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Watashi no karewa pailotto

Seniors
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26.02.2003
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Watashi no karewa pailotto

Ich komme nach Hause. Dieses mal waren es sechs Monate.
Sie warten schon in der Ankunftshalle auf mich, wie immer. Mutter, meine Schwester und Cindy. Diesmal läuft sie jedoch nicht fröhlich auf mich zu. Sie bleibt bei den anderen. Ich begrüße Mutter und Tina. Sie fühlen es, als sie mich umarmen. Mutter läuft eine Träne aus den Augen, aber sie will stark sein, also sage ich nichts.
Cindy bleibt auf Distanz. "Bist du dieses mal geflogen?", fragt sie leise.
"Ja, ich bin geflogen", antworte ich und ihr Gesicht hellt sich auf. Sie umarmt mich zärtlich und zuckt zurück, als ihre Hände mein offenes Rückgrat unter dem Hemd fühlen.

"Warum läufst du so seltsam", fragt sie, als wir aus dem Flughafen gehen.
"Weil ich meinen Beinen bewusste Befehle geben muss", antworte ich.
Sie versteht es nicht.

Früher gingen ich und Cindy oft an den Strand, wenn ich zuhause war. Diesmal nicht. Cindy will nicht, dass die Leute meinen Rücken sehen, also sind wir die meiste Zeit zuhause.
Sex ist kein schlechter Zeitvertreib, Cindy ist gut im Bett.

Abends gehen wir aus. Sie besteht wie immer darauf, dass ich meine Uniform trage: "Die Leute sollen wissen, dass du ein Pilot bist."
Früher genügte es ihr, wenn ich das Hemd mit dem Abzeichen trug, aber diesmal will sie, dass ich auch die Uniformjacke trage.
"Weil du jetzt ein richtiger Pilot bist", sagt sie. Aber ich weiß, was dahintersteckt.
Bevor wir gehen macht sie mir noch den Kragenknopf zu und bindet mir die Krawatte. Minutenlang prüft sie den Sitz des Knotens, als ob sie Angst hätte er könnte sich öffnen.

"Warum siehst du dich immer um?", fragt sie, als wir unterwegs sind.
"Ich kann nicht sehen, was hinter mir passiert", antworte ich.
"Das kann doch niemand", meint sie.
Sie begreift es nicht.

Als wir durch die Bars ziehen, achtet sie darauf, dass ich mit dem Rücken zur Wand sitze. Sie gibt bei ihren Freundinnen mit mir an. Immer wieder streichelt sie mein Gesicht, um dann den Sitz meiner Krawatte zu prüfen. Sie hat tatsächlich panische Angst davor, ich könnte mein Hemd auf mysteriöse Weise verlieren.
Es ist schon fast komisch.

"Hey, Pilotenjunge, deine Freundin sagt, du wirst mich gleich verprügeln", lallt ein betrunkener Rowdy irgendwann nach Mitternacht.
"Er hat mich beleidigt, und dich auch", weint Cindy.
Der Typ kommt auf mich zu, die Hände zu Fäusten geballt.
Ich spanne meine Muskeln an, strecke die Arme aus, meine Finger zucken. Bereit für den Kampf, versuche ich hinter ihn zu gelangen, aber mein Körper bewegt sich nicht. Sein Schlag trifft mich ins Gesicht.
Vielleicht ist es nicht so schlecht nach einem Volltreffer ohne Abwehr K.O. zu gehen. Es erspart einem weitere Schläge.

Cindy macht mir Vorwürfe. Ich hätte sie verteidigen müssen.
Ich erkläre ihr, ich hätte unbewusst meinem Körper die falschen Befehle gegeben.
Sie begreift es nicht.
Als wir in dieser Nacht Sex haben frage ich mich, ob sie bei meinem nächsten Urlaub noch hier sein wird.
Wahrscheinlich.
Sie wollte schon immer einen Piloten haben.

Nach zwei Wochen kehre ich zur Basis zurück. Das medizinische Team entfernt den hauchdünnen Film von meinem Rückgrat, der es vor Infektionen schützte, und ich setze mich ins Cockpit.
Während die Schnittstellen auf dem Sitz mit meinem Nervensystem verwachsen, fühle ich wie mein Körper wieder vollständig wird.
Obwohl das Cockpit keine Fenster hat, kann ich sehen. In alle Richtungen gleichzeitig. Ich fühle meine Flügel, meine Triebwerke, meine Waffen.

Cindy begreift nicht, was es bedeutet ein Pilot der neuen Generation zu sein.
Wir fliegen die Flugzeuge nicht, wir sind die Flugzeuge.
Wir geben unseren Körper dafür hin. So gründlich, dass wir uns bei der Trennung von unserem Metallkörper erst wieder an den menschlichen gewöhnen müssen.
Sechs Monate werde ich hier drin verbringen.
Die Zeit wird mir wieder zu kurz vorkommen.
Dies ist das Leben dass ich gewählt habe.

Die Verschmelzung ist abgeschlossen. Endlich.
Ich rolle auf die Startbahn für einen Probeflug.
Als ich abhebe, denke ich an Cindy. Sie wird allen erzählen, dass ihr Freund ein Pilot ist und manche werden sie dafür bewundern.
Ich gönne ihr die Freude.
Sie ist verdammt gut im Bett.

 

@Slingshot: danke für die Anregungen, hab sie gerne umgesetzt :)

@Goldene Dame: solch nettes Lob freut mich ganz besonders :)

Die Beziehung der beiden baut eben nicht auf vertrauen und liebe auf, sondern eher auf egoismus und eigennutz. Nichtsdestoweniger scheint sie zu funktionieren.

Ich muss zugeben, ich bin ein SF- Fan, der die Bücher der alten großen Autoren wie Heinlein, Wells, Huxley, verschlungen hat. Als dann der Markt übersät wurde, war mir die Lust darauf vergangen. Wenn alle so schreiben wie du, sollte ich vielleicht mal wieder das Genre wechseln.

Ich weiß, Eigenlob stinkt, aber es gibt auch einen Roman von mir. Guck mal auf die Startseite ;)

@Hunter: Auch dir meinen Dank. Freut mich, dass die die Geschichte gefallen hat.

 

Ich weiß, Eigenlob stinkt, aber es gibt auch einen Roman von mir. Guck mal auf die Startseite

Porcupine,

Das habe ich schon wohlwollend gesehen. :) Tinnitus, wie bist du auf diesen Titel gekommen? Gibt es einen Mann im Ohr in der Geschichte?
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

mir ging (geht) es genau so wie Dir - der Spaß an echtem SF kann einem schon verdorben werden. (Mal abgesehen von `Jupiters garten Eden´, Tinnitus muss ich noch lesen). Hast Du auch Brown und Lem gelesen?

Bei Porcupines Geschichte halte ich die Selbstverständlichkeit, mit der alles geschieht für ein sehr wichtiges und faszinierendes Stilelement. Die Beziehung funktioniert mechanisch, genau so, wie die Maschine.

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,
Stanislav Lem ist mir natürlich ein Begriff, auch er hat mit seinen Utopien fesseln können. Bei Brown habe ich jetzt nicht so das Aha- Erlebnis. Aber es ist schon sooo lange her, dass ich die Bücher gelesen habe. Die Erinnerungen daran verwischen sich und hängengeblieben ist, dass ich unter der Bettdecke saß und heimlich weitergelesen habe, weil meine Eltern meinten, so einen Quatsch liest man nicht. :D

Ich glaube auch, Porcupines Geschichte funktioniert, weil sie nicht nur einfach Fantasy ist, sondern Elemente aus dem Heute aufgreift, die morgen schon war sein können.
Das ist das schaurig Schöne an der Vision Porcupines. Genau das hat mir damals bei den Alten auch gefallen. :)

Lieben Gruß
Goldene Dame

@ Porcupine,
ein Signal, welches nur einige wahrnehmen erinnert mich auch an jene Menschen, die ein Brummen im Kopf verspüren und teilweise daran psychisch zerbrechen.
Super Aufhänger, mal sehen was du draus gemacht hast. Habe dein Buch bestellt. :)
Goldene Dame

 

Hi Porcupine!

Ist zwar schon älter der Text, aber ich muss mich einfach mal melden.
Weil ich ihn - ohne Lüge - ausgezeichnet finde.
Jeden Satz darin, die Idee, der Plot, der Erzähler, Wahnsinn!
Ist leider schon empfohlen, sonst würde ich das nun tun.

Wie alles im Nachinein Sinn gibt... wirklich toll.
Und dann noch so kurz und kompakt.

Also wirklich: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:


In diesem Sinne
c

 

hallo chazar

Ich freue mich über deine positive Kritik. :)

normalerweise arbeite ich relativ lange an meinen Geschichten, bei dieser aber nicht. Ich hatte die Idee dazu tagsüber und habe sie dann sofort in einem Rutsch geschrieben, als ich nach Hause kam. Das ist davor erst einmal passiert, bei meiner ersten Geschichte, die ich auf kg.de veröffentlicht habe.

Ich wünschte, ich hätte öfter solche Geistesblitze ;)

Porcupine

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Porcupine!

Es ist faszinierend, wie dich deine Assoziationen zu solch bemerkenswerter Inspiration leiten. Tolle Geschichte und tolle Ideen ...

Du scheinst ausserdem, obwohl du nicht wirklich sehr viel sagst, genau das zu sagen, was wichtig ist, um sich eine detailreiche Vorstellung zu machen. Beneidenswert ... wenn du jetzt nicht mehr als 10 älter als ich wärst, dann würde ich auf der Stelle alle Hoffnung in meine Entwicklung verlieren:)

Toll, wirklich genial.

 

Hallo Xion

tut mir leid, ich habe deine Kritik zu meienr Geschichte erst jetzt bemerkt, die ist wohl irgendwie untergegangen :)

freut mich, dass die die GEschichte gefallen hat, aber zur Entwicklung muss ich sagen, auch wenn ich mehr als 10 jahre älter sein mag als du, schreibe ich noch keine 10 Jahre Geschichten ;)

Will ich dich damit entmutigen? Neeee!! Schreib einfach immer alle ideen auf, die dir einfallen und denk lange darüber nach, irgendwann kristallisiert sich was heraus (so mach ich das meistens, die Geschichte da ist eine ausname ) :)

Porcupine

 

Jetzt hat´s doch tatsächlich meine ganze Nachricht gelöscht!
Tja - man sollte bei größeren Antworten halt immer Zwischenspeichern, was? :)

Mit dem Japanisch ist das so eine Sache -

Wata(ku)shi bedeutet ich. Wobei Watashi lediglich eine Abkürzung für Watakushi ist und es im Japanischen eh nur mit einem einzigen Kanji geschrieben wird. Das Kanji dafür ist nett - es besteht aus dem Zeichen für Reis und dem Zeichen für "selbst". So als ob man Reis zum Leben braucht.
In Verbindung mit dem Possessivpartikel "no" wird Watashi natürlich zu "mein".
Tja - und der kare ist natürlich der Freund und weil er in diesem Fall so wichtig ist wird er mit "wa", dem Subjektpartikel, zu ebendiesen - dem Subjekt.

Falls man dem Titel noch den letzten Schliff geben wollte, dann sollte man ihn so schreiben:

Watashi no kare wa pailotto desu

Aber ich möchte niemanden belehren und davon abgesehen ist das ja auch gar nicht so wichtig. Das Wichtige ist die Geschichte.
Und die war sehr gut. Die Handlung ist relativ kurz und knackig - wer Sex mag, umso besser.
Ich muss Woltochinon in seiner Beurteilung Cindys zustimmen. Sie ist oberflächlich usw.

Was mich aber besonders interessiert, besonders deshalb weil ich selbst daran arbeiten muss, ist natürlich der Sprachstil.
Wenn ich ehrlich bin, dann gibt es für mich nur 2 schlimme Dinge, die ich normalerweise sofort dazu bewegen etwas wegzulegen, weil es mich einfach irgendwie ekelt. Das sind zum einen Texte in der Ich-Form und zum Anderen Texte im Präsens. Aber nachdem ich mich überwunden hatte und bereit war diese Doppelbelastung in Kauf zu nehmen hast du mich mit einer guten Geschichte überrascht.
Aber dennoch - ich weiß nicht.
Diese Stakkato-Stil.
"...", meint sie
"...", sagt er
"...", weint Cindy
Auch die anderen Sätze entsprechen weder meiner Vorstellung von einem guten Text.
Allerdings muss ich eingestehen, dass dadurch die emotionale Kälte Cindys gegenüber
"Kare-san" deutlich zum Ausdruck gebracht wird und hier gut in die Geschichte passt.

Oyasumi,
Dorianian

 

hallo Dorianian

Über den Titel wurde weiter oben bereits genug diskutiert, es hat alles seine Gründe warum der da so steht ;)

was mich aber überrascht, ist folgendes:

Wenn ich ehrlich bin, dann gibt es für mich nur 2 schlimme Dinge, die ich normalerweise sofort dazu bewegen etwas wegzulegen, weil es mich einfach irgendwie ekelt. Das sind zum einen Texte in der Ich-Form und zum Anderen Texte im Präsens.

Dich ekeln Schreibstile? ich weiss nicht, ob das eine Gute voraussetzung für Autoren ist. Das ist ja fast wie ein vegetarischer Metzger ;)

naja, freut mich, dass die die Geschichte trotzdem gefallen hat, vielleicht überwindest du dich ja mal und versuchst es auch.

grüße

Porcupine

 

Hallo Procupine

Tja-ja, ich will noch ein bisschen rummäkeln. Da haben deine Geschichte jetzt schon soviele Leute gelesen, und trotzdem verstecken sich da noch einige (Komma)Fehler darin.

...Bevor wir gehen, macht sie mir noch den...
...Als wir in dieser Nacht Sex haben, frage ich mich...
...Dies ist das Leben, dass ich gewählt habe...
...dass ihr Freund ein Pilot ist, und manche werden ...

Und da es unhöflich ist, sich nur über die Fehler auszulassen und nichts weiter dazu zusagen, hier noch ein inhaltlicher Kommentar:

Welches Wort bleibt mir jetzt noch zu sagen, das sich nicht schon in einen der vielen Beiträge wiederfindet (also, es gäbe da noch ein haufen Wörter, aber die sind alle negativ belastet und hier generell unpassend :) )
Uwes Empfehlung spricht regalfüllende Bände.

mfg Hagen

 

Wurde empfohlen, also dachte ich, lese ich doch mal.
Schließe mich den positiven Kritiken an und will mich da nicht weiter wiederholen.
Woran ich mich persönlich gestoßen habe ist die Freudin und die Beziehung der beiden.
Du liebe Güte! Das soll die Zukunft sein?
ER zieht aus um das Universum zu retten und SIE wartet auf IHN, wie einst Soldatenfrauen im 1. und 2. WK. SIE Ist ein weinerliches Häufchen, das einen starken Beschützer braucht? SIE ist zu dumm um zu verstehen, um den Versuch zu wagen es ihr zu erklären?
Ich hätte die Idee statt mit der Freundin mit einem Kind umgesetzt. Das eigene, Nichte/Neffe what ever.

 

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