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Muß doch weitergehn

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27.08.2001
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Muß doch weitergehn

Muß doch weitergehn

Abends wenn ich von der Arbeit heimkomme schalte ich den Fernseher an, schmiere mir ein Butterbrot, setze mich erstmal auf die Couch und schalte ab. Das ist meist so gegen sieben und nach einem anstrengendem Tag bei der DBV mit den ganzen Krankenversicherungsfällen ist das erst einmal herrlich entspannend.

Brisant ist gut. Manchmal ist das aber auch ein bißchen anstrengend. So viele Informationen. Ich meine da will man doch den Kopf auch mal nicht anstrengen. Dann guck ich lieber ne Quizshow. Früher gab es ja gar nix für die arbeitende Bevölkerung. Aber jetzt, mit dem Kabelfernsehen und den vielen Sendern findet man ja eigentlich immer was Gutes. Das Erste, Zweite und die Dritten gucke ich kaum, obwohl die in letzter Zeit ja immer besser werden. Mit Hallo Deutschland zum Beispiel. Jedenfalls haben Sie bei „Brisant“ doch letztens von ner kranken Frau erzählt mit der komischen Krankheit da. Die tat mir leid. Arme Sau. Die hat s ganz schön schlecht. Wenn man das so mit dem eigenen Leben vergleicht muß man doch wirklich froh sein, oder? Ich meine, das man gesund ist. Klar. Mir fliegen die gebratenen Tauben auch nicht in den Mund. Aber gesund bin ich doch. Meinte auch meine Nachbarin zu der kranken Frau bei Brisant. Nur sagte die, selbst Schuld, wenn man sich so ein Viehzeug ins Haus holt. Hat se ja auch wieder Recht.

Dienstags ist immer Polizeiarzt Dangerfield Tag. Da freu ich mich die ganze Zeit schon drauf und da hänge ich das Telefon aus, obwohl eigentlich keiner anruft. Aber man weiß ja nicht. Sicher ist sicher.
Und am Wochenende freue ich mich auf Traumhochzeit. Ist doch schön, sowas zum Entspannen. Braucht man doch. Den ganzen Tag über muß ja alles razzfazz gehen. Da freut man sich doch auf ein bißchen Erholung abends vor dem Fernseher. In den Werbepausen gehe ich aufs Klo oder schaue mal rüber in die anderen Sender. Zu RTL oder so. Ist ja eigentlich ganz praktisch. Manchmal gucke ich die Werbung auch. Die ist ja auch mal richtig lustig. Gestern ging ich während der Werbung mal auf den Balkon. War ja auch so schön warm noch draußen und mild. In dem gegenüberliegenden Wohnblock habe ich durch die vielen Fenster hindurch das flimmernde Licht der Fernseher gesehen und die grauen Köpfe davor, die wohl Notruf, Explosiv, Blitz oder Geh aufs Ganze geguckt haben. Überall hats geflimmert.
Jedenfalls wollte ich nicht auf dem Dorf wohnen. Na und, dann ist die Luft hier eben schlechter. Und? Aber hier sagen sich Fuchs und Hase nicht gute Nacht. Aufm Dorf ist man doch lebendig begraben. Da ist doch nix los. Außerdem finde ich das Geräusch der fahrenden Autos unten auf der Straße schön. Das gibt mir so ein Gefühl von Leben.
Später am abend schaue ich Für alle Fälle Stefanie oder was Lustiges, wie Switch. Das ist schön, vorm ins Bett gehen. Ist doch alles ernst genug. Und da kann man halt lachen. Morgens muß ich frueh raus. Deswegen ist danach auch wirklich Schluß.

Jetzt am Samstag gabs ja die Hochzeit von so nem Königshaus, wo der Prinz geheiratet hat. War das schön. Der ganze Adel und all die Uniformen und wie das blitzt und blinkt. Hach. Braucht man doch auch mal.
Und wenn ich mal Sehnsucht habe nach die Türkei oder Arabien guck ich TM 3 Reisefieber.
Ne, das Fernsehen möchte ich nicht mehr missen. Das hilft schon im Alltag und so.
Muß doch weitergehn.

 

Hmja, genau das ist eine Geschichte, die so abläuft, wie ich es zuerst bei "Vorhang auf...Zapping" erwartet hatte.
Okay, es werden Fernsehsendungen aufgezählt. Aktuelle Fernsehsendungen. Das hat den Nachteil, dass damit die Halbwertszeit der Geschichte gleich der Halbwertszeit der betreffenden Sendungen ist, denn wenn die Sendungen niemand mehr kennt, wird auch mit den Erwähnungen der Titel in der Geschichte niemand mehr etwas verbinden können.
So wie ich die Geschichte interpretiere, ist es ja auch eine Kritik am Konsum banaler Fernsehkost (über die Intention des Autors ist nichts bekannt). Besonders gefallen hat mir in diesem Zusammenhang das Bild, wie der Protagonist von Balkon aus in den anderen Fenstern überall ebenfalls blinkende Bildschirme sieht.
Das ganze verbreitet ein gewisses Gefühl der Leere. Ist das alles? Unterhaltungssendungen? Bis in die Nacht, und dann morgens wieder zu arbeit?
Dieses Motiv ist ja beileibe nicht neu, aber trotzdem nicht so schlecht. Etwas zwiespältig, die Geschichte, aber nicht schlecht.

 

Danke für Deine Kritik, Ben.
Vielleicht ist es etwas wenig, aber mehr sollte die Geschichte auch nicht aussagen. Ich fand den Gedanken einfach faszinierend Jemanden "selbst" sprechen zu lassen.

Es war ein Text, den ich schrieb, nachdem ich mich unterhalten hatte, und genau diese innere Leere der Person fühlte, so daß es schon weh tat.
Du kennst es vielleicht, wenn Du es kaum erwarten kannst alles niederzuschreiben, diese Angst etwas zu vergessen, bis man an der Tastatur ist und die Gedanken fliegen.
Meist ist die Geschichte dann in 30 Minütchen fertig.

Grüße


Frank

 

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