Scheint echt nicht deine Woche zu sein... :D

Hallo Jismail,
also ich kenne noch keine Geschichte, in der man ein perverses Spiel treibt, indem man sein vergangenes Ich umbringt.
Und ich finde die Idee (als Geschichte) klasse!
Die Zeitparadoxien fielen mir hier gar nicht auf - obwohl ich auf sowas normalerweise sehr achte.

Was sich allerdings sehr negativ auf das Lesen auswirkte, war dein holpriger Stil, Grammatik und Tempusfehler.
Störend wird sowas vor allem dann, wenn man zweimal ein und denselben Satz lesen muss, nur um festzustellen, dass er wirklich so verworren und falsch da steht, wie man ihn beim ersten Mal gelesen hat.
Und sowas nervt den Leser für gewöhnlich sehr schnell.

Ohne den Fehlern, und etwas spannender aufgebaut (à la Uwe: "Show, don't tell") könnte daraus die beste Zeitreisegeschichte seit langem werden. Meiner Meinung nach...

glg Hunter

 

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