Was ist neu

Schule

Seniors
Beitritt
20.12.2002
Beiträge
925

Schule

Mein Wecker klingelt. Nein! Ich drehe mich um blicke und auf die Uhr. In der Tat, schon 6:45. Ich lege meinen Kopf wieder auf meinen Kissen, schließe die Augen. Ich versuche mich an den schönen Traum zu erinnern. Nur der Schluss fällt mir wieder ein, alles andere ist schon jetzt zu schwarz, zu nebelig. Ich habe keine Lust aufzustehen. Ich kämpfe mit mir selbst. Draußen ist die Welt so kalt. Nur hier, in meinem Bett, fühle ich mich wohl. Hier ist es so sicher und warm, vor allem warm. Ich will nicht aufstehen.
Ich liege da und versuche dieses Phänomen zu erklären. Ich bin um elf Uhr ins Bett gegangen. Das ist zwar nicht wirklich früh, aber auch nicht wirklich spät. Ich musste mich zwingen ins Bett zu gehen. Im Fernsehen kam ein cooler Film, den ich unbedingt sehen wollte. Ich war überhaupt nicht müde. Jetzt liege ich einfach nur da und ich kann mir nichts Besseres vorstellen, als einfach nur liegen zu bleiben. In diesem Augenblick gibt es nichts, wirklich NICHTS, dass mir lieber wäre. Eine Nacht mit Pamela Anderson? Scheiß drauf. Ich will im Bett bleiben. Das hat schon nichts mehr mit Vernunft zu tun. Ich bin am Verhungern und ich brauche etwas zu Essen. So ungefähr muss man sich das vorstellen. Aber wen interessiert‘s schon. Eine Schulstunde hin oder her, das macht doch nichts aus. Ich stelle den Wecker auf 7:30 und schließe die Augen.
Eine Viertel Stunde später kommt meine Mutter ins Zimmer. Sie rüttelt mich wach.
“Auf geht‘s Daniel, steh‘ schon auf. Das ist ja unmöglich mit dir. Du wirst schon wieder zu spät“. Sie zieht meine Decke weg und mich packt die Kälte.
„Es ist kalt!“, schreie ich. Ich kicke mit den Füssen und zappele wie ein Fisch, Augen immer noch fest zugepresst.
„Wir haben schon Mai! So kalt ist es nicht mehr. Jetzt steh schon auf“, erwidert sie und verlässt den Raum mit der Decke in der Hand.
Jetzt bin machtlos. Ich kann nichts mehr tun. Ohne Decke bin ich nichts. Ich bin wie Asterix ohne Zaubertrank, ein Fisch ohne Wasser. Ich liege noch fünf Sekunden lang da und versuche dagegen anzukämpfen. Die Schmerzen werden unerträglich und ich muss nachgeben.
Ich stehe auf und renne ins Bad. Zähne putzen, Gesicht waschen, Pickel ausquetschen, Deo drauf, schulterlange Haare Kämmen und wieder hinaus. Langsam komme ich zu mir. Das animalische Verlangen zu schlafen schwindet.
Ich gehe in die Küche und Fülle eine Schüssel mit Cornflakes und Milch. 30 Sekunden später ist sie weg. Nochmals eine Schüssel. Wieder weg. Ich bin satt.
Ich gehe in mein Zimmer. Ich ziehe meine verratzten Lieblingsjeans, meine blauen Converse Schuhe(Chucks), einen weißen T-shirt und meine schwarze Lederjacke an. Jetzt bin ich fertig. Ach ja, Schulsachen. Ich schaue auf den Stundenplan. Mittagschule! Scheiße. Das wird ein langer Tag.

20 Minuten später bin ich an meiner Schule angekommen. Ich schließe mein Fahrrad ab, so schnell es geht, und eile durch die Eingangstür. Schon stehe ich vor meinem Klassenzimmer. Alle sind schon drin. Ich habe jetzt Französisch und mein Lehrer hasst Zuspätkommer. Es ist wirklich ein Scheißgefühl hier vor dieser Tür zu stehen. Jeder Schüler kennt es. Aber was soll ich schon machen? Schließlich bin ich gekommen, oder nicht? Besser spät als nie. Ich kenne genug Schüler, die mich raten würden, einfach die Konfrontation mit Herr Faller zu vermeiden und diese Stunde auszusetzen. Aber das bringt doch auch nichts! Ich schaue diese hässliche Tür an und ich frage mich, was ich sagen soll. Herr Faller, wie geht es Ihnen. Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Eigentlich wollte ich überhaupt nicht kommen weil ich wirklich unglaublich müde war, aber dann hat meine Mutter mir die Decke geklaut und ich hatte keine andere Wahl.
Also die Ausrede funktioniert schon mal gar nicht. Leider bringt „einfach ehrlich sein“ und „die Wahrheit sagen“ wirklich gar nichts im wahren Leben. Also zumindest nicht in meinem. Ich gebe zu, es gibt Ausnahmen. Aber Ausnahmen bestätigen nun mal die Regel und die Regel heißt Lügen. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass ich Lügen richtig finde und dass ich ein Lügner bin. Ganz im Gegenteil. Ich bin der ehrliche Typ. Wenn mir die Worte fehlen, sage ich es einfach so wie es ist. Leider kommt man aber oft nicht sehr weit damit in dieser Welt. Ein Beispiel:
„Hallo ich heiße Tanja“
„Wie geht‘s! Ich heiße Daniel und ich will unbedingt mit dir schlafen!“
Ich glaube ihr versteht was ich meine.
Nun stehe ich aber immer noch vor dieser Tür.
Zu viel Nachdenken bringt auch nichts. Ich bleibe einfach spontan. Ich öffne die Tür. 30 Paar Augen schauen mich plötzlich an. Manche grinsen schadenfroh, andere schütteln den Kopf, wieder andere sind gespannt. Jetzt gibt‘s was zu sehen!
„Äääääää, tut mir Leid, dass ich zu spät bin, aber.... ich konnte nicht früher weil mein Wecker nicht funktioniert und ich hab‘ verschlafen.“
Herr Faller sagt nichts. Er starrt mich einfach an. Ein ausdrucksloser Blick, der aber wirklich beängstigend ist weil man ihn so schwer einschätzten kann. 5 Sekunden später starrt er mich immer noch an. Es kotzt mich voll an. Sag doch was! Ich entreiße mich von seinem Todesblick und laufe zu meinem Stuhl. Ich setze mich. Möglicherweise kein guter Schachzug aber ich fühle mich hier viel sicherer. Er starrt immer noch. Er atmet tief durch. Jetzt geht‘s los.
„Also Daniel, es kann doch nicht sein, dass dein Wecker so defekt ist. Alle anderen Schüler schaffen es doch auch, rechtzeitig in die Schule zu kommen. Du kannst nicht einfach kommen und gehen wann du willst.“
Eigentlich will ich ihm sagen, dass mein Wecker sehr wohl funktioniert, dass ich nicht der einzige Schüler bin, der jemals zu spät kam und dass er voll übertreibt. Ich nicke aber nur mit dem Kopf. Bisher läuft es eigentlich ganz gut.
„Also Daniel, bei den anderen Lehrern kannst du das vielleicht machen, aber bei mir nicht! Du schreibst mir die gesamte Schulordnung zwei Mal ab. Bis morgen!“
Scheiße! Jetzt habe ich verschissen. Zwei Mal! Das gab‘s noch nie.
„Herr Faller, heute haben wir doch Mittagschule“.
„Das ist mir egal. Zwei Mal, bis morgen“.
„Herr Faller, ich habe andere Dinge zu tun, können Sie mir nicht etwas mehr Zeit geben.“
„Nein“.
Ich hasse blödes Abschreiben. Das ist reine Zeitverschwendung. In zwei Stunden könnte ich auch 100 neue Vokabeln lernen.
„Könnten Sie mir nicht etwas Sinnvolles aufgeben. Vokabeln lernen, oder so. Das meine ich ernst. Ich hasse abschreiben. Das bringt doch nichts. Ich bin ganz ehrlich mit ihnen, das mache ich nicht.“
„Das wirst du machen und jetzt bist du ruhig“! Den Unterricht hast du schon genug gestört.“

Das Klingeln zerrt mich aus meinem Halbschlaf. Keine Ahnung was wir noch im Französisch gemacht haben. Ich schlafe meistens in der ersten Stunde. Es geht einfach nicht anders. Ich habe die Augen zwar offen aber ich bin nicht da. Manchmal bin ich am Strand, manchmal spiele ich Fußball. Aber meistens verbringe ich lustvolle Stunden mit einer Traumfrau meiner Wahl. Das kann jemand Berühmtes sein, Britney Spears zum Beispiel, aber auch die süße Blonde in der zweiten Reihe. Vielleicht sogar eine Lehrerin. Da ist meine Fantasie keine Grenzen gesetzt. Da ist es natürlich besonders ärgerlich wenn der Lehrer einem plötzlich aufruft. Manchmal stelle ich entsetzt fest, dass wir gerade aus einem Buch lesen, das noch in meine Tasche steckt.
„Daniel, lies bitte weiter“.
„ÄÄÄÄÄhhhh, einen Augenblick bitte“.
Dabei mag ich eigentlich Französisch. Ich kann verstehen wenn jemand keinen Bock auf Mathe oder Latein hat. Was, bitte schön, sollen wir später mit diesen Fächern später anfangen? Niente. Gar Nichts. Rien. Nihil. Wir können halt später mal behaupten: Ich habe das Latinum, und uns dabei gebildet vorkommen. Vielleicht können wir zu einem passenden Zeitpunkt einen passenden Spruch loslassen: „Du muss hart an dir arbeiten! Per aspera ad astra!“
Das war‘s aber auch schon. Mit Mathe will ich gar nicht erst anfangen...
Normalerweise bringe ich dieses Argument nicht, denn sie wird häufig von schlechten Schülern als Ausrede für Lustlosigkeit verwendet. Ich zähle mich nicht dazu. Ich persönlich kann auch verstehen, dass man sich sehr für Mathe oder Latein interessiert. Trotzdem wird man dieses Wissen fast nirgends nützten können. Man kann zwar Lehrer werden aber dann gibt man doch sein nutzloses Wissen bloß weiter. Französisch jedoch, das ist eine andere Sache. Man braucht doch nur nach Frankreich ans Meer fahren und schon kann man sich unterhalten. Ich freue mich jedes Mal wenn ich die neuen französischen Austauschschülerinnen sehe. Ich gebe zu, die Meisten sind hässlich. Warum schicken sie immer solche Freaks!? Sie sollen doch ihr Land vertreten! Trotzdem, ich nehme Französisch jetzt nur als Beispiel. Für Englisch oder Spanisch gilt genau dasselbe. Deshalb verstehe ich Menschen nicht, die Fremdsprachen hassen. Ich habe „The Beach“ gesehen mit Leonardo Dicaprio. Übrigens ein sehr cooler Film. Ich hab Françoise gesehen und ich wusste: Ich werde Französisch lernen. Meine Erfahrungen im Ausland haben bestätigt, dass es die richtige Wahl war.

In der nächsten Stunde habe ich Deutsch. Teilweise interessant aber eigentlich nur ein Laberfach. Ich bin zwar nicht mehr so müde wie in France aber ich merke schon wie meine Augenlider schwer werden. Bei uns in Deutsch läuft es meisten so ab: Wir bekommen ein Buch und die Aufgabe zugeteilt, es zu lesen. Das finde ich cool. Zur Zeit lesen wir Werther, eines der besten Schulbücher bisher. Ich mag lesen. Für mich ist das also kein Problem. Im Unterricht muss ich mir dann aber das Gelaber anhören. Man bespricht das Buch zu Tode, so lange bis der ursprüngliche Reiz verflogen ist. Eine schöne Blume geht auf beim Lesen und im Unterricht wird sie dann zerhackt, zerkleinert und letztendlich samt Dornen gegessen. Natürlich kommt es hier auf den Lehrer an. Aber gerade beim Werther habe ich das Gefühl, dass meine Lehrerin überhaupt keine Ahnung hat. Immer die langweiligen, trockenen Stellen besprechen wir und nie die saftigen, die einen zweiten Blick eigentlich Wert sind.

Nach der Stunde haben wir eine 15-minutige Pause. Die „große“ Pause. Ich gehe mit Alexander zum Bäcker um etwas Süßes zu kaufen. Das ist natürlich verboten. Wir machen das aber schon seit Jahren und sind mittlerweile Routiniers. Manchmal stehen Lehrer vor der Straße um uns aufzuhalten. Wir genießen die Konfrontation, werden aber meistens nicht gesehen. Früher war Ali auch immer dabei. Nun hat ihn das Nikotin erwischt. Ein weiterer Sieg für die Tabacco-Industrie. Er steht jetzt mit den anderen Junkies in der Raucherecke. Wir bringen ihn was zum Knabbern mit.
Auf dem Weg zur Raucherecke beobachte ich die anderen Schüler. Die Kleinen spielen Fußball und schlägern sich. Alle anderen stehen gelangweilt rum. Die gesamte Schule teilt sich in kleine Grüppchen auf und erzählt sich gegenseitig Sachen die sowieso keinen interessieren. Jeder will nur dazugehören. Jeder achtet auf sein Aussehen, auf seine Haare, auf die Art wie er sich gibt, auf das was er erzählt. In den Gesprächen geht es hauptsächlich darum, sich selber möglichst gut darzustellen oder über einen Anderen zu lästern, damit dieser schlechter da steht und man selbst wiederum besser. Es ist ein wenig wie im Affenstahl. Die Jungs spielen die Großen. Keine Ahnung was die Frauen machen. Wahrscheinlich ungefähr das Gleiche. Sie beobachten das Affenspiel und sind entzückt. Und es gibt kaum einen Schüler von einer Gruppe, der sich traut, jemandem von einer anderen Gruppe anzusprechen. Dabei ist es genau das, was sich jeder heimlich wünscht.
Ich und Alex haben keine Gruppe. Wir gehen zum Bäcker und laufen rum.
Plötzlich sehe ich einen Lichtfunken in dieser dunklen Höhle. Ein heller Stern schleicht sich durch die Menge gras-fressende Schafe. Mitten in der Herde bewegt sich eine strahlende Wölfin. Langsam, alleine, selbstbewusst. Wölfin ist der falsche Ausdruck. Für mich ist sie eher eine Oase. Sie ist ein tropischer Frucht unter lauter verdorbenen Äpfel. Sie ist die schönste Blume, die man sich vorstellen kann. Sie ist mein „Ambassador of quan“. Sie ist meine Kleopatra. Sie spielt nicht mit im Affenspiel. Sie steht über dieses Gesetz.

Ich sehe sie fast jeden Tag. Sie ist für mich Motivation genug, überhaupt in die Schule zu kommen. Aber ich habe sie noch nie angesprochen. Sie geht in die höchste Klasse und ist einmal sitzen geblieben. In anderen Worten: Sie ist drei Jahre älter wie ich. Wäre ich ein Mädchen, wäre das kein Hindernis, aber als Junge ist das etwas schwieriger, vielleicht sogar unmöglich. Dabei ist das nur eine blöde Ausrede für meine Feigheit. Ich bin 17, sie 20. Was ist das schon?
Trotzdem habe ich Angst. Ich würde gern nur mit ihr sprechen. Für mich ist sie mehr als einen geilen Körper. Mehr als die süße Blondine in der zweiten Reihe. Die, mit dem Naturarsch, den Hammerstiten und den Blaselippen. Mehr als die Lehrerin, die mir zwar nichts beibringt, als Wichsvorlage aber optimal geeignet ist. Mehr als die anderen Frauen, die ich hinterherschaue. Mehr als Britney Spears. Sie ist zwar auch mit weiblichen Reizen ausgestattet, aber das ist nur Bonus. Man kauft ein Auto und ist zufrieden. Hinterher stellt man fest, dass das Ding auch noch fliegt.
Diese ausgeflippte Rebellin mit hochgesteckten blonden Rastalocken und braunen Katzenaugen bewegt sich jetzt in unsere Richtung. Auf ihrem Knallgelben Top ist ein Bild von Bob Marley. Sie ist mittelgroß. Auf ihrem Rucksack hat sie verschiedene Sprüche gekritzelt:
„Life is what happens to you, while your busy making other plans“ John lennon
Alex erzählt mir irgendwas und wird wütend als er merkt, dass ich ihm gar nicht zuhöre.
„Was ist los! Halooo!“ Aber dann sieht er die blonden Rastalocken und weiß worum es geht. Er lacht. Ich habe jetzt Sendepause. Wir können nachher reden.
Sie wird direkt an mir vorbeilaufen. Ich werde steif. Mein Herz schlägt höher. Ich weiß nicht wohin mit meinem Blick. Ich will sie anschauen aber ich kann sie doch nicht wie ein Psychopath angaffen. Ich drehe mich kurz zu Alex als ob ich mit ihm spreche und wende im letzten möglichen Augenblick meinen Blick ihr zu. Auch sie dreht sich zu mir und für eine Sekunde schauen wir uns in die Augen. Diese endlos tiefe braune Augen, die alle Geheimnisse der Welt zu hüten scheinen. Die Sekunde ist wahrscheinlich nicht einmal eine Sekunde, aber sie fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Ich versuche den Ausdruck in ihren Augen zu lesen. Ich kann es nicht. Sie ist nicht leer, sie ist tief, viel zu tief. Ich bin fast vorbei und dann, dann passiert es! Sie sagt hallo! Ich grüße sie ebenfalls. Dann mache ich den nächsten Schritt und sie auch und der Augenkontakt ist gebrochen.
„Ouch“, sage ich und fasse mich an die Brust.
„Was ist los?“, fragt Alex.
„Mein Herz tut weh!“
„Ach, laber nicht!“
„Hey, Mann! Hast du das gesehen! Wie sie mich angeschaut hat. Echt Krass!“ Ich schaue hoch zum Himmel. Kaum eine Wolke zu sehen. Die Sonne scheint mir ins Gesicht und mein Blut kocht. Die Vögel zwitschern und es weht eine leicht Brize. Das alles war mir vorhin alles gar nicht aufgefallen.
„Alter! Was geht! Hast du das gesehen!“
„Ich hab‘s gesehen!“
„Krass, echt Krass! Ich hab‘ eine Idee! Komm, scheiß auf die Schule! Was will ich hier? Genau, ich weiß es! Gehen wir ins Freibad. Freibad ist optimal. Und davor zur Tankstelle und zwei Sixer Becks holen. Was will ich mit Schule. Ist doch immer das Gleiche.“
„Hey Mann, nur weil Lena dich grüßt muss man nicht gleich sein ganzes Leben hinschmeißen.“
Plötzlich ist alles glasklar.
„Welches Leben, Man? Welches Leben? Nennst du das hier Leben. Das ist kein Leben. Das ist die Vorstufe vom Leben. Hier geht man hin, um sich aufs Leben vorzubereiten. Hier geht man hin, um das Leben leben zu lernen. Dabei lernt man das hier gar nicht. Das weiß du fast besser als ich. Wir leben jetzt, wir gehen aufs Ganze.“
Alex dreht sich um und schaut mich einige Sekunden nachdenklich an.
„Ich gebe dir Recht, vollkommen Recht.“
„Also man!“ Ich klopfe ihn auf den Schulter. „Holen wir Ali, ein bisschen Musilk, etwas Alkohol und gehen wir ins Freibad .
Alex schüttelt den Kopf „Wenn du mir zeigen willst, wie man lebt, dann mache Folgendes: Lauf lena hinterher, halte sie auf und frage sie, ob sie mitkommt. Ich komme mit egal ob sie ja oder nein sagt.“
„Hey Man, das kann ich nicht!“
„Warum nicht? Du gehst jetzt aufs Ganze, oder nicht?“
„Ich brauche Alkohol um sie anzusprechen! Und ein geiles Lied, ja genau, ein hammers Lied. Wenn‘s geht etwas von Blink 182.“
„Laber kein Scheiß! Du gehst jetzt einfach hin. Hast du keine Eier, oder was? Auf geht‘s! Blink läuft in deinem Kopf. Jetzt oder nie! Irgendwann bist du tot und dann ist zu spät.“
Ich bin kurz still.
„AAHHHHH!!! Du scheiß Wichser.“ Er hat mich überzeugt. Alex weiß es. Er lacht. Ich drehe mich zu einem Baum und kicke gegen den Stamm. Ich habe Angst. Ich muss mich aufbauen.
„Du scheiß Baum! Ich fick dich wenn du wieder so guckst!“ Ein Paar Schüler schauen zu und lachen. Okay, jetzt geht‘s los.
„Ich geh‘ jetzt!“
„Geh jetzt“
„Ich geh‘ jetzt!“
„Geh jetzt!“
„Das ist kein Spaß. Ich gehe jetzt wirklich.“
„Mach schnell, bevor sie weg ist“.
Ich ging nicht.

Ich habe eine tierische Angst vor dem Tod. Ich bin nicht einer dieser Typen, der auf alles scheißt, dem alles egal ist. Ich springe nicht von Brücken und ich rauche nicht. Ich bin kein Draufgänger, der nichts fürchtet, der immer aufs Ganze geht. Ich bin ein Möchtegern. Ich wurde gern.
Ich sitze im Augenblick im Geschichtsunterricht. Lauter tote Menschen. Überall tote. Unsere Geschichte ist doch ziemlich traurig. Jedenfalls, den größten Teil davon. All diese Kriege, diese sinnlose Schlachten. Damals kam es den Menschen sicherlich wichtig vor, ehrenhaft, vielleicht sogar heldenhaft. Aber jetzt? Wen interessiert schon ein toter Soldat. Ach Schade, das tut mir ja Leid. Für dein Land gestorben, ja? Für deine Religion? Du bist ja tapfer. Ein richtiger Held bist du. Wir legen ein paar Blumen auf deinen Grab, singen vielleicht ein Lied, schießen in die Luft, wedeln eine Flagge, vergießen vielleicht sogar eine Träne. Und dann? Was dann? Dann bist du Tot. Finito. Die Menschen machen weiter mit ihrem Leben.
Du bist ein Held. Hast du echt gut hingekriegt. Du hast Menschen getötet, die genauso so sind wie du. Oder glaubst du, das waren böse Menschen? Waren das gefühlslose Bestien, ohne Herz, ohne Familie? Oder wart ihr nicht vielmehr zwei Fußballer und spielt zufällig für verschiedene Mannschaften. Es kommt nicht selten vor, dass Fußballer Gewalt anwenden.
„Jungs, wir gehen jetzt da raus, und fegen sie vom Platz! Wir machen sie platt! Wir zerstören sie!“ Warum diese Wut, wenn die anderen Jungs auf dem Spielfeld genauso sind wie du?
Es gibt ein Interessenkonflikt. Beiden wollen das Gleiche: Den Sieg. Sie bekämpfen und treten sich, weil es nur einen Sieger geben kann. So ist es auch im Krieg. Bush und Bin Laden sind beide religiöse Freaks. Sie spielen beide das gleiche Spiel, in der gleichen Liga. Sie spielen halt zufällig für verschiedene Mannschaften.

Meine Lehrerin labert irgendwas von Pearl Harbour. Ich muss an den Film denken. Ich fand ihn schlecht. Die Produzenten versuchten Titanic nachzumachen. Die formel lautet so:
Man nimmt eine wahre Katastrophe, die jeder kennt und bei der möglichst viele Menschen starben. Dazu Special Effects und eine Liebesgeschichte und voila: man hat einen Blockbuster!
Wie gesagt, ich fand Pearl Harbour schlecht. Das soll Liebe sein?! Okay, man wollte Titanic toppen. Titanic hatte Leonardo Dicaprio, der absolute Teenie-Schwarm. Man brauchte was Besseres. Ein Teenie-Schwarm reichte nicht. Man brauchte Josh Hartnett und Ben Affleck. Aber nur eine Frau. Die Idee ist interessant, ging aber schief. Vielleicht eine lustige Sex-Szene mit beiden Stars zusammen. Das fände ich cool. Kam aber nicht vor.
Bei Titanic war die Liebe wichtig und sonst nichts. Sie befinden sich halt zufällig auf der Titanic, und die sinkt. Sie gehen durch Dick und Dünn, scheißen auf Freunde, Familie, Geld und auf den Tot. Ihnen ist alles auf der Welt egal. Sie wollen nur zusammen sein. Und am Ende scheitern sie doch. Das ist eine Liebesgeschichte! Das ist Liebe. Dazu noch Action, gute Schauspieler und ein passendes Lied -darf man nicht vergessen- und man hat zu Recht einen erfolgreichen Film.
Das ist für mich eine Liebesgeschichte. Was war bei Pearl Harbour?
Die Frau wechselt ihren Liebhaber zwei Mal in dem Film. Kannst du dir vorstellen, dass Julia jemand Anderes nimmt, weil Romeo stirbt? Und warum wechselt sie? Weil diese Idioten unbedingt Helden sein müssen. Sie fliegen nach Japan, haben aber nicht genug Treibstoff im Tank um zurückzukommen. Und dann wundern sie sich wenn einer abkratzt! Zu Recht! Wenn du die Frau so sehr liebst, dann bleib doch einfach bei ihr.
Hätte Jack das gemacht? Nie im Leben! Er hat sein Leben für die Liebe geopfert, nicht für den Krieg! Ich kotzte auf diese patriotische Scheiße. Ich pisse auf mein Land. Ich scheiße auf mein Geschichtsbuch.
„Daniel, warum ist Hitler in Polen einmarschiert?“, fragt mich plötzlich meine Lehrerin. Zum Glück sagt sie zuerst meinen Namen und stellt dann erst die Frage.
„ÄÄÄÄmmmm, vielleicht weil er ein riesiges Ego-Problem hatte“.
Meine Lehrerin schaut mich etwas schräg an.
„Naja, vielleicht hatte er einen richtig kleinen Schwanz oder so, und musste deshalb seine Macht beweisen“.
Alle Lachen etwas verwundert. Nur meine Lehrerin nicht. Ali sitzt neben mir. Er kriegt sich nicht mehr. „Alter, was laberst du für einen Scheiß!“
Die Antwort hat mich selber etwas schockiert, ehrlich gesagt. Frau Haas ist aber etwas cooler drauf. Sie ist mitte dreißig und gar nicht unattraktiv.
„Und was ist mit dir?“, fragt sie plötzlich.
„Wie meinen Sie das? Mit mir?“
„Lässt du deshalb solche Sprüche los, weil du es vielleicht auch nötig hast, deine Macht zur Schau zu stellen?“ Jetzt breitet sich ein großes Grinsen über ihr Gesicht aus. Die Klasse lacht sich halb tot. Sie hat den Spieß umgedreht.
Ich lache etwas verlegen. „Der war gut, echt gut. Vielleicht sollten ja Frauen an die Macht.“.
„Das ist eine gute Idee“, sagt sie.
„Näääääää, ich glaube nicht“, meint dann Ali.
„Wieso nicht?“, fragt Haas.
„Was wir brauchen sind Männer mit großen Schwänzen!“
„Aha, würdest du gern an die Macht, Ali“. Ich muss lachen denn ich weiß schon was kommt.
„Ja, schon!“, brüllt Ali mit voller Stimme, „ich wäre voll der gute Führer!.“
„Aha, okay“. Frau Haas lacht jetzt auch „Können wir jetzt mit dem Unterricht fortfahren“?
„Ja... gern“.

 

Hi Juju,

ich bin, was deinen Text angeht, etwas gespalten.

Einige Fehler sind mir aufgefallen, ich habe aber im Moment nicht genug Zeit, sie heraus zu suchen. Wenn du magst, dann kann ich das noch machen. Ich denke aber, dass du sie selbst findest, denn es sind hauptsächlich Flüchtigkeitsfehler.

Die Story selbst:
Amüsant. War stellenweise wirklich sehr lustig. Die Szene, wie dein Prot. nicht aus dem Bett kommt. Manche seiner Beobachtungen etc.
Allerdings fehlte mir ein bißchen der rote Faden in deiner Geschichte. Zu vermengst eine ganze Menge: Die Ablehnung gegen die Schule mit Kritik am gesamten Schulsystem, eine kleine Liebesgeschichte, Grüppchenbildung an den Schulen... etc.
Ich bin mir nicht ganz klar, was du wolltest: Wolltest du einfach nur einen normalen Schultag schildern oder wolltest du etwas bestimmtes damit sagen?
Ersteres ist dir prima gelungen, zweiters wohl eher nicht, weil ich nicht heraus findde, was es sein könnte.

Trotzdem: Recht nett zu lesen!

LG
Bella

 

Hallo JuJu

Zu deiner Geschichte möchte ich folgendes sagen:
Den Anfang finde ich gar nicht mal so schlecht. Schließlich kennst es wirklich jeder morgens mit diesem feeling im bauch auf zuwachen. Doch ab dann geht es für meinen Geschmack Berg abwärts. Ich fand die ausdrücke wie „Laber keinen Scheiß“ etc. am anfang noch einigermaßen ok doch zum Schluss wurde s mir echt zu viel. Deine Geschichte ist sehr umgangsprachlich geschrieben. Tut mir leid, aber das mag ich gar nicht an Kg’s. Inhaltlich fand ich bist du zuviel gesprungen. Erst redest du von Französisch, dann von Lena und dann wiederum von Titanic und Pearl Habour. Außerdem wird die Story nach meiner Meinung nicht gut ausgebaut. Sie läuft an Daniel vorbei und das war’s dann auch. Ich kann leider keinen roten faden in deiner Geschichte erkennen. Vielleicht kannst du mir ja antworten und ihn mir zeigen. Das wäre nett.
Ps: Blink 182 war ne gute Idee. Bin ein großer Fan von ihnen *g*

 

Hi Bella (schöner Name), Hi Gummibärchen. Zunächst mal vielen vielen Dank für eure Kritik. Ich gebe zu, meine Geschichte ist nicht wirklich ganz gelungen. Die Frage nach dem roten Faden kann ich, ehrlich gesagt, nicht zufriedenstellend beantworten. Ich fange halt an zu schreiben und zu schreiben... Manchmal weiß ich gar nicht ob es sich lohnt, weiter zu schreiben. Manchmal schreibe ich nochmal 30 Seiten und kann gar nicht aufhören, und manchmal mache ich einfach einen Punkt und voila...
Ich überlege mir, Daniel wiederzubeleben will und ihn auf weitere pubertäre Abenteuer zu schicken. Mal schauen...
Nochmals vielen Dank!
LG, JuJu

 

Hallo Juju,

danke für´s Kompliment. *g*

Ich würde sehr gerne mehr von Daniel lesen, denn irgendwie mag ich ihn mit all seinen komischen Gedankengängen!
Allerdings solltest du dir doch vorher überlegen, was du sagen möchtest.
Meinetwegen: Daniel spricht das Mädchen an und ist total verliebt... Das reicht doch als Thema vollkommen aus. Du kannst schildern, wie er sie sieht, wie er sie dann anlabert, was sie sagt, wie er sich dann fühlt etc.
Das ganze aus der Sicht eines Teenies ist doch super interessant.
Ich kenne das auch: Man fängt an zu schreiben, vermengt hundert Sachen und am Ende kennt man sich selbst nich mehr aus. Das macht auch durchaus Spaß, wenn man das für sich selber macht, bzw. danach bearbeitet, so dass alles auch für den unbeteiligten Leser einen Sinn bekommt...
Aber wie gesagt: Ich mag Daniel!

LG
Bella

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom