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Sommerabend

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25.03.2004
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Sommerabend

Die Weide tauchte ihre zarten Äste in das warme Wasser des Sees. Die Luft flirrte, die Vögel stimmten ihr Abendlied an.
Die Angler, die am Nachmittag am Ufer gesessen hatten, waren schon längst gegangen. Die Sonne verschwand langsam hinter dem Horizont. Noch glühte sie golden. Es war Zeit zu gehen. Doch irgendetwas hielt uns an diesem Ort. Es waren viele hier gewesen, wir hatten den Abschluss so richtig schön gefeiert, bis auf den Vorfall mit Pascal. Sandra hatte extra ihren Grill hierher geschleppt, und Pascal hatte zusammen mit seinem Vater, einem ziemlich lockeren Typen, kistenweise Bier angefahren. Die Stimmung war gut, jeder hatte mindestens zwei Bier intus. Manche mehr. Philip auch. Wir hatten uns gestritten, wieder wegen Kleinigkeiten. Aber wenn er besoffen war, konnte man bei ihm sowieso nicht viel ausrichten. Ich hatte vor allen anderen mit ihm Schluss gemacht, heute. Es kam mir vor, als wenn es schon ewig her gewesen wäre. Philip war danach gegangen, niemand wusste so genau, wohin. Ich dachte mir meinen Teil, er saß jetzt bestimmt in irgendeiner Kneipe und schüttete sich noch mehr zu. Ich würde ihm nicht mehr hinterherlaufen. Nie mehr.
Kathrin hatte mich bestürzt angesehen. Mit ihr konnte ich über alles reden. Auch über Philip. Und sie erzählte mir auch einiges. So auch, dass sie mitbekommen hatte, dass Jan mit Ole über mich geredet hatte. Nichts Schlechtes, wie sie mir berichtete. Ich hatte dieses Gespräch mit Kathrin vergessen, doch in diesem Augenblick, fiel es mir wieder ein. Nachdem Philip verschwunden war, ging die Party weiter. Ich war nicht besonders traurig, Kathrin und Sandra redeten mir gut zu und Pascal besorgte mir noch ein Bier mehr.
Der Nachmittag verging mit Schwimmen, Lachen, Trinken und Tanzen. Ich wollte nicht von der Party weg, aber ich wollte auch nicht dort sein. Also setzte ich mich ans Ufer und beobachtete die anderen wie sie Spaß hatten. Irgendwann meinte Kathrin, sie würde mit Holger, einem süßen Jungen aus der Parallelklasse, und ein paar anderen noch in die Disko gehen und ob ich nicht mitwollte. Ich lehnte dankend ab und wünschte ihr mit einem Augenzwinkern viel Spaß. Ich hatte keine Lust auf noch mehr Leute. Nach und nach verschwanden die meisten, auf andere Partys oder nach Hause. Pascal sammelte mit ein paar anderen den gröbsten Unrat von der Böschung. Sein Vater holte ihn um halb neun ab. Jan half ihm noch, die leeren Bierkisten auf dem Kleinlaster zu platzieren. Dann war alles ruhig. Nur Jan, Jan war noch da. Er setzte sich neben mich und wir schwiegen zusammen und lauschten den Vögeln bei ihrem Abendgesang. Es wurde langsam kälter und mich fröstelte. Jan rückte wortlos näher und legte mir seinen Pullover um die Schulter. Der Stoff roch nach Lavendel und war noch warm von seinem Körper. Ich glaube, ich wurde rot. Vorsichtig blickte ich in Jans Richtung. Doch er starrte nur verlegen auf den Boden vor sich. Er hatte genau wie alle anderen die Szene mit Philip mitbekommen. Vielleicht war es ihm deshalb peinlich. Ich aber fand es nett, wie er sich um mich kümmerte. Ich versuchte, ohne auffällige Bewegungen, mich näher an ihn zu schmiegen. Jan sah auf. Unsere Blicke trafen sich und ich bemerkte ein Lächeln in seinen Augen. Ich fühlte mich auf seltsame Art von ihm verstanden, obwohl ich in den ganzen vier Jahren kein einziges Wort mit ihm gewechselt hatte. Etwas unbeholfen hob er seinen Arm und legte ihn behutsam um mich. Ich hatte mich bei Philip nie so wohl gefühlt, wie bei Jan in dem Augenblick als er mich näher an sich zog, so als ob er mein Verlangen gespürt hätte. Zufrieden legte ich meinen Kopf auf seine muskulöse Schulter. Die Bäume über uns rauschten, ein leichter Wind war aufgekommen. Die Weide strich mit ihren schlanken Zweigen durch das vom Licht der untergehenden Sonne golden gefärbte Wasser. "Melanie..." War es das Wispern der Bäume oder hatte Jan da gerade meinen Namen geflüstert? Unfähig, mich zu bewegen, hielt ich den Atem an. Ich getraute mich nicht, ihn anzusehen, ich konnte es nicht. Es war einfach zu perfekt. Ich spürte, wie Jan seinen Arm von mir nahm. Ich schloss die Augen. Sein warmer Atem kitzelte mich im Nacken. Er strich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich hielt es nicht länger aus und öffnete meine Augen wieder. Er hatte seinen Arm auf den sandigen Boden gestützt und hielt den Kopf gesenkt über meiner Schulter. Unsicher legte ich ihm meine Hand auf den Bauch. Er drehte sich zu mir und blickte mich mit seinen wundervollen braunen Augen an. Mir wurde heiß, aber ich hielt dem Blick stand und begann ihn zu streicheln. Jan legte seinen anderen Arm auf meine Schulter und wir glitten zusammen nach unten. Immer noch schauten wir uns in die Augen, es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Endlich legte er seine Hand in meinen Nacken, zog mich stürmisch zu sich heran, und küsste mich. Es waren wundervolle Minuten, in denen wir uns nur durch Blicke verständigten. Wir brauchten keine Worte... Wir brauchten nur uns. Die letzten Vögel beendeten gerade ihre Abendmelodie, als wir langsam aufstanden und Arm in Arm in Richtung Stadt schlenderten. Die Zeit mit den anderen und die Zeit mit Philip war vorbei, unsere hatte gerade begonnen. Als wir vor meiner Haustür standen schaute er mich liebevoll an und küsste mich auf die Wange: "Ich liebe dich..."

So, das ist meine erste Geschichte hier. Ich hoffe, sie gefällt euch wenigstens ein bisschen :)

 

Hi chen_87,

willkommen auf kg.de! :anstoss:

Deine Geschichte hat mich nicht sooo sehr vom Hocker gehauen, denn Du erzählst zu viel und zeigst zu wenig. Die Stimmung und die Atmosphäre kommen nicht so recht rüber, obwohl sicher jeder von uns schon mal so eine Party und vermutlich auch eine Trennung und eine neue Liebe mitgemacht hat. Leider gibt es nichts in Deiner Geschichte, das sie zu einer einmaligen, besonderen Geschichte macht, die Figuren und die Schauplätze sind beliebig austauschbar.

Versuch in Deiner nächsten Geschichte (oder auch in dieser, wenn Du sie großzügig überarbeiten magst) darauf zu achten, individuelle Menschen zu erschaffen und Situationen, die besonders sind, auch wenn sie in ähnlicher Form immer wieder vorkommen. Darin besteht die Kunst des Schreibens: Dem Leser eine alte Geschichte so verpackt zu servieren, dass sie wie neu wirkt! ;)

Ich hoffe, Dich jetzt nicht völlig überfahren zu haben und sende dir liebe Grüße

chaosqueen

 

Lass dir von Chaosqueen nichts einreden, chen_87, und verändere deine Geschichte nicht. Gewiss, da und dort könntest du auf ein paar Details - vor allem auf die vielen Personen - verzichten, doch du fängst die Stimmung sehr gut ein, ich jedenfalls habe mich in meine Jugend versetzt gefühlt, und die, chen, die ist schon lange vorbei, ich wusste nicht mal, das die Erinnerung daran noch so präsent ist.

Die Geschichten sind zum erzählen da, und das tust du auf eine eigentümlich stille Art, die hier auf kg.de selten ist. Freilich, wenn in einem Text goldene Sonne und Vögelgezwitscher auftauchen, dann ist der Verdacht des Kitsches nicht weit. Aber es gibt sie, die goldene Sonne, und die Vögel und das Rauschen der Bäume, die Natur ist so, jeder von uns hat sie schon so gesehen, so gefühlt, nur das ohne Schmalz zu beschreiben, das ist verdammt schwierig, ich finde, für den Anfang hast du die Aufgabe gut gelöst.

Dion

 

Guten Morgen und dankeschön für eure Antworten. Ich weiß, das es meine "Schwäche" ist, alle Dinge bis ins Detail zu erzählen und das es dabei so rüberkommen mag, dass ich nicht auf den Punkt komme. Aber ich denke, das lässt sich mit der Zeit noch ändern. Soweit, chen_87 ;)

 

Servus Chen,

die Geschichte ist definitiv eine Schülergeschichte (besonders, wenn die Party um neun Uhr schon vorbei ist ;)).
Und so isses auch mit den Gefühlen, die darin rüberkommen: Melanie IST ziemlich angeschlagen von ihrer Trennung mit Philip (ohweh, kenn ich den etwa? Es gibt meiner spärlichen Erfahrung nach nur wenige Philips mit nur einem l und zwei p). Wenn es ihr wirklich egal wäre, würde sie an der Party teilnehmen, würde mitgehen in die Disco und so weiter, denn sie scheint jemand zu sein, zu dessen Alltag das gehört.
Dass sie dann mit dieser erstaunlichen Selbstverständlichkeit etwas mit Jan anfängt, würde da irgendwie reinpassen: Es klingt so nach Sich-Hals-über-Kopf-in-die-nächste-Beziehung-stürzen.
:idee: Eine direkte Fortsetzung wäre interessant! Was passiert mit Jan und Melanie? Hält dieser Moment an? Zweifelhaft, schließlich haben sie in den letzten vier Jahren und an diesem Abend so gut wie kein Wort miteinander gesprochen... oder etwa doch?

Was mich gestört hat, wurde schon erwähnt: Ein ganzer Haufen Leute und Details und Umstände, die eigentlich gar nichts zu der Geschichte beitragen, als erwähnt zu werden und den Leser in Zugzwang versetzen, sie sich zu merken. Folge: Ich dachte bei seinem Auftauchen "Zur Hölle, wer war jetzt gleich Jan?"
Wenn du wirklich eine Schwäche für Details hast, dann konzentrier sie auf die direkte Atmosphäre und auf die Gefühle deiner Protagonistin.

Grüße,

Artnuwo

 

Mist, ich hab tatsächlich vergessen zu erwähnen, dass mir genau die von Dion erwähnten Naturbeschreibungen und stillen Bilder an Deiner Geshcichte positiv aufgefallen sind!

Aber die Kritik von Artnuwo trifft es eben auch: Es tauchen zu viele Personen auf, die für die Handlung nicht wichtig sind, und die Gefühle der Protagonistin bleiben auf eine merkwürdige Art im Dunkel. Einen Menschen zu finden, der einen nach einer Trennung tröstet, ist toll und gleichzeitig fühlt man sich schuldig - diesen Zwiespalt habe ich vermisst.

eine "direkte Fortsetzung" ist nach den Reglen von kg.de leider nur erlaubt, wenn sie für sich genommen gelesen werden kann, also: gerne schreiben, aber um sie zu posten, muss sie eigenständig sein.

Lieben Gruß

chaosqueen

 

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