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Pearl Harbour
Leise und schnell, das ist die Devise. Muss essen finden. Meine Kameraden und ich verhungern. Unsere Armee schrumpft! Einige von uns waren bereits in Gefangenschaft geraten und eliminiert worden. Muss ruhig bleiben, damit der Feind mich nicht hört!
Vor mir ein Schacht. Wo führt der hin? Verdammt dunkel hier drin. Könnte ein Kanal sein. Es ist feucht. Die Luft riecht nach Seife. Fahles Licht am Ende erkennbar. Vielleicht ist es ein Hinterhalt. Ich bin durch. Ein Gitter glänzt über mir. Ich höre nichts. Sei wachsam. Mein Schädel hämmert. Ich muss weiter durchhalten. Immer und immer wieder springe ich gegen das Gitter. Zuviel Lärm! Es kippt nach oben. Endlich! Bin draußen. Oder drin, wie auch immer. Werde nun die Gegend auskundschaften. Hunger! Scheint das Materiallager zu sein. Überall liegen Sachen zum Bau eines Unterschlupfes. Ich klettere nach oben. Auf einer Plattform sehe ich mich um. Ein riesiger Tank mit lilafarbener Flüssigkeit. Habe so etwas noch nie gesehen. Seltsamer Geruch. Vielleicht ein tödliches Gift, um unsere Armee zu zerschlagen. Muss es vernichten. Mit meinem Werkzeug bohre ich ein Loch in den Tank. Die Flüssikeit quillt heraus. Sie brennt auf der Haut. Bloß weg hier! Meine Flucht führt auf eine andere Plattform. Kleine Mengen Füllmaterial liegen hier oben. Füllmaterial für was? Egal, muss meine Wunden reinigen. Ausgezeichnetes Versteck. Vergrabe mich tief in den Füllstoff und bin wachsam...wach..sam...müde. Ich nicke ein. Die Plattform bewegt sich. Erbebt durch ein gleichmäßiges Rütteln. Was ist passiert? Bin ich entdeckt worden? Ist das der finale Angriff? Flucht - der einzige Ausweg! Routiniert hastig schaue ich mich um. Der Kanal, mein Eingang nun auch der Ausgang? Nein, ist viel zu weit weg. Könnte gefangen werden. Da, noch ein Rohr. Führt in eine Wand. Vielleicht komme ich so nach draußen. Der Abstand Plattform - Rohr ist zu weit. Habe nur eine Chance: Springen! Eine Art Silo liegt exakt unter dem Rohr. Habe ich doch noch etwas zu Essen gefunden? Ich springe....,fliege...., falle. Meine Rippen knallen schmerzlich gegen das Rohr. Von der Plattform aus wirkte der Durchmesser größer. Es ist nicht so breit, wie das, durch welches ich herein gekommen war. Wird schon reichen. Muss reichen! Ich liege auf dem Endstück und schaue nach unten. Keine Nahrungsvorräte. Wasser, Unmengen von Wasser. Ist vermutlich eine starke Armee, die von hier aus versorgt wird. Der Oberbefehlshaber unseres Stützpunktes hat den Feind offensichtlich zahlenmäßig grob unterschätzt.
Das Rohr verläuft horizontal. Wieder erkenne ich schwaches Licht und ein Luftzug strömt aus dem Rohrende hervor. Es ist ein Weg nach draußen. Das Rohr macht einen Knick. Hoffentlich nicht so steil, dass ich den Anstieg nicht schaffe. Werde es versuchen. Ist die letzte Möglichkeit. Ein Soldat gibt niemals auf!
Vorsichtig taste ich mit den Armen nach unten in das Rohr hinein. Ich versuche meinen Körper durch die Öffnung zu schieben, aber es ist feucht und glitschig. Ich rutsche aus. Immer wieder versuche ich mich festzukrallen. Es gelingt mir nicht. Mit den Beinen voran stürze ich dem gelben Wassersilo entgegen. Das Wasser ist eiskalt. Die Wände zu hoch. Kann nicht mehr entkommen. Schwimmen, Ewigkeiten schwimmen. Was ist besser: Vom Feind entdeckt zu werden und gefangen genommen werden, oder an Unterkühlung zu verrecken? Strample weiter, immer weiter. Es ist so verdammt kalt. Kann nicht klar denken. Minuten panischer Angst verstreichen. Ich friere nicht mehr. Ist gar nicht so kalt, musste mich nur erst daran gewöhnen, rede ich mir ein. Nebel umkreist mich. Meine Gliedmaßen schlafen. Luftblasen tanzen ihren Todesreigen für mich. Beweg dich, schwimm weiter! Ich kann nicht auf mich hören. Aber ich bin doch ein Soldat. Soldaten geben nicht auf, verstanden?
Niemals...............
"Hilfst du mir kurz, Christian?" Mein Sohn und ich gehen in die Waschküche. Die Waschmaschine dürfte jetzt fertig sein. Zeit, den Trockner anzuschmeißen. Ganz schön kalt hier, aber ich empfinde es als äußerst praktisch, eine Waschküche außerhalb der Wohnung, in einem anderen Teil des Hauses zu haben. Man hat keine schmutzige Wäsche in der Wohnung und wenn Besuch kommt ist das Bad immer wunderbar sauber.
"Wieso riecht´s hier so nach Blumen und wieso ist der Abfluß offen?" Christian deutete auf das kleine Gitter, das üblicherweise in den gefliesten Boden eingelassen war. Ich hatte vor ein paar Tagen den Abfluß gereinigt und vergessen, die Schraube wieder reinzudrehen. Was nicht erklärte, warum das Gitter daneben lag. Mit einer flüchtigen Fußbewegung schob mein Sohn das kleine Gitter an seinen Platz. Ich stand nun an der Waschmaschine. Die Flasche des Weichspülers hatte ein Loch. Fast ihr gesamter fliederfarbener Inhalt ergoß sich von der Platte über die Trommelöffnung auf den weißen Bodenfliesen. Auf dem Trockner, der neben der Waschmaschine stand, waren ebenfalls Flecken vom Weichspüler zu sehen. Diese winzigen "Teppiche", die man immer aus dem Flusensieb des Trockners entfernt und die mein Gatte achtlos auf eben diesem hinterlässt, bis ich sie schließlich wegräume, lagen zerfetzt auf der Oberfläche des Trockengerätes. Was ging hier eigentlich vor? Die Spur führte meinen Blick zu einem kleinen, gelben Eimer. Vom Kamin her führt ein Rohr ein Stück aus der Wand heraus. Dort tropft immer rostiges Wasser herunter, wenn es stark regnet. Ich hatte den gelben Eimer an eben diesem Rohr festgebunden, damit das Wasser da rein und nicht auf meine Fliesen tropft und hässliche Rostflecken hinterläßt.
Ich ließ den Wäschkorb fallen. In dem Eimer trieb eine tote Maus. Sie war ertrunken. Vieleicht erfroren, oder beides.
Mich ekelte es! Christian fand sie niedlich. "Schau, eine Pearl-Harbour-Maus."
Einen kurzen Augenblick dachte ich darüber nach, was er meinen könnte.
"Wohl eher Bostoner Teaparty. Nur dass das hier definitiv kein Teebeutel ist." Ich musste dann doch etwas schmunzeln über den makaberen Vergleich. Christian grinste.
"Komm, wir gehen wieder rein. Für derartige Staatsgeschäfte ist dein Vater zuständig!"