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Paul Krugman: The Return of Depression Economics and the Crisis of 2008

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12.04.2007
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Paul Krugman: The Return of Depression Economics and the Crisis of 2008

Die Wirtschaftskrise hat den Finanzsektor verlassen und die "Realwirtschaft" erreicht. Da dieses Problem "in Bälde" auch den Letzten einholen wird -

ob er sich nun für Wirtschaft(spolitik) interessiert oder nicht -

möcht' ich auf

Paul Krugman "The Return of Depression Economics and the Crisis of 2008", London 2008

hinweisen. Gleichzeitig sollte man

John Kenneth Galbraith "The Great Crash 1929", Boston & NY 1954, in letzter Überarbeitung 1997

zur Hand nehmen, denn es tun sich parallele Erscheinungen auf Beide Ökonomen sind ausgewiesene "Keynsianer", sind also keine Gegner des Kapitalismus, sondern nur anderer Auffassung als die seit den 70-er Jahren vorherrschenden Theoretiker des "Neo-Liberalismus" (Reaganomic, Thatcherism), der ja eigentlich das Hohe Lied des Laissez-faire singt.

Einen "ordentlichen" Niedergang infolge einer Finanzkrise hat es im letzten Jahrhundert nur 1929 gegeben, alle anderen Krisen waren regionale oder zeitlich sehr begrenzte Ereignisse, der schwarze Freitag aber beschäftigte die Leute satte zehn Jahre lang, denn der New Deal "funktionierte" anfangs nicht. Was dann zumindest für die USA den Aufschwung bedeutete, kann jeder an seinen zwo Händen nachrechnen, will ich hier nicht erwähnen und dass es so weit komme ... wollen wir gar nicht erst denken.

Vor Finanzkrisen ist immer gewarnt worden, doch die herrschende Meinung ließ sich ungern in die Suppe spucken. Jeder Absturz kommt überraschend & unerwartet - angeblich. Mythen - vor allem des "Aufschwungs" - halten sich lange, selbst wenn die Krise schon da ist (siehe Prognosen in Beerde im vergangenen Jahr).

Wenn auch das Objekt der Begierde von Boom zu Boom wechselt, das Schema ist das immer gleiche: Eine immer größer werdende Herde von Käufern steigert sich in einen Kaufrausch trotz steigender Preise bis

das Ende naht, wenn Käufer zunehmend Kredite aufnehmen müssen, um weiter kaufen zu können.

Statt der Aktien kommen nun die "Ansprüche auf Aktien" (Derivate) zum Zug. Sie sind zunächst preisgünstiger, werden daher in größeren Mengen gekauft und - logischerweise steigen die Preise der Derivate.

Jede Pause bedeutet da Stagnation, kann gar tödlich enden. Also muss es weitergehen, bis das Ganze kippt, wenn die ersten - um Kredite zurückzahlen zu können - ihre Papiere verkaufen "müssen". Misstrauen kommt auf, was zu weiteren Verkäufen führt. Preise fallen, stürzen ein, die vorherige Euphorie schlägt um in Panik ...

Nach 1929 "regulierten" die USA ihr Bankensystem, was aber nur bis in die 90-er Jahre hielt. Mit der Aufweichung der Regulierung tauchten Investmenttrusts (gibts eigentlich schon seit den 20-er Jahren), Investmentbanken und Finanzinvestoren auf. 1999 wurden die "Glass-Steagall-Gesetze" gänzlich aufgehoben, die "Hoch"zeit der "Heuschrecken" begann: der Begriff der Hedgefonds wurde selbst dem Laien bekannt. Und wer träumte nicht gerne davon, 25 und mehr % Rendite zu "machen"? Da ist doch jeder ein kleiner Akkermann.

Eine wichtige Rolle spielt natürlich die Einkommensverteilung, doch will ich hier niemand langweilen, man lese es selber nach ... Freilich wär's an der Zeit, dass beide Werke übersetzt würden!*

Krugman gibt systemkonforme Ratschläge, wie die Krise - wenn schon nicht verhindert, so doch abgemildert werden könnte. Was für Amerika da gilt kann für Europa und Beerde so falsch nicht sein, wenn man denn nur endlich auf Kassandra hörte!

Friedrichard

* Ha, sind se doch schon - ich Dummerchen, warum schau ich nicht zuerst unter Wiki?

Also:Galbraith "Der große Crash 1929. Ursache, Verlauf, Folgen", München 2005

und

Krugman "Die neue Weltwirtschaftskrise", Ffm. 2009.

 
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Kann mich an den Beitrag erinnern,

liebe Are.

Man ist selbst unter der Prämisse, da Namen nur Schall & Rauch seien, viel zu schnell dabei, dem zugehörigen Menschen Eigenschaften, die der Name benennt (was ich bewusst statt eines "bezeichnet" wähl), zuzuordnen. Da werden es eines Tages die lieben Kleinen, die heut auf dem/durch den MARKT der Eitelkeiten mit unseligen Vornamen beglückt werden, schwieriger haben als wir, die mit Vornamen der Altvorderen bedacht wurden, was aber nicht ausschließt, dass "Caloderma" sich über Vornamen der Altvorderen amüsiert fühlt.

Lass mich in einem ironischen Schlenker die Problematik an meinen Hausnamen darstellen: der stammt "von niederlant" und heißt im heutigen (salischen) Fränkisch "het windje", was ich vielleicht auch nur bin. Wer nun kein Niederländisch versteht, dem sei verraten, dass das "Lüftchen", "der kleine Wind" oder auch schlicht "Furz" heißt. Selbst da mit lernt man zu leben, ohne es abändern zu wollen oder in Depression zu verfallen. Denn das ist was Konkretes, Notwendiges und sogar Natürliches (alles weitere hierzu vgl. unter Bingos Biografie).

Ich dank Dir für diesen Beitrag, der die eher trockene Thematik mal aus einer andern Sicht "aufrollt".

Gruß

Friedel

 
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Das ist so eine Sache mit dem Hausnamen,

liebe Are,

zudem, wenn er vom Niederrhein her in zig Varianten auftaucht. Eine Erklärung der unterschiedlichen Schreibweisen lieferstu selbst: jemand schreibt ihn einfach aus "Versehen" anders. Wenn das dann noch vorm amtlich bestallten Standesbeamten geschieht - vielleicht ist er auch noch schwerhörig oder gar rittiti - schon wird der Name ein anderer als er zuvor war, wenn ein Buchstabe hinzu- oder auch wegkommt, durch einen andern ersetzt wird (statt j g oder umgekehrt) usw. usf., dass selbst ein Beamter scheinbar ans Spielen mit Buchstaben und Worten/Wörtern kommt.

Das Rheinland ist nicht nur jetzt ein Tollhaus ... und ich bin i. d. R. 362 Tage im Jahr närrisch, dass ich mich an diesen drei besonderen und organisierten Tagen erholen muss ...

Zur Beziehung Markt - Marx - mercatus wäre noch darauf hinzuweisen, dass lmerx/mercis auch "Ware" bedeuten kann, womit ein wesentliches Kapitel im Kapital auch schon fast zwangsläufig erfolgen musste ...

Erinnert sei auch an die altgriechische Agora und das römische Forum und deren Bedeutung für die Demokratie und die republikanische Staatsform und wesentlich bedeutsamer waren als Orte der Versammlung als die heutigen Basare.

Gruß

Friedel

 
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Hallo Friedel,

ich finde es toll, daß Du uns eine solide Fachliteraturbasis für die weiteren Diskussionen verschaffst, habe aber die Hoffnung, es abkürzen zu können, indem ich Dich frage:

- kann irgendein Banker, der nicht nur ein fiebriger Mitäufer der untersten Garde ist, behaupten, er hätte den Ausgang nicht vorhersehen können?

- kann ein so teuer betuchtes Exemplar wie Herr Akkermann behaupten, er hätte das Ausmaß der Krise nicht übersehen können?

- entsteht das alles als nichtlineare Wechselwirkung tausender Akteure, quasi wie eine Naturkatastrophe, oder sind alle wesentlichen Schritte, wie die Spekulationsblasen , die Derivate, die termingerechte Zinssenkung, die durch die Überbewertung der Immobilien gleich doppelt wirkt, der Hausse Zunder zu geben - sind diese wesentlichen Takte zentral von einer kleinen Gruppe gesteuert?

Gerade bei letzterer Frage könnte ich mir nicht vorstellen, daß ein Ökonom, der ruhig bis an sein Lebensende Geld für seine Forschung erhalten und die Ergebnisse publizieren will, zur Sache kommt. Da bleibt dann nur Literatur wie Gary Allen: Die Insider, die nicht als Fachliteratur gelten kann. Auch so kleine Ereignisse wie die 15 Milliarden Dollar, die am 5. September 2001 auf fallende Kurse von Merryl Lynch, Morgan Stanley, Münchener Rück, American Airlines und United Airlines gesetzt worden sind - eben die Kurse, die durch den 11.9. am heftigsten fielen - werden ja nicht in Büchern analysiert. Die Financial Times und die FAZ haben darüber berichtet, die Internationale Börsenaufsicht sollte es untersuchen, hat man mal einen Abschlußbericht gesehen? Aus mehreren, teils dubiosen Quellen verlautete, der "Carlyle Fund" hätte die Put Options gesetzt, in seiner Website warb er damals dafür, daß er "durch intime Informationen stets gute Anlageentscheidungen zu treffen imstande ist". Bleibt nur hinzuzufügen, daß die befreundeten Familien Bush und bin Laden beide fast ihr gesamtes Vermögen von Carlyle verwalten lassen.- Grenzen objektiver Berichterstattung, in der Literaur und in den Medien; letztere waren immerhin einige Wochen am Ball. Der Rest ist Schweigen.

Gruß Set

 

Grüß Dich Set,

"tolle" Fragen hastu da, die aber nun wiederum so einfach nicht zu beantworten sind, was schon mit der ersten beginnt:>kann irgendein Banker, der nicht nur ein fiebriger Mitäufer der untersten Garde ist, behaupten, er hätte den Ausgang nicht vorhersehen können?<
Grundsätzlich hättestu recht, doch konnte man in den letzten Jahren (eher Jahrzehnten) beobachten, dass die Ausbildung zum Bankkaufmann schon sich gewnadelt hatte: selbst der kleinste Schalterbeamte/angestellt ist vollgestopft worden mit der neoliberalen Ideologie und dem Renditedenken, dass heutigentags der Film von 1975 "Lina Braake. Die Interessen der Bank können nicht die Interessen von Lina Braake sein" aktueller ist denn je. Dem Vollstopfen mit Ideologie korrespondierten in der Folge auch "hand/kopfwerkliche" Mängel und Naivität, indem der junge Mensch glaubt, die Produkte seiner Bank (Versicherung/Finanzdienstleister ezc) wären die besten überhaupt, für die man sicher nicht den einzelnen Azubi verantwortlich machen kann.

Ähnliches geschieht in den betriebswirtschaftlichen Seminaren, dass ich mir dazu nur den Satz erlaube: die Herren Dozenten werden nach der Krise - alles hat einmal ein Ende, nur die ... - die selben Namen tragen wie zuvor, Herr Sinn wird weiter seinen Unsinn verzapfen und Wirtschaft(spolitik) als Religionsersatz verkaufen, dass nur zu hoffen bleibt, dass zumindest sein unseliger Vergleich der Judenverfolgung mit der Kritik an den Wirtschaftseliten nicht vergessen wird.

>kann ein so teuer betuchtes Exemplar wie Herr Akkermann behaupten, er hätte das Ausmaß der Krise nicht übersehen können?<
Berufsoptimisten übersehen schon mal was.

>entsteht das alles als nichtlineare Wechselwirkung tausender Akteure, quasi wie eine Naturkatastrophe, oder sind alle wesentlichen Schritte, wie die Spekulationsblasen , die Derivate, die termingerechte Zinssenkung, die durch die Überbewertung der Immobilien gleich doppelt wirkt, der Hausse Zunder zu geben - sind diese wesentlichen Takte zentral von einer kleinen Gruppe gesteuert?<
Jain, kann sein, muss aber nicht. Dass auch mit Bluff gearbeitet wird, zeigstu schön in der Tulipa-Geschichte. Ich hab mich mal für Finanzdienstleister interessiert, die vor allem die Arbeitsagenturen belagerten und angeblich Büroleute suchten. Stattdessen suchten sie Kunden und fabrizierten Schneeballsysteme. Als der Arbeitsagentur das verklickert wurde, hielt die sich bedeckt, waren die Leute doch erstmal aus der Statistik raus ... So ist das z. B. ganz unten. Vor gar nicht langer Zeit war in der ZEIT ein Bericht über Finanzdienstleister, die unterm Vorwand, Arbeitsstellen anzubieten, über Studenten herfielen. Am Ende stand eine Karriere als Kunde und das Schneeballsystem. Das peinliche war, die ZEIT wies nach, dass zumindest eine Hochschule mit einem dieser Geldhaie zusammenarbeitete.

Schnell ist man in den größeren Zusammenhängen bei einer Verschwörungstheorie und obwohl wie im Fall Bush/Bin Laden/Carlyle die Beziehungen nachvollziehbar sind, wird kein wohlbestalter Ökonom seine Pfründe gefährden wollen.

Nach Satire schreit natürlich ein vergleich der Oktoberrevolution mit potentiell hier in Beerde anstehenden "Enteignungen". Wie man da sieht, soll auch das für den Hauptaktionär noch zum Geschäft werden ...

Der Rest bleibt Schweigen,

dass jede Antwort hier unbefriedigend ausfallen muss.

Gruß

Friedel

 

Drei Fragen @Aren/Fried

1.: Warum werden hier wohl sonst keine Sachbücher besprochen?
2.: Verarscht ihr, wie einige glauben, wirklich alle nur? Oder seid ihr echt so ... eigenartig?
3.: Wieso nutzt ihr nicht die PN-Funktion?

 

>Warum werden hier wohl sonst keine Sachbücher besprochen?< kannstu

Quinn,

als kompetenter, autorisierter Kollege und Sprachrohr von "einigen" anderen sicherlich selbst beantworten. Die PN-Funktion wird durchaus genutzt und als Gegenfrage: Bist denn Du nicht eigenartig? Wie seltsam muss man sein, um die mittlere Frage zu stellen?

Nix für ungut

Friedel

 

Hallo!

Nachdem ich hier eigentlich allenfalls nur noch zum passiven Konsumenten geworden bin, muss ich mich zum hier Dargebrachten doch mal äußern.
Offenbar ist hier das Buch von Krugman ziemlich verdreht und den eigenen Vorstellungen angepasst worden. Anders kann ich mir das dümmliche Geschwätz nicht erklären (nichts für ungut).
Um mal ein paar Sachen anzumerken:
- Neo-Liberalismus ist allenfalls eine politische, aber sicher keine wirtschaftswissenschaftliche Richtung. Das "Gegenstück" zu Keynsianismus ist die Neo-Klassik. Wobei die Unterscheidung nur in der kurzfristigen Betrachtung liegt - im Grunde nur verschiedene Ansichten in der Anpassungsreihenfolge zweier Variablen. Wobei das theoretische Gerüst im Laufe der Zeit reichlich ausgebaut wurde (ebenso die empirischen Untersuchungen).
- Reagonomics war eher kynesianische Wirtschaftspolitik.
- Keynsianismus und Neo-Klassik funktionieren in beliebigen Wirtschaftssystemen, sind also recht unabhängig von der Frage Kapitalismus oder Kommunismus. Auch eine Planwirtschaft funktioniert nach gewissen Grundprinzipien. Reinen Kapitalismus als Wirtschaftsform gibt es übrigens nicht - nicht mal in den USA.
- Die jetzige Finanzkrise und die Große Depression sind nur bedingt vergleichbar. Sie wird zwar gern als Fall herangezogen, aber die Ursachen und Wirkungen der Krisen unterscheiden sich dann doch ziemlich.
- Finanzkrisen sind tatsächlich kein seltenes Phänomen. In den letzten Jahren lässt sich eine gewisse Häufung feststellen, zumeist in Schwellenländern und als Währungskrise. Langfristig ist das für die betroffenen Länder allerdings nicht schädlich gewesen. Industriestaaten sind seltener betroffen, die Auswirkungen jedoch deutlicher (z.B. Skandinavien zu Beginn der 1990er oder die Pfundkrise). Auch weltweite Krisen gab's ein paar, z.B. 1982. Daher könnte man permanent vor Krisen warnen (zu Recht). Auch vor der aktuellen Situation ist bereits seit einiger Zeit gewarnt worden (z.B. sehr deutlich im Jahresbericht 2007 der Bank für internationalen Zahlungsausgleich). Politische Reaktionen sind ja tatsächlich angestoßen worden, die Ereignisse haben sie dann überrollt (mal abgesehen von der Frage, ob sie was genützt hätten).
- Finanzmarktregulierung und Regulierung und Aufsicht des Banken- und Versicherungssektors sind seit vielen Jahren Gesprächsthema v.a. auf EU-Ebene. Es gab zahlreiche Maßnahmen, die nie großartig in den Medien behandelt worden sind und die durchaus für eine Abschwächung der Krisensituation jetzt gesorgt haben (sprich, es könnte noch schlimmer sein): z.B. verschärfte Eigenkapitalbestimmungen für Banken, Umstellung auf IFRS, Bestrebungen in der Steuerharmonisierung, Zusammenlegung von Aufsichtsorganen, Abkommen mit Steueroasen usw. usf. Sicher nicht alles Gold ...
- Wo es Verkäufer gibt, muss es auch Käufer geben. Preisverfall besteht dann, wenn das Angebot größer als die Nachfrage wird. Die Verkaufwilligen müssen also einen geringeren Preis akzeptieren u.U. Wenn niemand etwas kaufen will, kann auch niemand was verkaufen. Das gilt auch bei sog. Leerverkäufen.
- Das mit den Krediten ist sogar halbwegs richtig. Aber es gibt wenig Leute, die auf pump Wertpapiere oder Aktien kaufen. Hier ist eher das Problem, dass besonders in den USA viel auf pump gekauft wird (normale Güter von Lebensmitteln bis Häusern). Die Finanzkrise hat ja ihren Beginn im Immobilienbereich, nicht im Aktienmarkt.
- Was für Amerika gilt, muss lange nicht für Europa gelten. Die Wirtschaftspolitiken waren in der Vergangenheit schon immer recht unterschiedlich. Die Begebenheiten sind auch vollkommen andere. Andere Institutionen, Steuer- und Sozialsysteme, Politikvorstellungen, Position der Notenbanken, Regulierung der Kapitalmärkte, Konsumentenverhalten, Außenhandel. Einige Maßnahmen mögen ähnliche Wirkungen haben können, aber selbst das bezweifle ich.

Beste Grüße

Nothlia

 
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Hallo Nothlia,

ich komm nun doch schon auf Deine Fleißarbeit zurück, wobei die Bemerkung

>Reagonomics war eher kynesianische Wirtschaftspolitik<

mich amüsiert hat. Aber geben wir's vorweg schon zu: Nationalökonomie wird trotz aller Bemühungen nicht die Präzision der Naturwissenschaften erreichen - siehe Prognosen der führenden Köpfe bis in den vergangenen Herbst hinein -, eine Darstellung Keynes/Klassik und/oder eine Diskussion Kapitalismus/Kommunismus - der ja in Wirklichkeit in seinen real existierenden Varianten nur "Staats"kapitalismus war erspar ich mir und dass es wie das Ding an sich keinen reinen Kapitalismus, wohl aber einen "rheinischen" gegeben hat, bezweifelt niemand. Dass 1929 ff. und die Bubble-Ökonomie der Jahrtausendwende nur bedingt vergleichbar sind und wie weit wird man erst wissen, wenn 2008 f(f). überwunden ist.

Die Intention der (zugegeben: verkürzten) Darstellung Krugmans geht zurück auf Parallelen zu Texten, die hier unter kg.de eingestellt sind. Es kann nicht der Sinn gewesen sein, seitenweise "The Return ..." zu referieren. Wen es interessiert, der wird zum Buch oder einem vergleichbaren Werk greifen. Dennoch seien mir einige Randnotizen erlaubt:

"Neoliberalismus" (ob mit, ob ohne Bindestrich) nennt sich eine wirtschaftspolitische und zugleich sozialphilosophische Lehre einer liberalen Wettbewerbsordnung, die in der frühen Beerde mit Namen wie Röpke und Eucken von wissenschaftlicher, mit Müller-Armack (Staatssekretär) und Ludwig Erhard (Wirtschaftsminister, Bundeskanzler) verbunden waren und als "Soziale Marktwirtschaft" in die Geschichte einging. Diese Ordoliberalen betrachteten den Staat als Garanten des Wettbewerbs wie auch für den sozialen Ausgleich ("Sozialstaat"). Seit den 80-er Jahren wird eben dieser "rheinische" Kapitalismus aufgeweicht unterm Vorwand der Globalisierung. Seitdem setzt(e) sich auch hier die "Chicagoer" Schule durch, auch eine neoliberale Gruppierung, die allerdings jeden staatlichen Eingriff in die Wirtschaft ablehnt(e) - bis gerade eben, eben.

Diese Schule lässt sich an den Namen Hayek und Friedman auf wissenschaftlicher Seite festmachen und erhielt 1974 (H.) und 1976 (F.) mit der Verleihung des Nobelpreises quasi priesterliche Weihen und sollte bis zur Jahrtausendwende zum Religionsersatz werden. Die Lehre wird als "Monetarismus" bezeichnet und die Gegner Keynes (z. B. wie der antizyklischen Fiskalpolitik) seztten sich durch. In Anlehnung an die Klassik (!) geht der Monetarismus von einem stabilen Sektor in der Marktwirtschaft aus, den staatliche Steuerung nur stören könnte. Diese "Steuerungsschocks" hat der Staat darum zu unterlassen und um eine stetige Entwicklung langfristigen realen Wachstums ohne Inflation zu sichern hat er eine am Produktionspotential orientierte Geldmengenpolitik zu betreiben.

Spätestens mit Maggie Thatcher im UK (1979) und Reagan (!) in den USA (1981) hatte die Theorie sich politisch durchgesetzt, nimmt die Behauptung, Reaganomics wäre eher Keynes (statt wem oder was?), komödiantische Züge an. Berater Reagans war jener Alan Greenspan, der ab 1987 Vorsitzender sowohl des Federal Open Market Committee - des wichtigsten geldpolitischen Trägers der USA - sowie der US-amerikanischen Notenbank, mit dem der Neoliberalismus zur Heilsbotschaft mutierte und der "rheinische" Kapitalismus zur "Neuen Sozialen Marktwirtschaft" verkümmerte, in der nicht nur die soziale Komponente der Ideen Euckens & Co. verschütt' geht, sondern der Sozialstaat gleich mit abgeschafft wird.

So viel oder wenig für jetzt

Gruß

Friedel

 

Hallo Friedel!

Geballtes Wikipediawissen?

Über die Reagonomics können wir trefflich streiten, es wird auch in den Wirtschaftswissenschaften genug Leute geben, die hier keine Spur Keynes sehen. In der Wirtschaftspolitik wird man kaum Maßnahmen (eher Pakete) finden, die rein irgendeine Lehre, Ansicht oder was auch immer darstellen. Teile der Steuerreform und die Schuldenpolitik aus der Zeit haben m.E. keinen "monetaristischen" Charakter (dazu kommt, dass einges jegliche Logik oder Vernunft vermissen lässt).

Die weiteren Ausführungen deinerseits widersprechen meinen Ausführungen nicht. "Soziale Marktwirtschaft" ist ein Wirtschaftssystem mit bestimmten Eigenschaften, die theoretischen Überlegungen zugänglich sind. Es ist keine Theorie per se. Neoliberalismus ist auch in deinen Ausführungen eine politische Richtung und keine wissenschaftliche. Das Wissenschaftler an realen Umsetzungen beteiligt sind, findet sich überall. Das macht Neoliberalismus aber nicht zu einem Wissenschaftszweig.

Und noch etwas: Die von dir kritisierte und die von dir bevorzugte Schule - ich sagte es bereits im ersten Posting - unterscheiden sich gar nicht mal so großartig. Die Wertung, die du immer wieder hineinbringst, ist wenig angebracht. Selbst bei den härtesten Vertretern der freien Marktwirtschaft unter den Wissenschaftlern wird über Konzepte der (sozialen) Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Fairness usw. nachgedacht. Es ist sogar elementar. Die Meinungen, wie das erreicht werden kann, unterscheidet sich. Und ein Element ist halt die Rolle des Staates, die er im Wirtschaftssystem einnehmen soll. Und da sind alle möglichen Variationen denkbar.

Nobelpreise wurden auch an Leute aus anderen Richtungen vergeben. 1974 hat neben Hayek der Schwede Myrdal, ein scharfer Kritiker der Neoklassik (oder Neoliberlaismus in deinem Kontext), den Nobelpreis erhalten. Deine Darstellung ist also ziemlich einseitig. Auch gerade in den 1970ern wurden Preise an Leute vergeben, die dem Monetarismus Friedmans nicht gerade nahestanden. Demnach unsinniges Argument.

Deine Argumentation ist weder schlüssig noch fundiert. Zumindest verstehe ich sie nicht so, aber möglicherweise kannst du mir da ja weiterhelfen. Um das klar zu sagen: Ich will hier nicht irgendwelche Ideen oder Konzepte der Wirtschaft verteidigen. Über das Wechselspiel Wirtschaft, Gesellschaft, Staat können wir uns gern anderweitig unterhalten - unsere Positionen könnten sich relativ ähneln. Hier wird nur alles mögliche durcheinandergeschmissen und verzerrt, so dass eine seltsames, nicht zu verstehendes Bild entsteht. Und das wird Krugman und seinem interessanten Buch nicht gerecht.

Beste Grüße

Nothlia

 
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hallo Ihr zwei Streiter,

ich bin kein Volkswirt und hätte auch nie einer werden können, das Gebiet ist mir zu fremd, wenn es auch nicht an der fehlenden Bestimmtheit oder der Vorhersagbarkeit liegt; komplexe nichtlineare Prozesse, deren Verlauf nicht prognostizierbar ist, kenne ich auch als Naturwissenschaftler.
Bei den vielen Lehren und Ideologien mit den wohlklingenden Namen und den teils verheerenden Auswirkungen auf die Betroffenen - ich erinnere mich an die "Liberalisierung" Neuseelands in den 90er Jahren und die darauf folgende Arbeitslosigkeit und Kriminalität - stellt sich mir nur die Frage, was zuerst da ist: hecken da ein paar Mächtige in den Konzernzentralen die Leitlinien ihrer künftigen Machtpolitik aus und ein paar Wirtschaftswissenschaftler flankieren das mit hochtheoretischen schmückenden Kleidern und Begriffen ("Globalisierung" als Euphemismus für den letzten Akt des Prozesses, der auch einmal "Akkumulation des Kapitals" genannt wurde), oder stehen die Wissenschaftler mit ihren Theorien am Anfang, überzeugen die Politiker und die Milliardäre schauen untätig zu?

So formuliert ist es natürlich rhetorisch gefragt; ich kann nicht anders. Aber Meinungen wird es trotzdem dazu geben.

Besten Gruß

Set

 

>Prognosen sind im Allgemeinen schwierig. Besonders wenn sie die Zukunft betreffen.<

Danke, lieber Set,

für Deine mehr als nur "rhetorische" Verteidigung. Habe vor wenigen Wochen Krisenscenarien aus dem US-Senat gelesen (in der ZEIT übrigens auch), dass sich die Haare sträubten. Aber da hatten die Geheimdienste mitgearbeitet, dass man sich schon fast wünschte, dass die Neo-Klassik und der Manchester-Kapitalismus friedvoll weitwurschteln könnten.

Vielleicht bistu,

lieber Nothlia,

nun entrüstet, doch dass die Lage ernst ist, sollte doch unbestritten sein, ob wirs nun mit den Augen der Neoklassik, des Monetarismus, des Thatcherism, des Neoliberalismus oder Keynesianism sehn.

Geballtes Wikipediawissen?, fragstu. Nee, wirtschaftswissenschaftliches Studium erste Hälfte der 70-er Jahre. Dabei die Binsenwahrheit kennengelernt, dass die Makroökonomie keine exakte Wissenschaft ist und quasi wie ein Religionsersatz des Für-Wahr-Haltens von bestimmten Lehrmeinungen ist -

über die wir gern hinter den Kulissen plaudern können.
Es geht hier doch gar nicht darum, dass Du oder ich hier Lehrmeinungen zum Besten geben. Es sollte nur darauf hingewiesen werden, dass es Werke gibt, die gar nicht mal systemkritisch sind, in denen sich mit den Problemen auseinandergesetzt wird, die hier schon literarisch verarbeitet sind und ich befürchte, dass die Leute, die uns vor allem da hinein geritten haben, auch anschließend den dicken Max geben werden.

Ich will mit einem Zitat enden:

>Wir stecken mitten in einer Krise, das haben wir inzwischen begriffen. ... Unsere Wirtschaft ist geschwächt als Konsequenz aus Gier und Unverantwortlichkeit bei einigen wenigen - aber auch, weil wir als Kollektiv versäumt haben, harte Entscheidungen zu treffen und diese Nation auf die neue Zeit vorzubereiten. ..., viele Arbeitsplätze sind weg, Geschäfte bankrott. Unser Gesundheitssystem ist zu teuer, unsere Schulen werden vielen nicht gerecht und jeder weitere Tag zeigt uns deutlicher, dass die Art und Weise, wie wir Energie verwenden ... den Planeten in Gefahr bringt. Das alles sind Symptome der Krise, die man messen und in Zahlen darstellen kann<, wozu die Nationalökonomie in der Lage sein sollte. Ganz sicher unterscheiden sich unsere Probleme und auch die europäischen Systeme vom amerikanischen, aber das Zitat ist aus der Rede Obamas vom 20. Jenner, das erste Zitat von Woody Allen.

Das soll nicht nur polemisch klingen!

Gruß & schönes Wochenende

Friedel

 

Prognosen sind im Allgemeinen schwierig. Besonders wenn sie die Zukunft betreffen.

Hallo Friedel,

das wird u.a. auch Mark Twain zugeschrieben, im Netz nur auf deutschen Websites, die Amerikaner kennen das Zitat nicht für Mark Twain.

Gruß Set

 

Hallo Setnemides, hallo Friedel!

Entrüstet bin ich sicher nicht, nur erstaunt, dass meine Worte offenbar nicht so bei dir angekommen sind, wie sie dastehen. Vielleicht reden wir grandios aneinander vorbei.

Natürlich ist die Lage ernst, sie ist anscheinend immer ernst. Vor einem Jahr war der Klimawandel ja noch richtig ernst, jetzt ist es halt die Finanzkrise.

Und natürlich sind Prognosen ziemlich schwammig. Ich sagte ja schon, dass unsere Positionen vermutlich gar nicht weit auseinander liegen. Dein letztes Posting, lieber Friedel, lässt diesen Verdacht weiterkeimen, auch wenn du anscheinend versuchst, mir etwas anderes anzuhängen.

Wie auch immer, es wird hier einfach viel zu weit Offtopic, und ich habe keine große Motivation, offenbar missverständliche Worte in großer Zahl zu produzieren.

Wenn es einen reut, aus dem Schatten hervorgetreten zu sein, sollte man in den Schatten zurückkehren. Ich wünsche weiterhin eine anregende Diskussion.

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo Nothlia,

sollte bich Dir zu nahe getreten sein - tut mir leid. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die Gegensätze künstlich sind und es mehr ein Gerangel auf der Metaebene geworen ist: wer hat mehr drauf? Das bringt natürlich nix, wir sind hier im Literaturforum und es geht nicht darum, wer die nächste Doktorandenstelle bekommt. Mit Deinem Ausdruck "dümmliches Geschwätz" hast Du Dich an diesem Sprung in die Metabene kräftig beteiligt, und dann gibt ein Wort das andere.

Ich glaube auch, daß unsere Gegensätze nicht groß sind, und sich mit ein bißchen Zeit und gutem Willen Einverständnis herstellen ließe. Leider kann man in diesen trockenen Foren nicht zusammen Bier trinken.

Gruß Set

 

Hallo!

Keine Bange, mir ist niemand zu nahe getreten. Wir haben uns nur zu weit von Thema wegbewegt. Aus meiner Sicht war's eine angeregte Diskussion mit ein paar Spitzen - es lag nicht in meiner Absicht, Friedel zu beleidigen, allenfalls ein bisschen zu provozieren. Ist nicht immer nett, geb ich zu.

Einen schönen Abend noch

Nothlia

 

Hallo, Leute,

da bin ich wieder, wenn auch mit Museklkater: Möbelpacker - und wenn's nur 'ne kleine Bibliothek ist - ist nix für mich.

Ich denk mal, dass wir uns näher sind, als es den Anschein hat, und hoff, dass niemandem zu nahe getreten wurde/wird.

Hätte von Elmar Altvater auch noch eine wunderschöne Bezeichnung für die Maßnahmen zur Umverteilung von 1/5 (!) des Sozialproduktes an Banken/Banker >post-neoliberaler Keynesianismus<. Und weil Altvater schon mal erwähnt ist, sei nicht nur an die ökologische Krise und mindestens 923 Mio Hungernde in der Welt erinnert, sondern gleich auf einen seiner Buchtitel hingewiesen: >Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen<, Münster 2005.

Keine Bange, ich referier's nicht!

Tschüss

Friedel

 

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