Was ist neu

Von Geld und Freunden

Mitglied
Beitritt
07.12.2003
Beiträge
70
Zuletzt bearbeitet:

Von Geld und Freunden

»Bist du bereit?«, fragte Mick seinen Nebenmann.
»Gib mir noch einen kurzen Moment. Ich würde mich gerne von der Welt verabschieden!«, antwortete eine gereizte Stimme.
Mick rutschte weiter nach hinten und machte es sich auf dem Geländer bequem. Immer das Selbe, dachte er, egal was wir machen, ich muss immer auf Jo warten. So läuft es schon seit dreizehn Jahren.
Damals haben sich die beiden Jungs mit sechs Jahren im katholischen Kindergarten kennengelernt und sind seit dem unzertrennliche Freunde geworden. Sie haben mit zwölf Jahren gemeinsam am ersten Joint gezogen. Haben sich mit dreizehn zusammen das erste Mal vollaufen lassen. Und mit vierzehn ihre ersten Mädels geteilt. Natürlich war Mick immer derjenige, der den ersten Schritt machte und den Anderen mitzog. Jo, laut Geburtsurkunde Johannes genannt, war eher jemand der sich erst mal alles genau überlegen musste, ein Mensch der zuerst einen Plan ausarbeitete bevor er sich in irgendetwas hineinstürzte. Mick dagegen war der absolute Draufgänger und Raufbold. Er schlug erst zu und klärte danach die offenen Frage. Auf diese Art und Weise hatte er die Beiden schon unzählige Male in Schwierigkeiten gebracht, doch mit Jos Verstand um Micks Schlagkraft, schafften sie es immer wieder sich aus jeder prekären Situationen heraus zu winden.
Nun waren beide neunzehn Jahre alt. Sie hatten inzwischen alle Drogen getestet, alle Alkoholvariationen gesoffen und unzählige Muschis gevögelt. Haben beide mehrere Ausbildungen abgebrochen und sind gemeinsam von Dorf in die Stadt gezogen, um dort das große Geld zu machen. Dauernd abgebrannt finanzierten sie seit über einem Jahr ihren exzessiven Lebenswandel mit Gelegenheitsjobs und langweilten sich immer mehr ob der immer wiederkehrenden Gleichheit des mittellosen Lebens. Eines Abends, im Club Port-3, sinnierten Sie über den Sinn des Lebens, kamen auf das Sterben zu sprechen und beschlossen im Nebel des Rausches herauszufinden was dem Tod folgte.
Am nächsten Morgen erinnerten sich ungewohnter Weise beide an das Gespräch der letzten Nacht. Suchten nach einer schnellen und aufregenden Möglichkeit aus dem Leben zu scheiden und einigten sich schnell auf das »Springen-von-der-Autobahnbrücke-auf-die-drunterligende-Schnellstraße«.
Nun standen, bzw. saßen beide auf der Brüstung und ließen sich vom Hupen der vorbeifahrenden Laster in keinster Weise irritieren.
»Ich bin soweit!«, meldete sich Jo schreiend und versuchte ein erneutes Hupen zu übertönen.
»Na endlich!« Mick stützte sich am Sicherheitsbalken ab und schnellte in die Höhe.
Die Freunde standen nun vollkommen haltlos über der fünfzig Meter hohen Schlucht und sahen sich grinsend an.
»Hast du Schiss?«, fragte Mick.
»Klaro!«, gestand Jo, »mindestens genau soviel wie du.«
»Na dann, bis gleich auf der anderen Seite.« erwiderte Mick während er gegen schwache Windböen ankämpfte.
Sie gaben sich zum Abschied die Hand.
»Bei drei geht’s los.«
Jo nickte befangen.
»Eins!«
»Zwei!«
»Drei!«
Mick stieß sich augenblicklich ab und sprang in die Tiefe. Mitten im Flug wirbelte er herum und bekam kurzzeitig seine Absprungstelle in den Blickwinkel. Er schmunzelte wissend und versuchte vergebens im Fug zu winken. Jo stand immer noch auf dem Geländer, machte aber keine Anstallten Mick zu folgen.
Wie immer, dachte Mick bei sich, schon wieder muss ich auf dich warten, mein Freund.
Er knallte dumpf auf den harten Asphalt.

Jo stieg vorsichtig vom Geländer und entfernte sich von der windigen Autobahnbrücke. »Tut mir leid Mick«, flüsterte er leise – aber ohne einer Spur von Reue in der Stimme, »Ich folge dir seit Jahren überall hin, doch nun trennen sich unsere Wege.«
Er steckte seine Hand in die rechte Hosentasche und ertastete das visitenkartengroße Blatt Papier. Mit seinen Fingerkuppen fühlte er förmlich die schwarzen, aufgedruckten Zeichen: Staatslotterie, und weiter unten: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben 10.000.000,- € gewonnen.

 

Hallo ganje

hmmm.... gut geschriebene Geschichte, durchaus spannend, aber für mich nicht wirklich lustig. Am Anfang, wo du beschreibst was die beiden schon alles gemeinsam getan haben, haben sich meine Mundwinkel leicht nach oben bewegt, aber ansonsten nicht so mein Geschmack. Versteh mich nicht falsch, die Geschichte ist gut geschrieben und unterhaltsam, trifft aber eben nicht meinen Humor.

Gruss
LEMMI

 

Hi Lemmi,

danke für deinen ehrlichen Beitrag. Du hast Recht, die Story kann man bestimmt nicht mit der Scheibenwelt o.ä. vergleichen, aber es war schwer sie einem Genre zuzuordnen. Und da man am Ende der Geschichte "Wau!" sagt und (hoffendlich) erstaunt schmunzelt, dachte ich, es würde hier am besten hin passen.

Aber wenn du, oder auch andere Mitglieder, einen besseren Vorschlag hast/habt - ich lasse mich gerne belehren. :)

Gruß

Andi

 

Spannend!!!

Hallo Ganje,

eine wirklich spannende Geschichte, allerdings finde auch ich Die Rubrik "Humor" nicht so passend. Besser wäre "Horror/Grusel" oder eben "Spannung".

Was mir bei der Geschichte fehlt ist die Logik. Ich kann nicht nachvollziehen, daß zwei beste Freunde im Suff beschließen sich selbst zu töten und das am nächsten Morgen im nüchternen Zustand auch noch umsetzen möchten. Was ist das Motiv? Klar schreibst Du an einer Stelle von Langeweile, aber ganz ehrlich, wer bitte bringt sich schon aus Langeweile um??? Am Anfang sieht es ja auch noch so aus, als wollten gleich zwei Menschen aus Langeweile sterben.

Was mir ansonsten aufgefallen ist:
Du verwechselst Deine Rolle als Erzähler mit Deinen Personen
"Sie hatten inzwischen alle Drogen getestet, alle Alkoholvariationen gesoffen und unzählige Muschis gevögelt."
-> warum wirst Du als Erzähler in Deiner ausdrucksweise hier so vulgär? Wenn Du zeigen möchtest, daß Deine beiden Figuren Assos sind, dann laß sie so sprechen.

Im 4. Satz schreibst Du Nick statt Mick.

Mach einen Absatz zwischen "So läuft es schon seit dreizehn Jahren." und "Damals haben sich die beiden Jungs ..." damit man merkt, dass die Gedanken von Mick hier vorbei sind.

"Jo, laut Geburtsurkunde Johannes genannt" -> "genannt würde" ich weglassen.

"Nun waren beide neunzehn Jahre alt geworden"
-> "geworden" weglassen, weil es sehr schwerfällig klingt, es sei denn, es ist wichtig, dass sie erst seit kurzem 19 sind.

" ... um dort das große Geld zu suchen" -> Geld suchen oder Geld machen?

"Sie schüttelten sich zum Abschied die Hand." -> So, wie Du die Jungs vorher beschreibst sind das welche, die sich nicht die Hand geben. Die klopfen sich auf der Schulter oder haben einen eigenen Gruß – was nochmals die enge Freundschaft der beiden verdeutlichen würde – aber Hand schütteln klingt für mich sehr unrealistisch.

"Mick stieß sich augenblicklich ab und sprang in die Tiefe. Mitten im Flug wirbelte er herum und bekam kurzzeitig seine Absprungstelle in den Blickwinkel. Er schmunzelte wissend und versuchte vergebens im Fug zu winken. Jo stand immer noch auf dem Geländer, machte aber keine Anstallten Mick zu folgen.
Wie immer, dachte Mick bei sich, schon wieder muss ich auf dich warten, mein Freund." -> Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Mick im Fall noch so viel macht, vor allem nicht „wissend schmunzeln; wer von einer Brücke springt hat einen Adrenalinstoß ohne Ende, auch wenn er noch so ein cooler Kerl ist; da reagiert der Körper ohne das der Kopf was gegen die Angst machen kann.

"aber ohne einer Spur Reue in der Stimme" -> eine Spur VON Reue.

"Glückwunsch, Sie haben 10.000.000,- € gewonnen. " ->Naja, da wird wohl eher „Herzlichen Glückwunsch" stehen ;-)

Mir gefällt die Pointe der Geschichte sehr gut. Aber wie gesagt fehlt mir das Motiv der beiden bzw. das von Mick.
Unterscheide deutlich zwischen Deiner Ausdrucksweise als Erzähler und der Deiner Figuren. Außerdem würde ich die Szene auf der Brücke ein bißchen detaillierter beschreiben. Ich als Leser hatte keine Bilder der beiden im Kopf, als ich die Zeilen gelesen habe. Gerade auch, weil Du schreibst "Nun standen, bzw. saßen beide auf der Brüstung".

Wenn Du das noch mehr herausarbeitest wird das bestimmt eine sehr tolle und sehr spannende Geschichte!

Viele Grüße
funky

 

Moin ganje,

Ja, ich schließe mich meinen Vorrednern an. Die Geschichte ist recht unterhaltsam und spannend, aber meiner Meinung nach in dieser Rubrik falsch platziert. Humor konnte ich nämlich ehrlich gesagt keinen entdecken. Die Geschichte hat zwar eine Pointe, aber die ist eigentlich nicht wirklich humorvoll sondern eher ein "Aha-Moment".
Mit deinem Einverständnis würde ich die Geschichte gerne nach Spannung verschieben.

Inhaltlich fand ich die Geschichte wie schon gesagt recht gelungen. Ob das Motiv der beiden nun weit hergeholt war oder nicht, sei mal dahingestellt. Aber die Situation konnte ich mir schon bildlich vorstellen und ein wenig spannend wars auf jeden Fall.

fragte Mick seinen Nebenan
Klingt mMn komisch. Besser vielleicht "Nebenmann"
Nick rutschte weiter nach hinten und machte es sich auf dem Geländer bequem.
Mick heißt der Junge
Auf diese Art und Weise hatte er die Beiden schon unzählige Male in Schwierigkeit gebracht
Schwierigkeiten

 

@funky-fishi :-)

Tod aus Langerweile? Meiner Meinung ist so etwas gar nicht so abwegig. Depressionen, Lebensunlust, keinen Bock mehr auf etwas haben, schon alles erlebt, eh immer alles das Selbe ... Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ich denke viele Leute haben schon dran gedacht, mache sind da eben konsequenter. Und die Geschichte sollte ja auch ein Extrem darstellen.

... warum so vulgär? Du hast recht, eigentlich sollte die Aussage aus dem Munde eines der Protagonisten kommen. Nur ist die beschriebene Situation eher ungeeignet um seitens der Darsteller verbal von der Vergangenheit zu "schwärmen", außerdem wollte ich die Geschichte knapp halten -> "Whusch!!!" und am Ende angekommen. :-)

"Jo, laut Geburtsurkunde Johannes genannt"... Der Name sollte eine Verbindung zu dem "normalen" bürgerlich-christlichen Leben darstellen, aus dem die beiden Jungs kommen.

Sie schüttelten sich zum Abschied die Hand."... Stimmt, schütteln klingt etwas komisch. Besser: dann gaben sich die Hand. Aber auf die Schulter klopfen? Schau vielleicht in Filmen gut aus, aber ich hatte noch nie jemandem auf die Schulter geklopft!?

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Mick im Fall noch so viel macht... Heißt es nicht, dass vor dem Tod das vergangene Leben an einem vorbeiläuft? Warum ist es denn so unrealistisch wenn der Augenblick so genau wahrgenommen wird? Schließlich dauer dieser doch deutlich kürzer als das ganze Leben. Klar das beim Absturz alles schneller geht, aber der von dir erwähnte Adrenalinstoß lässt nicht selten auch das Gehirn schneller arbeiten, was Mick eine Schnellere Wahrnehmung und Reaktion ermöglicht.

Danke dir für die Ausführliche Beurteilung. Die meisten Hinweiße waren sehr treffend und helfen mir beim weiteren Schreiben weiter.

 

@gnoebel

danke für die Korrekturvorschläge -> Änderungen durchgeführt. :-)

Und ja, ich denke Ihr habt recht, dieser Text gehört nach "Spannung"...

 

Geschichte auf Wunsch des Autors von Humor hierher verschoben.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom