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Wie ich gegen den Strom Gottes schwamm
Glaube. Was ist das schon?!
Das habe ich mich schon immer gefragt.
Ich hatte nicht wirklich Respekt vor glaubenden Menschen, auch wenn es viele verpönen mag, wenn ich dies sage.
Aber mal ehrlich. Glaube ist nur eine Vorstellung.
Wenn ich sagen würde, ich glaube an etwas anderes als Gott.
Ich glaube an Tytus. Mein eigener, spezieller Gott. Frei von mir erfunden. Würden die Leute mich nicht anstarren, als wäre ich ein Geschöpf aus einer anderen Welt?!
Aber wenn hundert Tausende Menschen auf diesem schönen Erdball nun an Tytus glauben würden, die Leute, die mich für ein fremdes Geschöpf hielten, würden mich hochachtungsvoll ansehen, für meinen Mut als junger Mensch, meinen Glauben so frei zu verkünden.
Nun, das war für mich das unglaublichste am Glauben.
Dass so viele Menschen so ernsthaft an etwas glauben, was genausogut der Phantasie eines übereifrigen Schreibers entsprungen sein könnte.
Aber meine leicht höhnische Ansicht des Glaubens hat sich etwas gewandelt.
In Richtung Bibel, nehme ich wohl an.
Aber nein, ich glaube immer noch weder an Gott noch an Tytus.
Ich war vor kurzem in einer Kirche.
Draußen hatte ich herum gealbert wie das junge Menschen eben so tun, aber sobald ich diesen magischen Raum betrat wurde ich ruhig, wie das versteckte Tal in mitten zweier Berge. Diese Kirche wirkte auf mich wie noch nie etwas zuvor.
Sie strahlte eine Überlegenheit aus, unglaublich. Ich war allein in der Kirche, nun ja zumindest fast.
Aber es kam mir so vor. Denn ich war eins mit mir und diesen zahlreichen Holzbänken links und rechts neben mir und den in der Sonne glitzernden Glasfenstern.
Ich kam zu einer Statue. Eine Frau hielt Jesus im Arm. Und Jesus strahlte einen solchen Frieden aus, dass ich mich fast hätte mit reißen lassen können.
In diesen Strom aus Hoffnung, Liebe, Glauben.
Aber als ich zum Altar schritt überkam mich ein ungutes Gefühl.
Ich spürte, dass ich nicht hierher gehörte.
Es ist schwierig zu erklären, aber es fühlte sich an, als läge etwas in der Luft. Etwas bedrohliches, herrschendes und doch zugleich weises. Ich meinte zu bemerken, dass jemand mich beobachtete. Gott?
Ich bemerkte die vielen Kreuze an der Wand über dem Altar. Diese scheinbar harmlosen, schlichten Holzkreuze. Lediglich ein kleiner Schmuck in dieser sonst so schmucklosen Kirche. Aber für mich war es in diesem Augenblick mehr als Schmuck. Das Kreuz wies mir die Richtung, in die ich denken sollte. Richtung Jesus und der Bibel. Eine Einbahnstraße der Gedanken, ohne Abzweigungen und am Ende eine hohe Mauer die besagte: Sackgasse. Ich kam mir eingeengt vor, ganz so, als verbiete mir jemand frei zu denken.
Als spuke ein Polizist in meinem Geist, der jedesmal das Stopp-Schild zog, wenn ich auch nur in die Nähe eines Gedankens kam, der bestritt, dass Gott existierte. Ich wendete mich vom Altar weg und genoss ein letztes Mal die positiven Seiten dieses ehrfurchtvollen Gebäudes, diesen schlummernden Frieden, spürte die Hand der Ruhe über mir, dann trat ich hinaus ins Freie.
Das erste was meine Lungen einsogen, war Freiheit.
Diese unbändige Freiheit meines Geistes und meines Herzens.
Ich habe die Freiheit an Tytus zu glauben, oder was auch immer meiner sprudelnde Quelle der Phantasie entspringt.
Ich sprach innerlich zu dem, an den ich gar nicht glaube.
Entschuldige Gott, ich bin ein hoffnungsloser Fall. Ich werde wohl nie zu dir finden. Aber ich verstehe nun was die Menschen an dir finden und begegne ihnen mit Respekt, zumindest denen, die ihre Religion nicht für Kriege und Elend missbrauchen. Aber weißt du Gott, mir sind Freiheit, mein eigener Wille und meine Unabhängigkeit wichtiger.
Vielleicht werde ich eines Tagen eines besseren belehrt, aber vorerst bleibe ich dabei, die kühle Luft, die nach Freiheit schmeckt, durch meine Lungen ziehen zu lassen, weiter durch meinen Körper, bis zu meinem Gehirn.
Dann begreife ich immer wieder, dass es das ist was ich will. Freiheit, völlige, unbändige Freiheit.