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Protect your child...
Mrs. Dundee parkte ihren Jeep auf dem großen Parkplatz und stieg aus. Sie war extra früh gekommen, denn nur so war sicher, dass ihr Sohn Dennis auch wirklich am Seminar teilnehmen konnte.
„Komm, beeil dich!“, rief sie.
Die beiden gingen schnellen Schrittes auf das Portal des Hochhauses zu. Auf einem großen Schild stand: ‚Protect your child!'
Mrs. Dundee musste an der Anmeldung warten. Hier war schon eine Menge los. Überall standen Eltern mit ihren Kindern.
„Darf ich spielen gehen, Mami?“, fragte Dennis.
„Jetzt nicht! Und sei mal ein wenig disziplinierter.“
Endlich kam sie am Schalter an.
Eine junge Frau mit gebleichten Zähnen lächelte freundlich. „Was kann ich für Sie tun, Mrs…“
„Dundee!“
Die Frau trug den Namen in ein Formular ein. „Und wie heißt der Kleine?“
„Dennis Dundee!“
„Es freut mich, dass Sie sich für ‚Protect your child’ entschieden haben. Wir können heutzutage nicht früh genug damit beginnen, unsere Kinder zu schützen…“
„Absolut richtig!“, meinte Mrs. Dundee. „Ich habe ihren Spot im Fernsehen gesehen. Welch ein Glück, dass ich gerade das Fernsehen angeschaltet hatte. Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht von ihnen gehört.“
„Wir bemühen uns, jedem eine Chance zu geben.“
Die Frau hinter dem Schalter blätterte weiter. „Für welches unserer Programme haben Sie sich denn entschieden?“
„Ich weiß nicht so recht. Können Sie mir etwas empfehlen?“
„Absolute Grundlage ist unsere Anti-Raucher-Kampagne! Hier werden den Kleinen Bilder von verteerten Lungen gezeigt sowie Raucherbeine. Sie wissen ja, diese schwarzen Stümpfe. Außerdem werden sie jeden zweiten Tag zwei Züge Zigarre auf Lunge rauchen; natürlich nur, wenn Sie Ihr Einverständnis geben und jegliches Risiko auf sich nehmen. Wenn die Kleinen dann kotzen, werden sie so schnell nichts Rauchbares mehr anfassen.“
„Sehr gut! Das nehme ich!“, freute sich Mrs. Dundee.
„Außerdem sollten Sie die ‚Stay clean’-Kampagne wählen. Hier werden die Gefahren des Drogenkonsums veranschaulicht. Junkies, die in ihren Exkrementen liegen und so was.“
„Auch mit Selbstversuchen?“
„Nein, hier setzen wir eher auf die Suggestionsmacht von eindringlichen Bildern und harter Musik!“
„Hört sich gut an!“
Die Frau kreuzte es auf dem Bogen an.
„Und last but not least sollten Sie sich für unseren Aufklärungskurs entscheiden. Hier sind Bibelstellen in getrennten Gruppen auswendig zu lernen, in denen der Frevel des Geschlechtsverkehrs und die zu preisende Sittlichkeit demonstrativ angesprochen werden."
"Interessant!"
"Zudem müssen die Kinder spezielle Brillen tragen, mit denen ihre Blicke überwacht werden. Sollten sie unsittlich werden, so wird ihnen per mobiler Elektrode ein Stromschlag verpasst."
"Wie innovativ! Aber gibt es hier nicht noch - wie soll ich sagen - tiefenwirksamere Methoden?"
Die Frau hinter der Anmeldung beugte sich leicht vor und sprach leise: "Wenn sie es mit sich vereinbaren können, dann besteht die Möglichkeit einer weiterführenden Behandlung. Ihrem Kind wird in einem gläsernen Raum die Hose herunter gezogen und weggenommen. Anschließend stellen sich alle anderen Kinder vor die Glasscheibe und lachen ihn aus und zeigen mit den Fingern auf ihn; im Hintergrund läuft dabei Orgelmusik. Wenn ihr Kind dann doch Sex vor der Ehe haben sollte, erstatten wir Ihnen die Kosten zurück.“
„Wunderbar; das nehme ich auch!“
„Okay Mrs. Dundee: Bitte stecken Sie die Kreditkarte in den Schlitz.“
Sie tat es.
„Wann werde ich Dennis wieder abholen können?“
„Am 3. April.“
„Aber das ist ja schon übermorgen!“
„Am 3. April nächsten Jahres, Mrs. Dundee.“
„Ach so. Da bin ich erleichtert. Es soll ja auch dauerhaft wirken!“
„Das wird es. Auf Wiedersehen, Mrs. Dundee. Und vergessen Sie nicht, uns zu empfehlen.“
Mrs. Dundee ging zu ihrem Auto und zündete sich eine Fluppe an. Wie aufregend und weit entwickelt doch die Wissenschaft in Amerika war. Diesen wundervollen Tag musste Sie mit ihrem Lebensabschnittgefährten feucht und fröhlich feiern...