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Unschuldige Augen

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25.12.2003
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Unschuldige Augen

Unschuldige Augen
"Mörder! Ich will dich nicht mehr sehen!", schrie sie und knallte die Autotür zu.
Ihr schlanker Körper versank mit schnellen Schritten im dichten Nebel der Abenddämmerung. Ich löste den Gurt, und stieg aus dem Auto. Die Luft war kalt und feucht. Die Wolken pressten ihre letzten Tropfen auf mich aus. Kein Laut war zu hören, außer dem Schrei eines Uhus. Ich schlug meinen Jackenkragen hoch und blickte auf den nassen Kies. Ihre kleinen Fußspuren waren da abgedrückt. Sofort stempelten sich meine großen Fußspuren, neben ihren. Ich ging in das graue Nebelmeer.

Sie hatte recht, es war meine Schuld. Ich hätte auf der Landstraße mehr aufpaßen und den Unfall vermeiden sollen. Aber ich hatte überhaupt nicht geachtet, und bin nach dem Unfall, schnell weitergefahren. Es kümmerte mich nicht, aber sie wurde traurig und sagte mir:
"Wie konntest du ihn überfahren?!"
Ich wurde aufeinmal wütend und schimpfte sie laut an:
"Wegen einem blöden Igel wirst du traurig!? Lass es doch sein. Mach es nicht so groß."
Noch nie hatte ich sie angeschimpft.

Der Schrei des Uhus wurde lauter. Ich blieb vor einer großen Herde von Bäumen stehen. Ihre Spuren waren in dem Laub, zwischen den aufrechten dunklen Stämmen, verschwunden. Ich trat in den dunklen Wald. Paar trockene bunte Blätter schwebten leicht an mir vorbei. Ein kalter Wind wehte durch meine kurzen Haare und dirigierte ein lautes Rascheln. Ich blickte nach oben. Die Sterne schwimmerten unter der dünnen feinen Wolkendecke. Die bäume hatten ihre nackten, kralligen Äste ausgestreckt, um den Mond zu packen. Der aber, segelte in seiner Sensengestallt den Holzkrallen vorbei, als ob er die mähte. Ich war froh, daß der magere Mond schien, sonst würde ich nichts sehen können. Ich hörte wieder ein Rascheln; es kam aus einem Busch. Leise näherte ich mich dem Busch. Ein Hase hinkte mir schnell vorbei. Seine frischen Bluttropfen waren auf dem laub. ich lauschte. Etwas knirrschte da in meiner Nähe. Ich ging den Bluttropfen auf dem Laub nach. Das Knirschen wurde lauter, ebenso die Stimme des Uhus. Plötzlich hörte ich einen Knall. Schnell näherete ich mich dem Geräusch. Da war sie! Ich versteckte mich hinter einem Baum, und beobachtete sie. Sie schob mit einem Stock den Laub zur Seite, ein Stück Eisen wurde sichtbar. Sofort steckte sie den Stock in den Eisenmaul; der klappte seine starken Kiefern zu und biss den Stock.
Dann nahm sie wiedr einen anderen Stock und suchte im Laub die nächste Falle.

Plötzlich projizirte sich vor meinen Augen die erste Begegnung mit ihr. Damals stocherte sie in dem laub und schrie ständig:
"Die Mörder!"
Sie entwürdigte und baute alle Fallen, die die Dorfleute mühsam angebaut hatten, ab.
"Ich sehe in den Eisenfallen blutige Hände!", sagte sie mir damals.
Ich antwortete:
"Ich sehe nur die Armut der Dorfleute. Die versuchen etwas zu verdienen."
"Nein! Ich sehe feuchte unschuldige Augen in diesen Fallen!"
Damals hatte ich versucht ihr zu erklären, daß die Jagd ein Gesetz der Natur ist, aber sie hörte mir nicht zu. Aufeinmal spürte ich, daß ich meine Welt in ihren Augen sehe. Ihre Augen reflexierten ein Gefühl, daß ich nicht auf die Lippen bringen konnte. Ich half ihr die Fallen abzubauen und verliebte mich in sie.
Das war schon sechs Jahre her.

Nun ging ich ihr wieder heimlich nach. Wie damals, war sie vor Wut, rot geworden, denn sie wußte, daß sie nicht alle Lebewesen retten konnte. die Leute würden wieder neue Fallen anbauen.

"Fallen sind für mich das Zeichen der bitteren Hinterlist der Menschheit", hatte sie vor sechs Jahren gesagt.
Sie war noch wie vor sechs Jahren, aber diesmal verstand ich sie mehr. Ich hatte sie lieb.
In dem feuchten Laub, im Mondlicht, sah ich eine weiße Waldblume. Die glänzte im Schatten der Bäume Ich wußte daß sie weiße Blumen liebte, und ich liebte sie.
Ich streckte meine Hand zu der Blume aus. Plötzlich flog ein Uhu auf mein Gesicht zu. Meine schönen Gedanken wurden unvermittelt durch einem schrecklichen Schmerz unterbrochen. Meine Lippen übersetzten laut den inneren Schmerz den ich in meiner Hand spürte. Die Hand war in einen Eisengebiß geraten!
Ich hörte nur meinen Schrei und dann das schnelle Rascheln ihrer Schritte im Laub. Hastig beugte sie sich auf die Falle. Ihre Haare fiellen auf meine rohen und eiskalten Backen herab. Sie nahm den Stock der neben der weißen Blume war, steckte den in dem Maul der Falle und schlug es mit ganzer Kraft auf. Ihre Tränen fiellen auf mein Gesicht. Sie umarmte mich tief. Ich pflückte mit meiner verletzten Hand die weiße Blume. Sie nahm die Blume, und drückte meine blutige Hand an ihre Lippen. Sie flüsterte mir ins Ohr:
"Verzeih mich! Ich habe dich in die Falle gelockt!"

Lena Bergmann

 

Hallo Lena,

eine nette Geschichte mit zwei überraschenden Wendungen. Die eine am Anfang – der Mörder entpuppt sich lediglich als Igelmörder –, die andere am Ende – die Pointe mit der Falle, in die dein Protagonist hineingelockt worden ist.
Die Kulisse hast du anschaulich geschildert.
Empfehlen würde ich dir, den Text noch mal zur Fehlerkorrektur zu lesen und auf störende Wiederholungen zu achten.

Viele Grüße,

Michael :)

 

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