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Spurensuche

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14.10.2003
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Spurensuche

1

Robert Berger schüttelte den Kopf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. So etwas hatte er in den 17 Jahren seines Streifendienstes in dieser Kleinstadt noch nicht erlebt. Sankt Augustin war ein verträumtes Städtchen mit rund achtundfünfzigtausend Einwohnern. Durch die unmittelbare Nähe zur ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn war sie vor dem Regierungsumzug nach Berlin der bevorzugte Wohnort vieler Spitzenpolitiker. Damals hatte die Polizei alle Hände voll zu tun. Vor allem der Personenschutz gehörte zu ihren vorrangigen Aufgaben. Doch seitdem nahezu alle, die Rang und Namen hatten, an der Spree residierten, war es sehr ruhig geworden. Kleinere Diebstähle und Trunkenheit am Steuer – vor allem von Jugendlichen an den Wochenenden – waren die üblichen Vorkommnisse, mit denen sich die Polizei hier befassen musste. In letzter Zeit jedoch stieg die Kriminalität spürbar an. Einbrüche, Raubüberfälle – die Polizeibeamten vermuteten, dass diese Straftaten in unmittelbarem Zusammenhang zum gestiegenen Drogenmissbrauch in der Region standen. Die Ermittlungsarbeit richtete sich weniger gegen die Konsumenten, als vielmehr gegen die Drahtzieher der Drogengeschäfte. Einige Male hatte die Polizei handfeste Tipps aus der Bevölkerung erhalten. Doch jedes Mal, wenn sie zuschlagen wollten, fand die Drogenübergabe nicht statt und die Dealer waren verschwunden. Der Gedanke daran ließ Robert trotz der Hitze leicht frösteln. Langsam wurde es regelrecht gespenstisch, mit welcher Sicherheit sich die Drogenbosse der drohenden Verhaftung entziehen konnten. Und nun dies: Er stand vor einem kleinen Hund, der augenscheinlich mit bloßen Händen erwürgt worden war.

„Warum tut jemand so etwas?“ Maximilian Koch, der 73-jährige Besitzer des Yorkshireterriers, stand fassungslos und mit Tränen in den Augen neben ihm. Robert konnte nur mit den Schultern zucken. Nichts in der Umgebung der kleinen Hundeleiche ließ auf den Täter schließen. Dennoch musste er versuchen, irgendwelche Spuren zu finden. Auf Unterstützung konnte er dabei nicht hoffen. Günther Fassler, sein Partner, lag mit einer Sommergrippe im Bett. Und jetzt, mitten in der Urlaubszeit, war die ohnehin stark reduzierte Mannschaft hoffnungslos unterbesetzt.
„Robert? Robert, melde dich bitte. Dringender Einsatz im Pleiser Park!“ Die Stimme aus seinem Funkgerät klang aufgeregt, beinahe hysterisch.
„Tina? Hier Robert. Was ist denn los? Ich habe hier noch zu tun.“
„Bin ich froh, dass ich dich erreiche. Wir haben eben einen Notruf erhalten. Wie es aussieht, wurde im Pleiser Park jemand getötet. ERMORDET, Robert“, schluchzte Tina plötzlich los.
Robert runzelte die Stirn. Warum benutzte Tina nicht den Code für das Verbrechen? Sie war zwar erst vor einem halben Jahr von der Dortmunder Polizei zu ihnen gekommen, doch mit ihren neunundzwanzig Jahren eigentlich erfahren genug. Und die Codes lernte jeder Polizist im ersten Ausbildungsjahr. Mit gutem Grund. Maximilian Koch starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Wenn hier ein Mörder frei herumläuft, gehe ich jetzt besser ins Haus und verriegele die Tür. Aber finden Sie das Schwein, das meinen Hund umgebracht hat!“ Der alte Mann drehte sich auf dem Absatz um und stürmte in sein Haus. Robert seufzte. Er konnte sich vorstellen, was nun passierte: Der verunsicherte Mann würde sofort zum Telefon greifen und die halbe Stadt in Angst und Schrecken versetzen. Aber er hatte keine Zeit, sich damit zu befassen. Mit drei großen Schritten war er an seinem Wagen und sauste los in Richtung Park. Während der Fahrt orderte er einen Notarzt an. So wie Tina geklungen hatte, verließ er sich lieber nicht darauf, dass sie daran gedacht hatte. Ansonsten eine ausgeglichene und fröhliche junge Frau, vergaß sie nun die einfachsten Regeln und schien einem Nervenzusammenbruch nahe zu sein. Robert nahm sich fest vor, später mit ihr darüber zu reden.

Das Opfer sah schlimm aus: Von dem Gesicht war kaum etwas zu erkennen. Anscheinend hatte jemand mit einem schweren Gegenstand wieder und wieder zugeschlagen. Tödlich waren jedoch mit Sicherheit die Verletzungen im Brust- und Bauchbereich. Mindestens einundzwanzig Messerstiche zählte Robert. Schnell fühlte er den Puls und prüfte, ob der Mann vielleicht noch atmete. Doch es bestand kein Zweifel: Er war tot. Was, zum Henker, passiert mit meiner Stadt, fragte sich Robert. Er fühlte sich plötzlich einsam und hilflos. Wenn doch wenigstens Günther mit seiner unerschütterlichen Gelassenheit hier wäre.

Nur vier Minuten nach Robert traf der Notarzt ein. Im Laufschritt eilte der Arzt zu dem Opfer und prüfte die Lebenszeichen. Nach kurzer Zeit sah er auf und schüttelte den Kopf.
"Hier gibt es für mich nichts mehr zu tun", sagte er. "Grob geschätzt würde ich sagen, dass der Mann bereits seit zwei Stunden tot ist. Genaueres wird die Autopsie ergeben. Ich rufe gleich einen Gerichtsmediziner her."
Er stand auf, zog sein Handy aus seiner Tasche und begann zu telefonieren.

Inzwischen hatte sich eine beachtliche Schar von Schaulustigen am Tatort eingefunden. Sicherlich hatte auch Maximilian Koch dazu beigetragen. Robert riss sich zusammen und ging auf die Menge zu, die geschockt auf die Leiche starrte. Er wusste, dass seine Uniform den meisten Bürgern Respekt einflößte. Und tatsächlich zerstreute sich die Menge allmählich, als er sagte: „Gehen Sie bitte. Hier gibt es nichts zu sehen. Die Polizei wird sich darum kümmern. Bitte, machen Sie Platz.“
Wie in Trance sperrte er den Tatort mit den rot-weißen Bändern ab, die er im Kofferraum hatte. Anschließend rief er Tina in der Zentrale an.
„Tina, versuche bitte, irgendwoher Unterstützung zu bekommen. Und rufe die Spurensicherung bei den Bonner Kollegen an. Die sollen einen Trupp herschicken.“
Robert lehnte sich erschöpft an einen Baum. Schweißtropfen glänzten in seinen kurz geschnittenen, braunen Haaren. Seine Beine fühlten sich schwer und müde an. Bedingt durch die allgemeine Urlaubszeit hatte er in den letzten Tagen einige Doppelschichten geleistet. Ja, ja, mit fünfunddreißig zählt man halt nicht mehr zu den Jüngsten, dachte er und lächelte gequält.

Eine Viertelstunde später traf die Spurensicherung nahezu zeitgleich mit dem Gerichtsmediziner Axel Roth ein. Robert schilderte kurz das Wenige, das er über den Fall wusste, während Roth zu der Leiche ging. Nachdem sich der Pathologe von dem Tod des Mannes überzeugt hatte, notierte er einige Zeilen in ein schwarzes Buch und kam dann zu den anderen zurück.
„Der Mann ist erstochen worden. Sein Herz wurde mehrmals getroffen, sicher auch weitere innere Organe. Die Klinge muss sehr lang gewesen sein - mindestens zwölf Zentimeter, vielleicht auch fünfzehn. Außerdem wurde der Mann mit einem Gegenstand geschlagen. Es könnte ein Ast, ein Stock oder etwas Ähnliches gewesen sein. Das kann ich hier nicht feststellen. Ich werde eine Autopsie vornehmen. Vielleicht bringt das Aufschluss darüber, ob er zunächst bewusstlos geschlagen und dann getötet wurde, oder ob ihm die Schläge erst zugefügt wurden, als er schon tot war. Mit ihrer Erlaubnis nehme ich die Leiche gleich mit.“
Robert hatte keine Einwände. Auch die Männer von der Spurensicherung nickten. Nachdem der Leichnam abtransportiert war, begannen sie mit der systematischen Durchsuchung der näheren Umgebung, die sie schließlich auf den ganzen Park ausdehnten. Doch sie konnten weder eine Tatwaffe noch Kleidungsstücke finden. Alle Hoffnungen, Hinweise auf den Täter zu finden, ruhten nun auf dem Gerichtsmediziner und seinen Untersuchungen.


2

Völlig erschöpft kehrte Robert gegen neunzehn Uhr zurück zur Zentrale. Er hatte über Funk versucht, mit Tina zu sprechen, doch ohne Erfolg. Wahrscheinlich war sie schon nach Hause gegangen. Unter normalen Umständen hätte Robert es ihr nicht verdenken können. Auch sie hatte schließlich in der letzten Zeit eine Menge Überstunden leisten müssen. Doch bei einem Mord einfach die Zentrale zu verlassen, war unverzeihlich. Sie hätte sich wenigstens vorher bei ihm melden können. Er war jedoch nicht so zornig, wie er hätte sein sollen. Einen Teil trug seine Müdigkeit dazu bei. Einen weiteren Teil – den größeren, wie er sich eingestehen musste – seine Zuneigung zu der Kollegin. In den letzten Wochen waren sie einige Male miteinander ausgegangen. Robert hatte diese Treffen sehr genossen. Tina brachte ihn zum Lachen und schaffte es, dass er seine Arbeit für ein paar Stunden vergaß. Er rang nun schon seit einer Weile mit sich, sie zu einem Wochenende an der Nordsee einzuladen, hatte bisher jedoch nicht den Mut dazu aufbringen können. Sobald das hier überstanden und wieder Ruhe eingekehrt ist, werde ich sie fragen, dachte Robert und stieg die drei Stufen zum Eingang hoch.

Die Tür stand offen. Kein Wunder, bei der Hitze. Trotzdem fühlte Robert sich ziemlich flau, als er in den Flur trat. Das liegt sicherlich daran, dass ich seit heute Morgen nichts mehr gegessen habe, redete er sich ein. Seine Augen brauchten einige Sekunden, bis sie sich nach dem grellen Sonnenlicht draußen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Dann sah er die Glastür, die die Telefonzentrale zum Flur abtrennte. Nur, dass sie diese Aufgabe nicht mehr erfüllte. Das Glas lag in tausenden Splittern über den Boden verteilt. Von Tina war keine Spur zu sehen.
Wie benommen starrte Robert einen Augenblick auf die Scherben. Dann verzog sich sein ebenmäßiges Gesicht zu einer verzerrten Fratze und mit einem wilden, animalischen Schrei stürzte er in den Raum. Das Headset hing an seinem Kabel vom Schreibtisch herunter. Er rannte um den Tisch und sah Tina in einer Blutlache auf dem Boden liegen. Sofort kniete er sich an ihre Seite und fühlte ihren Puls. Er war schwach, aber eindeutig vorhanden. Schnell stülpte Robert sich das Headset über und forderte einen Krankenwagen mit Notarzt an. Dann versuchte er, Tina in eine bequemere Lage zu drehen und streichelte ihr Gesicht.
„Tina, komm, lass mich jetzt nicht im Stich. Wir beide wären ein tolles Gespann, weißt du das nicht? Komm, kämpfe. Halt durch, hörst du?“
Immer weiter redete er mit ihr, ohne recht zu wissen, was er sagte. Nach einigen Minuten trafen die Rettungskräfte ein. Der Notarzt hörte den Herzschlag ab, setzte Tina eine Sauerstoffmaske auf und rief die Notaufnahme im Krankenhaus an, während er die Sanitäter beobachtete, die Tina sanft auf eine Trage legten.
„Ich denke, sie wird es schaffen“, sagte er schließlich zu Robert. „Allerdings hat sie eine Menge Blut verloren. Der Täter muss wissen, wie er ein Messer anzusetzen hat, damit er viel Schaden anrichtet. Ich bringe sie jetzt ins Bonner Johanniter-Krankenhaus. Möchten Sie mit uns fahren?“
Robert dachte kurz nach und schüttelte dann den Kopf. Tina war bewusstlos. Im Moment konnte er nichts für sie tun. Stattdessen wollte er denjenigen finden, der hierfür verantwortlich war. Doch vorher musste er noch ein wichtiges Telefonat führen.

Stefan Seckel, der Landesinnenminister von Nordrhein-Westfalen, hatte genug gehört. „Herr Berger, ich verstehe ihre Situation. Doch sehen Sie: Momentan ist das Personal überall ziemlich knapp. Auch in anderen Städten sind die Polizeistationen zurzeit unterbesetzt. Ich kann nicht einfach irgendwo eine Hundertschaft abziehen und sie nach Sankt Augustin schicken. Versuchen Sie doch, einige Kollegen aus dem Urlaub zurückzurufen. Ich kann leider nichts für Sie tun.“
„Wir alle sind seit Tagen rund um die Uhr im Einsatz. Und heute geschieht erst ein Mord, dann der Angriff auf meine Kollegin. Ihre Verletzungen sind eventuell lebensbedrohlich. Und sie ist bestimmt nicht der Typ, der Feinde hat, das können sie mir glauben. Ich vermute, dass hier irgendwo ein Psychopath herumläuft. Ich bitte Sie doch nur um ein paar Mann.“
„Da ist leider nichts zu machen. Doch sollte die Situation außer Kontrolle geraten, halten Sie mich bitte auf dem Laufenden.“
Damit legte Stefan Seckel auf. Robert schnaubte vor Wut. Ha, wenn die Situation außer Kontrolle gerät. Als ob sie das nicht längst schon wäre, dachte er. Doch er hatte keine andere Wahl, als wieder die Spurensicherung anzurufen und zu warten.


3

Nach vierstündigem, unruhigem Schlaf erwachte Robert am frühen Morgen. Er hatte sich noch bis spät in die Nacht den Kopf zerbrochen, wie er bei dem Mord im Park und bei dem Angriff auf Tina vorankommen konnte.
Die Spurensicherung hatte kaum etwas gefunden: Alle Fingerabdrücke stammten von Polizisten. Schließlich durfte auch sonst niemand hinter die Absperrung, die einmal die Glastür dargestellt hatte. Alles sah danach aus, als habe der Angreifer Handschuhe getragen. Die Tatwaffe war nicht aufzufinden. Doch noch gab es Hoffnung. Vielleicht hatte Tina den Angreifer gesehen und konnte ihn beschreiben. Vielleicht hatte sie sich auch gewehrt und es gab Hautpartikel oder Stofffasern unter ihren Fingernägeln, die zum Täter führen könnten. Aber die Ärzte hatten bisher keinen Besuch gestattet. Auch als Robert am späten Abend nach Tina sehen wollte, wurde er nicht zu ihr gelassen.
„Wir mussten eine Arterie in der Bauchhöhle klammern und ihr zwei Liter Blut transferieren“, berichtete der Oberarzt. „Ihr Kreislauf hat sich etwas stabilisiert. Aber sie ist immer noch bewusstlos. Sie hat zwar eine schwere Gehirnerschütterung, aber auch das dürfte eigentlich kein Grund für eine so lange Bewusstlosigkeit sein. Wir gehen deshalb von einem schweren Schock aus, der für ihren komaähnlichen Zustand verantwortlich ist.“
Niedergeschlagen war Robert nach Hause gefahren und hatte versucht, wenigstens etwas Schlaf zu finden.

Nach einer kalten Dusche und einem kargen, schnellen Frühstück fuhr er zunächst wieder nach Bonn ins Krankenhaus. Tinas Zustand war unverändert. Die Ärzte konnten zurzeit nicht mehr für sie tun. Robert hatte das Gefühl, die Welt würde über seinem Kopf zusammenstürzen. Er war fest davon ausgegangen, dass sich ihr Zustand über Nacht gebessert habe. Gestern war er zwar schon geschockt gewesen, aber irgendwie waren ihm die Vorfälle da noch unwirklich erschienen – als sei er in einem furchtbaren Alptraum gefangen, aus dem er gleich erwachen würde. Erst jetzt wurde ihm die ganze Tragweite der gestrigen Verbrechen bewusst. Ihm wurde schwindlig und er lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand des Krankenhausflures, um nicht zu stürzen.

Als er zu seinem Wagen zurückkehrte, griff er zunächst nach seinem Handy und rief Günther an. Er brauchte jetzt einfach einen Menschen, mit dem er reden konnte. Erst nach dem fünften Klingelzeichen meldete sich eine verschlafene Stimme.
„Günther Fassler, hallo.“
„Hallo Günther, Robert hier. Ich hoffe, ich habe deinen Schönheitsschlaf nicht gestört. Nein, im Ernst: Wie geht es dir? Kann ich vielleicht kurz vorbei kommen, um mit dir zu sprechen? Gestern war ein fürchterlicher Tag und weißt du ...“
„Hey Robert, nun beruhige dich erst mal“, unterbrauch Günther seinen Redeschwall. „Ich habe übrigens von den gestrigen Vorfällen gelesen. Die Jungs vom Bonner Generalanzeiger sind wirklich auf Draht. Wie geht es Tina? Du weißt, dass mir das wirklich verdammt leid tut.“ Günther war der Einzige, mit dem Robert über seine Gefühle gesprochen hatte.
„Ja, ich weiß. Danke der Nachfrage. Aber noch gibt es keine Entwarnung. Sie ist nach wie vor bewusstlos."
„Hast du schon gefrühstückt? Na los, komm rüber. Du hörst dich so an, als hättest du etwas Aufmunterung nötig.“
„Okay, bis gleich.“

Günther öffnete ihm mit Jogginghose und Sweatshirt bekleidet die Tür.
„Na los, Alter. Komm schon rein.“
Robert fühlte sich gleich etwas besser. Die etwas barsche, aber bestimmte und selbstsichere Art seines Freundes wirkte beruhigend. Den gleichen Effekt hatte die Wohnung seines Partners. Im Gegensatz zu seiner eigenen, oft chaotischen Junggesellenbude merkte man hier, dass eine Frau im Hause war. Günthers Frau Elvira war als Mitarbeiterin des Bundesministeriums für Gesundheit – eines der wenigen Bundesministerien, die ihren Hauptsitz in Bonn behalten hatten – zwar häufig in Berlin, aber bei der Einrichtung merkte man ganz deutlich das typisch weibliche Gespür für Ästhetik und Eleganz. Anscheinend war auch die Putzfrau gerade erst wieder hier gewesen. Alles war ordentlich aufgeräumt und die Wohnung blitzte nur so vor Sauberkeit.
Als sie gemütlich auf dem Sofa saßen, jeder eine Tasse Tee vor sich, berichtete Robert von den jüngsten Ereignissen.
„Weißt du, ich kann einfach nicht mehr“, schloss er seine Schilderung. „Die letzten Tage, eigentlich die letzten Wochen, waren schon hart. Nicht, dass etwas Besonderes vorgefallen wäre. Aber es sind einfach permanent Doppelschichten, die ich leisten muss. Und gestern das hat mir jetzt den Rest gegeben. Ich komme einfach nicht weiter. Weder bei dem Mord im Park, noch bei dem Angriff auf Tina. Ich kann aber kaum mehr klar denken, weil ich mir so fürchterliche Sorgen um sie mache. Ich merke erst jetzt, wie wichtig sie mir tatsächlich geworden ist.“ Damit vergrub er sein Gesicht in den Händen und konnte das erste Mal seit vielen Jahren wieder weinen. Als Günther schließlich zu ihm kam und tröstend den Arm um seine Schulter legte, lehnte er sich an seine Brust. Das Schluchzen ließ seinen gesamten Körper beben und er zitterte wie jemand, der vom Baden aus einem See kommt und merkt, dass draußen ein eisiger Wind pfeift.

Nach einer Weile hatte sich Robert wieder etwas beruhigt. Er richtete sich auf und sah Günther mit roten, verquollenen Augen an.
„Hey, Mann, ich benehme mich wie ein Kleinkind, nicht wahr?“ Er versuchte zu grinsen, brachte jedoch nur eine schiefe Grimasse zustande.
„Das ist absolut in Ordnung. Wenn ich nicht noch krank geschrieben wäre, würden wir beide den Täter in Nullkommanichts dingfest machen. Aber mein Arzt hat mir strikte Bettruhe verordnet. Er meint, mit Sommergrippe sei nicht zu spaßen. Wenn man nicht vorsichtig ist, kann schnell eine Lungenentzündung draus werden. Aber ich sage dir jetzt mal was: Du bist in meinen Augen der beste Polizist in der ganzen Region. Siehe dir einfach alles noch einmal genau an. Irgendwo muss es doch Spuren geben. Du hast sicherlich etwas übersehen, weil du emotional so aufgewühlt bist. Und wenn du dann noch nicht weiterkommst, fordere Unterstützung an. Du musst schließlich nicht alles alleine machen.“
„Nein, Unterstützung kann ich vergessen. Ich habe sogar schon mit dem Innenminister telefoniert. Aber du hast Recht. Hier zu sitzen und zu jammern bringt nichts. Danke für die Komplimente, mein Junge. Dann will ich mal wieder.“


4

Robert fuhr nach Bonn. Sein erster Weg führte ihn erneut zum Krankenhaus. Die Krankenschwestern berichteten ihm, dass Tina sich einige Male geregt habe, aber immer noch nicht wieder aufgewacht sei. Doch das sei sicherlich nur noch eine Frage der Zeit. Man habe den Leuten von der Spurensicherung erlaubt, Proben unter den Fingernägeln der Patientin zu nehmen. Robert bedankte sich und gab den Schwestern seine Handynummer.
„Bitte unterrichten Sie mich sofort, wenn sie wach wird“, trug er ihnen auf.
Etwas beruhigt und dadurch beschwingt ging er zu seinem Wagen und fuhr weiter zum pathologischen Institut.

„Das Opfer wurde offenkundig zunächst bewusstlos geschlagen und anschließend mit dem Messer umgebracht“, erklärte ihm Axel Roth nach der Begrüßung. „Keiner der Messerstiche wäre auf der Stelle tödlich gewesen. Wir können jedoch keine Spuren von einem Kampf bei dem Opfer feststellen. Somit spricht alles für einen schnellen Angriff, der den Mann sofort außer Gefecht setzte. Wir haben winzige Lackspuren in den Kopfwunden des Mannes gefunden. Bei der ersten Tatwaffe scheint es sich also um einen lackierten Stock oder Stab zu handeln. Es könnte beispielsweise ein Billardqueue gewesen sein. Wir prüfen das noch. Die Schläge müssen mit ungeheurer Wucht ausgeführt worden sein, damit der Lack absplittern konnte. Das und die Anzahl der Messerstiche lassen mich vermuten, dass es um eine sehr persönliche Angelegenheit ging oder der Täter ein Psychopath ist.“

Robert verließ nachdenklich das Institut. Auch ihm war die ungewöhnliche Brutalität des Verbrechens schon gestern aufgefallen. Die Anmerkungen des Pathologen erschienen ihm schlüssig. Doch noch immer war nicht klar, wer das Opfer war. Der Mann hatte keine Papiere und auch sonst keine Hinweise auf seine Person bei sich gehabt. Robert hatte ihn noch nie gesehen und kannte in seiner kleinen Stadt nahezu jeden – wenn auch nicht unbedingt mit Namen, so doch zumindest die Gesichter.
Laut Axel Roth handelte es sich um einen Mann Mitte fünfzig. Sein körperlicher Zustand war verheerend: Die Leber eines Alkoholikers, starke Mangelerscheinungen aufgrund falscher Ernährung und den Mund voller übel riechender, fauler Zähne. Bisher gab es noch keine Vermisstenmeldung, die auf diesen Mann passte. Alles schien auf einen Obdachlosen hinzudeuten. Das schloss einen Raubmord aus. Doch welcher Obdachlose schaffte sich solche Feinde, die ihn mit über zwanzig Messerstichen malträtierten? Zudem wiesen der Mord und der Angriff auf Tina einige Gemeinsamkeiten auf, die auf ein und denselben Täter schließen ließen. Aber wo bestand der Zusammenhang zwischen seiner jungen, hübschen Kollegin und einem alten, kranken Mann, der ohne Wohnung und Arbeit dahinvegetierte?
Robert schwirrte der Kopf. Es gab mehr Fragen als Antworten. Allerdings er hatte noch eine Station vor sich, von der er sich mehr Anhaltspunkte erhoffte.

„Wir haben einige interessante Entdeckungen gemacht“, empfing ihn der Leiter der Spurensicherung. „Der Mann ist anscheinend nicht an der Fundstelle ermordet worden. Durch die zahlreichen Messerstiche hat er sehr viel Blut verloren. Aber nicht im Pleiser Park. Wir haben einige Bodenproben entnommen, wo der Mann gefunden wurde. Es ist zwar Blut ins Erdreich gesickert, jedoch handelt es sich dabei um sehr geringe Mengen. Die Blutgerinnung muss schon zuvor eingesetzt haben.“
Robert bedankte sich und ging wieder hinaus. Er brauchte etwas frische Luft und Ruhe, um nachzudenken. Doch nach kurzer Zeit ging er wieder hinein. Er hatte eine plötzliche Eingebung. Nicht direkt eine Idee, eher ein Gefühl.
„Sie haben doch in der Polizeizentrale Fingerabdrücke genommen, nicht wahr?“
„Ja, natürlich. Aber sie wissen ja, dass alle von Polizisten stammten. Der Täter muss Handschuhe getragen haben.“
„Könnte ich bitte trotzdem eine Liste mit allen Personen bekommen, von denen Fingerabdrücke gefunden wurden?“
„Natürlich. Warten Sie bitte einen Augenblick.“
Der Leiter der Spurensicherung verschwand in einem Büro und kam kurz darauf mit der Liste in der Hand zurück.
„Danke vielmals.“

Robert überflog die Namen noch im Stehen, sobald er das Blatt Papier in der Hand hielt. Zuoberst tauchte sein Name auf, dann der von Tina gefolgt von Bert Rau und Holger Seege, die als Partner Dienst taten und sich momentan als einzige auf den Drogendealerring konzentrierten. Außerdem standen noch Anna Klein, die in der Telefonzentrale arbeitete und jetzt Tina vertrat, sowie Günther Fassler auf der Liste. Robert konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Er rieb sich die Stirn. Los, Robert. Irgendetwas übersiehst du. Es gibt immer einen Schlüssel zu einem ungelösten Fall, dachte er.
„Geht es Ihnen nicht gut?“ Der Leiter der Spurensicherung hatte sich kurz entfernt und kam nun mit zwei Tassen Kaffee zurück, von denen er eine Robert anbot.
„Doch, ich weiß im Moment nur nicht so recht weiter.“ Dankbar nahm Robert den Kaffee an.
„Wenn Sie möchten, können sie unseren Sitzungsraum benutzen. Dort sind Sie ungestört.“
„Nein, danke, ich fahre gleich wieder.“ Robert hatte es auf einmal sehr eilig. Diese Liste war das einzige Konkrete, was er zu seinen Fällen in den Händen hielt. Und auf einmal hatte er das Gefühl, dass der Schlüssel in der Zentrale zu finden war.


5

Anna sah erstaunt auf, als Robert im Laufschritt durch den Eingang kam und schnell mit seiner Codekarte die inzwischen ersetzte Glastür öffnete.
„Du hast es aber eilig. Gibt es was Neues?“ Die großen Augen hinter der rahmenlosen Brille sahen ihn neugierig an.
„Das weiß ich noch nicht. Aber ich werde es herausfinden.“
Robert ging hinüber zum Dienstplan und glich die Namen mit seiner Liste ab. Ferdinand Meyer, Susanne Jever und Klaus Wegen waren nicht auf seiner Liste vertreten. Alle drei hatten seit einer Woche Urlaub. In der Zwischenzeit war der Putzdienst hier gewesen und hatte seine Sache anscheinend gründlich gemacht. Doch noch jemand war ebenso lange nicht mehr zum Dienst gekommen. Günther war seit einer Woche krankgeschrieben. Dennoch waren seine Fingerabdrücke gefunden worden. Robert wurde übel und der Raum schien sich zu drehen. Der Verdacht, der sich ihm aufdrängte, war einfach überwältigend. Er stürzte nach hinten zu den Toiletten und übergab sich, bis nur noch Galle hervorkam. Er wusch sich das Gesicht und ging auf wackeligen Beinen zurück. Anna stand bestürzt in der Tür und sah ihn angsterfüllt an.
„Mein Gott, was ist denn nur los? Du siehst ja aus wie der leibhaftige Tod. Geht es dir nicht gut? Soll ich Bert und Holger anrufen, dass sie den Fall übernehmen?“
Robert schüttelte den Kopf. Langsam erholte er sich ein wenig. Es gibt noch eine andere Erklärung, dachte er sich. Vielleicht hat der Putztrupp eine Ecke übersehen. Vielleicht war es nur ein einziger Fingerabdruck von Günther an einer schwer erreichbaren Stelle, weswegen sein Name auch auf der Liste steht.
Er erzählte Anna von seiner Entdeckung, ließ dabei jedoch auch seine Zweifel nicht aus. Er konnte es einfach nicht glauben. Günther war sein Partner. Der Mensch, dem er nach dem Tod seiner Eltern am meisten vertraute. Seit fünf Jahren arbeiteten sie nun zusammen und er hatte geglaubt, Günther zu kennen wie niemanden sonst. Auch das erzählte er Anna.
„Okay, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Günther etwas damit zu tun hat“, sagte Anna. „Warum rufst du nicht die Spurensicherung an und fragst, wie viele Fingerabdrücke von ihm gefunden wurden und wo? Außerdem: Warst Du nicht heute Morgen bei ihm? Was für einen Eindruck hat er auf dich gemacht? War er nervös, aggressiv? Hast du irgendetwas Ungewöhnliches festgestellt?“
Robert schüttelte den Kopf. „Nein, er war wie immer. Ruhig, selbstsicher. Er hat mich sogar etwas aufgemuntert und mir ein paar Tipps gegeben.“
Anna strahlte. „Na also!“
Aber Roberts erleichterter Gesichtsausdruck wich plötzlich wieder einer tiefen Niedergeschlagenheit. Günther hatte gewirkt, wie immer, das stimmte. Aber er hatte nicht krank gewirkt. Nirgends lagen Taschentücher oder Medikamente herum. Kein Krankenlager auf der Wohnzimmercouch. Und Günther hatte von den Verbrechen gewusst, als er ihn anrief. Er hatte sich zwar auf die Zeitungsberichte berufen, aber es war deutlich, dass er gerade erst aufgewacht war. Wie sollte er da schon die Zeitung gelesen haben? Und da war noch etwas: Günther spielte leidenschaftlich gerne Billard und besaß einen eigenen Queue.
„Anna, ich glaube, er war es doch. Ich weiß nicht, warum er es getan hat, aber ich glaube, er war es. Ich fahre jetzt zu ihm.“ Roberts Stimme war ausdruckslos und monoton. Wie in Trance erhob er sich und wollte gehen. Anna sprang erschrocken auf und hielt ihn zurück.
„Mensch, Robert, weißt du, was du da sagst? Willst du nicht doch erst mit der Spurensicherung telefonieren? Warum bist du dir auf einmal so sicher? Er ist doch dein Partner, verdammt!“
„Ich weiß es einfach. Lass mich durch.“
„Nein. Denn wenn du Recht hast, könnte es sehr gefährlich sein, zu ihm zu fahren. Warte lieber. Ich rufe Bert und Holger, die sollen dich begleiten. Am besten holen wir uns noch Unterstützung aus Troisdorf und Bonn.“

Gardinen bewegten sich hinter geschlossenen Fenstern und einige Nachbarn kamen aus ihren Häusern, als sieben Einsatzwagen der Polizei vor Günthers Haus hielten. Doch die Angst siegte über die Neugier und sie zogen sich wieder in ihre sicheren Häuser zurück, als zwanzig Uniformierte mit gezogenen Pistolen das Gebäude umstellten und die Haustür eintraten. Robert rannte an der Spitze des Trupps in den Flur und weiter ins Wohnzimmer. Von Günther war nichts zu sehen. Andere Polizisten verteilten sich im Haus. Aus dem oberen Stockwerk rief ein Bonner Kollege herunter: „Hierher, ich habe ihn gefunden.“
Robert schob sich an zwei anderen Polizisten vorbei und ließ jede zweite Stufe aus, als er die Treppe hinaufstürmte. Auf dem gemachten Bett im Schlafzimmer lag Günther auf dem Rücken, ein Einschussloch in der Stirn und seine Dienstwaffe in der erschlafften rechten Hand. Neben ihm lag ein Blatt Papier. Robert erkannte sofort Günthers ebenmäßige Handschrift.

„Hallo Robert. Ich wusste, du würdest es herausfinden. Weißt du noch, ich habe dir gesagt, dass du in meinen Augen der beste Polizist weit und breit bist. Und wenn du der erste bist, der diese Zeilen liest, hatte ich Recht.
Tja, wie soll ich beginnen? Meine Ehe mit Elvira ist schon lange nicht mehr glücklich. Sie ist selten zu Hause und hat einen Liebhaber. Um mich ein wenig abzulenken, habe ich in den letzten Jahren mit dem Spielen angefangen. Erst in Spielhöllen, schließlich in den Hinterzimmern von Kneipen. Vor allem Poker und Black Jack. Am Anfang lief es ganz gut und ich habe kleine und mittlere Geldbeträge gewonnen. Dann stiegen die Einsätze. In den letzten zwei Jahren habe ich ein Vermögen verloren. Aber ich konnte nicht aufhören. Die Pechsträhne konnte ja nicht ewig anhalten. Schließlich musste ich eine Hypothek auf das Haus aufnehmen. Dann liehen mir meine Pokerfreunde immer mehr Geld, bis ich bis über beide Ohren bei ihnen verschuldet war. Da erzählten sie mir, dass sie diejenigen sind, die die Drogengeschäfte in Bonn und Umgebung – also auch hier – kontrollieren. Sie zwangen mich, ihnen rechtzeitig vor unseren Einsätzen gegen den Drogendealerring Tipps zu geben. Andernfalls würden sie Elvira und euch alles erzählen.
Tina bekam schließlich alles heraus. Eigentlich war es purer Zufall. Sie kam zurück ins Büro, um ihre Jacke zu holen, als ich mit meinem Handy mit einem der Dealer telefonierte und ihnen von unserem nächsten Einsatz berichtete. Sie war unglaublich geschockt. Und trotzdem war sie sehr nett und einfühlsam. Sie meinte, Kollegen müssten zusammenhalten. Selbstverständlich müsste ich für alles geradestehen, aber wenn ich mich stellen würde, würde es sicher nur halb so schlimm werden. Sie versprach, zunächst nichts zu erzählen, bis ich mir darüber klar geworden war, wie ich das anstellen wollte. So habe ich mich erstmal krank gemeldet, um in Ruhe nachdenken zu können. Doch als ich zwei Abende hintereinander nicht zu den Pokerabenden erschien, kamen die Dealer zu mir und drohten mir, ja nicht auszusteigen. Sie würden mich und Elvira umbringen, wenn ich es doch tun sollte. Ganz ehrlich: Um mich selbst machte ich mir keine Sorgen. Meine Selbstachtung war dahin. Aber ich liebe Elvira immer noch. Ich hatte immer die Hoffnung, dass wir wieder zueinander finden könnten. Um sie zu schützen gab es nur eine Möglichkeit: Tina – die einzige Mitwisserin – musste weg.
Der Hund und der Obdachlose waren nur Ablenkungsmanöver. Dadurch war ich mir sicher, dass du beschäftigt sein würdest, wenn ich zu Tina ging. Als ich kam, war sie gerade in der Teeküche. So konnte ich sie überraschen. Die Tür habe ich anschließend eingetreten, um den Verdacht von allen Mitarbeitern und damit auch von mir abzulenken. Vielleicht wäre es sogar gut gegangen. Aber ich kann nicht mehr. Ich ekele mich vor mir selbst.
Ich hoffe jetzt wirklich, dass Tina überlebt und wieder richtig gesund wird. Obwohl ich zuerst sehr geschockt war, dass sie nicht gestorben ist. Sie ist anscheinend verdammt zäh. Und ein unglaublich lieber und loyaler Mensch und eine tolle Kollegin. Bitte sei gut zu ihr. Ich wünsche euch von Herzen eine glückliche gemeinsame Zukunft. Dein Günther“

Robert sank mit dem Brief in der Hand zu Boden und weinte ebenso hemmungslos wie am Morgen. Die anderen Polizisten zogen sich diskret zurück und tuschelten leise auf dem Flur miteinander. Da klingelte Roberts Handy. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und meldete sich mit rauer Stimme.
„Schwester Gisela vom Johanniter-Krankenhaus. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass Frau Tina Schmitz vor etwa zehn Minuten aufgewacht ist. Sie hat schon nach Ihnen gefragt.“
„Vielen Dank, ich bin gleich da.“
Robert schaltete das Handy aus und stand auf. Er ging zu Günther und umarmte seinen Partner ein letztes Mal. Dann trat er hinaus in den strahlenden Sonnenschein und fuhr zum Krankenhaus.

 

Hey katzano!

Ohoh, du näherst dich der Anzahl meiner geposteten Geschichten ;)

Also, normal fange ich erst mit dem Inhalt an, aber jetzt widme ich mich erst dem Stil:
Zuerst einmal, mir ist der folgende unheimlich schwerwiegende Fehler aufgefallen:

„Ja, ich weiß. Danke der Nachfrage. Aber noch gibt es keine Entwarnung. Sie ist nach wie vor bewusstlos.
+

Ansonsten ist deine Geschichte sicher geschrieben, ist leicht verständlich und zieht einen schon leicht in den Bann.

Jetzt zum Inhalt (ohne viel vorweg zu nehmen):
Das Ende an sich ist, bis es durch Robert augeklärt wird, offen und ich hab es nicht erahnt. Was in meinen Augen ein wichtiger Punkt für eine gute spannende Geschichte ist.
Ansonsten gab es manchmal kleinere Stellen, an denen man erahnen konnte, was passiert (das bezog sich aber nur auf Nebenhandlungen, zum Beispiel als Robert auf die Wache kommt und Tina in ihrer eigenen Blutlache entdeckt – konnt man ahnen) – was natürlich völlig normal ist.
Zu den Gründen des Täters: Meiner Meinung nach haben die sich leicht aus den Fingern gesogen angehört (ungefähr so wie "soviel Pech kann keiner haben"), aber im Endeffekt passt das schon. Hört sich nur in dem Moment, in dem das alles rauskommt leicht übertrieben an, find ich.

Insgesamt eine gute Geschichte :)

Liebe Grüße
Jasmin

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Jasmin,

wow, das geht ja fix bei Euch mit den Kritiken. Ich glaube, in dieser Rubrik bleibe ich mal eine Weile (nachdem ich bisher wild gestreut habe - bei insgesamt drei Geschichten darf man das doch so sagen, oder?). :D

Vielen Dank fürs Lesen und fürs Kommentieren. Es freut mich natürlich, dass Dir die Geschichte gefallen hat. Den besonders schwerwiegenden Fehler habe ich schon ausgemerzt. Allerdings sieht das Anführungszeichen anders aus als alle anderen. :susp: Es will wohl jedem weiterhin deutlich zeigen, dass es zuerst vergessen wurde...

Mal sehen, was andere noch zum Schluss - also zu der Begründung - sagen. Eventuell muss ich da nochmal ran.

Nochmals vielen Dank und liebe Grüße
Kerstin

P.S.: Die Hälfte der Anzahl Deiner Geschichten habe ich jetzt immerhin. Ich kriege Dich noch! :naughty:

 

Hallo Katzano :)

Die Geschichte ist dir gut gelungen.

Auch ich habe gerätselt, was die beiden Verbrechen miteinander zu tun haben könnten, ohne auf die Lösung zu kommen. Spannend geschrieben schwingt fast schon ein wenig Mystery mit.

deine Beschreibungen sorgen dafür, dass man richtig in der Geschichte drin ist. man sieht alles deutlich vor Augen.

am Schluss hattest du die Gelegenheit mit der NAchricht aus dem Krankenhaus die Geschichte entscheidend zu verändern. Ich bin froh, dass du dich für das Happy end entschieden hast. :)

Solche Geschichten wünsche ich mir mehr, in der Spannungs Rubrik *mitzaunpfahlwink* :D

Porcupine

 

Hi Porc,

danke fürs Lesen dieser wahrlich nicht kurzen Geschichte und natürlich fürs Lob. :)

Ich war mir wirklich nicht sicher, wie die Geschichte ankommt. Manchmal neige ich nämlich zu sehr zum Beschreiben. Und hier gilt ja der (durchaus richtige und wichtige) Grundsatz: "show, don't tell". Wenn Du aber in die Geschichte hinein gezogen wurdest, ist mir bei dieser Geschichte vielleicht endlich mal der Drahtseilakt geglückt.

Solche Geschichten wünsche ich mir mehr, in der Spannungs Rubrik *mitzaunpfahlwink*
Pass' auf, sonst nehme ich Dich beim Wort und überschwemme Eure Rubrik. :D
Das heißt, wenn ich denn mal mehr Zeit zum Schreiben hätte. :(

Liebe Grüße
Kerstin

 

Hallo katzano,
Ein richtiger Krimi. Toll!
Recht früh hatte ich den Gedanken, daß es sein Kollege sein könnte. Lag nicht an der Geschichte. Es ist eben manchmal so.
Eine wirklich spannende Geschichte, die für mich allerdings einen kleinen Fehler hat und das ist das Motiv des Täters.
Das ist mir einfach zu lau. Im Affekt kann so manches passieren. Hier hat er aber geplant gehandelt, indem er den Hund und den Mann ermordet hat, um dann zu der Frau zu gehen.
Dafür reicht seine Begründung nicht aus.
Egal… spannend war’s!
Einige Anmerkungen noch:
……….
Die Stimme aus seinem Funkgerät klang aufgeregt, beinahe hysterisch.
…………..
ERMORDET, Robert“, schluchzte Tina plötzlich los.
………….. eine erfahrene Polizistin schluchzt bei der Meldung und ist hysterisch? Das finde ich etwas unwahrscheinlich. Nachher dachte ich, daß der Mörder sie schon in seiner Gewalt hätte. Das passt von Hergang aber wohl auch nicht so richtig.

…………..
Sobald das hier überstanden ist und wieder Ruhe eingekehrt ist, werde ich sie fragen, dachte Robert und stieg die drei Stufen zum Eingang hoch.
…………kann das erste „ist“ weg?

………
„Ich denke, sie wird es schaffen“,
………..
„Allerdings hat sie eine Menge Blut verloren. Der Täter muss wissen, wie er ein Messer anzusetzen hat, damit er viel Schaden anrichtet. Wir werden operieren müssen.
……….. da ist es doch zu früh, um das sagen zu können. Kein Arzt kann da wissen, welche Organe verletzt sind.


Der Berger telefoniert mit dem Innenminister?
Ich denke, da sind in der Rangordnung aber noch einige dazwischen, bevor er an den Minister kommt. Den wird er nie erreichen.

………….
einige Frauen mit Säuglingen auf dem Arm traten vor die Haustüren der Nachbarhäuser,
…………….. Das stelle ich mir eher wie eine komödiantische Szene vor. Wie auf ein Kommando treten zehn Frauen mit zehn Babys aus zehn Häusern. Toll wäre, wenn alle das Gleiche anhätten.

Sei nicht böse wegen meiner Frotzeleien.
Ich habe die Geschichte wirklich gerne gelesen und sie hat mich auch gut unterhalten.
Gruß
Manfred

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dreimeier,

jetzt muss ich erstmal gestehen, dass ich, als ich sah, dass von Dir ein Kommentar zu meiner Geschichte vorliegt, erstmal gaaaaaanz tief Luft geholt habe, bevor ich die Kritik anklickte. Denn ich habe schon einige Kritiken von Dir gelesen und weiß, dass Du sehr aufmerksam liest und vor allem auch die logischen Zusammenhänge wahrnimmst bzw. suchst. Und jetzt denke ich: Ufff, nochmal glimpflich davongekommen. ;)

Zu Deinen Anmerkungen:

Dass Tina so hysterisch ist, kommt ja hoffentlich auch als außergewöhnlich rüber? Eigentlich soll das
a) der großen Hitze, unter der alle leiden
b) dem massiven Druck, dem alle durch die Unterbesetzung ausgesetzt sind und
c) dem wirklich schrecklichen Verbrechen nach Monaten und Jahren der Ruhe - also vielleicht auch dieser außergewöhnlichen Situation, die eine Überforderung mit sich bringen könnte - geschuldet sein.
Und ja, d) wollte ich das auch als Spannungselement einbauen. :shy:
-----------
Das erste "ist" kann weg, mach' ich sofort. Danke!
-----------
Können Ärzte wirklich nicht anhand der Blutmenge und den äußerlich erkennbaren Verletzungen abschätzen, ob Arterien geklammert, genäht oder irgendwas mit ihnen gemacht werden muss? Hmmm, wenn dem so ist, muss das natürlich als schlecht recherchiertes Element raus. Ich ändere das auch gleich.
-----------
Ist ja nur der Landes- und nicht der Bundesinnenminister... :D
Einfach im Sinne dessen, dass Robert sich wirklich alle Mühe gibt und nichts unversucht lässt, lasse ich das, glaube ich, erstmal drin.
-----------
Tja, die lieben Nachbarn. Ich wusste gar nicht, dass ich auch Humor-Geschichten schreiben kann. :D
Nein, wird noch geändert. Nicht, dass meine Leser sich vor Lachen auf dem Boden kringeln, während ich atemlose Spannung hervorrufen wollte.
-----------

Und dann noch Dein großer Trumpf: Die Begründung. So langsam fürchte ich, dass ich mir doch noch was einfallen lassen muss. Das dauert aber sicher länger, als die restlichen Änderungen. Aber ich lasse mein Hirn noch was dran arbeiten. Versprochen.

Danke fürs Lesen und für Deine Kritik! :)
Kerstin

 

He Katzano,
so hab ich mich aber noch nicht gesehen: Als Kritikermonster!
Nö, will ich nicht!

Wo ich aber wieder hier bin...Ich kann es nicht lassen:
..............
...einige Nachbarn traten vor die Haustüren der umliegenden Häuser,
..............
Warum machen die das? Da sollte die Polizei mal einschreiten! :D

Gruß und mach et jut :thumbsup:

 

Nein, nein, ich habe Dich nie als Kritikermonster gesehen. Nur kann man in nahezu jeder Geschichte kleine Ungereimtheiten oder Logikfehler finden. Und da Du sehr aufmerksam liest (definitiv ein Kompliment!), fallen Dir häufig solche Dinge auf. Und ich wusste, dass sich meine Geschichte auf dem Prüfstand befand, als ich sah, dass Du sie gelesen hattest.

Warum machen die das? Da sollte die Polizei mal einschreiten!
Siehst Du, so was meine ich. :D
Okay, hab's nochmal geändert. Ich hoffe, jetzt passt es. *Schweiß von der Stirn wisch* :D

Nochmal lieben Dank und viele Grüße
Kerstin

 

Hi katzano,
eine klassische Krimigeschichte, die Spaß gemacht hat. Vor allem hat mich eins besonders gefreut: St. Augustin...Hey, ne story in meiner Heimat!!!!, und das erste Mal hatte in meiner kg Geschichte hatte ich wohl das korrekte Bild des Schauplatzes vor mir. Sogar die Polizeistation hatte ein wahres Gesicht *g*
Aber ich habe die gleiche Kritik vorzubringen wie die anderen: Das Motiv des Täters ist wirklich etwas schwach auf der Brust; ansonsten hab ich keine negativen Anmerkungen.

Grüße...
morti

 

Hallo morti,

danke fürs Lesen und für die Kritik. Freut mich, dass es Dir gefallen hat. Du bist auch hier aus der Ecke? Prima, wenn ein "Einheimischer" keine großen Schnitzer in der Umgebungsbeschreibung erkennt.

Zu dem Motiv muss ich mir wohl wirklich noch was Besseres einfallen lassen. Wird auf jeden Fall noch erledigt. Hatte ich auch Dreimeier schon versprochen. Ich denke, am Wochenende setze ich mich da nochmal dran.

Danke nochmal für Deinen Kommentar! :)
Kerstin

 
Zuletzt bearbeitet:

Ha,
das wird genau verfolgt!
:cool:

 

Soooo, lange hat es gedauert, aber jetzt habe ich mir endlich ein neues Motiv ausgedacht und die Geschichte überarbeitet. Ich würde mich freuen, zu hören (lesen), ob es jetzt stimmiger ist oder immer noch so fadenscheinig wie zuvor.

Für alle, die die Geschichte schon kennen und da sie sehr lang ist: Ich habe den ersten Absatz ergänzt und den Brief (vorletzter Absatz) neu geschrieben. Dazwischen ist irgendwo in der Mitte noch ein Satz abgeändert, damit alles stimmig bleibt. Das fällt aber - um das neue Motiv zu kritisieren - nicht ins Gewicht.

 

Hallo Kerstin,
ich kann mich grob gesagt den bisherigen Kritikern anschließen, wirklich spannend und lebendig geschrieben, so etwas mag ich. Ich weiß nicht, was du geändert hast, aber der Brief am Ende kommt etwas heftig. Ok, Spielsucht etc. mag sein, aber deshalb zwei Leute und einen Hund umbringen? Außerdem find ich die Reaktionen deiner Prots manchmal etwas zu heftig, muss Robert z. B. gleich Galle kotzen? Aber das sind Kleinigkeiten, die du leicht ändern könntest, wie einige Fragen, die mir beim Lesen auffielen:
Wer hat den Mord entdeckt?
Warum wird nicht sofort ein Notarzt gerufen?
Warum bekommt Tina ein starkes Schmerzmittel, wenn sie noch bewusstlos ist?
Günter soll im Bett bleiben, aber man merkt ihm keinerlei Symptome an. Oh nein, das gehört zum Plot, gut!!!
Aber das fällt nicht so sehr ins Gewicht.
lieben Gruß
tamara

 

Hallo tamara,

danke fürs Rauswühlen dieser alten Geschichte, fürs Lesen und natürlich für das Lob. Freut mich sehr, dass du die Geschichte lebendig und spannend findest.

Zu deinen Einwänden:
Tja, Günther hat ein wenig den Bezug zur Realität verloren. Die Spielsucht, die unglückliche Ehe, seine (unfreiwillige) Komplizenschaft mit dem Dealerring, die sich nicht mit seinem Selbstverständnis als Polizist verträgt, die plötzliche Angst, er könne auffliegen,... All das hat einen extremen psychischen Stress ausgelöst, dem er nicht gewachsen ist und der ihn extrem reagieren lässt. In der Realität haben einige Kriminelle und Mörder sicher noch weniger Motive für ihre Taten. Damit will ich das sicher nicht gutheißen, aber es gibt einfach Menschen, die extrem reagieren. Aus Gründen, die du und ich sicher nicht nachvollziehen können. Dennoch geschehen solche Verbrechen.

Zu Roberts Reaktionen: Es ist seit Tagen unglaublich heiß, er schiebt Überstunden ohne Ende, da ist er körperlich einfach ausgelaugt und in keiner sehr guten Verfassung mehr. Dazu gehen plötzlich Dinge in seiner Stadt vor, die unglaublich und einfach nur schrecklich sind. Sowas kann schon mal auf den Magen schlagen, und wenn man dann nicht gerade fit ist... ;)

Wer den Mord entdeckt hat, ist letztlich unerheblich. Irgendein Bürger, der direkt die Polizei angerufen hat. Aber die Sache mit dem Notarzt ist natürlich richtig. Selbst wenn ganz offensichtlich ist, dass nichts mehr zu retten ist, muss immerhin immer ein Arzt den Tod feststellen und bescheinigen. Das liefere ich noch nach. Danke!

Das Schmerzmittel: Immerhin könnte sie jeden Moment erwachen. Da will man ihr die Schmerzen halt nicht zumuten. ;) Nee, hier hast du auch wieder Recht. Das ist sicher ungewöhnlich. Die Schmerzmittel werden ihr sofort gestrichen. Nochmals danke!

Lieben Gruß
Kerstin

 

Liebe katzano

(auch ein Katzen-fan?)

Deine Geschichte gefällt mir gut, bietet aber (wie fast alles) auch Möglichkeiten, tatsächlich noch etwas besser zu werden. Ich schreib' einfach mal, was mir so einfällt.

Zunächst ein paar Kleinigkeiten :teach:

Für Mord ist die Kripo zuständig - kein einfacher Streifenpolizist, insbesondere, wenn ein Beamter dabei verletzt wird, dann ist da die Hölle los.

Gibt es das wirklich bei der Polizei? Doppelschichten? Ich dachte: Spät-, Früh-,
Nacht-schicht und dann zwei Tage frei (zumindest hat mir das einmal ein Bekannter erzählt, der Streifenpolizist ist)

So und jetzt zu Deinen Personen:

Jemand, der einen Mord begeht, um sein eigene Karriere zu retten, hat ein enormes kriminelles Potential und hängt sehr an seinem eigenen Leben. Es ist sehr unglaubwürdig, dass er sich einfach umbringt, ohne weiter für sich zu kämpfen und ohne vorher in die Enge getrieben worden zu sein. Schließlich weiß er noch nicht, dass seine Fingerabdrücke gefunden wurden. Selbst wenn, er ist Polizist, gerade er sollte sich nicht durch solche Banalitäten überführen lassen.

So, wie Du die Geschichte arrangiert hast, ist es eher ein Ansatz für einen Roman, der von der Beziehung der beiden eng befreundeten (nach meinen Eltern ...) und doch aus Zwang feindlichen Kollegen. Das interessanteste an diesem Plot wäre eigentlich der Gewissenskonflikt, der Günther dazu bringt, überhaupt daran zu denken, einen Kollegen zu töten, noch dazu die Spannung, wenn er selbst nicht genau weiß, ob was und wie er weiter vorgehen wird. Es ist fast schon schade, dass das alles in der momentanen Form verloren geht ...

Aber Du musst Dir wegen meiner Gedanken keine großen Sorgen machen ... die sind ja nur ein Vorschlag, der mir gerade so gekommen ist ... (ich weiß ich bin ein :klug: )

:rolleyes:

Ach, und nochwas ... ich bin immer ein bischen direkt, wenn ich etwas sage, um Mißverständnisse zu vermeiden, ich hoffe, das da oben klang nicht zu hart ... Deine Geschichte ist nämlich wirklich schon gut ...

C.U.

sarpenta

 

Hallo sarpenta,

danke fürs Lesen und dafür, dass du dich so eingehend mit der Geschichte befasst hast. :)

Bei einigen Punkten hast du mich ja anscheinend eiskalt erwischt. Sankt Augustin ist eine Kleinstadt bei Bonn. Etwa 58.000 Einwohner. Wäre es nicht denkbar, dass es da echte "Allrounder" gibt? Zumindest im Hochsommer, wenn urlaubsbedingt oder durch Sommergrippe viele Kollegen fehlen? Nein? :Pfeif: Gut, das werde ich sicher noch verbessern.

Ich denke aber schon, dass in Stresszeiten auch bei Polizisten jede Menge Überstunden anfallen können. Ob das unbedingt Doppelschichten sind - hmm, wahrscheinlich nicht. Hast Recht. Aber Überstunden sicher. Zum Beispiel ist für die Fußball-WM im kommenden Jahr eine komplette Urlaubssperre für alle Polizisten verhängt worden (zumindest in NRW). Ähm, hat mit der Geschichte nichts zu tun, fiel mir aber grade ein. ;) In einer Kleinstadt mit eh schon relativ geringer Besetzung ist es sicher auch nicht so, dass ein Polizist sagt "Och nee, jetzt habe ich aber Feierabend", wenn grade eine Mordmeldung eingeht. Da können schon Überstunden anfallen. Zumindest, wenn man sowieso schon unterbesetzt ist. Die Doppelschichten kann ich aber sicher auch streichen.

Es ist sehr unglaubwürdig, dass er sich einfach umbringt, ohne weiter für sich zu kämpfen und ohne vorher in die Enge getrieben worden zu sein. Schließlich weiß er noch nicht, dass seine Fingerabdrücke gefunden wurden.
Das nicht, aber er weiß, dass Tina überlebt hat. Und dass sie ihn erkannt hat. Damit ist er aus meiner Sicht schon in die Enge getrieben. Es ist ja nur eine Frage der Zeit, bis sie erwacht und aussagen kann.

Ja, und der Konflikt... Da hätte man sicher mehr rausholen können, aber dann ginge das tatsächlich, wie du schon angemerkt hast, eher in Richtung Roman. In dieser Kurzgeschichte kann ich das sicher nicht komplett ausarbeiten. Ich finde das selbst schade, aber damit muss die Geschichte leben. Ansonsten müsste ich sie hier rausnehmen. Und das will ich irgendwie nicht. :shy:

Du bist aber auf einen anderen Punkt, den ich seit langer Zeit mal überarbeiten wollte, nicht eingegangen. *Stein vom Herz fall* ;)
Eigentlich bin ich recht unzufrieden damit, wie alles am Ende in dem Brief aufgeklärt wird. Ich will schon lange vieles davon in die Geschichte selbst einfließen lassen, so dass am Ende die langen Erklärungen hinfällig werden. Aber damit würde auch eine viel eingehendere Charakterisierung von Robert und Günther nötig. Und im Grunde betrifft das auch die von dir angesprochene Ausarbeitung des Gewissenskonflikts - besser: der allgemeinen Lebensumstände Günthers und seines Seelenzustands. Und damit ist man schnell wieder bei dem Roman. Ich habe bis jetzt noch keine Idee, wie ich das vernünftig umsetzen kann - zumindest nicht in dieser Kurzgeschichte. Inzwischen denke ich aber - auch dank deiner Anmerkungen - dass es hier und im Rahmen dieser Geschichte gar nicht möglich ist. Ich werde es also bei dem Abschiedsbrief belassen.

Ach so, entschuldigen brauchst du dich überhaupt nicht. Deine Kritik war doch ehrlich und sehr konstruktiv. Genau so sollen Kritiken hier sein. Ich bin sehr an ehrlichen Meinungen interessiert und an Wegen, vielleicht noch etwas verbessern zu können. Und dabei hast du mir geholfen. Danke schön dafür! Die zwei oben angesprochenen Punkte werde ich auf jeden Fall noch ausmerzen.

Viele Grüße
Kerstin

P.S.: Ja, ich bin auch ein Katzenfan. Davon gibt es hier einige. Ich mag aber auch Hunde. Was - glaube ich - eher selten ist. Also in der Kombination. ;)

 

Liebe Kerstin,

gerade hatte ich noch eine Idee bezüglich Deiner Geschichte: Günther ist Tinas Kollege und steht noch nicht unter Verdacht - den Mord hat er schon versucht, sogar durchdacht geplant und läuft gerade eben Gefahr, weil Tina überlebt. Wäre es nicht naheliegend, dass er diesen Mord zu Ende führen wollte und versucht sie im Krankenhaus zu töten: Er kommt ohne Probleme hinein, weil er ihr Kollege, ihr Freund, ja sogar Polizist ist. Robert kommt zurück und erwischt ihn gerade dabei, wie er ihre lebenswichtigen Schläuche geschützt von einem Taschentuch entfernen will. Es kommt zum dramatischen Höhepunkt der Geschichte: Robert mit der Hand am Abzug, Günther die Waffe hinter sich am Gürtel versteckt und die Hand am Schalter der Herz-Lungen-Maschine von Tina. Beide erklären sich ihr Leben, ihre Beziehungen zueinander und zu Tina.

Damit bleibt Deine Geschichte eine Kurzgeschichte.

(Ist nur ein Vorschlag um Dir eine neue Idee zu geben, Du kannst einfach mal damit anfangen, die Szene weiterstricken und etwas neues daraus machen. Schließlich ist es Deine Geschichte.)

lg,

sarpenta

Auf den Katzenfan kam ich durch Deinen Namen (und die Tatsache, dass ein Hund gemeuchelt wird ... ;) )

 

Hallo katzano!

Etwas verspätet wünsch ich Dir alles Gute zum Geburtstag! :)

Mir hat Deine Geschichte sehr gut gefallen – ich fand sie spannend bis zum Schluß, flüssig zu lesen und gut in einen realen Hintergrund eingebaut.
Robert und was man so über Tina erfährt finde ich als Charaktere gelungen, einzig Günther will mir nicht so ganz authentisch erscheinen: Jemand, der einen eigenen Billardqueue hat, ist in der Regel ein leidenschaftlicher Billardspieler – das paßt für mich gefühlsmäßig nicht zu den Spielen, bei denen er sein Geld verloren hat, aber vor allem wird er dann nicht mit dem Queue auf jemanden eindreschen (und da so ein Queue nicht sehr schwer ist, kann ich mir auch die »ungeheure Wucht« nicht gut vorstellen). Zumindest die Leute mit eigenem Queue, die ich bisher kennenlernte, haben die wie Heiligtümer behandelt. Dazu kommt aber auch, daß sowas verräterische Spuren hinterläßt, die Du ja auch beschrieben hast, aber als selbst Polizist würde er wohl nicht so unvorsichtig sein, da er weiß, daß gerade solche Spuren oft zum Täter führen. Deine Überlegung, daß die Lackspuren ihn verraten könnten, ist ja nicht falsch, aber daß er sie als Polizist hinterläßt und als Billardspieler seinen Queue so mißbraucht, halte ich für eher unwahrscheinlich.
Laß ihn doch einfach selbst süchtig geworden sein, und dafür, daß er bekommt, was er braucht, gibt er ihnen die Tips. Solange er mit der Beschaffung keine Probleme hat und keine körperlichen Verfallserscheinungen eintreten, kann er das sicher besser vor seinem Kollegen verbergen als Spielschulden, und die Abhängigkeit von den Dealern wäre genauso gegeben. Spielschulden würden ihn bestimmt nervös machen, Du schreibst jedoch von unerschütterlicher Gelassenheit, und die paßt sowohl besser zu einem Kokser als auch zu einem Billardspieler. ;)

Robert ist Dir wirklich gut gelungen, an dem laß ich alle Haare dran. :)

Eigentlich bin ich recht unzufrieden damit, wie alles am Ende in dem Brief aufgeklärt wird. Ich will schon lange vieles davon in die Geschichte selbst einfließen lassen, so dass am Ende die langen Erklärungen hinfällig werden. Aber damit würde auch eine viel eingehendere Charakterisierung von Robert und Günther nötig.
Die Erklärungen wären dann zumindest kürzer. ;)
An der Stelle, wo der Kranke eigentlich gar nicht krank erscheint, hab ich schon einen leichten Verdacht gehabt, daß Günther etwas damit zu tun haben könnte – aber das hat der Spannung nichts genommen.

Wenn ich es richtig verstehe, ist die Antwort auf die Frage von Seite 1, warum Tina den Code nicht benutzt hat, weil Günther da bereits neben ihr gestanden ist? Das finde ich zwar nicht direkt bestätigt, aber es läßt sich so zusammenreimen. War das so gedacht?

Ein paar Kleinigkeiten hab ich auch noch gefunden:

»Doch seitdem nahezu alle, die Rang und Namen hatten, nun an der Spree residierten,«
– nach »seitdem« brauchst Du kein »nun«

»Einbrüche, Raubüberfälle – die Polizei vermutete, dass diese Straftaten«
– kann »die Polizei« etwas vermuten? Vorschlag: »innerhalb der Polizei vermutete man, …«, »polizeiintern vermutete man« oder auch »Spezialisten der Polizei vermuteten« oder so. Juristische Personen können nicht vermuten, nur die natürlichen Personen, die diese vertreten.

»Nichts in der Umgebung der kleinen Hundeleiche schien auf den Täter schließen zu lassen.«
– Nichts … ließ auf den Täter schließen.

»„Gehen sie bitte. Hier gibt es nichts zu sehen. Die Polizei wird sich darum kümmern. Bitte, machen sie Platz.“«
– zweimal »Sie«

»„Der Mann ist erstochen worden. Sein Herz wurde mehrmals getroffen, außerdem die Milz und wahrscheinlich auch die Lunge.«
– Ich weiß nicht, ob Du das recherchiert hast, aber in mir regen sich Zweifel, daß er das alles an Ort und Stelle feststellen kann.

2

»Einen Teil dazu trug seine Müdigkeit bei. Einen weiteren Teil – und den größeren, wie er sich eingestehen musste – war seine Zuneigung zu der Kollegin.«
– würde ich umdrehen: Einen Teil trug seine Müdigkeit dazu bei.
– im zweiten Satz würde ich das »und« streichen, auf jeden Fall stimmt aber was mit dem Ende nicht, ich denke, das »war« gehört da nicht hin.

»„Tina, komm, lass’ mich jetzt nicht im Stich. Wir beide wären ein tolles Gespann, weißt Du das nicht? Komm, kämpfe. Halt durch, hörst Du?“«
– »lass« ohne Apostroph
– »du« klein

»Möchten sie mit uns fahren?“«
– Sie

»Versuchen sie doch, einige Kollegen aus dem Urlaub zurück zu rufen. Ich kann leider nichts für sie tun.“«
– Sie
– zurückzurufen

»halten sie mich bitte auf dem Laufenden.“«
– Sie

3

»Ihm wurde schwarz vor Augen und er lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand des Krankenhausflures, um nicht ohnmächtig zusammenzubrechen.«
– statt »schwarz vor Augen« würde ich nur »schwindlig« schreiben, wenn ihm nämlich schon schwarz vor Augen ist, wird ihm das Anlehnen nicht mehr viel helfen. (Vor allem ist es aber auch besser, in solchen Situationen gleich in die Hocke zu gehen oder sich hinzulegen, denn wenn man dann doch bewußtlos wird, fällt man nicht so tief. Nur so als Tip. ;-))

»Gestern war ein fürchterlicher Tag und weißt du...“«
– Leertaste vor die drei Punkte

»Günther war der einzige, mit dem Robert über seine Gefühle gesprochen hatte.«
– der Einzige

»Als sie gemütlich auf dem Sofa saßen, jeder eine Tasse Tee vor sich, berichtete Robert von den Ereignissen des letzten Tages.«
– »des letzten Tages« könntest Du hier streichen (wiederholt sich gleich danach)

»„Weißt Du, ich kann einfach nicht mehr“,«
– du

»Danke für die Komplimente, mein Junge. Dann will ich mal wieder.“«
– »wieder« wiederholt sich im übernächsten Satz, evtl. hier »Dann will ich mal weiter«?

4

»Sein erster Weg führte ihn wieder zum Krankenhaus.«
– statt »wieder« könnte hier aber auch »erneut« oder »abermals« stehen

»„Bitte unterrichten sie mich sofort, wenn sie wach wird“, trug er ihnen auf.«
– unterrichten Sie mich

»Doch welcher Obdachlose schaffte sich solche Feinde,«
– bis zum Ende des Absatzes sind noch zwei »doch«, und auch im nächsten Absatz gibt es zumindst drei »doch« und ein »jedoch«

»Doch sie wissen ja, dass alle von Polizisten stammten.«
»„Natürlich. Warten sie bitte einen Augenblick.“«
– Sie

»Robert überflog die Namen noch im Stehen, sobald er das Blatt Papier in der Hand hielt.«
– »sowie« fände schöner

»Außerdem standen noch Anna Klein, die in der Telefonzentrale arbeitete und jetzt Tina vertrat sowie Günther Fassler auf der Liste.«
– vertrat, sowie

»„Geht es ihnen nicht gut?«
– Ihnen

»„Wenn sie möchten, können sie unseren Sitzungsraum benutzen. Dort sind sie ungestört.“«
– Sie

5

»Robert wurde es schwarz vor Augen und der Raum schien sich zu drehen. Der Verdacht, der sich ihm aufdrängte, war einfach überwältigend. Er stürzte nach hinten zu den Toiletten und übergab sich, bis nur noch Galle hervorkam.«
– Schon wieder wird ihm schwarz vor Augen? Ich glaube, es wurde ihm eher übel oder so. ;)

»Er wusch sich das Gesicht und kam mit aschfahlem Gesicht zurück.«
– das doppelte »Gesicht« läßt sich bestimmt vermeiden

»Roberts Stimme klang tonlos und monoton.«
– wenn sie klingt, kann sie nicht tonlos sein, Vorschlag: Roberts Stimme klang gedämpft und monoton.

»Erst in so genannten Spielhöllen,«
– darf man übrigens wieder zusammenschreiben: sogenannten (ist aber freigestellt)
Allerdings würde ich es streichen, da die beiden Kollegen sind und Günther davon ausgehen muß, daß Robert weiß, was Spielhöllen sind.

»Die Pechsträhne konnte schließlich nicht ewig anhalten. Schließlich musste ich eine Hypothek auf das Haus aufnehmen. Dann liehen mir meine Pokerfreunde immer mehr Geld, bis ich schließlich bis über beide Ohren bei ihnen verschuldet war.«
– dreimal »schließlich«

»So konnte ich sicher sein, dass Du beschäftigt sein würdest, wenn ich zu Tina ging. Als ich kam, war sie gerade in der Teeküche. So konnte ich sie überraschen.«
– zweimal »So konnte ich«, Vorschlag: »Ich hatte die Gewissheit, …«


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

danke schön für die guten Wünsche und für die Kritik, mit der du dir wie immer extrem viel Arbeit gemacht hast. Peinlich, wie viel sich noch verbessern ließ. Die "paar Kleinigkeiten" habe ich allesamt überarbeitet und beim Lesen sogar noch ein paar wenige weitere Stellen gefunden (ein fehlendes Anführungszeichen, formale Anrede noch 2 oder 3 Mal häufiger klein).

Tja, dem guten Robert wird relativ schnell schwarz vor Augen, hm? Ich habe das jeweils abgeändert. Ich hatte das damals wohl so geschrieben, weil ich selbst einen relativ niedrigen Blutdruck habe und mir auch gern mal schwarz vor Augen wird (zum Beispiel wenn ich zu schnell aufstehe). Wenn ich mich dann eine Minute irgendwo festhalte, ist es wieder vorbei. Den Zustand "schwindlig, aber nicht schwarz vor Augen" kenne ich praktisch gar nicht. Aber die Reaktion war hier zum Teil auch überzogen, ich habe es wie gesagt an beiden Stellen geändert. Der Tipp mit dem Hinhocken oder Hinlegen ist aber gut. :) Wobei ich noch nie ohnmächtig wurde, mir ist halt nur ab und zu schwarz vor Augen. Man gewöhnt sich daran. ;)

»„Der Mann ist erstochen worden. Sein Herz wurde mehrmals getroffen, außerdem die Milz und wahrscheinlich auch die Lunge.«
– Ich weiß nicht, ob Du das recherchiert hast, aber in mir regen sich Zweifel, daß er das alles an Ort und Stelle feststellen kann.
Recherchiert hatte ich das nicht. Und du hast Recht, das kann man sicher so genau nicht vor Ort feststellen. Außer das mit dem Herz, da gehe ich jetzt davon aus, dass man das anhand der getroffenen Stelle, des großen Blutverlustes und der Spuren der Blutströme, die es gegeben haben muss, als Experte mit ziemlicher Gewissheit sagen kann. Den Rest habe ich geändert.

Die anderen Änderungen sind selbstverständlich auch eingearbeitet, zum Teil etwas anders formuliert. Wortwiederholungen habe ich eliminiert. Danke für die viele Arbeit! :)

Noch kurz zu Günther: Er war geschockt durch die Entdeckung, hat dann zwei Tage mutterseelenallein vor sich hingebrütet, in denen seine Verzweiflung wuchs und wuchs - er sich in sie hineingesteigert hat. Die Tat ist die Tat eines komplett verzweifelten Menschen, der all seine einstigen Ideale verrät. Der handelt (denke ich) nicht mehr rational. Dem ist alles egal, auch sein Billardqueue. Ich habe selbst einmal einen besessen und weiß auch, wie vorsichtig man mit diesem Heiligtum ( ;) ) umgeht. Aber ich denke, das ist bei ihm außer Kraft gesetzt, zumindest zur Tatzeit. Vielleicht auch die Vorsicht. Aber ich sehe auch, dass Günther nicht ganz rund ist. Denn für diese unvorsichtige, affekthafte Tat ist er danach beim morgendlichen Gespräch mit Robert zu abgezockt. Diese beiden Haltungen passen nicht zueinander. Entweder das eine oder das andere ginge. Ich denke, hier ist das Problem. Ich werde noch einmal darüber nachdenken.

Nochmals ganz lieben Dank fürs Hervorkramen dieser Geschichte, für die Denkanstöße zur Verbesserung, für das hervorragende Korrektorat und nicht zuletzt für die Geburtstagswünsche!

Liebe Grüße
Kerstin

 

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