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"Tell Laura I Love her..."
"Tell Laura I love her..."
Die Stimmung in der Karaokebar war recht ausgelassen, was neben der fortgeschrittenen Stunde auch am Bier und Sake lag. Das anwesende Rennteam hatte auch allen Grund zu feiern. Mit dem Sieg im gestrigen Rennen hatten sie die Team- und die Fahrermeisterschaft in trockene Tücher gebracht. Und das zwei Rennen vor Saisonende.
Kohaku stand auf der kleinen Bühne, die Meisterin im Tourenwagen sang das Intro eines bekannten Animes. "My Heart Iidaseai Your Heart Tashikametai…"
Am Ende des Liedes applaudierten alle. "Los, Hotaru, jetzt bist du dran," forderte die Fahrerin ihre Freundin auf.
"Oh nein, das werde ich nicht," weigerte sich die Angesprochene.
"Na los komm schon, schließlich bist du Sängerin. In der Maschine sind auch einige von deinen Songs."
"Hotaru, Hotaru," wurde sie klatschend von den Männern aufgefordert.
"Na gut, aber nur ein Lied," gab sie nach.
Sie wählte aber keines ihrer Lieder, sie sang "Fly me to the Moon," wobei sie immer wieder zu Kohaku sah.
Die rothaarige Rennfahrerin wurde vom Chefmechaniker in den Arm genommen. "Schade dass ihr beide kein Interesse an Männer habt," sagte er, mit vom Alkohol leicht unsicheren Stimme.
"Wir haben schon früh gemerkt, dass Jungs nichts für uns sind," antwortete Kohaku, "Hotaru und ich sind schon seid der Mittelschule ein Paar."
"Eine Rennfahrerin und eine Seyu, ihr seid eine ungewöhnliche Kombination," stellte der Mechaniker fest.
"Wären wir Mann und Frau, würdest du das nicht so ungewöhnlich finden," mischte sich Hotaru ein, die das Lied beendet und sich wieder an den Tisch gesetzt hatte, "jetzt bist du mal dran, Tsubasa," sie hielt ihm das Mikrofon entgegen.
Durch die Kombination aus Alkohol und mangelnden Talent war Tsubasas Vortrag ziemlich schräg. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deswegen, amüsierten sich alle.
Einige Zeit später wollte Kohaku aufstehen. Doch noch bevor sie richtig stand, verlor sie das Gleichgewicht und setzte sich unsanft auf den Schoß des Teamchefs, der schon zu betrunken war, um darauf zu reagieren. "Das wawohln Bier zuwiel," bemerkte sie, "lassuns aufs Zinner gehn, 'Taru-chan." Mühsam zog sie ihre Freundin hoch.
Die Sängerin hatte ebenfalls Schwierigkeiten, sich auf den Beinen zu halten, aber sich gegenseitig stützend schafften sie es doch noch auf ihr Hotelzimmer.
"Wann geht unser Flieger?", fragte die Rennfahrerin beim späten Frühstück nach. "Oh, mein Kopf."
"Wir haben noch vier Stunden," antwortete der Teamchef, auch ihm war der Kater anzusehen. "Zum Glück sind wenigstens ein paar von uns nüchtern geblieben, und packen jetzt alles zusammen."
Am nächsten Tag waren Kohaku und Hotaru wieder in ihrem Tokyoter Luxusapartment. "Endlich wider ein paar freie Tage," seufzte die Rothaarige.
"Ich habe diese Woche auch frei," antwortete ihre schwarzhaarige Freundin. "In der Rennsaison haben wir kaum Zeit füreinander, Kohaku-chan," beschwerte sich die Sängerin.
"Deshalb sollten wir die Zeit nutzen, Hotaru-chan." Die Rennfahrerin küsste ihre Geliebte.
Am Abend saß Kohaku, mit einem guten Wein, im Wohnzimmer. Hotaru schlief schon. Die Fahrerin ließ den Wein im Glas kreisen. 'Es könnte kaum besser laufen', überlegte sie, 'Hotaru-chan ist als Sängerin und Seyu sehr beliebt. Ich hab die Fahrermeisterschaft im Tourenwagen und einen F1-Vertrag in der Tasche. Schumacher, ich komme.' Sie kicherte. 'Ich als erste Frau in der Formel1, wer hätte das gedacht. Das wird bestimmt noch mehr Stress, aber solange 'Taru-chan bei mir ist...'
Am Flughafen verabschiedete sich Hotaru von Kohaku, die Sängerin konnte ihrer Freundin nicht nach Deutschland folgen, sie hatte an diesem Wochenende ein Konzert.
Am Vorabend des Rennens rief Kohaku ihre Geliebte an. "Schade, das du nicht hier bist, Hotaru-chan. Denk beim Rennen bitte nicht zu sehr an mich, einen Nieser bei zweihundert Sachen kann ich nicht brauchen."
Die Sängerin kicherte. "Mach dir darüber keine Sorgen," sagte sie, "darin habe ich inzwischen Übung. Dein Rennen und mein Konzert finden zur gleichen Zeit statt, da habe ich auch keine Zeit, an dich zu denken."
"Irgendwie schade, Hotaru-chan. Ich muss jetzt Schluss machen. Daisuki," die Rennfahrerin hauchte noch einen Kuss ins Telefon.
"Daisuki. Pass auf dich auf, Kohaku-chan. Sayonara."
Kohaku konzentrierte sich auf die Piste, sie war fast im letzten Viertel des Rennens und lag knapp in Führung. Sie bremste sich in eine Kurve, beim Verzögern schaltete sie. Als sie wieder beschleunigte, sah sie, wie sich ein anderer Wagen in die Reifenstapel kreiselte. "Hoffentlich hat er sich nicht ernst verletzt," dachte sie kurz, dann galt ihre Aufmerksamkeit wieder dem Rennen.
"Es wird Zeit für den Reifenwechsel," meldete sich der Teamchef über Funk.
"Gib mir noch zwei Runden," antwortete Kohaku, "ich hab grad so'n guten Lauf."
"Gut, noch zwei Runden, aber nicht mehr!"
"Roger!"
Ein paar hundert Meter später setzte sie zur Überrundung eines anderen Wagens an. Der Unterlegene machte schnell Platz. Kohaku wich etwas von der Ideallinie ab, um genug Abstand zu haben. Es gab einen Ruck, und sie verlor die Kontrolle über ihren Rennwagen.
Der Teamchef hörte den Schrei seiner Fahrerin über den Funk. Auf den Monitor sah er, wie der Wagen sich drehte, die Randsteine ungünstig traf und sich überschlug. Der Aufschlag in die Reifenstapel war sehr hart. Von einer Sekunde zur anderen stand der Wagen in Flammen.
"Hotaru-chan, daisuki," kam noch über den Funk, bevor das Gerät mit einem Knacken versagte.
"Kohaku? KOHAKU?" Der Teamchef bekam keine Antwort.
Er biss sich auf die Unterlippe. Sekunden wurden zu Stunden. Mehrere Streckenposten löschten den Brand quälend langsam mit Feuerlöschern. Nach einer Ewigkeit trafen die Rettungskräfte am Unglücksort ein. Mehrere Helfer verhüllten das Geschehen mit großen Decken vor den Kameras. So konnte auch das Team nicht sehen, was dort vor sich ging, sie konnten nur auf Nachrichten von den Leuten vor Ort warten.
Das Rennen war inzwischen abgebrochen worden. Irgendwann meldete sich einer der Notärzte über Funk bei Teamchef: "Frau Kudo ist sehr schwer verletzt wir sind gerade dabei sie wiederzubeleben. Genaueres kann ich Ihnen noch nicht sagen."
Seufzend wand sich der Teamchef an die Pressesprecherin. "Sagst du bitte Hotaru-san bescheid?"
Die Frau nickte und ging zum Telefon in der Box.
Hotaru war bei ihrem Konzert gestolpert. Sobald sie wieder stand, bekam sie eine Nachricht über ihren Ohrhörer. Mit einer Handbewegung brachte die Sängerin ihre Band zum Verstummen. Nach ein paar Sekunden wandte sie sich an ihr Publikum: "Ich habe gerade eine schlechte Nachricht erhalten. Meine Geliebte, Kohaku Kudo, hatte einen schweren Unfall," sie atmete ein paar mal tief durch, "ich werde das Konzert abbrechen."
Die Ärzte gaben die Wiederbelebungsversuche auf. Die inneren Verletzungen und die Verbrennungen waren zu schwer. Kohaku war noch am Unfallort verstorben.
Wenige Tage später war die Beerdigung. Zwei Tage nach dem letzten Rennen der Saison fand noch eine Trauerfeier für die junge Fahrerin in einer kleinen Halle in Tokyo statt.
Neben dem Team und Hotaru waren noch Fahrer und Verantwortliche aus anderen Teams, eine Handvoll Presseleute und ein kleiner Teil der japanischen Prominenz anwesend. Die Verunglückte hatte, außer ihrer Geliebten, keine Angehörigen mehr.
Die Sängerin trug eines ihrer Lieder vor, danach gab es noch ein paar Reden. 'Ich glaube nicht das dir das gefallen hätte, Kohaku-chan,' überlegte Hotaru, 'du warst nie ein Freund von ernsten Feiern.'
Nach der offiziellen Trauerfeier gingen die Sängerin und einige aus dem Rennteam in eine nahegelegene Karaokebar.
Es dauerte einige Zeit, bis eine fröhliche Stimmung aufkam. Doch alle Anwesenden waren sich einig, das diese Feier eher Kohakus Geschmack entsprach.
Leicht beduselt vom Alkohol sah Hotaru auf die, im Augenblick leere, kleine Bühne. Die Musik startete wieder, alle sahen erst auf die Bühne und dann auf die Fernbedienung der Karaokemaschine. Niemand hatte ein Lied gedrückt.
Die Lautsprecher knackten. "Ich freue mich, das ihr alle hier seid," war eine allen bekannte Stimme zu hören, "ich wär gerne länger bei euch geblieben, aber es hat nicht sollen sein. Hotaru-chan, bitte vergiss mich nicht, aber trauer nicht den Rest deines Lebens um mich. Werde bitte wieder glücklich. Ich werde auf dich warten. Banzai."
Hotaru spürte einen warmen Hauch auf ihren Wangen.
"Kohaku-chan, daisuki," sagte sie leise.