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Seht her ihr Peiniger...
Hört nur ihr Peiniger!
Wenn wir schreien
seid ihr taub!
Sie starrten mich an, die Gesichter, jedes Gesicht blickte auf mich herab. Sie lachten, tuschelten und schüttelten den Kopf. Gaben mir die Schuld, denn ich war die Schuldige, zeigten mit den Fingern auf mich, spuckten auf mich herab und traten nochmal beim verlassen in meine Rippen. Verzweifelt versuchte ich nach ihnen zu greifen, einen Halt zu finden der mich beschützt. Ich versuchte zu erklären, auch wenn ich keine Erklärungen hatte. Bleibt, bitte bleibt. Doch die Gesichter waren plötzlich weg, nicht mehr da.
Mir war kalt, ich war allein. Erlegen lag ich am Boden, konnte nicht mehr weinen, eine klirrende Kälte breitete sich in meinem Körper aus. Was war geschehen? Ich sah aus meinem Fenster, es war ein regnerischer Apriltag. Das trostlose Grau des Himmels war mir gleichzusetzten. Der gelegentlich warm aussehende Schein der Sonne war tükisch, denn wenn man hinausging mußte man feststellen, dass bitter kalt war. Wo war meine Wut? Wo waren meine Tränen? Nichts überkam mich, außer einer trostlose Leere. Ich verstand nicht und war nicht in der Lage verstehen zu können. Ich ging ins Bad, schaute in den Spiegel und erblickte mich, ich hatte mich in nur wenigen Minuten von einen fröhlichen Menschen in eine ausdruckslose Person verwandelt, ohne Leben im Gesicht. Blass war ich und meine Lippen waren trocken. ich hatte durst, Stunden hatte ich nichts getrunken. Ich stieg in die Badewanne und wusch mich, meine Haare, welche noch "danach" rochen, meine beschmutzen Beine, meinen Bauch, meinen Hals und mein Gesicht, alles in der Hoffnung, den imaginären Schmutz beseitigen zu können. Ich rieb und rieb, doch es klebte an mir, wie ein Ölfilm den ich versuchte ohne Seife, nur mit Wasser, zu lösen. Meine Haut wurde rot, fing an einigen Stellen an zu bluten, doch das Gefühl der Sauberkeit kam nie zum Vorschein. Geschwächt und mit schrumpliger, angegriffener Haut stieg ich aus der Wanne. Ich muss lange drinn gelegen haben, denn draußen war es mitlerweile dunkel geworden. Jener Tag war es, der mir das Licht unsympatisch machte. Ich schlich in mein Zimmer, setzte mich auf mein Bett und saß da, stundenlang, bewegungslos und starr. Ich fühlte seine schmerzenden Berührungen immernoch, sie waren so eindringlich und intensiv. Seine Augen machten mir angst, noch nie hatte ich ihn so erlebt. Ich sah sie vor mir, dieses Augen mit dem Glanz der Erregung, der durch den seichten Lichteinfall der Sonne verstärkt wurde. Ich entschloss mich Musik anzumachen, zu vergessen und zu verdrängen. Doch es wollte mir nicht gelingen. Wieder kamen die lachenden Gesichter, zeigten auf mich und fingen an sich zu unterhalten. Die Stimmen engten mich ein, zwangen mich in eine Ecke, selbstgestellten Fallen reagierten, ich war gefangen. Verzweifelt versuchte ich zu entkommen, wollte schreien, rennen, schlagen, doch ich blieb bewegungslos auf meinem Bett sitzen, rührte mich nicht. Die Stimmen wurden intensiver, kamen näher, brannten sich in mein Hirn und auch heute noch verfolgen mich seine Augen und diese Gesichter in unzähligen, schlaflosen Nächten und auch in meinen Träumen. Jene Nacht war die längste Nacht meines Leben, es schien, als hätte er einen Pakt mit der Zeit geschlossen, nur im mich zu quälen. Tick Tack, Tick Tack.. ,,Seht sie Euch an, beschmutzt sitzt sie dort, wie ein Kind, dass Erdbeeren gegessen hat und es abstreitet. Seht Ihr Ihren roten Mund? Die Flecken der Schuld, es steht Ihr ins Gesicht geschrieben!" Ich vergrub den Kopf in meine geschwächten Arme.
Er nahm mir ein Stück meiner Selbst, spielte mit meiner Liebe, stohl meine Seele und dies alles innerhalb 30 endlos scheinenden Minuten. So harmlos fing es an, ein seichter Kuss, eine sanfte Berührung.Wir waren einander wie enge Vertraute. Wenn ich heute zurück blicke, war unsere Beziehung ein geben und nehmen. Ich gab, er nahm. Mein Schicksal wurde besiegelt durch ein Nein. Einem Nein zu vollständigen Vereinigung, zur Hingabe, zur Lust. Nein habe ich gesagt und Ja hat er verstanden. Meine Schreie verstummten in seinem schweren Atem und meine Kraft reichte nicht aus um mich zu wehren. Meine Stärke wurde von meiner Angst unterdrückt, eine stetig brodelnde Flamme erlosch. Das Einzige was mir blieb, war die Panik vor dem, was wohl kommen würde. Er drückte meine Arme nach hinten, zeriss meine Bluse und .. und ... und er grinste. Kaltes und eisiges grinsen, dass mich wie ein Steinfall traf. Ich schrie innerlich, alles was ich nach außen projeziete war ein leises wimmern.
Blutergüsse prägten meinen Körper für ein paar Tage, doch ich sagte allen, es seien Sportverletzungen, nach einiger Zeit glaubte ich es sogar selbst.
30 minuten und alles vor vorbei, 30 Minuten, in denen eine Unschuldige zur benutzten Schuldigen wird. 30 Minuten, die ein ganzes Leben verändern können.
Die folgenden Wochen begann ich zu sinken, zu fallen. Die Schatten um mich herum legten sich langsam, was mir Angst bereitete. ich sah kein entrinnen für mich .. gehen, laufen, rennen. Einfach wegträumen, den Schatten zurück lassen und sich in schöne Welten denken. Der Schatten der Vergangenheit, wo war er ? Jedesmal wenn ich ihn hinter mir spührte, rannte ich schneller, malte mir phantastische Dinge aus, Kinder bekommen, einen Mann voller Vertrauen und Anmut an meiner Seite zu haben ... Doch eines Tages holte mich der Schatten ein, umzingelte mich und meine Seele und hülle mich mit den geballten nichts, der endlosen Leere aus. Ich entriss mich, fing wieder an zu laufen, diesmal stürmischer, agressiver und emotionaler. Doch nach Tagen des verzweifelten Laufens, fehlte mir die Luft,ich hatte keine Kraft mehr. Ich sank nieder und wartete auf mein Schicksal. Wieder vernahm ich das monotone Geräusch einer Uhr.. Tick tack Tick Tack .. stehen, fallen, liegen, vom weiterlaufen keine Spur. Ich sah ihn kommen den Schatten. Spielerisch umkreiste er mich, lehnte sich über mich und wurde eins mit mir. Ich versuchte seinen Umhang zu lösen, wie wild fuchtelte ich herum, um sein Angesicht zu sehen.. Nach Stunden gelang es mir. So stand er da, nackt, unbeholfen ... Angesicht zu Angesicht .... Ich erschrank bei diesem Anblick, denn der Schatten sah aus wie ich. Ich lief also Wochenlang vor mir selbst davon? Ich verausgabte mich um festzustellen, dass ich keinen einzigen Schritt voran gegangen war?
Mir kamen seine Hände in den Sinn, seidig Weiche Hände, die mich gewaltsam umklammerten um ein lösen zu verhindern. Das erste Mal begriff ich, das klammern und Nähe auch etwas schlechtes sein kann, dass man sich erdrückt fühlen kann. Ich fing an zu weinen. Es schien als weinte ich Tage, gar Wochen. irgendwann hörte ich auf zu weinen, doch die Leere blieb und sie wollte einfach nicht gehen. Ich ging raus, die Sonne streichelte mein Gesicht, doch ich sah sie nicht, war blind und Gefühlskalt geworden, sah nur die Schlechten Dinge, und Begann mich vor Männern zu ekeln. Ich verdrängte die Sonne, ging meist nur Nachts hinaus, liebte Nebel, denn ihn ihm war ich allein, geschützt und für andere nicht erkenntlich. Wenn der Himmel weinte, weinte ich mit, nicht durch meine Tränen, die, wie ich empfand, schon seid Wochen versiegelt in mir ruhten, sondern durch meinen Schmerz und durch meine Gedanken, die mich tag Täglich und auch Nachts in meinen Träumen überranten.
Ich fing an die Kontrolle zu verlieren, lebte nur noch in der Phantasiewelt und und ließ mein reales Leben völlig außen vor. Der Schmerz erschien durch das Vorstellen von Dingen erträglicher. Mir ward, als ob ich durch die schönen Gedanken ein Stück meiner Unschuld zurück bekäme. Doch was passiert, wenn man realisiert, dass alles noch genau so kaputt ist, wenn man aufwacht?
Der gute alte Freund, die Depression schien nicht enden zu wollen...
Ich bekam Esstörungen, bzw, ich holte sie herbei. Kontrolle, war etwas was ich wieder erlangen wollte, mit allen Mitteln. Außerdem erhoffte ich mir, dass ich dadurch eine art Unattraktivität den Männern gegenüber hervorrufen würde. Doch nachdem ich mir einige Zeit den Finger in den Hals gesteckt hatte um die benötigte Kontrolle zu besitzen merkte ich, dass auch dies mitlerweile mich und nicht ich sie Kontrollierte.
Alles fing damit an, dass ich glaubte, dass ich meinen Körper und meine Essgewohntheiten steuern zu können. Außerdem hatte ich nach der Vergewaltigung eine Art Abneigung vor mir. Übelkeit überkam mich, wenn ich mich im Spiegel erblickte. Vielleicht wollte ich aber auch einfach nur ein anderes Problem finden, um das andere zu vergessen. Ich bin mir bis Heute noch nicht darüber im klaren. Ich übergab mich meist nach dem Essen. Das schlimme daran ist, dass man mit der Zeit auch dort eine Art "schematischen Ablauf" entwickelt, ins Bad gehen, sich umschauen, ob jemand in der Nähe ist, abschließen, Klodeckel anheben, erbrechen, 2 Blätter Klopapier nehmen um den Mund abzuwischen, dies ins Klo werfen, spühlen, mit Deodorant das Bad einsprühen , Hande wäschen und Zähne putzen. Einmal erwischte ich mich dabei, wie ich danach in den Spiegel lachte, so als ob ich etwas tolles geschafft hätte.
Wenn mich trotzdem jemand dabei "erwischt" bzw "gehört" hatte, kamen die Ausreden, wie: "mir war schlecht, das Essen war zu Fettig, mein Magen ist im Moment so sensibel, Ich hab Stress im Moment," oder einfache Dinge wie ,,Ich weiß auch nicht wieso, vielleicht werde ich Krank."
Damals hat es mir zwar an sich für den Moment geholfen die Vergewaltigung zu vergessen, doch nachdem ich erkannte, dass meine Essstörungen nur ein weiteres Problem darstellten, kamen auch die Erinnerungen an das andere Problem wieder.
Eines Tages hatte ich genug. Mir ward, als brenne meine Speiseröhre. Ich beschloss aufzuhören mich zu übergeben, mein Weg zu meistern, und nach vorn zu blicken. Doch es ging nicht. Wie aus Gewohnheit erbrach ich weiter, ohne mir die Finger in den Hals zu stecken. Das Brechen wurde mit der Zeit anscheinend zur Gewohnheit und gehörte eben so zu meinen Tagesablauf wie schlafen und pinklen. Da erkannt ich, dass ich wieder einmal die Kontrolle verloren hatte, dass mein Körper mich kontrolliert und nicht umgekehrt.
Noch bis Heute habe ich Phasenweise diese Essstörungen, meist dann, wenn mir etwas brodelt, oder wenn mir etwas viel zu viel ist. Ich kämpfe gegen sie, gewinne meist die Schlachten, aber niemals den gesamten Krieg.
Ich fühle mich dabei wie eine Amazone. Meine Ausrüstung sind Gespräche, Ruhe und Entspannung.
Mein Leben Heute läuft abgesehen von den normalen, kleinen, negativen Dingen eines Menschen ganz normal und geregelt ab. Ich lebe, genieße und Liebe. Wenn ich an diese Zeit zurück denke, läuft mir manchmal ein Schauer über den Rücken, denn ich bin mir sicher, dass solche Menschen, die für ein paar Minuten die Kontrolle über sich verlieren, gar nicht wissen, welche Auswirkungen das für das "Opfer" hat. Eine lange Zeit in Kälte und Hass ... eine Zeit der Unruhe und der Missgunst.
Manchmal, wenn es mir nicht gut geht, hört ich die Stimmen und genauso wie damals, reden sie noch. Mit dem Unterschied, dass ich jetzt nicht erklären will, sondern Erklärungen suche. Ich habe durch diese Situation gelernt, dass man Menschen niemals 100% einschätzen kann und dass man trotz allem auf seine Meinung beharren sollte, wenn es darum geht, dass man sich nicht vollständig zu öffen. Sich etwas aufzwingen zu lassen, ist das Schlimmst was es gibt. Kämpft für Eure Liebe, aber kämpft aggresiver für Euch selbst, für Eure Seele und für das Glück, dass ihr verdient.
Sehr nur ihr Peiniger,
was ich schrieb,
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