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Virus

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13.06.2002
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Virus

Reboot?

Pauls Finger brauchten nicht lange zu suchen. Intuitiv wanderten sie auf der Tastatur entlang und so war es nur eine Frage von Sekundenbruchteilen, zunächst das Y und schließlich die Entertaste zu drücken.
Der mechanische Impuls wurde in der Tastatur in einen elektrischen umgewandelt, Elektronen wurden geweckt und suchten sich ihren Weg entlang der Datenleitungen ins Innere des Systems, wo sie von perfekt funktionierenden Relais in die richtigen Bahnen gelenkt wurden, komplexe Schaltungen durchquerten und schließlich am Ende ihrer ebenso langen, wie auch schnellen Reise dem Hauptkern den Befehl erteilten, den Strom für einen Moment abzustellen.

"Hat es funktioniert?"
"Das System ist ordnungsgemäß wieder hochgefahren und der Virenscanner geladen."
"Und jetzt?"
"Jetzt können wir nur noch warten, bis er den Virus lokalisiert hat."
"Wie lange wird das wohl dauern?"
"Das hängt ganz davon ab, wo der Virus sich versteckt hat. Ich habe das Programm so modifiziert, daß es das System sehr sorgfältig untersucht. Hat es einen beschädigten Teil des Codes gefunden, vergewissert er sich mit mehreren Prüfroutinen, es wirklich mit dem Virus zu tun zu haben und dann erst wird er tätig. Darum kann es etwas dauern, aber nur so können wir sicher gehen, nicht aus Versehen wichtige Daten zu verlieren."
"Sehr schön, Cole. Gute Arbeit. Dann mache ich mal Mittagspause."
"Okay, Mister Darsson. Ich könnte auch eine kleine Pause vertragen."
Paul lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück und wartete, bis sein Chef das Büro verlassen hatte. Das war eine der grundlegenden Regeln, wenn man es in dieser Welt zu etwas bringen wollte: Niemals vor dem Vorgesetzten in die Pause gehen. Er schaltete den Monitor aus, tätschelte das Gehäuse seines Rechners noch einmal liebevoll und verließ dann ebenfalls das Büro.
Schnellen Schrittes durchquerte Paul die Eingangshalle von Darsson Systems, grüßte den Pförtner mit einem flüchtigen Nicken und trat hinaus auf die Straße. Er hatte es eilig, denn er war vor fünf Minuten mit Cindy zum Essen verabredet gewesen. Cindy arbeitete ein paar Straßen weiter als Verkäuferin in einem Elektronikmarkt. Sie hatten sich erst vor wenigen Wochen kennengerlernt, als er den neuen Amstral Sat4 gekauft hatte, aber Paul war sich ziemlich sicher, daß aus ihr irgendwann einmal eine Miss Cole werden könnte.
Es war eine Mischung aus euphorischer Vorfreude und beißenden Schuldgefühlen, die Pauls Schritte in den Blumenladen führte. Wenn schon Verspätung, so dachte er während er sich vom Verkäufer das Wechselgeld geben ließ, dann doch wenigstens mit einer angemessenen Entschuldigung. Als er, beladen mit einem kleinen Strauß gelber Glockenblumen - Cindys Lieblingsblumen - das Geschäft wieder verließ, wurde er von einem Passanten über den Haufen gerannt.

"Oh... ich bitte vielmals um Entschuldigung", sagte der, steckte sein Handy in die Tasche und half Paul wieder auf die Beine.
"Naja, ist ja nicht viel passiert."
"Aber Ihre Blumen..."
"Ja, die sind wohl hin."
"Ich bin wirklich untröstlich. Kann ich den Schaden irgendwie wieder gut machen? Ach, ich weiß, ich lade Sie auf einen Kaffee ein."
"Eigentlich bin ich mit meiner Freundin verabredet."
"Ach, das eklärt die Blumen." Der Fremde lächelte wissend. "Ich könnte Sie beide einladen."
"Ich glaube, Cindy und ich wären lieber..."
"Ja, ich verstehe schon. Trotzdem möchte ich Sie irgendwie entschädigen."
"Hören Sie, ich komme zu spät zu meiner Verabredung und habe es wirklich sehr eilig."
"Wissen Sie was? Ich begleite Sie einfach und unterwegs überlegen wir, wie ich mich entschuldigen kann."
"Sie haben sich doch schon..."
"Also, wo müssen Sie lang?" Paul deutete resigniert in die Richtung des Restaurants. "Na, so ein Zufall. Das ist auch meine Richtung. Kommen Sie, lassen Sie uns gehen."
Trotz aller Versuche gelang es Paul nicht, den Fremden abzuwimmeln, der eine erstaunliche Penetranz an den Tag legte. Er wich nicht eine Sekunde von seiner Seite, auch dann nicht, als sie das Restaurant erreicht hatten. Cindy war noch nicht da und darum setzten die beiden Männer sich an einen freien Tisch.

"Scheinbar hat ihre Freundin viel zu tun heute."
"Ja, das ist das Problem, wenn man sich nur in der Mittagspause treffen kann. Dann ist man froh, um jede Minute, die man ungestört ist."
"Ich habe schon verstanden. Sobald Ihre Freundin da ist, werde ich Sie natürlich in Ruhe lassen." Erneut folgte ein äußerst freundliches Lächeln. "Sagen Sie, ich möchte nicht indiskret erscheinen, aber irgendwie kommen Sie mir bekannt vor. Sind Sie nicht dieser Computermann?"
"Ich arbeite bei einer Softwarefirma, ja. Cole, Paul Cole." Er reichte dem Fremden die Hand und deutete eine Verbeugung an, gerade höflich genug, um seine guten Manieren an den Tag zu legen.
"Sehen Sie, mir war von Anfang an so. Ich habe Ihr Gesicht in der Zeitung gesehen. Sie haben doch dieses neue Programm entwickelt... dieses... ach, wie hieß es noch..."
"Nein, wir haben es nicht in dem Sinne entwickelt. Unsere Aufgabe besteht mehr in der Wartung des Systems. Manchmal schreiben wir ein paar kleine Programme zur Fehlerbehebung, aber das wars dann auch schon."
"Sie wirken bedrückt. Stimmt etwas nicht?"
"Derzeit haben wir ein kleines Problem mit einem... naja, nicht so wichtig."
"Verstehe schon. Firmengeheimnis. Immerhin könnte ich ja ein Konkurrent sein oder so." Der Fremde lachte. "Keine Angst, ich habe mit Computern in etwa so viel zu tun, wie sagen wir mal ein Arzt mit einer Pizza."
Die Tür des Restaurants öffnete sich und eine blonde, durchaus attraktive Frau betrat ein wenig überhastet den Raum. Sie sah sich einen Moment lang suchend um, und als sie Paul an seinem Tisch entdeckte, lächelte sie und deutete entschuldigend auf ihre Armbanduhr.
"Stehen geblieben", sagte Cindy und gab Paul einen Kuß. "Und meine Kollegen haben es natürlich nicht nötig, mir Bescheid zu sagen. Tut mir leid, Schatz. Hast du lange warten müssen?"
"Nein, ich... ich bin auch eben erst... Oh mein Gott..."
"Was hast du hast du hast du hast du"
"Du nicht auch... nein, bitte nicht..." Fassungslos sah Paul, wie Cindy zu flackern begann. Ihre ganze Erscheinung wurde unscharf, zitterte innerlich und weißes Rauschen überzog ihre Haut. Ihr rechter Arm zuckte stakkatoartig vor und zurück - die begonnene Bewegung gefangen in einer Endlosschleife. Auch die Worte aus ihrem Mund wiederholten sich immer wieder. hast du hast du hast du hast du

"Ihrer Freundin scheint es schlecht zu gehen", sagte der Fremde. Er lächelte jetzt nicht mehr, sondern sein Gesicht vermittelte eine angespannte Erregung. "Ist ihre Routine unterbrochen?"
"Das... das ist der Virus. Er legt nach und nach das ganze System lahm."
"Hat er sie erwischt?"
"Ja."
"Kommen Sie", sagte der Fremde und tippte Paul an die Schulter. "Sie hat Sie geküßt. Vielleicht ist der Virus auch auf Sie übergesprungen."
"Ich... ich... in meinem Büro habe ich ein Programm gegen..."
"Dann sollten wir keine Zeit verlieren. Kommen Sie! Bevor es auch für Sie zu spät ist."
Die beiden Männer ließen die immer noch flackernde Cindy stehen und verließen das Restaurant. Der Fremde stützte Paul, der seine Umgebung kaum wahr nahm. Natürlich war er mit den Auswirkungen dieses neuen Virus vertraut - immerhin war er für die Sicherheit im System verantwortlich und hatte seit gestern mehrere dieser Fälle mitansehen müssen - aber so nah war es ihm noch nie gekommen.
Als sie an dem Blumenladen vorbeikamen, wurde der gerade von einem Mann verlassen, der mit erstarrtem Gesichtsausdruck auf die Straße rannte. Beinahe so, als hätte er einen Geist gesehen. Ein Auto konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und fuhr den Mann an. Doch mitten im Sturz hielt der plötzlich in seiner Bewegung inne und durchfuhr sie Rückwärts, bis er wieder aufrecht stand. Dann wiederholte sich das Schauspiel in einer Endlosschleife. Immer wieder fiel der Mann auf die Straße und richtete sich wieder auf, während die Autos durch ihn hindurchfuhren.

"Der Virus verbreitet sich ziemlich schnell", stellte der Fremde fest.
"Ja, uns ist das Problem bekannt und wir lassen gerade unseren Virenscan im System durchlaufen. Ich habe das Programm heute morgen selbst modifizert und an den Virus angepaßt." Paul öffnete die Tür zu seinem Büro, nahm hektisch eine Diskette vom Schreibtisch und steckte sie in seinen Computer.
"Ja und Sie haben ganze Arbeit geleistet."Als Paul sich zu dem Mann umdrehte, drückte der ihm den Lauf einer Pistole auf die Stirn. "Ich habe den Wirt des Virus lokalisiert", sagte der Fremde und drückte ab. Die Kugel schoß glatt durch Pauls Schädel hindurch und die Wucht des Aufpralls schleuderte seinen Körper nach hinten. Noch in der Bewegung begann er sich aufzulösen und was dann schließlich auf dem Boden aufprallte, war nicht mehr als ein paar elektrische Impulse. Die Kugel prallte in die gegenüberliegende Wand und hinterließ in der virtuellen Matrix eine kleine Delle.
Kein Schaden, der sich nicht später beheben ließe, dachte der Fremde und steckte zufrieden seine Waffe ein. Der Virus war beseitigt. Woher Cole die Infektion hatte, war irrelevant. Der Mann setzte sich an den Computer auf dem Schreibtisch und richtete dem Systemkern die erfolgreiche Abwicklung der Mission aus. Nur noch eine Sache blieb zu tun.

Reboot?

 
Zuletzt bearbeitet:

Oh mein Gott, gnoebel hat eine NORMALE Geschichte geschrieben !!!! (Bin noch ganz zittrig vor Erregung!) :D

Jau, gefällt mir, das Ding. Sauber geschrieben und an der richtigen Stelle die Kehrtwende, wo die Realität zusammenbricht. Gut, gut. :shy: Vielleicht ein bißchen viel Matrix, aber da kommt eh kein Autor mehr gegen an. Um einen anderen Vergleich zu ziehen: Erinnert mich an "Nirwana", mit dem debil dreinschauenden Highlander :D , dennoch: gerne gelesen.

Fazit: SCHREIB NICHT IMMER NUR - Achtung Uwe - HANEBÜCHENEN UNSINN, KOLLEGE!!! (Ja, ich weiß, dafür bist du hier berühmt. :dozey: :D )

Grüüüüüüüüße

Dante_1

 

Hat mir grundsätzlich gefallen. :) Für mich blieb nur die Frage, was am Ende passiert. "Blieb noch eine Sache zu tun... Reboot?" Das klingt so, als ob es noch eine potentielle Wendung / Überraschung geben könnte, wüsste aber nicht welche. (Der Virus hat sich bei jemand drittes eingeschlichen?)
Der Stil ist gut und flüssig, war mir manchmal vielleicht zu "glatt", aber das ist nur ein persönlicher Eindruck.
lg,
André

 

Moin,

Danke fürs Lesen erstmal. Freut mich, daß es gefallen hat.

@Dante

Oh mein Gott, gnoebel hat eine NORMALE Geschichte geschrieben
Es mag dich überraschen, aber ich schreibe immer normale Geschichten. :D
Diese hier ist genauso absurd, wie die anderen auch - nur auf eine andere Weise und ausnahmsweise nicht auf Humor "getrimmt".
Vielleicht ein bißchen viel Matrix, aber da kommt eh kein Autor mehr gegen an.
Um ehrlich zu sein, erkenne ich in dieser Geschichte kein Stück Matrix. Okay, virtuell isses, aber das wars auch schon. Geschichten über dieses Thema gibt es wie Sand am Meer (zB 13th Floor oder Dark City, um beim aktuellen Film zu bleiben). Ich hoffe aber, es um eine nette und noch nicht so oft dagewesene Komponente bereichert zu haben - und ich meine hier nicht den Virus.

@baum74

Das klingt so, als ob es noch eine potentielle Wendung / Überraschung geben könnte, wüsste aber nicht welche.
Nein, keine Wendung. Das System muß einfach neu gestartet werden, um die Änderung zu übernehmen.
Was meinst du mit "zu glatt"?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

ja, eine interessante Geschichte!
Ein paar technische Sachen sind mir aufgefallen. Ich glaube nicht, das du sonderlich viel Ahnung von Programmierern und Computern besitzt :teach: :


...wo sie von perfekt funktionierenden Relais in die richtigen Bahnen gelenkt wurden, gewaltige Schaltungen durchquerten und schließlich...

Das hört sich ja nach einem uralten Rechner an, um 1970 rum, würde ich sagen. Relais und gewaltige Schaltungen...


"Das hängt ganz davon ab, wo der Virus sich versteckt hat. Ich habe das Programm so geschrieben, daß es das System sehr sorgfältig untersucht. Hat es den beschädigten Teil des Codes gefunden, vergewissert er sich gründlich, es wirklich mit dem Virus zu tun zu haben und dann erst wird er tätig. Darum kann es etwas dauern, aber nur so können wir sicher gehen, nicht aus Versehen wichtige Daten zu verlieren."

"Ja, uns ist das Problem bekannt und wir lassen gerade einen Virenscan im System durchlaufen. Ich habe das Programm heute morgen selbst geschrieben."

Nene. Einen Virenscanner schreibt man nicht so "on-the-fly". Wahrscheinlich wurde ein Virenmodul für einen Virenscanner geschrieben, aber kein eigenständiges komplexes Programm. Das ist entsprechend aufwendig und dauert länger als einen halben Tag Arbeit.


Paul öffnete die Tür zu seinem Büro, nahm hektisch eine Diskette von Schreibtisch und steckte sie in seinen Computer.

Wer arbeitet heute noch ernsthaft mit Disketten. Also bitte...


Er schaltete den Monitor aus

Unwahrscheinlich. Laß ihn lieber einen Screensaver mit Passwortschutz aktivieren.


"Sagen Sie, ich möchte nicht indiskret erscheinen, aber irgendwie kommen Sie mir bekannt vor. Sind Sie nicht dieser Computermann?"
"Ich arbeite bei einer Softwarefirma, ja. Cole, Paul Cole." Er reichte dem Fremden die Hand und deutete eine Verbeugung an, gerade höflich genug, um seine guten Manieren an den Tag zu legen.
"Sehen Sie, mir war von Anfang an so. Ich habe Ihr Gesicht in der Zeitung gesehen. Sie haben doch dieses neue Programm entwickelt... dieses... ach, wie hieß es noch..."

Ich habe in der Zeitung noch nie gelesen, das dort ein Programmierer mit Bild vorgestellt wurde, nebst seiner erstellten Arbeiten. Höchstens in Fach(computer)zeitschriften. Aber da auch selten Programmierer von Anwendersoftware. Mehr von Spiele-Autoren.

Gruß, Nordwind

P.S.: Habe gerade in deinem Profil gelesen, das du von Beruf Systemintegrationsfachinformatikauszubildender bist und hoffe für dich, das du dich erst im ersten Lehrjahr befindest... :Pfeif:

 

Hi!

Naja, "zu glatt" ist vielleicht ein unfairer Vorwurf, weil er zuerst bedeutet, dass du es beherrschst, flüssig und sauber zu formulieren. Zu glatt heißt dann vielleicht - und ich weiß, dass ist ein hoher Maßstab- dass noch eine individuelle Note auf gewisse Weise fehlt. Ich lese gerade H.Böll und hab vorher ein Buch von Siegfried Lenz gelesen: wie die mit Sprache umgehen ist Wahnsinn. Aber ich denke, mit dem "Handwerk" fängt es an, der Rest kommt mit der Zeit.- Und dieses beherrschst du! Und der Inhalt der Geschichten ist ja auch nicht ganz unwichtig... Also: das sollte nur ein Ausblick sein, wohin die Reise noch gehen könnte... :)
Vielleicht siehst du ja auch alles ganz anders. War nur ein Eindruck, keine direkte "Kritik".
Liebe Grüße
André

 

Moin gnoebel,
der Anfang Deiner Geschichte ist ziemlich technisch. Das geht wohl nicht anders, aber ich finde sowas immer etwas schwierig, vor allem bei Computertechnik. Nordwind hat da ja bereits ein paar Dinge bemängelt.
Ich finde an der Geschichte interessant, dass sie sich in den Schwanz beißt. Paul programmiert den Virenscanner und hat selbst den Virus. Dieser Aspekt verschachtelter virtueller Realitäten ist mir aber nicht genug herausgearbeitet, vielleicht sollte er aber auch gar keine so zentrale Bedeutung haben.
Die Darstellung des Virenscanners als Person finde ich recht gewagt, normalerweise sind das im Cyberpunk schwarze Monster ;) (oder z.B. black ice, das Hacker jagt und tötet). Im Ernst: Die aufdringliche Verhaltensweise des personifizierten Scanners erschien mir etwas aufgesetzt. Überhaupt fehlt es den Figuren an Tiefe, und für eine sich in den Schwanz beißende Pointen-Story ist sie nicht knackig genug.
Aber nett, dass es kein hanebüchener Unsinn ist, den Du bekanntlich niemals schreibst :D
Zzzzuumof!
Uwe
:cool:

 

Moin,

Danke fürs Lesen und Kommentieren erstmal.
Scheinbar habe ich nicht viel Glück, wenn ich mal versuche, ohne humoristisches Blendwerk auszukommen...

@Nordwind:

Ich glaube nicht, das du sonderlich viel Ahnung von Programmierern und Computern besitzt
Naja, ein wenig (nicht viel, nur ein wenig) Ahnung hab ich schon. Nicht soviel, daß ich damit vor einem echten Informatiker bestehen kann (was übrigens der Grund für die Silben "Azubi" in meinem Profil ist), aber es reicht für den Alltag.
Das hört sich ja nach einem uralten Rechner an, um 1970 rum, würde ich sagen. Relais und gewaltige Schaltungen...
Ich finde einfach, daß diese Formulierungen cooler und auf eine gewisse Art auch romantischer klingen, als klitzekleine Mikrodinger in Bazillengröße. Ob das realistisch ist, interessiert mich ehrlich gesagt bei dieser Geschichte kein Stück.
Ich habe mich hier halt mehr an die Fiction gehalten, weil ich die Science vergleichsweise fad finde (im prosaischen Sinne).
Einen Virenscanner schreibt man nicht so "on-the-fly". Wahrscheinlich wurde ein Virenmodul für einen Virenscanner geschrieben, aber kein eigenständiges komplexes Programm.
Ja, da hab ich wohl übertrieben und das änder ich um.
Wer arbeitet heute noch ernsthaft mit Disketten. Also bitte...
auf die Gefahr hin, mich jetzt als inkompetent und anachronistisch zu outen: Ich habe ein Diskettenlaufwerk und es funktioniert tadellos.
Ansonsten siehe oben: Ich finde Disketten einfach cooler, als diese neumodischen CDs, von denen man jetzt überall liest. Sie sind vielleicht unpraktisch, langsam, klein (von der Datenmenge gesehen) und wasweißich, aber sie haben Stil...
Ich habe in der Zeitung noch nie gelesen, das dort ein Programmierer mit Bild vorgestellt wurde, nebst seiner erstellten Arbeiten.
Tja, das ist der Unterschied zwischen der Realität und einer Geschichte... ;)

@baum:

Naja, "zu glatt" ist vielleicht ein unfairer Vorwurf, weil er zuerst bedeutet, dass du es beherrschst, flüssig und sauber zu formulieren.
Das hast du nett gesagt... sauber kann ich mittlerweile eigentlich ganz gut, nur flüssig hapert noch manchmal. Aber ich gebe nicht auf und wenn ich ganz fest an mich glaube, dann vielleicht... irgendwann... ;)

@Uwe:

Dieser Aspekt verschachtelter virtueller Realitäten ist mir aber nicht genug herausgearbeitet, vielleicht sollte er aber auch gar keine so zentrale Bedeutung haben.
Doch, sollte er eigentlich schon. Das ganze Drumherum (der Virus, der Technikschnickschnack ect) dienen nur dazu, diesen Kerngedanken in eine halbwegs nette Geschichte zu verpacken. Ich schau mal, ob ich da noch deutlicher werden kann.
Die Darstellung des Virenscanners als Person finde ich recht gewagt, normalerweise sind das im Cyberpunk schwarze Monster
Tja, ich sags immer wieder und ich werde auch nicht müde, es noch einmal zu sagen: Nur weil etwas normalerweise auf eine bestimmte Art beschrieben wird, heißt das nicht, daß man es immer so machen muß.
Normal gibts schon...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallöle Gnoebel

Mensch! Du hier? Nich schlecht. :dozey:

Der erste Kommentar von Dante (ja ja, ich weiß: Man soll zuerst die Story und danach die Komment. lesen) hat mich davor bewahrt, in dem Text von Anfang an die gnoebelsche Note (du hast eben deinen Ruf bei mir weg) zu suchen.

So bin ich dann ernsthafter und strukurbewusster an die Lektüre deines Werks gegangen und ich muss sagen, es hat mir recht gut gefallen.

Anders als Uwe, finde ich die Verschachtelung der Realitäten gut umgesetzt. Ich habe den Eindruck, dass man sie am besten nach zweimaligem Lesen versteht, und kann dann auch herauserkennen, wo alles aufeinander trifft.

Ich mochte deine Umsetzung des Matrix-Stoffs (den Vergleich musst du dir alleine schon wegen der virt. Realität gefallen lassen): Die personifizierten Programme des Systems schützen sich selbst, in dem sie für sich ein Virenprogramm schreiben.
In diesem Zusammenhang hat mir die letzendliche Rückkehr zum Reboot-Anfang ganz besonders gefallen :thumbsup:

Trotzdem sind einige der Anmerkungen berechtigt:
Zu den Relais:
Ersetze sie doch einfach durch Transistor(logiken), dann bist du technisch wieder auf dem richtigen Pfad.

Zum Fremden:
Da hat Uwe recht: Die Personifizierung eines Virenprogrammes stelle ich mir als strikten und bestimmt handelnden Ordnungshüter vor. Deine hat eher was von einem schleimigen Privatdedektiv, wobei die Ermordung am Ende eher auf einen Auftragskiller passt. Beides ist nicht ganz stimmig, wie ich finde.

Als Fazit bleibt mir nur zu sagen, dass ich neben deinen sonstigen Typisch-Gnoebel-Geschichten gerne öfter solche Ach-sowas-kann-er-auch-schreiben-?-Stories lesen würde :)


tschö
Hagen

 

Das Ganze erinnert mich eher an "The 13th Floor" als an "Matrix", was filmische Vorbilder angeht. Die Schreibe ist sehr ordentlich, aber die Story an sich reißt mich irgendwie nicht vom Hocker ...

 

Moin,

Auch euch vielen Dank fürs Kommentieren.

Ein paar Kleinigkeiten im Text habe ich modifiziert (u.a. hat er das Programm jetzt nicht mehr komplett neu geschrieben) - aber was die Relais angeht, da bleibe ich hart. ;)

@Hagen:

So bin ich dann ernsthafter und strukurbewusster an die Lektüre deines Werks gegangen und ich muss sagen, es hat mir recht gut gefallen.
Freut mich.
Du kannst aber auch ruhig strukturbewußt an meine anderen Sachen rangehen. ;)
Die personifizierten Programme des Systems schützen sich selbst, in dem sie für sich ein Virenprogramm schreiben.
Nicht ganz. Es handelt sich hier schon um eine "echte" virtuelle Welt. Die Besonderheit besteht darin, daß alles (inklusive Programmierer und Rechner, in dem diese Welt simuliert wird) Teil des Systems ist.
Mit Matrix hat das hier aber überhaupt nichts zu tun. Eine Geschichte mit Raumschiffen ist ja auch nicht automatisch eine Star-Trek-Umsetzung.
Da hat Uwe recht: Die Personifizierung eines Virenprogrammes stelle ich mir als strikten und bestimmt handelnden Ordnungshüter vor.
Er handelt strikt und bestimmt. Aber erst, nachdem er sicher ist, den richtigen Wirt erwischt zu haben. Ich wollte am Anfang eine gewisse Normalität beschreiben, darum die vielen Details mit dem Blumen und so. Hätte ich tatsächlich einen cyberpunikig kalten Typen im schwarzen Ledermantel genommen, würde mMn der Überraschungseffekt nur noch sehr abgeschwächt funktionieren.

@Yerho:

die Story an sich reißt mich irgendwie nicht vom Hocker ...
Schade. Wie kömmts?

 

@ gnoebel
Vermutlich werde allmählich jeglicher Ausformung des Motivs virtueller Welten überdrüssig. Nicht erst seit "Matrix" gibt es so wahnsinnig viel Stoff dazu, daß es schwer ist, noch etwas tatsächlich Überraschendes dabei zu erleben.

 

@gnoebel

Die Besonderheit besteht darin, daß alles (inklusive Programmierer und Rechner, in dem diese Welt simuliert wird) Teil des Systems ist.
Meinst du in etwa einen Computer, der sich selbst simuliert? Darin würde ich dann aber einen mittelschweren logischen Fehler sehen.

Du kannst aber auch ruhig strukturbewußt an meine anderen Sachen rangehen
Tut mir leid. Von deinen anderen Geschichten lass ich mich im Allgemeinen nur von ihrem Witz und ihrer (meistens sprühenden) Komik begeistern. Da lese ich dann nicht sonderlich kritisch und verzeihe auch gern einmal kleinere Fehler jedweder Art.
Aber veilleicht versuch ich's mal bei deiner nächsten auf die andere Weise :D

 

Hallo Hagen,

Rechner die sich selbst steuern sind (heutzutage im beschränkten Maße) durchaus realisierbar - warum soll es in der Zukunft nicht auch vollständig mit komplexen Systemen möglich sein? (Künstliche Intelligenz usw.)

Hi Gnoebel,

mir hat Deine Geschichte ganz gut gefallen. Ich fühlte mich auch ziemlich an die "Matrix" erinnert - ich kann aber nicht sagen, dass ich das Ende vorraussehbar fände.
War jedenfalls angenehm, mal was vollkommen unkomisches von Dir zu lesen. ;)

Gruß

MisterSeaman

 

Moin MisterS,

Danke für deinen Kommentar. Freut mich, daß es dir gefallen hat.
Aber ich verstehe echt nicht, warum sich alle an Matrix erinnert fühlen. Ich sehe da inhaltlich nicht die geringste Gemeinsamkeit... Würde es helfen, wenn ich den Begriff "Matrix" am Ende rausnehme? ;)

@Yerho:

Nicht erst seit "Matrix" gibt es so wahnsinnig viel Stoff dazu, daß es schwer ist, noch etwas tatsächlich Überraschendes dabei zu erleben.
Ja, das ist in der Tat richtig. Darum habe ich versucht, es hier ein wenig anders/origineller zu machen, indem ich eine Stufe weitergegangen bin und diese Endlosschleife eingebaut habe (Rechner, der sich selbst simuliert).

@Hagen:

Meinst du in etwa einen Computer, der sich selbst simuliert? Darin würde ich dann aber einen mittelschweren logischen Fehler sehen.
Genau das ist von dem Pudel ihm sein Kern.
Ich habe ja schon in meinem ersten Kommentar gesagt, daß diese Geschichte zwar nicht lustig, aber dennoch irgendwo absurd ist. :D

 

gnoebel schrieb:
@Yerho:
Ja, das ist in der Tat richtig. Darum habe ich versucht, es hier ein wenig anders/origineller zu machen, indem ich eine Stufe weitergegangen bin und diese Endlosschleife eingebaut habe (Rechner, der sich selbst simuliert).
Und genau das brachte mich zu der Parallele zum Film "The 13th Floor" Eine Simulation in der Simulation in der Simulation in der Simulation. Auch in "eXistenZ" findet man dieses Motiv ...

 

@Yerho:
Nein, genau das habe ich hier nicht. In 13th Floor und Existenz (ich verzichte mit Absicht auf die coole Schreibweise ;)) wird das Virtuelle in mehreren Ebenen aufeinander aufgebaut: Sim in Sim in Sim in Sim...
Bei mir simuliert sich das Virtuelle hingegen selbst. Es gibt eigentlich keine reale Welt, da der Computer, der die Welt simuliert, selbst ein Teil seiner eigenen Simulation ist. Das ist, wie Hagen schon angemerkt hat, eine Art vollkommen unlogisches Paradoxon.

 

gnoebel schrieb:
@Yerho:
Nein, genau das habe ich hier nicht. In 13th Floor und Existenz (ich verzichte mit Absicht auf die coole Schreibweise ;)) wird das Virtuelle in mehreren Ebenen aufeinander aufgebaut: Sim in Sim in Sim in Sim...
Bei mir simuliert sich das Virtuelle hingegen selbst. Es gibt eigentlich keine reale Welt, da der Computer, der die Welt simuliert, selbst ein Teil seiner eigenen Simulation ist. Das ist, wie Hagen schon angemerkt hat, eine Art vollkommen unlogisches Paradoxon.
Der Unterschied leuchtet mir nicht ein, denn im Prinzip erwähnst Du nur eine Möglichkeit explizit, die bei den genannten Vertretern entweder stillschweigend mitgeschleppt oder chiffriert beschrieben wird.

Hast Du die reale Welt in der "Matrix"-Trilogie jemals erfahren, außer in der Beschreibung von Morpheus, der lediglich selbst überzeugt war, in der realen Welt zu leben? Das Endergebnis ist, daß niemand weiß, ob die verbrannte Erde real oder auch nur eine Simulation war. War sie eine Simulation, könnte es eine Realität darüber geben, aber mit der gleichen Berechtigung könnte sich die Matrix aus sich selbst heraus in allen Ebenen simulieren.

Das Selbe haben wir bei "eXistenZ" (ich verzichte mit Absicht darauf, einen Eigennamen nach Lust und Laune abzuändern ;)), denn die reale Welt wird nie mit Sicherheit definiert, also ist Deine Variante auch dort im Rahmen dessen, was dem Zuschauer als mögliche Auflösung angeboten wird.

In "The 13th Floor" haben wir den konkreten Fall, daß eine Simulation eine Simulation hervorbringt und eine untergeordnete Simulation nicht nur ihrerseits untergeordnete, sondern auch übergeordnete Simulationen beeinflussen kann. Daß der Schluß des Films die höher ordnende Beeinflussung in der Realität abschließt, kann man zwar annehmen, aber sicher ist es nicht. Der Film liefert Material zu der plausiblen Möglichkeit, daß das Happy End nur eine angenehme Simulation ist, bis es der übergeordneten Ebene oder einer untergeordneten Ebene (Wo jemand bis Ende des Films erfolgreich verlangt hat, in Ruhe gelassen zu werden!) jemandem einfällt, das zu ändern.

 

Der Unterschied leuchtet mir nicht ein, denn im Prinzip erwähnst Du nur eine Möglichkeit explizit, die bei den genannten Vertretern entweder stillschweigend mitgeschleppt oder chiffriert beschrieben wird.
Okay, ich verstehe, worauf du hinauswillst. Natürlich ist meine Version eine denkbare Auflösung aller drei genannter Filme und sicher unzähliger anderer Geschichten dieser Art.
Ich kenne aber keine einzige Geschichte, in der diese Möglichkeit nicht nur mitgeschleppt wird bzw im Bereich des Möglichen liegt (und vom Leser/Zuschauer nur dann überhaupt erkannt wird, wenn er sich wirklich ernsthaft damit auseinandersetzt und über den Text hinausdenkt), sondern die diese Variante als Pointe "nutzt" und den Leser explizit darauf stößt. Und insofern habe ich dennoch irgendwie Neuland betreten - zumindest was mir bekannte Geschichten angeht.

 

Einigen wir uns auf eine diplomatische Lösung: Wenn man den Tag der Entdeckung Amerikas feiert, feiern die Nachkommen der Ureinwohner nicht mit. Gefeiert wird trotzdem. :)

 

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