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Wunden lecken

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10.09.2016
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Wunden lecken

Seit zwölf Jahren und dreiundvierzig Nächten schreibe ich kurze Geschichten. Es war die Nacht des Geburtstages meines Vaters. Am Schreibtisch hielt ich fest, was mir wichtig erschien: wie die Freunde meiner Eltern miteinander gesprochen hatten, welche Gebärden und Gesten sie dabei machten, wie ich mir zwischen ihnen vorkam, was wir im Glas und auf dem Teller hatten, um welche Themen es ging und wie das Ausdruck einer speziellen Art von Bürgerlichkeit war. Seitdem helfen mir die Geschichten, über wichtige Dinge nachzudenken. Ich unterhalte mich mit mir selbst und hinterher liest es sich jemand durch und sagt etwas dazu. Aber das ist viel unwichtiger als das Selbstgespräch. Das Selbstgespräch ist alles. Nur nehme ich mir dafür kaum noch Zeit und eigentlich geht es mir auch viel zu gut, ich könnte es einfach für immer sein lassen, mich nur noch mit anderen Menschen unterhalten.

Stattdessen spiele ich am Laptop. Gerne fünfzehn Stunden am Stück, wenn ich Zeit habe. Nicht, dass ich es nötig hätte; es macht nur einfach Spaß zu vergessen, dass man schon über dreißig ist, sich unterm T-Shirt ein Bauch abzeichnet, gegen den man arbeitet, die Kinderstube noch leer, das Geld mittlerweile da ist – man eigentlich Besseres zu tun hätte, als sich der Illusion hinzugeben, nach dem Tod das Spiel einfach neu laden zu können. Und trotzdem schmeckt sie süß.

Die Bestandsaufnahme zeigt, es geht mir gut: Lehrer bin ich, in einer glücklichen Beziehung, habe eine Wohnung, habe zu essen. Andere Menschen halten viel von mir, niemand hasst mich, ich bekomme ihre Komplimente. Sie wollen Freundschaft, ein gesegnetes Miteinander, Zuarbeit, Unterstützung, Rat, Beistand, Trost, Gesellschaft – an Materiellem fehlt es ihnen nicht. Ich bin kein Zyniker, ich meine das ernst. Mein Leben ist so unfassbar glücklich, dass es mich langweilt.

Die eine Stimme sagt: „Spiele fünfzehn Stunden am Stück, lecke jeden Tropfen Endorphin, bevor die Langeweile wieder kickt.“ Die andere Stimme: „Du hast lang nichts mehr geschrieben. Vergeude deine Zeit nicht.“ Bin ich dann entzügig, fühle ich mich müde und leer. Nach ein, zwei Tagen ist es besser. Tut es mir leid um die verlorene Zeit, begebe ich mich auf die Suche nach ihr.

Also laufe ich zum Nachdenken zum Friedhof, um zu finden, was immer ich suche. Dort übers Grab beugt sich eine Frau, die ist vielleicht Mitte zwanzig. Ich setzte mich an einen der Brunnen, beobachte sie. Ihre Arme sind mit Muttermalen übersät. Ihre Finger geschwollen, auch das Gesicht, Schuppenflechte, so etwas. Sie trägt ein Stirnband. Vielleicht selbstgemacht. Ohne sie zu kennen, gebe ich ihr den Namen Magda und überlege, was sie hier wohl treibt, wessen Grab sie da wohl pflegt. In meiner Fantasie hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die überwucherten Grabstellen fremder Leute zu betreuen. Nicht wenig Zeit verbringt sie hier. Eines Tages fing sie plötzlich damit an: Unkraut jäten, neue Pflanzen setzen, den Grabstein von Moos befreien. Zu ihrer Verwunderung sprach niemand sie je darauf an, schien niemand sich daran zu stören, sich überhaupt dafür zu interessieren. Das Pflegen fremder Geister – so nennt sie es – wurde ihre Aufgabe. Ich nehme mir vor, später mehr über Magda nachzudenken, gehe weiter.

Am Ehrenmal der sowjetischen Kriegsgräberstätte steht ein Mann namens Uwe. Er ist vielleicht sechsundsechzig, so alt wie mein Vater. Er ist nur zufällig hier, war gerade in der Gegend, kannte den Friedhof vom Hörensagen. Folgendes gibt es über ihn zu erzählen: er hat eine Dauerkarte fürs Schwimmbad. Jeden Tag geht er dort hin, benutzt seit Jahren das gleiche Duschgel, das er für aktuell neunundsiebzig Cent beim Discounter kauft. Er bleibt in Form, lebt genügsam – außer wenn es um seine Kinder geht; denen gönnt er alles. Mit Anfang zwanzig studierte er in Berlin Publizistik, arbeitet seitdem als Journalist. Einen besseren Job gibt es für ihn nicht – so stillt er seinen Durst nach Wissen und Bildung und verdient sein täglich Brot. Vor Jahren hatte er Krebs, stellte sein Leben um, spritzt sich jeden Morgen vor dem Badezimmerspiegel Distelextrakt in den Bauch; das hat ihm ein Homöopath geraten. Weil es nicht schlimmer wurde, wirkte das Mittel scheinbar. Daran glaubt Uwe zwar nicht, aber das Ritual möchte er nicht aufgeben, wenngleich es ihn jeden Morgen ein wenig pikst. Ich nehme mir vor, später mehr über Uwe nachzudenken, gehe weiter.

Am Blumenwagen vor der Friedhofsfloristik entdecke ich Sabine. Sie ist etwa so alt wie Uwe, dreiundsechzig vielleicht, ihre Haare sind grau, nicht weiß. Sie wollte eigentlich nur schnell Erde kaufen für den Garten. Sie kennt die Betreiber. Ihr früher Renteneintritt überfordert sie nicht, sie hat schon immer gerne Zeit im Garten verbracht. Kein unendlicher Spaß, viel mehr Ausdruck ihrer Disziplin und kämpferischen Haltung angesichts des urwüchsigen, letztlich gleichgültigen Prinzips, das sie allen lebenden Dingen unterstellt. Neben der Gärtnerei gibt es für Sabine nur eine Sache, die sich richtig anfühlt: Unterwegssein. Das lässt sich schlecht mit ihren gärtnerischen Pflichten vereinbaren; doch manchmal würde sie am liebsten ins Auto steigen, einfach wegfahren, vielleicht für immer. Wenn nur Freunde und Familie nicht wären – der Garten, den sie pflegt und an dessen Wurzelwerk sie mehr hängt, als sie sich eingestehen möchte. Ich nehme mir vor, später mehr über Sabine nachzudenken, kehre zu Magda zurück.

Sie trinkt Limonade, sitzt an den Grabstein gelehnt. Ein Jahr ist es her, seit sie versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Paradoxerweise erinnert gerade der Friedhof sie nie daran. So kann sie weiter verdrängen, weshalb sie eigentlich hier ist, kann weiter so tun, als wäre es nur ein lustiger Einfall, sich um die Gräber fremder Leute zu kümmern. Ohne viel darüber nachzudenken, hat sie angefangen, eine neue Grabstelle anzulegen. Alles hat sie minutiös geplant. Nur nicht, wer sich um die Pflege kümmern wird. Ich nehme mir vor, nicht weiter über Magda nachzudenken, kehre zu Uwe zurück.

Der liest sich die Namen sowjetischer Kriegsopfer durch, denkt an andere Dinge. An die Angebote im Supermarkt, an seine Tochter und den Adoptivsohn, der ihn verehrt, und an die alten Freunde, die sich zu selten melden, immer eine Ausrede auf den Lippen. Dass manche von seiner strengen Art eingeschüchtert seien, hat seine Tochter gesagt; darüber grübelt er. Ich stelle mir folgende Situation vor: Magda und Uwe treffen sich. Magda überreicht ihm ein teures Duschgel mit den Worten: „Sie sind es sich wert.“
Uwe: „Ist das ein Werbeslogan?“
Magda: „Ich glaube, ja.“
Ich nehme mir vor, nicht weiter über Uwe nachzudenken, kehre zu Sabine zurück.

Sabine ist weg. Warum auch sollte sie den ganzen Nachmittag auf ihre Erde warten? Wahrscheinlich ist sie schon wieder im Garten. Jedenfalls denkt sie an ihre Tochter, mit der sie sich vor einem halben Jahr, drei Wochen und vier Tagen an ihrem Geburtstag zerstritten hat. Dass sie AFD wählen werde, hatte Marie gesagt, und dass sie und ihr Mann heiraten und sie nach Paunsdorf ziehen wollten. „Gut“, hatte Sabine quittiert, und bereits das hatte genügt, um einen Funken in das Pulverfass zwischen ihnen zu treiben. Marie war nicht mehr ans Telefon gegangen und zwei Wochen später bekam Sabine einen Brief, in dem Marie sich von ihr lossagte. Während Sabine Zucker in ihren Sechzehnuhrkaffee rührt – die frische Erde im Erdbeerbeet – überdenkt sie das Prinzip der Urwüchsig- und Gleichgültigkeit der Dinge. Vielleicht, so kommt es ihr nun vor, ist das Leben doch viel mehr von einem Gesetz der Progression, des Nachvornstrebens bestimmt. Ich nehme mir vor, nicht weiter über Sabine oder Magda oder Uwe nachzudenken, kehre nach Hause zurück.

Jetzt, da ich sie aufgeschrieben habe, kommen mir diese drei Porträts völlig wahllos vor. Vielleicht hätte ich doch lieber am Laptop spielen sollen, den Saft aus Schweiß und Endorphinen verkosten, bis das Verlangen nach Schlaf eintritt. Dieser Eindruck lässt mich an Selbstbestimmtheit und Sinn meines Schaffens zweifeln. Das Gerüst, das ich mir um die Spielsucht herum aufgebaut habe, würden andere als mein Leben bezeichnen. Gibt es denn außerdem kein Körnchen Wahrheit in mir?

 

Hallo @Carlo Zwei,

ein sehr ungewöhnlicher Text, bei dem ich mich zuerst gefragt habe, wo du damit hin willst, ihn dann aber als Momentaufnahme sacken lassen konnte. Am Anfang steht das Schwelgen in Erinnerungen, (habe selbst gerade vor Kurzem mal wieder alte Tagebücher gelesen und mir ging es ähnlich, ich hielt mich offenbar auch für unsterblich :D ) und dieses Gefühl, etwas verloren zu haben, das durch Süchte ersetzt wird, in diesem Falle Spielsucht. Das fand ich als Thema gut gewählt, weil dein Protagonist für mich ein Prototyp der heutigen Zeit ist. Alles läuft irgendwie, er muss um nichts kämpfen, könnte sein Leben genießen, aber ach ... er hat irgendwie den Kontakt zu sich verloren. Zumal es ja auch so viel einfacher ist, die Zeit im Internet zu vertrödeln oder sich in ein spannendes Spiel hineinziehen zu lassen, als selbst etwas machen zu müssen, das womöglich anstrengend wäre und nicht immer Spaß macht. Herrje, jetzt rede ich schon wie meine Mutter, aber ich denke tatsächlich, dass es oft auch an mangelnden Möglichkeiten des Zeittotschlagens liegt, weshalb man kreativ wird, schreibt oder liest. Selbst der Fernseher ist da oft schon ein Killer.
Aber zur Zeit meiner Mutter hat man nicht mal zum Zeittotschlagen Zeit gehabt, außer vielleicht zum Selbstgespräch, was aber auch wieder zur Sucht werden kann, vor allem, wenn es irgendwann in endloses Gemecker ausartet.
Also irgendwie lese ich hier heraus, dass da eine Vergangenheit verklärt wird (Tagebuch, Selbstgespräch), die es in der Form nie gegeben hat. Und wie ich halt so bin, hätte ich mir natürlich gewünscht, dass dein Prota irgendeinen Kontakt zu Sabine, Uwe oder Magda herstellt, aber das wäre eine andere Geschichte, und grundsätzlich geht es ja auch nicht darum, sondern um die Isolation, die hier beschrieben wird. Alle Figuren sind für sich, der Prota denkt sich eine Biografie für sie aus, die mir als Leserin einen Eindruck vermittelt, was das für Leute sein könnten. Für den Prota selbst scheint sich das aber wie eine Hausaufgabe anzufühlen, er ist jetzt mal wieder an der frischen Luft gewesen statt vorm Bildschirm zu hocken. Soweit mein Eindruck.


Ich möchte wissen, wovon ich geträumt habe, bevor ich mich gegen das Träumen entschied
Schön.

Manche vergleichen ihn mit dem von Nostalgie oder Schwärmerei, doch das ist ein Trick, um sich einreden zu können, er wäre billig zu haben.
Das habe ich jetzt mehrmals gelesen, aber verstehe es nicht. Der süße Geschmack ist billig zu haben, wenn man ihn mit Nostalgie oder Schwärmerei vergleicht? Hä? Es geht hier doch um Jugend, oder? Die süße Illusion unsterblich zu sein. Für mich hat das schon sehr viel mit Schwärmerei zu tun, aber billig finde ich das nicht. Auch Nostalgie hat für mich nichts Billiges, also keine Ahnung, wie das gemeint ist.


Und trotzdem schmeckt es süß
Vielleicht eher bitter-süß, denn er hat ja trotz allem ein schlechtes Gewissen dabei. Zumindest klingt es so, wenn er sagt, er baue sein Leben nur um seine Sucht herum.


Mein Leben ist so unfassbar glücklich, dass es mich langweilt
Auch ein schöner Satz.


Bin ich dann entzügig, zieht es mich hinab, spüre ich die Müdigkeit. Kopfschmerzen.
Aber entzügig ist er doch eher, wenn er nicht spielt, oder? Hier klingt es aber, als hätte er es übertrieben mit dem Spielen und kriegt deshalb Kopfschmerzen. Oder heißt es eher, dass er sich müde und leer fühlt, wenn er nicht spielt und ihm sein Leben sinnlos vorkommt? So ganz wird mir das hier nicht klar.


Duft nach Kräutern, Heu, säuerlichen Bohnen. Ein Momentum. So kehre ich zu Ritualen zurück, als wären sie nichts als der Käfig, den ich um die Spielsucht herum gebaut habe. Es tut mir weh, Mensch zu sein, all die flirrenden, hormongesättigten Tage mit den Fingern abzuzählen, bis ich wieder von vorn beginne.
Dieser Absatz ist mir zu schwülstig, sorry. Kräuter, Heu, säuerliche Bohnen, irgendwie verstehe ich das nicht. Und wieso sind die Tage hormongesättigt? Er fühlt doch eher gar nichts, oder? Außer, wenn er spielt. Ich dachte, das sei sein Problem. :confused:


Das Pflegen fremder Geister – so nennt sie es – wurde ihre Aufgabe.
Origineller Gedanke.


Keine Folter dieser Welt kann dir das Selbstgespräch nehmen;
Aber das Selbstgespräch könnte zur Folter werden.

Trotz Gemecker hat mir die Geschichte gefallen, weil sie ein Problem unserer Zeit aufgreift. Die Langeweile. Früher war alles besser stimmt auch nur bedingt, zu früheren Zeiten sowieso nicht, und in der Jugend des Protas wird es auch wieder Probleme gegeben haben, die er im Nachhinein verklärt.

Die Überschrift passt nicht so für mich, weil ich die Wunden des Protas nicht sehe, ich sehe nur, dass er etwas verloren hat, aber kenne den Auslöser nicht. Vergangene Zeit reicht für mich nicht als Auslöser, um seine Wunden zu lecken.

So, nun schick ich das Ding mal los.

Eine schöne Restwoche und liebe Grüße von Chai.

 

Seit zwölf Jahren und dreiundvierzig Nächten schreibe ich kurze Geschichten.

Das wäre meine attack sentence. Von da ab an ist alles möglich.

Ja, ein interessanter Text. Erster Absatz klang für mich nach einem Bachmannpreistext. Da sucht der Autor in den Text selbst hinein; aber das hast du gar nicht nötig.

Ich finde das deswegen gut gemacht, weil du hier zwei Ebenen paralell laufen lässt, das vollkommen sinnentleerte Leben mit Spiel, also die Ablenkung von allem, und das intensive Nachsuchen, Nachspüren von Leben, von Charakteren, von Fantasie, das Benutzen der Imagination, die Seele des Kreativen. Dabei machst du es so, dass du den Leser quasi aktiv dabeiseinlässt, du erschaffst aus diesem Vakuum in Echtzeit, so liest es sich ja. Das ist clever. Eine Erzählhaltung, die ich schon mal gelesen habe, aber mir fällt nicht ein, bei wem; auf jeden Fall sehr selten. Du betonst auch die Willkürlichkeit des Ganzen, so wie es dir eben eingefallen ist.

Ich würde widersprechen, dass das Gerüst "Leben" um eine Spielsucht aufgebaut ist. Ist sie das wirklich? Wenn ja, warum? Ich meine, wenn es wirklich so ist, kann man dann ein Leben überhaupt leben, ist man dann lebensfähig, zerbröselt nicht die Grundlage so langsam dahin? Ich kriege das Leben ansich, den Lehrerberuf, die Beziehung, in der man ja irgendwie funktionieren muss, mit der Sucht nicht zusammen. Der Grund der Sucht klingt aber sehr dubios: verfrühte Midlife-Crisis? Das ist mir zu einfach. Man könnte das ja auch umdrehen und sagen, wir leben jetzt das total nietzscheianische Leben; GERADE jetzt! GERADE jetzt den nächsten 4000er besteigen, den Ultra-Marathon, die Weltumsegelung. Dieses Versumpfen im Glück, weil das glückliche Leben langweilig ist, da steckt ein wenig eine martialische Haltung drin, denn die einfachste Lösung wäre ja, dieses Glück zu beenden, oder sich eine neue Form zu erkämpfen. Das ist der Grund, diese satte Langeweile, die Saturiertheit, warum sich Menschen entscheiden, plötzlich alleine im Wald zu leben oder Minimalist zu werden oder durch Afrika zu Fuß zu laufen. Weil man über dieses gleichförmige Leben verlernt, sich selbst zu spüren. Die Frage ist, ist das wahr? Oder ist das nur ein Selbstbetrug? So fühlen wie mit 15, 16, 17 werden wir auf keinen Fall mehr, das ist unmöglich, weil man Dinge zum ersten Mal tut und diese Unschuld ist vorbei, der Moment ist vergangen und man kann ihn nicht reproduzieren. Dieses süße Gefühl, dieser Geschmack, den nennt Jim Harrisson: Saudade. Da steckt dein Text fest, weil einerseits besteht die Erkenntnis, dass das Leben glücklich ist und das auch gut so ist, auf der anderen Seite gibt es als Alternative aber nur die Spielsucht, die ihm mit Endorphinen versorgt. Diese Endorphine reißen ihn aus der Langeweile, aber im Grunde bleibt er ja dennoch passiv: da finde ich, stimmt etwas nicht. Ich würde es aus der Logik des Textes zum Beispiel stringenter finden, wenn alle seine Figuren, die er porträtiert, ein absolut krasses Leben leben, totale Abenteurer sind, die eben GENAU das machen, was er nicht macht. Denn vielleicht ist sein Leben ja gar nicht wirklich glücklich, sondern nur scheinbar, er nimmt das als Glück an weil unsere westliche Gesellschaft dir das eben als Glück verkauft und wir so sozialisiert worden sind. Da hatte das ein anderes Gegengewicht, finde ich.

Ja, ein irgendwie auch paradoxer Text, der auf mehreren Ebenen abläuft und viele Fragen stellt, das ist nicht so direkt und gleich zu erfassen, was ich spannend finde.

Meine 5 Cents.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus Carlo,

der Text hat eine Wirkung, der ich mich nicht entziehen kann. Du brichst gewissermaßen mit vielen handwerklichen Dingen hier, tellst viel und im Grunde liest sich der Text wie ein Tagebucheintrag. Wunden lecken finde ich einen starken Titel und der passt hier auch. Man kann dem Text vorwerfen, dass er Banalitäten erzählt, und ich habe das zu einem gewissen Teil beim Lesen auch gemacht, aber dann meine Meinung geändert. Der Text erzählt gehäuft von Banalitäten/Alltäglichkeiten, aber was der Text insgesamt erzählt, ist keine Banalität. Ich bin ja kein Freund von Texten, die langweilig sind und dann kommt der Autor und sagt: Ja, genau diese Langeweile wollte ich zeigen! Hier funktioniert das mit Alltäglichem - du erzählst Alltägliches, aber was du insgesamt erzählst, fand ich tiefergehend. Ich fand es sogar so tiefergehend, dass ich es wahnsinnig deprimierend fand. Was ich positiv meine, denn ich denke, dass die Welt und unsere Existenz in ihrer Essenz genauso wunderschön wie fürchterlich deprimierend sind.
Und da bin ich auch schon beim Text. Ich kenne diesen Konflikt, den dein Prot hat, es ist ein existenzieller, wenn man so will, der die Frage stellt: Geht es mir gut in dieser Zivilisation? Ich glaube, dein Prot geht es katastrophal genauso wie es ihm äußerst gut geht. Jimmy hat das schon gesagt: Was heißt das eigentlich, wenn man in unserer Gesellschaft sagt: "Es geht mir gut"? Psychoanalytisch gesehen würde ich das als Implusion bezeichnen - wenn wir einen vollen Kühlschrank, gute Gesundheit, Partnerin und Job haben, sagen wir, auch innerlich vor uns selbst: Es geht mir gut. Aber gleichzeitig ist da eine innere Leere, eine Langeweile auch, die in der bürgerlichen Gesellschaft gerne als infantil verlacht wird, die einen aber im Kern treffen und sehr schmerzhaft sein kann. Das sehe ich bei deinem Prot. Er hat alles, was die materialistische Gesellschaft einem sagt, das man haben muss, damit es einem "gut geht": Liebesbeziehung, Job, Wohnung, Nahrung, Gesundheit. Aber er merkt, dass ihm etwas fehlt, etwas Existenzielles. So deute ich das zumindest. Dieses Existenzielle würde ich als Sinn bezeichnen, auch wenn der Begriff in der kapitalistischen Gesellschaft bereits gekapert und mit einem materiellen Sinn aufgeladen wurde ("sinnhaft ist, was Nutzen hat und Nutzen hat, was produziert"). Das äußert sich in der Spielsucht. Was sind Computerspiele? Im Grunde erlebst du dort die Abenteuer, bist der Held, wie es unsere Vorfahren als Jäger und Sammler in ihrem Leben gefühlt haben. Dein Prot fühlt Sinn beim Zocken - aber in einer Fiktion, aus dem sicheren Kämmerchen aus; Sucht ist ja immer, wenn ein großer Mangel auf den passenden Stoff trifft, der den Mangel erstmals ausgleicht.

Wir leben schon in einer verrückten Welt. Ich meine, man sitzt den ganzen Tag an einem Schreibtisch, um nach Feierabend ins Gym zu gehen und die Bewegungen nachzuahmen, die unsere Vorfahren auf dem Ackerfeld getan haben, damit wir nicht durchdrehen. Und anschließend zocken wir Computerspiele, um existenzielle Abenteuer zu erleben, die unsere Vorfahren auf der Hirschjagd oder sonstwo im Leben erlebt haben. Also, wir haben ein Leben mit und in der Natur abgelegt, für vermeindliche Sicherheit, aber wir werden arschunglücklich in dieser Sicherheit, etwas Existenzielles fehlt, unsere Gesellschaft hat nicht einmal Vokabeln dafür, für diesen Mangel, und dem gehen wir dann in Simulationen nach und simulieren das Leben von damals, um nicht in den Zustand zu kommen, den unsere Zivilistation Depression nennt. Ja, du siehst, der Text stößt ein wenig etwas bei mir an, haha. Das sind natürlich Themen, die mich beschäftigen, weil ich selbst Teil dieser Zivilisation bin und selbstverständlich Ähnliches empfinde und so einen diffusen Ruf in die Natur vernehme, weg von allem, weg von dieser Sicherheit, weg von diesem Gefühl der Sinnlosigkeit und der Entkoppelung von unserem oder meinem eigentlichen Wesen. Ich frage mich manchmal, ob Leute des Neolithikum oder davor, auch wenn sie meinetwegen nur 30 wurden, nicht das erfülltere Leben empfanden. Weil, ich meine, irgendwann beißen wir alle ins Gras, aber, wie das dein Prot so schön einfängt, wir halten uns für unsterblich weil wir ein bisschen Penicillin haben und Lebern transplantieren können, und ich denke, dein Prot verleugnet vielleicht nicht mehr das Älterwerden, aber das Sterben an sich, wie das auch insgesamt in der westlichen Kultur auf eine absurde Weise verleugnet wird.

Also, ich hoffe, mein Geschwurbel hat ein wenig Impact für dich. Du siehst, du hast etwas angesprochen bei mir. Ich bin kein Fan davon, das Telefonbuch (gibt es das überhaupt noch haha) zu intellektualiserieren oder Autoren, die ich persönlich mag, Honig um die Tastatur zu schreiben, aber ich finde in der Kernaussage triffst du hier sehr schön das Unbehagen in der Kultur, es ist Allgemeinen ein sehr psychoanalytischer Text, erinnert mich an das, was als Sonntagsneurose bekannt ist oder was Fromm über den passiven Mensch und die moderne Langeweile sagt.

Ein kurzer abschließender Gedanke, aber ich möchte nicht klingen, als würde ich glauben, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ich bin ja selbst ein Suchender. Ich denke, das Gegengift zum Gefühl des Sinnlosen ist tatsächlich die Konfrontation bzw. das Näherkommen zum Tod. Deswegen vitalisiert es Bürokräfte, wenn sie Bungee Jumpen, Segeln oder meinetwegen Ski fahren gehen. Man begegnet der eigenen Sterblichkeit zumindest aus einer näheren Distanz, und entkommt ihr wieder. Weil man dem Tod ein Stück weit begegnet ist, fühlt man das Leben wieder. Deswegen - ich trenne hier klar Autor von Prot - würde ich dem Prot raten, Tätigkeiten im echten Leben auszuleben, die er in seinen Games auslebt - wenn sie einen gewissen Risikofaktor haben und einen ein Stück weit an die eigene Sterblichkeit heranführen, umso besser, das revitalisiert! :D Ja, genug geschwafelt. :D

Beste Grüße
zigga

 

Hey @Chai ,

danke für deinen Besuch. Wenn ich mich mal revanchieren kann, schreib mir gerne PN. Würde auch gerne mal wieder was von dir in die Finger bekommen. Dein Kommentar (gestern gelesen) hat mich noch mal anders über meinen Text nachdenken lassen. Ich war auch drauf und dran, den Titel in 'Langeweile' zu ändern. Ich kenne das auch von meiner Mutter, diese 'Weisheit'(?), dass Kreativität und Langeweile zusammenhängen. Rousseau hat das, glaube ich, auch prominent behauptet. Heute habe ich über die Verbindung, die du da siehst, auch immer wieder nachgedacht. Es ist leicht, sich abzulenken – und klar, auch Ablenkung in Form von Spielen kann 'kreativ' sein, wenngleich sicher selten nachhaltig. Es ist schwierig aus dieser Spirale aus Gemütlichkeit auszubrechen, man muss dann schon kreativ sein wollen – und dann geht es auch. Es gibt von Red Hot Chilly Peppers den Song Throw Away Your Television. Daran musste ich denken als ich deinen Kommentar gelesen habe. Und auch: MGMT – Your Life is a Lie.
Das mit der Verklärung einer Vergangenheit habe ich nicht so beabsichtigt, finde es deshalb interessant, dass du es so liest. Steckt da natürlich drin; ohne die Wertschätzung gegenüber diesem Gefühl, was da heraufbeschworen wird, würde dem Text sicher ein Stück weit seine Motivation fehlen. Und trotzdem ist das, glaube ich, nicht ganz das, worauf ich hinauswollte. Ich denke, in diese Kerbe schlägt auch Folgendes:

Das habe ich jetzt mehrmals gelesen, aber verstehe es nicht. Der süße Geschmack ist billig zu haben, wenn man ihn mit Nostalgie oder Schwärmerei vergleicht? Hä? Es geht hier doch um Jugend, oder? Die süße Illusion unsterblich zu sein. Für mich hat das schon sehr viel mit Schwärmerei zu tun, aber billig finde ich das nicht. Auch Nostalgie hat für mich nichts Billiges, also keine Ahnung, wie das gemeint ist.

Das muss ich noch mal schärfen. Es geht mir darum, dass der Erzähler behauptet, es gäbe noch etwas jenseits von Nostalgie und Schwärmerei. Etwas, dass sich ähnlich anfühlt, aber ganz anders gestrickt ist. So wie man irgendwann verlernt, was eine Sache ist, wenn man ihr einen Namen gibt. Ein vielleicht doofes Beispiel: die Farben Blau und Grün. In unterschiedlichen Kulturen sind damit unterschiedliche Dinge gemeint. Insofern ist das Umschreiben eines Dings immer auch ein Verlust von etwas. Und diese gefühlten Dinge dann im Nachhinein mit 'Nostalgie' o. ä. zu bezeichnen, ist irgendwo schon eine Art Verlust – auf diese Behauptung des Erzählers wollte ich hinaus.

Und trotzdem schmeckt es süß
Vielleicht eher bitter-süß, denn er hat ja trotz allem ein schlechtes Gewissen dabei. Zumindest klingt es so, wenn er sagt, er baue sein Leben nur um seine Sucht herum.

Hatte ich auch drüber nachgedacht, aber verworfen, weil das ja eigentlich klar wird.

Bin ich dann entzügig, zieht es mich hinab, spüre ich die Müdigkeit. Kopfschmerzen.
Aber entzügig ist er doch eher, wenn er nicht spielt, oder? Hier klingt es aber, als hätte er es übertrieben mit dem Spielen und kriegt deshalb Kopfschmerzen.

Ja, das mit den körperlichen Symptomen ist vielleicht etwas übertrieben. Wahrscheinlich ist es besser, das so darzustellen, wie du meinst: müde, leer.

Duft nach Kräutern, Heu, säuerlichen Bohnen. Ein Momentum. So kehre ich zu Ritualen zurück, als wären sie nichts als der Käfig, den ich um die Spielsucht herum gebaut habe. Es tut mir weh, Mensch zu sein, all die flirrenden, hormongesättigten Tage mit den Fingern abzuzählen, bis ich wieder von vorn beginne.
Dieser Absatz ist mir zu schwülstig, sorry. Kräuter, Heu, säuerliche Bohnen

:lol: Lass mich doch mal ein bisschen in die Gourmet-Ecke entschwinden, hehe.
Ja, ich denke drüber nach. Ich weiß, was du meinst. Fand es aber wichtig, dass zwischendurch auch mal wieder ein bisschen Sinne angesprochen werden.

Und wieso sind die Tage hormongesättigt?

Es gibt für mich einige Stellen im Text, die sehr 'transfer-intensiv' (nenne ich das jetzt mal) sind. Die auch bewusst Dinge offen lassen. Für mich sind die hormongesättigten Tage Tage von Pubertät, Jugend, Adoleszenz und jungem Erwachsenenalter. Eine Art Allegorie.

Es hat mich selbstredend gefreut, dass du an die Story anknüpfen konntest und mir so viel dazu geschrieben hast. Ich habe, wie gesagt, heute noch mehrmals über deine Einordnung nachgedacht. Danke dafür!

Warum ich den Titel (noch) nicht geändert habe: Das ist ein großer Eingriff und ich glaube, da sollte man – auch im Sinne der WK-policy – sparsam mit umgehen. Jetzt schreibt Zigga, er findet den gut. Gestern wollte ich dir sofort zustimmen, jetzt bin ich schon wieder beeinflusst :D
Der Titel hat auf jeden Fall eine Assonanz die mich stört. Das liegt an dem Wort 'lecken'. Allerdings ist das insgesamt ja fast schon ein konkreter Begriff aus dem Tierreich und darin so eine Art Metapher für sich. Verstehe aber auch, dass diese Metapher für dich im Text wenig belegt ist. 'Langeweile' fänd ich nach wie vor eine gute Alternative. Ich lass das mal sacken.

Tausend Dank dir für den sehr guten Kommentar!
Viele Grüße
Carlo

 

Stattdessen spiele ich am Laptop.

Ist das so,

lieber Carlo,

dass eine Maschine (Mit-)Spielen kann - denn bestimmt nicht schon ein Spiel-zeug eher das Spiel als der Spieler?

Die Regel/n bestimmt/bestimmen, deren es sicherlich auch im „freien“ Spiel (und allgemeiner: einer freien Gesellschaft) bedarf, um nicht ein beliebiges so oder so zu werden, wie ja auch schon der Wasserfloh mal hier- und mal dorthin hüpft.

Ist nicht eher das kleine Kind in seinen suchenden und tastenden Bewegungen bereits näher am „freien“ Spiel als ein Regel-gebundenes Mensch ärgere dich nicht? (ausführlicher bereits unter https://www.wortkrieger.de/threads/...r-marcuse-lanier-„der-eindimensionale-mensch“.

Flusenlese

Schon der Einstieg entscheidet sich gegen die Einheit der Zeitenfolge

Ich möchte wissen, wovon ich geträumt habe, bevor ich mich gegen das Träumen entschied.
(Im Traum wäre freilich alles möglich ...)

Damals glaubte ich an Erstaunliches, meinte wirklich einen Weg gefunden zu haben, der Zeit zu entrinnen.
eher entbehrlich, finde ich

Für unsterblich habe ich mich gehalten, konnte mir nicht vorstellen, wie es wäre, zu altern.
Warum Konj. irrealis, allein wen die Götter lieben bleibt jung ... konserviert in der Erinnerung.

Wirst du älter, sei dankbar, dass du wenigstens etwas davon fühlst.
Ich denk mal, jeder fühlt den Alterungsprozess und solange es beim Fußpilz bleibt, schmeckt mir auch noch’n Pils.

Seit zwölf Jahren und dreiundvierzig Nächten schreibe ich kurze Geschichten.
Hältst und führstu Buch darüber? Ich war im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt bis die Arbeitswelt mich nach zwei Studienabschlüssen endgültig einholte – und – natürlich nicht zu verschweigen - eine Geburt. Hier erzähl ich in den Geschichten aus Be-Erde (= BRD) darüber.

Ja und beim Lehrer

..., es geht mir gut: Lehrer bin ich, …
hätt ich auch werden sollen – wenn meine Eltern sich nicht für mich, sondern für den Ratschlag des Klassenlehrers (Realschule) entschieden hätten. Jetzt hab ich zwo Berufe (Chemielaborant und Industriekaufmann) und zwo Studienabschlüsse und Reichtum interessiert mich immer noch nicht – wohl aber schon mal die eine oder andere Blockade auf einer Kreuzung ....

Und wenn ich es richtig verstehe

Sie wollen Folgendes: Freundschaft, ein gesegnetes Miteinander, Zuarbeit, Unterstützung, Rat, Beistand, Trost, Gesellschaft –
ist da ja nix anderes als „Nächstenliebe“ – die ja auch den Fernsten treffen kann … wie eben bei der Beobachtung auf dem Friedhof („Magda“lena?, NT)

Und dann doch noch was – wenigstens ’n bissken mosern:

Vor Jahren hatte er Krebs, stellte sein Leben um, spritzt sich jeden Morgen vor dem Badezimmerspiegel Distelextrakt in den Bauch; das hat ihm ein Homöopath geraten. Weil es nicht schlimmer wurde, funktionierte das Mittel scheinbar.
Das Wort „funktionieren“ ist ein eher technischer Begriff und kam mit der industriellen „Revolution“ und der Sprache der Ingenieure in den Alltag und ist eine Ableitung der Funktion als Aufgabe/Wirkungsbereich/Amt und als Verb verrichten/vollziehen (ausführlicher vgl. https://www.dwds.de/wb/funktionieren). Ich denk zudem, dass die Nutzung eines Distelextrakts keines Studienabschlusses braucht ...

Darüber fällt mir ein, dass Du hierorts schon über die Arbeit auf dem Friedhof erzählt hast ...

Wie dem auch sei - wie immer

gern gelessen vom

Friedel

 

Hey @jimmysalaryman ,

vielen Dank für deinen Besuch, deine Zeit, den Kommentar. Fand ich wertvoll, hat mich zum Nachdenken und Überarbeiten angeregt.

attack sentence

und wieder ein neues Lieblingswort :D schön. Hab ich jetzt tatsächlich genommen und entsprechend auch den Titel angepasst. Der Text ist jetzt sehr on point darauf zugeschrieben, hat vielleicht etwas Essayistischeres, was er vorher vom Charakter her sicher auch schon hatte. Wie liest sich das? Passt das?

Ansonsten freut mich, dass du mit dem Text bzw. der Erzählhaltung was anfangen konntest. Das sind definitiv Themen, die mir am Herzen liegen. Diese große, erste Frage: wozu eigentlich schreiben? Was ist das im Kern? Ist ja im Text auch eine Selbstvergewisserung für den Erzähler; das, was er da von sich gibt. Für ihn definitiv etwas Existenzielles, was dem zugrunde liegt.
Ich habe selbst am Anfang meines Interesses fürs Schreiben ernsthaft Fantasy und solche Dinge machen wollen. Einfach nur weil ich die Vorstellung toll fand, mir so einen eigenen Spielplatz im Kopf aufzubauen. Aber es kristallisiert sich dann ja schon heraus, was man eigentlich wirklich schreiben will bzw. 'muss' (wenn man sein tiefliegendes Interesse am Schreiben erfüllen will).

Ich würde widersprechen, dass das Gerüst "Leben" um eine Spielsucht aufgebaut ist.

Es ist ja eine Übertreibung . Vielleicht aber muss ich auch klarer machen, dass es um so etwas wie Lebensmotivation/-motor geht. Trotzdem hast du mit dem Widerspruch natürlich auch recht. Ist ja irgendwo schon auch Unsinn, keine wirkliche Säule, die ein Leben trägt.

Deinen Vorschlag, das mit Figuren zu kontrastieren, die sich aus der Krise ins Abenteuer stürzen, finde ich gut. Aber könnte auch zu einer ganz anderen Story führen (bin mir da nicht so sicher) – werde ich vorerst mal nicht umsetzen, würde sich auch denkbar schwer gestalten, schätze ich. Hier geht es ja auch darum, dass sich in den Figuren letztlich der Erzähler widerspiegelt, was dann auch wieder diese Ebene des Selbstgesprächs, Mitsichselbstsprechens trägt.

Danke für diese sehr wertvollen 5 Cents :-)

Viele Grüße
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

Bester @zigga ,

ganz vielen Dank für den inspirierenden Kommentar, konnte mir aus deinem „Geschwurbel“ (hast du so genannt :D ) sehr viel für mich und die Story mitnehmen. Danke!

Du brichst gewissermaßen mit vielen handwerklichen Dingen hier, tellst viel und im Grunde liest sich der Text wie ein Tagebucheintrag

Ja, da hat es mich mal wieder geritten. Ich denke, das ist ja mittlerweile gar nicht mehr sooo unkonventionell. Aber ich freue mich immer über die Freiheit, das Format aufzubrechen, wenn es gerade passt bzw. sich richtig anfühlt.

Wunden lecken finde ich einen starken Titel und der passt hier auch.

Danke! Tja, dennoch ist er jetzt raus. Was hältst du von dem neuen Titel und dem Weglassen des ersten Absatzes? Habe das auf verschiedene Anregungen hin so angepasst. Meiner Meinung nach ist der Text schlanker und mehr on point. Aber vielleicht fehlt ihm auch was Wichtiges(??)

Ich kenne diesen Konflikt, den dein Prot hat, es ist ein existenzieller, wenn man so will, der die Frage stellt: Geht es mir gut in dieser Zivilisation?

Ja, das schwingt da so mit. Bzw. steht ja hier auch „das gute Leben“ infrage, weil es dich laut Erzähler von der Suche, Kreativität und dem damit verbundenen Lebensgefühl abbringen kann. Ich sehe das nicht so eng. Glaube wirklich, dass beides Glück bedeuten kann. Aber persönlich möchte ich das Schreiben in meinem Leben auch nicht missen

Dein Prot fühlt Sinn beim Zocken - aber in einer Fiktion, aus dem sicheren Kämmerchen aus
Sucht ist ja immer, wenn ein großer Mangel auf den passenden Stoff trifft, der den Mangel erstmals ausgleicht.

Gut analysiert, finde ich. Das Krasse ist ja bei Spielen auch die kurze Belohnungskurve. Das Leben funktioniert ja auf vielen Ebenen ganz ähnlich wie ein Spiel. Nur dass Belohnung zum Beispiel viel längerfristiger organisiert werden muss. Dafür ist sie oft nachhaltiger. Wie eine gute Vollkornstulle besser ist als ein paar schnelle Cini-Minis :-)

Ich frage mich manchmal, ob Leute des Neolithikum oder davor, auch wenn sie meinetwegen nur 30 wurden, nicht das erfülltere Leben empfanden.

Steile These wäre das. Ich glaube allerdings, dass das nicht so ist. Nicht mal ansatzweise. Aber das ist vermutlich eine ebenso steile These. Komfort, Bildung, Gesundheit, Verfügbarkeit diverser Güter, Mobilität - das sind schon große Qualitätsfaktoren, denke ich. Ich verstehe den Punkt. Aber ich denke, das Sicherheitsbedürfnis ist der tiefliegendste und primäre Motivator, deshalb.

wie das dein Prot so schön einfängt, wir halten uns für unsterblich weil wir ein bisschen Penicillin haben und Lebern transplantieren

Habe die Stelle rausgenommen (erster Absatz). Würdest du sagen, sie fehlt sehr? Der Punkt dieser empfundenen Unsterblichkeit ist mir schon auch wichtig, vielleicht müsste ich den nochmal andernorts im Text integrieren. Was meinst du?

das Sterben an sich, wie das auch insgesamt in der westlichen Kultur auf eine absurde Weise verleugnet wird

Da sprichst du auch was an … gerade vor dem Hintergrund der christlichen Theologie. Und zumal halt auch, wenn man noch in der frühen Jugend steckt; da wirkt der Tod einfach noch ziemlich fern. Noch krasser natürlich als Kind. Ich habe mich immer wie so ein Ash Ketchum (Pokemon) gefühlt - auserwählt und dazu bestimmt, alle Pokemon zu fangen und der beste Trainer aller Zeiten zu werden heheh

ich finde in der Kernaussage triffst du hier sehr schön das Unbehagen in der Kultur, es ist Allgemeinen ein sehr psychoanalytischer Text, erinnert mich an das, was als Sonntagsneurose bekannt ist oder was Fromm über den passiven Mensch und die moderne Langeweile sagt.

Cool, dass das bei dir so rüberkommt. Ja, ich versuche meistens mich nicht zu sehr von den Worten führen zu lassen (das verselbstständigt sich dann allerdings meistens), sondern immer noch mal zu fragen, was die Skizze zu meiner Story, auf die ich mich beim Schreiben beziehe, im Kern aussagt, also ja, auf einer analytischen Ebene.

Ich denke, das Gegengift zum Gefühl des Sinnlosen ist tatsächlich die Konfrontation bzw. das Näherkommen zum Tod

Das ist ein sehr schöner Gedanke, finde ich. Ich glaube auch, dass das stimmt. Im Kleinen kennt man das ja auch gut. Allein das Gefühl, das ein etwas abenteuerlicherer Urlaub bei dir hinterlassen kann (viele Grüße übrigens vom Gate am BER :D )

würde ich dem Prot raten, Tätigkeiten im echten Leben auszuleben, die er in seinen Games auslebt - wenn sie einen gewissen Risikofaktor haben und einen ein Stück weit an die eigene Sterblichkeit heranführen, umso besser, das revitalisiert!
:D

Ja, hier gilt das ähnlich. Wirklich ein guter Gedanke. Gebe ich mal beizeiten an den Prot weiter, heheh …

Danke nochmal für den tollen Kommentar und bis ganz bald!

Carlo

 

Ich lese deinen Text als die Reflexion eines erwachsenen Menschen über seine Suche nach einem vergangenen Weltgefühl von Jugend und Kindheit. Einer Art Unbeschwertheit, einer Art Glück, das nicht erkämpft und nicht festgestellt wird ("Bestandsaufnahme") sondern vielleicht einfach da ist. Beziehung, Beruf, die Pflege seiner Freundschaften, sie sind das Ergebnis einer erwachsenen, bewussten Handlung und Entscheidung. Aber mit jedem Schritt, den dieser Mensch in diesen objektiv messbaren Zustand erwachsenen Glücks unternommen hat, verliert er die Fähigkeit des glücklichen Sehens seines jugendlichen Ichs. Was mir außerordentlich gefällt, ist dieser bruchlose Bruch, den dein Text skizziert - Kindheit, Jugend einerseits, andererseits aber nicht als Gegensatz geschrieben, sondern im Erzähler selbst vereint. Das finde ich sehr, sehr stark, diese Bindung in glatter Form zweier Antipoden und schafft, finde ich, eine hohe Authentizität und Menschlichkeit deines Erzählers. Irgendwo ein Suchender nach Emotion, nach Glück, nach einer speziellen Perspektive, die mal war, die scheinbar nie wiederkehrt. Da ist der Versuch, die fünfzehn Stunden am Laptop als eine Art Kindheitsversunkensein zu identifizieren, einfach nur erbärmlich. Das fühlt er selbst, glaube ich, dein Erzähler, indem er von Endorphin spricht, von einer simplen neurochemischen Reaktion, funktional und charakterlos, wenn er dieses Versunkensein im Spiel als verloren bewertet.

Aber dann geht dein Erzähler spazieren, beobachtet Menschen. Ich hatte den Eindruck, dass er die Namen, die Lebensläufe, die Gründe, warum sie sich dort und dort aufhalten, erfindet. Er schöpft jetzt aus der Phantasie, diesem bunten Hingeben seiner Gedanken, die eben nicht einem Ziel und einem Plan folgen, sondern dahinfließen wie bunter Sand aus einem Föhngerät. Vielleicht, so mein vages Gefühl, liegt darin auch die melancholische Tragik deines Erzählers. Eigentlich hat er doch dieses Kindheit in sich, aber er erkennt es nicht. Er sieht das Kind vor lauter Jahren nicht. Eigentlich ist doch dieses Kindheit leicht herstellbar. Er braucht keine Methode, um zu erfinden. Er geht spazieren, himmel, die simpelste aller simplen Tagesbeschäftigungen. Kind-Ich, Erwachsenen-Ich, nunja, dein Text verschiebt sich zum Ich.

So meine Lesart deines Textes.

Ausgehend davon zwei, drei Punkte, was ich wiederum streichen würde:

- Schreiben. Mir wird nicht ganz klar, was Text, Schreiben, Selbstgespräch, das Betonen des Formulierens der eigenen Gedanken in lineare Zeichen für die Identität deines Erzählers bedeuten. Es ist ja mehr ein Text, der in einem flüchtigen Augenblick eines großes, weitreichendes Lebensgefühl einfängt. Das macht ja dein Erzähler durch den Text selbst und nicht durch einen bewussten, schriftstellerischen Akt. Ich als Leser bin an deinem Text dran. Ich lese nicht den Autor @Carlo Zwei , sondern die Denke des Erzählers. Ist das ungefähr verständlich? Für mich ist dein Text kein Text über das Schreiben. Es ist ein Text über das Denken eines Gefühls.

- Letzter Satz. Den würde ich streichen. Er verletzt die Flüchtigkeit der unscharfen Eingebungen deines Erzählers. Es ist ein Satz, der schreit, das kursive Noch, das ist ein blöder Wille, etwas sein zu wollen (meiner Ansicht nach). Er setzt dieses ganze Schriftstellermotiv derartig laut in den Text, das passt einfach nicht (Geographischer Insider: Kennst du die B2-Brücke im agra-Park, Markkleeberg? GENAU SO ETWAS MEINE ICH). Aber okay, das ist meine Ansicht.

- Titel: Ich finde, dein Titel bleibt zu nüchtern und beschreibend. Ein Selbstgespräch kann jeder bei anderen Menschen feststellen. Auch ein inhaltsloser Begriff, wo doch ein Text auf Inneres, Emotionales abzielt. Ich fände einen Titel passender, der diese Hinwendung zur Kindlichkeit, zur Perspektive, skizziert. Nicht einfach, da etwas zu finden, auch ich bin über ein profanes "Hinwendung" nicht hinausgekommen. "Spiel, suchend", vielleicht sowas. Keine Ahnung.

Ich finde deinen Text sehr, sehr gut. Erinnert mich ein bisschen ein Judith Herrmann, (Sommerhaus, später), schon etwas älter, aber Kurzgeschichten, in denen sie mit dieser glatten, leicht verständlichen, allgemeinen gehaltenen Poetik das Lebensgefühl Endzwanziger/Anfangdreißiger beschreibt. Ich habe in Späteres von ihr hineingelesen, aber das wirkte auf mich hart am Zeitgeist durchlektoriert.

lg

 

Treuster Freatle (@Friedrichard ),

ist mir wie immer eine große Freude und Ehre, einen Kommentar von dir unter meiner Story zu lesen. Für mich sehr schöne Gedanken zum Text.

dass eine Maschine (Mit-)Spielen kann - denn bestimmt nicht schon ein Spiel-zeug eher das Spiel als der Spieler?
dass eine Maschine (Mit-)Spielen kann - denn bestimmt nicht schon ein Spiel-zeug eher das Spiel als der Spieler? Die Regel/n bestimmt/bestimmen, deren es sicherlich auch im „freien“ Spiel (und allgemeiner: einer freien Gesellschaft) bedarf, um nicht ein beliebiges so oder so zu werden, wie ja auch schon der Wasserfloh mal hier- und mal dorthin hüpft. Ist nicht eher das kleine Kind in seinen suchenden und tastenden Bewegungen bereits näher am „freien“ Spiel als ein Regel-gebundenes Mensch ärgere dich nicht?

Haben wir ja schon mal andernorts diskutiert, wie ich noch mal nachgelesen habe :-)
Finde das ein paar sehr treffende und auch schöne Gedanken. Mir wäre es auch lieber, der Begriff wäre für solche entdeckerischen, kognitiv entwickelnden Tätigkeiten besetzt. Und was spricht dagegen, ihn dahingehend umzudeuten bzw. ihn ja eventuell auch ein Stück weit für diese Idee zurückzugewinnen. Im Text selbst habe ich es jetzt noch mal versucht, es aber wieder verworfen. Es ändert innerhalb dessen nur wenig, weshalb ich dahingehend vorerst nichts umstellen möchte. Aber man könnte diesen Aspekt schnell zu einem eigenständigen Thema aufbauen, denke ich.


Link ging irgendwie nicht. Habs dann aber gefunden. Kannte es ja auch bereits.
Schon der Einstieg entscheidet sich gegen die Einheit der Zeitenfolge
Ich möchte wissen, wovon ich geträumt habe, bevor ich mich gegen das Träumen entschied.
(Im Traum wäre freilich alles möglich ...)

Der erste Absatz ist momentan raus. Trotzdem will ich auf deine Anmerkungen eingehen.
Weiß, muss ich gestehen, gar nicht mehr so genau, weshalb. Habe ich hier tatsächlich Perfekt und PQP vertauscht? Sonst würde es auch Sinn ergeben vom Präsens ins PQP und dann ins Perfekt zu wechseln. Das wollte ich ganz ursprünglich machen. Keine Ahnung, was da genau schief gelaufen ist.

Damals glaubte ich an Erstaunliches, meinte wirklich einen Weg gefunden zu haben, der Zeit zu entrinnen.
eher entbehrlich, finde ich

Das „an“ finde ich nicht entbehrlich. Meint ja sonst etwas anderes. Wenn ich „an Erstaunliches glaube“, sind das eigene Überzeugungen. Wenn ich „Erstaunliches glaube“ schwingen da noch Leichtgläubigkeit und fremde Ideen mit.
Beim „wirklich“ gehe ich aber mit.

Für unsterblich habe ich mich gehalten, konnte mir nicht vorstellen, wie es wäre, zu altern.
Warum Konj. irrealis, allein wen die Götter lieben bleibt jung ... konserviert in der Erinnerung.

Wenn man die Perspektive bedenkt, ergibt es schon Sinn. Ich weiß nicht, ob man den Konjunktiv zwingend entsprechend der Wirklichkeit anwenden muss respektive ob eine Perspektive, in der etwas als irreal aufgefasst wird, grammatikalisch Gewicht haben und entscheiden kann.

Wirst du älter, sei dankbar, dass du wenigstens etwas davon fühlst.
Ich denk mal, jeder fühlt den Alterungsprozess und solange es beim Fußpilz bleibt, schmeckt mir auch noch’n Pils.

Heheh. Ja, der Satz war auch etwas seltsam offen gehalten …

Seit zwölf Jahren und dreiundvierzig Nächten schreibe ich kurze Geschichten.
Hältst und führstu Buch darüber? Ich war im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt bis die Arbeitswelt mich nach zwei Studienabschlüssen endgültig einholte – und – natürlich nicht zu verschweigen - eine Geburt. Hier erzähl ich in den Geschichten aus Be-Erde (= BRD) darüber.

B-Erde :D

Nein, keine Buchführung übers Schreiben. Man muss ja auch überlegen, wo man die Zäsur setzt. War es jetzt der erste Tagebucheintrag, das erste Gedicht, der erste (selbstzufriedenstellende) Text, die erste Veröffentlichung oder was ganz anderes?

Ja und beim Lehrer
..., es geht mir gut: Lehrer bin ich, …
hätt ich auch werden sollen

Bist es ja irgendwie (sicher) trotzdem geworden, oder?:)
Ich jedenfalls hab von dir ein paar Dinge gelernt, die ich in der Schule verpasst habe.

Und wenn ich es richtig verstehe
Sie wollen Folgendes: Freundschaft, ein gesegnetes Miteinander, Zuarbeit, Unterstützung, Rat, Beistand, Trost, Gesellschaft –
ist da ja nix anderes als „Nächstenliebe“ – die ja auch den Fernsten treffen kann

Das stimmt. Spannend, wie unpersönlich Nächstenliebe ausgelegt werden kann :0

wie eben bei der Beobachtung auf dem Friedhof („Magda“lena?, NT)

Du bist der Meister der Sinnentnahme, wenn es um Namen geht :D
Irgendetwas muss ich richtig machen, dass es immer so gut passt, obwohl ich Namen zu 50% intuitiv wähle; was natürlich auch impliziten ästhetischen Entscheidungen folgt.

Und dann doch noch was – wenigstens ’n bissken mosern:
Vor Jahren hatte er Krebs, stellte sein Leben um, spritzt sich jeden Morgen vor dem Badezimmerspiegel Distelextrakt in den Bauch; das hat ihm ein Homöopath geraten. Weil es nicht schlimmer wurde, funktionierte das Mittel scheinbar.
Das Wort „funktionieren“ ist ein eher technischer Begriff

Geändert. Danke!

Darüber fällt mir ein, dass Du hierorts schon über die Arbeit auf dem Friedhof erzählt hast ...

Stimmt allerdings. Kennst du Foucaults Radiovorträge zu den „Heterotopien“ (Andersorte)? Ganz spannendes Thema: Orte, die in ihren Sinn-, Zeit- Ordnungsstrukturen, in bestimmten Prämissen ganz anders funktionieren als ‚gewöhnliche Orte‘. Dort wird zumeist eine Utopie auf engem Raum simuliert. Im Puff die Käuflichkeit von Liebe, in der Bibliothek das Speichern von Wissen. Als ich länger über Friedhöfe nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, wie dort die Unsterblichkeit der Seele, das Leben nach dem Tod, solche Dinge behauptet und zelebriert werden. Recht faszinierend.

Beste Grüße und danke noch mal!
Carlo

 
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Treuester Freatle (@Friedrichard ),

Schreibe mit Handy, die Überarbeitung meines Kommentars hat es verschluckt sowie das Ende. Muss ich nochmal schreiben :-/

ist mir wie immer eine große Freude und Ehre einen Kommentar von dir unter meiner Story zu lesen. Für mich sehr schöne Gedanken zum Text.

dass eine Maschine (Mit-)Spielen kann - denn bestimmt nicht schon ein Spiel-zeug eher das Spiel als der Spieler?
dass eine Maschine (Mit-)Spielen kann - denn bestimmt nicht schon ein Spiel-zeug eher das Spiel als der Spieler? Die Regel/n bestimmt/bestimmen, deren es sicherlich auch im „freien“ Spiel (und allgemeiner: einer freien Gesellschaft) bedarf, um nicht ein beliebiges so oder so zu werden, wie ja auch schon der Wasserfloh mal hier- und mal dorthin hüpft. Ist nicht eher das kleine Kind in seinen suchenden und tastenden Bewegungen bereits näher am „freien“ Spiel als ein Regel-gebundenes Mensch ärgere dich nicht?

Haben wir ja schon mal andernorts diskutiert, wie ich noch mal nachgelesen habe :-)
Finde das ein paar sehr treffende und schöne Gedanken. Mir wäre es auch lieber, der Begriff wäre für solche entdeckerischen, kognitiv entwickelnden Tätigkeiten besetzt. Und was spricht dagegen, ihn dahingehend umzudeuten bzw. ihn ja eventuell auch ein Stück weit für diese Idee zurückzugewinnen. Im Text selbst habe ich es jetzt nochmal versucht, es aber wieder verworfen. Es ändert innerhalb dieses Textes wenig, weshalb ich ihn dahingehend nicht umstellen werde. Aber man könnte diesen Aspekt schnell zu einem eigenständigen Thema aufbauen, denke ich.


Link ging irgendwie nicht. Habs dann aber gefunden. Kannte es ja auch bereits.
Schon der Einstieg entscheidet sich gegen die Einheit der Zeitenfolge
Ich möchte wissen, wovon ich geträumt habe, bevor ich mich gegen das Träumen entschied.
(Im Traum wäre freilich alles möglich ...)

Der erste Absatz ist momentan raus. Trotzdem will ich auf deine Anmerkungen eingehen.
Weiß, muss ich gestehen, gar nicht mehr so genau, weshalb. Habe ich hier tatsächlich Perfekt und PQP vertauscht? Sonst würde es such Sinn ergeben vom Präsens ins PQP und dann ins Perfekt zu wechseln. Das wollte ich ganz ursprünglich machen. Keine Ahnung, was da genau schief gelaufen ist.

Damals glaubte ich an Erstaunliches, meinte wirklich einen Weg gefunden zu haben, der Zeit zu entrinnen.
eher entbehrlich, finde ich

Das „an“ finde ich nicht entbehrlich. Meint ja sonst etwas anderes. Wenn ich „an Erstaunliches glaube“, meint das eigene Überzeugungen. Wenn ich „Erstaunliches glaube“ schwingen da noch Leichtgläubigkeit und fremde Ideen mit.
Beim „wirklich“ gehe ich mit.

Für unsterblich habe ich mich gehalten, konnte mir nicht vorstellen, wie es wäre, zu altern.
Warum Konj. irrealis, allein wen die Götter lieben bleibt jung ... konserviert in der Erinnerung.

Wenn man die Perspektive bedenkt, ergibt es schon Sinn. Ich weiß nicht, ob man den Konjunktiv zwingend entsprechend der Wirklichkeit anwenden muss respektive ob eine Perspektive, in der etwas als irreal aufgefasst wird, grammatikalisch Gewicht haben und entscheiden kann.

Wirst du älter, sei dankbar, dass du wenigstens etwas davon fühlst.
Ich denk mal, jeder fühlt den Alterungsprozess und solange es beim Fußpilz bleibt, schmeckt mir auch noch’n Pils.

Heheh. Ja, der Satz war auch etwas seltsam offen gehalten …

Seit zwölf Jahren und dreiundvierzig Nächten schreibe ich kurze Geschichten.
Hältst und führstu Buch darüber? Ich war im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt bis die Arbeitswelt mich nach zwei Studienabschlüssen endgültig einholte – und – natürlich nicht zu verschweigen - eine Geburt. Hier erzähl ich in den Geschichten aus Be-Erde (= BRD) darüber.

B-Erde :D

Nein, keine Buchführung übers Schreiben. Man muss ja auch überlegen, wo man die Zäsur setzt. War es jetzt der erste Tagebucheintrag, das erste Gedicht, der erste (selbstzufriedenstellende) Text, die erste Veröffentlichung oder was ganz anderes?

Ja und beim Lehrer
..., es geht mir gut: Lehrer bin ich, …
hätt ich auch werden sollen

Bist es ja irgendwie (sicher) trotzdem geworden, oder?:)
Ich jedenfalls hab von dir ein paar Dinge gelernt, die ich in der Schule verpasst habe.

Und wenn ich es richtig verstehe
Sie wollen Folgendes: Freundschaft, ein gesegnetes Miteinander, Zuarbeit, Unterstützung, Rat, Beistand, Trost, Gesellschaft –
ist da ja nix anderes als „Nächstenliebe“ – die ja auch den Fernsten treffen kann

Das stimmt. Spannend, wie unpersönlich Nächstenliebe ausgelegt werden kann :0

wie eben bei der Beobachtung auf dem Friedhof („Magda“lena?, NT)

Du bist der Meister der Sinnentnahme, wenn es um Namen geht :D
Irgendetwas muss ich richtig machen, dass es immer so gut passt, obwohl ich Namen zu 50% intuitiv wähle; was natürlich auch impliziten ästhetischen Entscheidungen folgt.

Und dann doch noch was – wenigstens ’n bissken mosern:
Vor Jahren hatte er Krebs, stellte sein Leben um, spritzt sich jeden Morgen vor dem Badezimmerspiegel Distelextrakt in den Bauch; das hat ihm ein Homöopath geraten. Weil es nicht schlimmer wurde, funktionierte das Mittel scheinbar.
Das Wort „funktionieren“ ist ein eher technischer Begriff

Geändert. Danke!

Darüber fällt mir ein, dass Du hierorts schon über die Arbeit auf dem Friedhof erzählt hast ...

Das stimmt allerdings. Kennst du Foucaults Radiovorträge zu den „Heterotopien“ (Andersorte). Orte an denen Sinn-, Organisations- und Verhaltensstrukturen verändert sind. An solchen Orten stehen bestimmte Utopien und Vorstellungen im Mittelpunkt. Im Puff die Idee der Käuflichkeit von Liebe, in der Bibliothek die Konservierung, Akkumulation und Verfügbarkeit von Wissen. Als ich über Friedhöfe nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, wie hier die Unsterblichkeit der Seele, das Leben nach dem Tod, solche Dinge behauptet und zelebriert werden. Recht faszinierend.

Beste Grüße und vielen Dank noch mal!
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei,

ich lese hier vor allem eine Art inneren Konflikt eines Schreibenden, einer, der gar nicht anders kann, als zu schreiben, ihm ist das in Leib und Seele übergegangen. Er sagt, diese Selbstgespräche, wie er sie nennt, helfen ihm, über wichtige Themen nachzudenken. Aber er hat sich ja mittlerweile im Leben eingerichtet, das Leben ist ein bisschen zum Selbstläufer geworden, läuft ein bisschen wie auf Schienen, vielleicht ein bisschen wie die Videospiele, in die er sich so gerne flüchtet. Alles recht vorhersehbar. Na, und über welche wichtigen Themen soll man jetzt also noch nachdenken, worüber schreiben? Es ist ja keine Existenzkrise in Sichtweite - gut so!

Also lagert er seine Gedanken aus. So liest es sich für mich, wenn er über andere schreibt: Er sieht diese Menschen, das sind flüchtige Begegnungen, und er tut das, was Schreibende ja immer tun: Geschichten schreiben. Man sieht ein trauriges oder ein fröhliches Gesicht und malt sich ein Leben dazu. Und natürlich greift man dabei auch auf die eigenen Erfahrungen zurück, das traurige Gesicht, das hat bestimmt ähnliches durchlitten wie man selbst und das fröhliche freut sich sicher über ähnliche Dinge und so kommt man den Menschen näher, ohne ihnen wirklich nahe zu kommen. Und fühlt sich vor allem vielleicht auch ein bisschen weniger allein.

Zuckriger Kaffee labt die Kehle. Duft nach Kräutern, Heu, säuerlichen Bohnen. Ein Momentum. So kehre ich zu Ritualen zurück, als wären sie nichts als der Käfig, den ich um die Spielsucht herum gebaut habe. Es tut mir weh, Mensch zu sein, all die flirrenden, hormongesättigten Tage mit den Fingern abzuzählen, bis ich wieder von vorn beginne.

Die Zwischentöne jage und sammle ich. Stelle ich die Eitelkeiten zurück, bleibt das Selbstgespräch. Ein numinoses Gespräch. Nicht für Mitmenschen gedacht. Zumindest vorerst nicht. Ein Nachdenken, ein Schwelgen, ein Innigsein. Keine Folter dieser Welt kann dir das Selbstgespräch nehmen; auch wenn deine Sinne tot wären, würdest du dich anrufen können, wie man etwas Göttliches beschwört. Bis die Nerven nicht mehr zucken, lebt dieser Geist in jedem von uns. Vielleicht ist er alles, was wir haben.

Diese beiden Stellen reißen mich sprachlich ein wenig raus. Mich erreicht der Text durch seine Unaufgeregtheit, die Klarheit und Eindeutigkeit in dem, was da steht. Dieses "Göttliche", das hier durchschimmert, bräuchte ich nicht. Aber, wie gesagt: Ich.

Ansonsten habe ich das sehr gerne gelesen. Vielen Dank dafür :)

Bas

 
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Nachtschicht oder doch schon Früh...?,

dass eine Maschine (Mit-)Spielen kann - denn bestimmt nicht schon ein Spiel-zeug eher das Spiel als der Spieler? Die Regel/n bestimmt/bestimmen, deren es sicherlich auch im „freien“ Spiel (und allgemeiner: einer freien Gesellschaft) bedarf, um nicht ein beliebiges so oder so zu werden, wie ja auch schon der Wasserfloh mal hier- und mal dorthin hüpft. Ist nicht eher das kleine Kind in seinen suchenden und tastenden Bewegungen bereits näher am „freien“ Spiel als ein Regel-gebundenes Mensch ärgere dich nicht?
was wir in der Tat schon angesprochen haben an anderer Stelle -

aber als halber Mathematiker weiß ich auch, dass das von Haus aus frei sein sollende Spiel (als Gegensatz zur Arbeit, die im Nibelungenlied als „arebeit“ zugleich als „Leid“ sich übersetzen lässt). Selbst der Ball wird auf dem Fußballfeld zumeist regelgebunden bewegt, nichts tut er von sich aus und bedarf zumindest des Windes, einer sonstigen Bewegung oder der Schrägen & Du erinnerst Dich des Sündenfalls und in Etzel/Attila bis hin zu Satan (vllt. erleben wir ja eine Neuauflage in „Truthennes“ Moskowiter Prägung, allein schon der Kinderraub wird legenddär werden und der Name Putins „überleben“) als mathematische Kategorie und „Spieltheorie“ alles andere als „unbefangen“, „frei“ gelten darf – mit einer Ausnahme des ahnungslosen Kindes … dem der erzieherische Zwangsjacke mehr oder weniger unsichtbar nach und nach übergestülpt wird. Schon im mhd. „spil“ schwingt das Vergnügen mit dem „Ernst des Lebens“ mit (vgl. die Liste „mhd. spil ‘Tanz, Zeitvertreib, Scherz, Unterhaltung, Vergnügen, Musik, Waffen-, Kampfspiel, Wettkampf’ …“ (https://www.dwds.de/wb/Spiel) Selbst das Summerhill A. S. Neill’s musste sich an die Luxemburgische Maxime halten, dass Freiheit immer die des anderen sei (oder als Kinderreim, „was du nicht willst, dass man dir tu …“).

Und dann darf ich Dir versichern, dass ein Ruhrgebietler der mit Leuten aller Herren Länder (Wilfried zB, Südafrikaner, ein des Deutschen mächtiger dunkelheutiger Mensch, dessen erste Begegnung in Deutschland ein Schild war, das ihn stutzen ließ (lautschriftlich [ge: wek] identisch mit dem Imperativ geh weg aber überraschend substantiviert als „Gehweg“ da stand.
(Mark Twain, des Deutschen durchaus mächtig, lässt sich über die „fürchterliche“ deutsche Sprache wundervoll aus). Und was soll man auch von einem Volk halten, das nach seiner Sprache durch fränkische, karolingische Entscheidung im Gegensatz zum latinisierten Westen (das gleichwohl nach den Franken benannt ist) „thiudisk“ des großen Kalle' (das th ist tatsächlich identisch dem angloamerikanischen tea-aitsch) das wir uns aber zum „d“ und gelegentlichen „t“ abgeschliffen haben – selbst im Theater und der Apotheke (und ich empfind es überhaupt nicht als Verlust und ein misslingendes tea-aitsch ist doch auch ganz schön ...)

Aber – um zum Schluss zu kommen – wichtig ist vor allen Regeln, dass der eine weiß, was der andere meint und da ist die (nicht nur freie) Rede – sofern sie nicht feucht ist für den Andern, den Hörer - demokratischer als Duden und Wahrig zusammen.
Aber das Deutsche ist viel flexibler als man glaubt, sonst beherrschte die amtliche „Wechselblinkanlage“ und nicht die schlichte „Ampel“ den Verkehr,

behauptet der

Freatle

 

Lieber @kiroly ,

Danke für deinen Kommentar. Ist schön auf diesem Weg mal wieder von dir zu lesen :)
Deine Anmerkungen haben einiges an Textarbeit angeregt. Ich habe noch mal radikal gekürzt und ein paar Zähne gezogen, hoffentlich die richtigen. Vielen Dank für die Zeit, die du dir für den Text genommen hast!

Beziehung, Beruf, die Pflege seiner Freundschaften, sie sind das Ergebnis einer erwachsenen, bewussten Handlung und Entscheidung.

Das freut mich sehr, dass dieser Leseeindruck bei dir entsteht. Weil das schon eine Prämisse ist, die dem Text anliegt.

dahinfließen wie bunter Sand aus einem Föhngerät

<3

Eigentlich hat er doch dieses Kindheit in sich, aber er erkennt es nicht. Er sieht das Kind vor lauter Jahren nicht.

Das ist eine sehr spannende Interpretation. So voll und ganz gehe ich zwar nicht mit, aber habe das zum Anlass genommen, noch mal die „melancholische Tragik“ der Figur, wie du es genannt hast, zuzuspitzen.

Schreiben. Mir wird nicht ganz klar, was Text, Schreiben, Selbstgespräch, das Betonen des Formulierens der eigenen Gedanken in lineare Zeichen für die Identität deines Erzählers bedeuten. Es ist ja mehr ein Text, der in einem flüchtigen Augenblick eines großes, weitreichendes Lebensgefühl einfängt.

Vielleicht etwas zu viel der Motive. Ich habe das jetzt radikal gekürzt (denke ich zumindest), den Text schlanker gemacht. Mal sehen, ob mich das übermorgen auch noch überzeugt. Über kurze Rückmeldungen bin ich selbstverständlich dankbar :D

Letzter Satz. Den würde ich streichen. Er verletzt die Flüchtigkeit der unscharfen Eingebungen deines Erzählers. Es ist ein Satz, der schreit, das kursive Noch, das ist ein blöder Wille, etwas sein zu wollen (meiner Ansicht nach). Er setzt dieses ganze Schriftstellermotiv derartig laut in den Text, das passt einfach nicht (Geographischer Insider

Habe ich gestrichen - und jetzt sogar samt Absatz nach dem Kommentar von @Bas
Danke für den Anstoß. Ist alles erst mal unter Vorbehalt. Manchmal kehre ich auch wieder zur je älteren Version zurück.

(Geographischer Insider: Kennst du die B2-Brücke im agra-Park, Markkleeberg? GENAU SO ETWAS MEINE ICH).

:lol: Okay

Titel: Ich finde, dein Titel bleibt zu nüchtern und beschreibend. Ein Selbstgespräch kann jeder bei anderen Menschen feststellen. Auch ein inhaltsloser Begriff, wo doch ein Text auf Inneres, Emotionales abzielt. Ich fände einen Titel passender, der diese Hinwendung zur Kindlichkeit, zur Perspektive, skizziert.

Da habe ich jetzt wieder auf den ersten Titel zurückgegriffen.

Erinnert mich ein bisschen ein Judith Herrmann, (Sommerhaus, später)

Habe einige Stories daraus gelesen und mochte es sehr. Cool, dass du es gelesen hast.

Danke, Kiroly, für diese für mich sehr schöne Wortmeldung!
Viele gute Grüße
Carlo

 

Lieber @Bas ,

sehr schön, dich zu lesen. Danke für den Kommentar und deine Zeit. Du hast jetzt auch noch mal was ins Rollen gebracht. Nach deinem Kommentar und dem von Kiroly habe ich noch mal stsrk gestrichen, umgewichtet, umgestellt. Mal schauen, wie lange es hält …
Danke aber schon mal für die Anregungen.

Na, und über welche wichtigen Themen soll man jetzt also noch nachdenken, worüber schreiben?

Ja, so ein Grundkonflikt vieler Schreibenden. Darüber hat Murakami in seinem Buch über das Schreiben gesagt, dass das zugleich ja auch eine Befreiung ist, über nichts Explizites schreiben zu müssen, vielmehr frei wählen zu können. Finde ich ein cooles Sratement, obwohl ich es anders sehe. Ich denke, für viele mag das stimmen, andere können sich ihre Themen weniger auswählen. Die Geschichten sind (etwa durch Autofiktion) stärker mit der Wirklichkeit verknüpft. Ihnen mag diese Problematik also realer erscheinen.

Und natürlich greift man dabei auch auf die eigenen Erfahrungen zurück, das traurige Gesicht, das hat bestimmt ähnliches durchlitten wie man selbst und das fröhliche freut sich sicher über ähnliche Dinge und so kommt man den Menschen näher, ohne ihnen wirklich nahe zu kommen.

Ja, das stimmt. Das können Projektionsflächen sein. Manchmal ist sicher auch etwas Wahrheit an der Sache. In äußerlichen Spuren kann ja auch wirklich gut gelesen werden. So eine Mischung aus Interesse, Empathie und Fantasie.

Diese beiden Stellen reißen mich sprachlich ein wenig raus. Mich erreicht der Text durch seine Unaufgeregtheit, die Klarheit und Eindeutigkeit in dem, was da steht. Dieses "Göttliche", das hier durchschimmert, bräuchte ich nicht.

Ich habe die Absätze komplett rausgenommen bzw. maximal eingedampft und dadurch den Text leicht umstrukturiert, vielleicht - so die Hoffnung - einfach nur geschärft.

Danke dir für die Anregung dazu. Wie immer eine große Freude, mit dir über einen Text zu diskutieren :-)

Viele Grüße
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber @Friedrichard ,

Nachtschicht oder doch schon Früh...?,

Da, wo ich unterwegs war (westeuropäische Zeitzone)

arebeit

Einer der wenigen Texte, wo ich etwas zitieren kann. „Uns ist in alten Maeren Wunders vil geseit, von Helden lobebaeren, von grozer arebeit“ (bestimmt nicht ganz korrekt zitiert) - aber arebeit meint hier ganz sicher keine postindustrielle Vorstellung von Werktätigkeit

Schon im mhd. „spil“ schwingt das Vergnügen

sehr wahr.

Imperativ geh weg aber überraschend substantiviert als „Gehweg“ da stand.

Oh Mann, bei der deutschen Freundlichkeit sind sicher beide Lesarten korrekt

thiudisk“ des großen Kalle'

Wo haste das den her? Dachte, es heißt so viel wie „der Gruppe, dem Volk zugehörig“.

wichtig ist vor allen Regeln, dass der eine weiß, was der andere meint und da ist die (nicht nur freie) Rede – sofern sie nicht feucht ist für den Andern, den Hörer - demokratischer als Duden und Wahrig zusammen.

Amen :D so isses

Danke fürs Nochmalmelden und viele Grüße!
Carlo

 

Wo haste das den her? Dachte, es heißt so viel wie „der Gruppe, dem Volk zugehörig“.

Tut's ja auch näherungsweise,

bester Carlo,

und was auf der andern Seite des Rheins gesprochen wurde heißt deshalb heute "Hoch"deutsch, weil es landschaftlich überwiegend im rheinischen Mittelgebirge liegt ... und nördlich der Ruhr plattes (daher "Platt") Land vorherrscht (ausgenommen natürlich die Xantener - Siegfried/Sigibert/Viktor - Gegend mit dem "Reichswald" im Hintergrund und der Schwanenburg. Ein sehr "sagen- & legendenlastiges" Gebiet.
Der Charakter des Niederrheiners lässt sich an dem Sketch festmachen, wo zwo ältere Herren stumm am Rhein sitzen, ein Dritter kommt vorbei mit einem "moin" auf den Lippen und die beiden sehen sich verblüfft an, bis einer murmelt "Schwätzer!"

Friedel

 

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