Was ist neu

Serie Schwere

Mitglied
Beitritt
09.09.2013
Beiträge
298
Zuletzt bearbeitet:

Schwere

Ich wiege zwei Kilogramm zu viel. Das darf nicht sein. Diese zwei Kilo muss ich mindestens loswerden, sonst lassen sie mich hier sterben. Ich möchte zu meiner Familie, von der niemand zu schwer war und die deswegen schon weg durfte. Auch all meine leichten Freunde und Bekannten sind fort von hier. Ich beneide sie. Es gibt nur die Wahl zwischen Weggehen oder Sterben. Und zum Weggehen darf man nicht über fünfundachtzig Kilogramm wiegen. Undurchschaubar und rätselhaft bleibt diese Trennung nach Gewicht. Mit Sicherheit wird es in der neuen Welt einen Frauenüberschuss geben, zumindest bei den schweren Menschenrassen.

So gehe ich auf die Toilette und drücke heraus, was geht. Es kommt nicht mehr viel, weil ich schon seit einer Woche nichts mehr gegessen und kaum getrunken habe. Mein Gewicht ändert sich nicht merklich. Aber ich habe ja noch bis Morgen Zeit. Da könnte sich noch was tun. Den letzten Popel fummle ich von weit hinten aus der Nase und werfe ihn auf den Boden. Es klebt Blut an ihm. Dann mache ich Liegestützen, hopse im Zimmer herum und beuge die Knie, bis ich schwitze. Ein paar Tropfen Schweiss, kaum erwähnenswert.

Meine Sorge wächst. Wie kann ich überleben? Haare und Nägel sind jetzt dran. Ich schneide die Finger- und Zehennägel so kurz bis Blut kommt. Dann verpasse ich meinem Körper eine Komplettrasur. Meine Haut ist jetzt glatt wie bei einer Frau. Doch am Gewicht ändert sich immer noch nicht viel. Der Zeiger der Waage wehrt sich, nach unten zu gehen. Meine Befürchtungen wachsen, dass es nicht ohne Schmerzen gehen wird. Mein Herz pocht und der Blutdruck steigt. Ich spucke ein paarmal, aber auch das hilft nicht.

Ich betrachte meinen nackten Körper. Alles, was nicht angewachsen ist, kratze ich herunter, denn auslutschen kann ich mich nicht. So feile ich Haut von meinen Narben ab, an den Knien und Armen. Dann die Hornhaut an den Füssen. Alles immer bis es blutet. Doch es reicht bei weitem nicht, um spürbar leichter zu werden.

Ich überlege, was ich als nächstes opfern könne. Die kleinen Zehen! Nein! Sie gefallen mir und ich mag keine grossen Schmerzen, freiliegende Knochen und Blutlachen. Aber es steht nicht gut mit mir. Weiterleben muss ich. Mein Kopf dröhnt, während ich meinen Körper absuche. Die Vorhaut könnte vielleicht weg? Es gibt ja viele ohne und die sollen sich dabei wohlfühlen. Leider sind keine Schmerzmittel mehr verfügbar. So werde ich die Schmerzen aushalten müssen. Ich bringe es schnell hinter mich. Mit der Geflügelschere. Meine Finger gehorchen nur unter einem gewaltigen Willen. Die Schere und das Fleisch knirschen; die Vorhaut fällt auf den Boden. Ein wahnsinniger Schmerz lässt mich beinahe ohnmächtig werden und es sieht aus, als ob ich Blut pinkle. Alles sehr schade, früher hätte man wenigstens noch eine Zellkultur aus den Vorhaut-Fibroblasten angelegt. Aber ich stelle mich hier der Realität, um meine Familie wiederzusehen. Auch die Vorhaut ist lächerlich leicht und die angefangene Sache muss weitergehen, wenn ich überleben will.

Die kleinen Zehen werde ich leider nicht behalten können. Ich muss tapfer sein. Heldentaten liegen vor mir. So weh mir das auch tut. Die Schere ist bereit für die nächsten panischen Schnitte. Um keinen der Füsse zu benachteiligen, müssen gleich beide kleinen Zehen weg. Mit einem Knacksen bricht der erste Knochen durch, dann gleich der nächste. Ich könnte schreien vor Schmerzen, beherrsche mich aber. Verglichen mit dem Aufwand ist der Gewichtsverlust enttäuschend. Ich hätte nie gedacht, dass kleine Zehen so leicht sind. So muss ich auch die zweitletzten Zehen entfernen. Auch die wiegen erschreckend wenig. Daher gleich noch die kleinen Finger, wenn ich mich schon zu solch einer abscheulichen Arbeit überwunden habe. Dann aber lassen mich die Knackgeräusche und die Blutschösse doch noch mulmig und weich werden. Ich halte es kaum noch aus vor Schmerzen. So kann ich nicht weitermachen! Die restlichen Finger und Zehen müssen bleiben. Zudem sehen alle Schnitte so aus, als ob ein Theoretiker, der ich nun mal bin, zum ersten Mal Fleisch und Knochen schneidet. Nichts ist glatt, Haut und Fleisch zerfranst, die Knochen gesplittert. Da könnte ich noch viel dazulernen. Gut, dass mich niemand sieht.

Der Überlebenswille treibt mich weiter. Ich bin immer noch zu schwer. Welche massigen Körperteile könnte ich entfernen? Irgendwo einen Knochen rausholen? Ich muss mich aber noch bewegen können. Sonst lassen die mich liegen. Vermehren werde ich mich nicht mehr. Kinder sind schon auf der Welt und, wie gesagt, bereits in Sicherheit. Also werde ich mich von den Hoden am ehesten trennen können. Wieder mit der Schere. Noch nie hat etwas so weh getan. Ich kann nur hoffen, dass sich der Verlust auszahlen wird. Blut sprudelt wie aus einer Quelle auf die Waagskala, so dass ich das Gewicht nicht mehr ablesen kann. Den Hodensack mit seinem Inhalt lege ich auf dem Tisch neben die Finger und Zehen. Diese Ordnung wird man sicher auch berücksichtigen. Das muss man mir sogar hoch anrechnen, weil man doch gleich sieht, dass ich leichter bin!

Noch mehr muss von meinem Körper runter. Die Zähne, die kann man nachbauen. Aber die Schmerzen wären nicht zum Aushalten. Ziehen? Nein, das kann ich nicht. Mit der Flex? Da komm ich nicht ins Maul. Also hole ich die Feile. Ich feile den Schmelz jedes Zahnes soweit herunter, bis es gerade anfängt, weh zu tun. So kann ich die Gesamtschmerzen im Mund noch aushalten. Ich steige auf die Waage. Der Zahnstaub kratzt im Rachen. Auf der Waage sehe ich nur geronnenes Blut. Und immer noch läuft Blut aus all meinen Wunden. Ich muss würgen und mich übergeben. Nur wässriger, bitterlicher Schleim fällt auf die Waage, denn mein Magen ist ja fast leer. Um wieviel ich leichter bin, sehe ich nicht. Es kann aber nicht viel sein.

Ich muss auf jeden Fall so leicht werden, dass sie mich nicht töten. Jetzt kommt es nicht mehr so darauf an. Schmerzen habe ich fast am ganzen Körper. Inmitten meiner Qualen ziehe ich an einer Brustwarze, was normalerweise ein bisschen kitzeln würde. Aber ich fühle nichts mehr. Mit der Schere schneide ich sie ab, dann die andere. Ich sollte mich eigentlich darüber freuen, dass ich kein Bluter bin, denn über den ersten Wunden bilden sich bereits Krusten.

Ich fühle meine Nase ab. Sie ist gross. Doch ich weiss nicht, wie man da was abschneiden kann. Dass ich im Schneiden kein Experte bin, sieht man meinen Wunden an. Aber die Ohrmuscheln! Ja, das sollte gehen. Die anderen müssen den Anblick eben ertragen. Also gehe ich gleich über zur Tat. Schnelligkeit hilft bei schweren Entscheidungen. Beide Ohrmuscheln sollen fallen, wegen der Symmetriegerechtigkeit. Die Arbeit verläuft schmatzend, zäh und reissend. Gut, dass die Haare schon abrasiert sind und ich dem Schneiden nicht zusehen kann. Mit flachen Zähnen und abgeschnittenen Ohren wird der Kopf zu einer dröhnenden Schmerzkugel. Ich lege die beiden Ohrmuscheln schliesslich neben die Finger. Eine beeindruckende Sammlung, die plastiniert werden könnte.

Ich wiege immer noch zu viel und meine Furcht treibt mich weiter. Ich will und darf nicht sterben. Aber wo sitzt denn überhaupt diese elende Angst? Im Kopf, im Dickdarm, oder irgendwo dazwischen? Im Moment, glaube ich, überall. Ich erinnere mich, dass der Darm des Menschen sehr lang sei und man gut auf ein Stück verzichten könne. Mit Ehrfurcht denke ich an die japanischen Helden. Was die können, müsste ich doch auch schaffen. Jetzt werde ich aufs Ganze gehen! Ein Stück Darm mit Inhalt, das müsste viel wiegen. Ich wäre gerettet. Ich nehme ein Messer und ramme es mir in den Bauch. Etwas rechts unten, denn dort sitzt der Blinddarm. Ein wahnsinniger Schmerz durchfährt mich wieder. Er bohrt sich durch den gesamten Unterleib. Wie viele müssen das auf den Schlachtfeldern durchgemacht haben? Dann riecht es wie im Schlachthof, Operationssaal oder auf dem Klo. Da ich weder Chirurg noch Metzger bin und ich mich inzwischen vor Qual auf dem Boden im Blut winde, finde ich den Darm im offenen Bauch nicht. Ich sehe nur Blut und dünnflüssige Scheisse. Ich suche den Blinddarm in einer warmen, weichen und etwas klebrigen Masse. Dann schneide ich irgendetwas Längliches heraus, das ich gerade zu greifen bekomme. Wenn meine Familie nicht im Irgendwo auf mich wartete, ginge ich jetzt schonungsloser mit mir um. Aber meine Familie will mich wiedersehen, ich werde von ihr gebraucht. Ich kann es wirklich nicht riskieren, mich durch Darmverstümmelungen umzubringen. Daher versuche ich – da die Wunde schon mal da ist -, das Fett unter der Bauchhaut herauszuschneiden, aber das Messer ist zu stumpf dafür. Ich nehme die Schere und schaffe es tatsächlich, ein paar Fettfetzen abzutrennen. Diese lege ich ordentlich auf den Tisch neben die anderen Teile. Den Darm taste ich jetzt lieber nicht weiter an. Es schmerzt zu sehr und meine Befürchtungen wachsen, ich könne an einer Darmverschlingung sterben, oder, dass sich die Darmenden, nachdem ich ein Stück herausgeschnitten hätte, nicht mehr zusammenfügen liessen. Damit wäre letztendlich nichts gewonnen. Ich trenne noch ein paar Hautfetzen ab und lege mich auf den Bauch, so dass möglichst viel Darminhalt herausläuft und mich leichter werden lässt. Es kommt auch noch viel Blut. Schade um das Hämoglobin, das hätte ich sicher bei der bevorstehenden Reise gebrauchen können. Auch mein Immunsystem wird schwach sein. Ich mache mir Vorwürfe, weil ich nicht ans Blutspenden gedacht habe; aber der Markt für Menschenblut ist sicher verschwunden. Auf jeden Fall muss ich um einige Gramm leichter geworden sein und habe damit möglicherweise mein Ziel endlich erreicht: mindestens zwei Kilogramm weniger! Ich will noch Fett aus meinem Gesäss schneiden. Aber vor Schmerzen und Schwäche kann ich mich nicht mehr drehen.

Ich bin vorne vollkommen mit Blut und Darmsaft versaut. Dabei muss ich zufrieden sein, dass kaum feste Partikel dabei sind, weil ich genug gehungert habe. Die Entzündungen werden nicht stark sein. Ich atme schwer aber gleichmässig und ich denke daran, dass ich mit jedem Atemzug um zehn Milligramm leichter werde. So kann ich bis Morgen noch ein paar Gramm abnehmen. Ich freue mich über den an Sauerstoff gebundenen Kohlenstoff, den mein Körper so ganz ohne Schmerzen entfernt. Mit diesem Trost lege ich mich hin und versuche trotz der Wunden einzuschlafen. Ich rede mir ein, dass ich eigentlich ein starker und immer noch schöner Mann sei, nun eben ein Held, der ein weiches Bett braucht.


Am folgenden Morgen holen mich die fremden Lebewesen ab. Mein ganzer Körper ist noch mit Schmerzen übersät. Es sticht und brennt und beisst. Ich weiss nicht, ob die kleinen Kunststoffwesen, die mich umringen, überhaupt eine Vorstellung von solchen Qualen haben. Ich kratze noch schnell etwas von der Oberfläche der Blutgerinnsel ab. Besonders vom Bauch kann ich ein grosses Teil entfernen und verliere dabei noch ein paar Tropfen Blut. Ich zittere; die Entscheidung kommt gleich. Die Kunststoffwesen führen mich in einen anderen Raum und dort zu einer sauberen Waage. Ich bringe kaum meine Füsse auf die Waage; so nervös bin ich. Doch der Zeiger bleibt knapp unter der roten Markierung. Ich bin gerettet.

Als wir aus dem Gebäude gehen, stehen draussen Scharen dicker und nackter Menschen. Sie alle werden hierbleiben und sterben müssen. Eine Frau mit riesigen Brüsten schreit erschrocken, wie ich denn aussehen würde. Überhaupt starren mich die wenigen Frauen entsetzt an; die Männer scheinen mich eher zu beneiden, weil ich als einziger wegkomme. Dabei dachte ich, Frauen würden nicht so sehr auf das Äussere achten. Gerade jetzt, wo ich Heldentaten hinter mir habe. Ein Mann versucht zu mir zu kommen. Die Kunststoffwesen bilden aus ihren weichen Körpern sofort stabförmige Fortsätze, mit denen sie den Mann berühren. Er zuckt zusammen und bleibt stehen. Es riecht nach verbranntem Fleisch. Auch mich berührt so ein Stabglied an der Hüfte, aber scheinbar aus Versehen. Ich gehe reflexartig zur Seite, es fühlt sich an wie ein Elektroschock. Es bleibt ein roter, schmerzender Brandfleck.

Ich habe es wirklich geschafft; ich darf weggehen. Man bringt mich in die Raumkapsel. Zehn der Kleinen steigen mit ein. Aber mir ist nicht klar, warum die ganze Prozedur notwendig war. Ginge es nur um das Gewicht, so hätte doch einfach einer der Kleinen nicht mit einsteigen müssen. Alle Verstümmelungen nur wegen einer Zahl? Einer Zahl, die über Leben und Tod entscheidet. Sie hätten doch auch eine Farbe nehmen können, dann wäre die Entscheidung nicht so digital, hellbraun oder dunkelblond zum Beispiel. Da könnte man sich noch rausreden, oder nachfärben.

Ich weiss immer noch nicht, wer die Kleinen sind und was sie auf der Erde wollen. Kein Mensch weiss es. Fühlen sie wie Menschen, wie Tiere, fühlen sie überhaupt nicht oder ganz anders? Wie sehen sie im Innern aus? Blut und Knochen werden sie nicht haben. Drähte oder Flüssigkeiten? Schleim oder Zellen? Sie sind sehr flexibel. Gummiartig. Gliedmassen formen sich und verschwinden wieder. Vielleicht sind sie die Roboter anderer Lebewesen. Ich habe nur erfahren, dass sie einen anderen Planeten ansteuern. Dort sollen die anderen, die Leichten, sein.


Das Raumschiff fliegt. Ich bin festgebunden, ohne Rücksicht auf meine Wunden. Alle Sprechgeräte sind ausgeschaltet. Aber das ist auch gut so, denn wenn die Kleinen den Menschen etwas mitteilen, ist das meist nicht erfreulich. Wie lange wird der Flug dauern? Was passiert inzwischen auf der Erde? Wie töten die Kleinen? Auf Schmerzen nehmen sie sicher keine Rücksicht.

Die Beschleunigung lässt nach und die Gurte spannen nicht mehr. Endlich kann ich ausruhen und über die neue Welt nachdenken. Gibt es dort ein Fünfundachtzigkilo-Rahmengesetz? Wenn ja, kann man natürlich nichts dagegen machen. Nur gut, dass solche Gesetze auch wieder verschwinden. Auf jeden Fall wäre das Gesetz fast schon überflüssig, denn es gäbe ja bald niemanden mehr über fünfundachtzig Kilogramm. Wie auch alles sei, ich jedenfalls freue mich, meine Familie wiederzusehen. Die werden staunen, dass ich noch komme.

 
Zuletzt bearbeitet:

Du lieber Himmel! Fugusan!
In der Stichwortwolke fehlt eindeutig ein weiterer Begriff neben seltsam, nämlich grausam. Und selbst der würde deinem Text nur annähernd gerecht. (zumindest grrrausam müsste er lauten.) Du meine Güte, selten hab ich was derart bizarr Unterhaltsames gelesen, kein Witz, ich fand die Geschichte trotz ihrer expliziten Scheußlichkeiten wirklich toll. Ich war von Beginn an gepackt und gefesselt und gleichzeitig froh, diese Selbstverstümmelungsszenen nicht als Film sehen zu müssen. Aber als Lektüre funktioniert das erstaunlicherweise wunderbar, vermutlich deiner wirklich souveränen Sprache wegen. Natürlich schrammt das Ding hart an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit, wenn nicht gar zum Quatsch. Kein Mensch könnte solche Torturen ertragen, ohne nicht zumindest das Bewusstsein zu verlieren, wenn nicht gar zu verbluten. Umso bewundernswerter erscheint einem dieser arme Irre, der kein Opfer scheut, um seine Familie wiedersehen zu können. Obendrein verstehst du es perfekt, diesen Aberwitz vollkommen plausibel zu schildern, man nimmt dir ab, dass es genau so wirklich geschehen könnte. (Einzig die Sache mit dem Darm irritierte mich etwas. Schneidet er sich tatsächlich auch was von seinem Gedärm weg? Das hab ich nicht recht verstanden, und täte er es wirklich, wäre die Grenze zur Unglaubwürdigkeit wohl endgültig überschritten. Aber egal.)
Und auch die Rahmenhandlung, in die das furchtbare Gemetzel eingebettet ist, gefiel mir, auch wenn ich weitgehend im Dunkeln darüber gelassen werde, wer und warum da die Menschheit auf so rätselhafte Weise selektiert und zum Teil evakuiert. Auch egal, mir gefielen diese kleinen Plastikwesen, selbst die fand ich glaubwürdig.

Ganz versteh ich’s ja selbst nicht, dass ausgerechnet mir romantischem Träumer diese Geschichte so gefällt. Na ja, ist halt ein herrlich schräger Text. Und toll geschrieben wie gesagt.

offshore

 

Hallo Fugusan!
Ich kann Offshore nur zustimmen. Wirklich harter Stoff, noch dazu vorzüglich serviert. Sobald einem klar wird, wohin die Reise geht, möchte man eigentlich aussteigen. Tut man aber natürlich nicht, denn diese ganzen abscheulichen Einzelheiten üben auf einen alten Genrefilm-Liebhaber wie mich eine gewisse Faszination aus, die noch durch die gelungene Rahmenhandlung verstärkt wird. Bereits bei der Szene mit der Geflügelschere haben sich auf meiner Stirn tiefe Falten gebildet und mein Unterkiefer wollte sich verabschieden. Meine Güte! Was würde die Bundesprüfstelle dazu sagen, sollte der Text mal verfilm werden? Macht aber nichts, denn Du schreibst so, dass der Film, der im Kopfkino läuft, die zu Boden rieselnden Blutkrusten gnadenlos scharf abbildet.
Die kleinen Außerirdischen mit ihren stabförmigen Auswüchsen gefallen mir ebenso wie die Andeutungen über ihre Herkunft und Beschaffenheit, sowie die Motivation des ‚Märtyrers‘. Alles Dinge, die die Phantasie des Lesers befeuern.
Wenn mal wieder eins der vielen Lagerfeuer so richtig auflodert und einem fast die Augenbrauen wegbrennt – sehr gerne! Kompliment.
Schöne Grüße
Harry

 
Zuletzt bearbeitet:

Dieser Text ist vor allem eines: konsequent.
Man sieht es schon nach den ersten Sätzen kommen. Ein Popel kann ja nicht genügen. Also muss mehr weg. Was tut man nicht alles für die Rettung vor... ja, was eigentlich? Dem Zurückbleiben, der Masse, der Normalität?
Eine Geschichte wie ein Dampfhammer, der uns kleingeistig erscheinen lässt gegen die Buchstaben eines Gesetzes, dessen Sinn wir nicht einmal kennen.
Mir würden auf Anhieb eine ganze Reihe solcher Gesetze einfallen...
Ein bisschen unklar ist mir, wieso das Gesetz laut Überschrift "eingebildet" sein soll. Falls da noch was dahinter steckt, komme ich nicht drauf. Außer, dass der Erzähler sich nicht nur das Gesetz, sondern auch die Aliens einbildet. Das würde ich aber einfach offen lassen, denn es wäre wiederum eine zu triviale Erklärung, dass der Erzähler "nur" verrückt ist.

Du kriegst noch eine PN von mir ;)

Uwe
:cool:

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Zusammen,
zuerst Euch allen herzlichen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Es freut mich natürlich, dass diese grrrausame Geschichte gut rübergekommen ist.

@offshore,
ich habe mir lange überlegt, ob ich diese Geschichte wegen den Grausamkeiten überhaupt einstellen soll. Aber es geht ja in der Geschichte nicht nur darum. Ich stimme Dir natürlich zu, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Mensch solche Verletzungen überlebt. Nur vielleicht einer wie der junge Joe Simpson (Film: Sturz ins Leere) könnte das überstehen. Zu dem Stück, das er im Darm herausscheidet: das habe ich offengelassen, es könnte tatsächlich der Blinddarm sein oder ein Stück Bindegewebe. Vielleicht sollte ich das noch explizit erwähnen. Im Moment denke ich eher, dass das egal ist. Es tut mir ehrlich leid, wenn ich Deine romantischen Träume unterbrochen habe.

@ Harry
ja, es ist gut, wenn das nie verfilmt wird (siehe auch meine Antwort an offshore). Sogar für ein Comic wäre es für mich zu makaber, aber es gibt auf der anderen Seite das Beispiel des Daumenlutschers im Struwwelpeter, und das für Kinder. Und hier im Forum gibt es die merkwürdige Geschichte „Ausgelutscht“ von Möchtegern, aber die ist physikalisch unmöglich. Der Protagonist in meiner Geschichte denkt ja auch mal kurz ans Auslutschen.

@Uwe,
es ist schön, dass Du dieser makabre Geschichte etwas abgewinnen konntest.
„Eingebildet“ taucht in der Überschrift auf, weil der Protagonist sich so etwas wie ein ‚Fünfundachtzigkilo-Rahmengesetz‘ nur vorstellen kann. Er hat keine Beweise dafür. Die andere Kultur könnte auch eine ganz andere Form für Rechtsnormen haben, etwas, das wir uns noch gar nicht vorstellen können (Gesetze aus Kunststoff, Plutonium, Darmsaft oder Vakuum?), das aber zu ähnlich Absurdem führt wie unsere Gesetze: zum Beispiel durch eine Art Evolution geschaffene „Gesetze und Vorschriften“, die später - wie die Schwingen des Argusfasans oder der Blinddarm des Menschen - das Leben behindern können. Sowas wäre dann schwerer als ein geschriebenes Gesetz wegzubekommen, weil es sich in Millionen von Jahren gebildet hätte und während der Entstehungsphase von Vorteil gewesen war. Aber das führt jetzt zu weit von der Geschichte weg und ich will Dich nicht langweilen.

Viele Grüsse an Euch Drei
Fugu

 

Hi Fugu, ich komm auch mal dich besuchen.
Also das ist schon ein fieses Ding.
Ich find jetzt zwar nicht, dass das sprachlich der Overkill ist, wie andere das gefunden haben, aber das macht ja auch nix. Ich find die Sprache angemessen, passend. Und das ist auch genau richtig so, denn bei einem Text, der nur von der Steigerung des Entsetzlichen bis hin zum völlig Absurden lebt, sollte vielleicht nicht mit liebevollen Sprachperlen aufwarten. Das würde eine ganz andere Note setzen. Die Selbstverstümmelung steigert sich, jemand sprach von der Konsequenz des Textes, so sehr, dass man gar nicht aufhört zu lesen, obwohl man gerne eine Runde kotzen gehen möchte.
Was mir gut gefällt und den Text dann auch zu einem besonderen Text macht, nicht nur zu einem krassen, das ist die unterschwellig mögliche Interpretation, dass das Gesetz tatsächlich ein eingebildetes ist. Ich bin zwar auch darüber gestolpert, wie das im Titel steht, aber es hat ja trotzdem was. Wenn es nicht im Titel stünde, dann müsste so ein Haken in den Text gepflanzt werden. Grund: Wenn das Gesetz eingebildet ist, dann kann man die Phantasie ja auch schön schweifen lassen, dass man, um nicht ausgeschlossen zu werden, oder sozial zu sterben, was weiß ich, sich alles Mögliche antut. Um schön zu sein, angesagt zu sein, schlank zu sein, nicht zurückgelassen zu werden, nicht isoliert zu sein, zerstört man sich selbst. Das ist nicht nur science fiction, sondern ganz versteckelt auch satirisch. Also genau dewegen mag ich diesen echt widerlich fiesen Krasstext. Ich weiß, das klingt ein wenig merkwürdig für ein Kompliment. Aber es ist eins. :D
Ciao von Novak

 

Hallo Fugusan
Deine Geschichte ist eine enorm politische Geschichte.

Schwere oder die grausamen Folgen eines eingebildeten Gesetzes
Müsste es nicht Gewicht heißen oder meinst du die Schwere des Seins? Jedes Gesetz ist eine Konvention. Wer bildet es sich ein? Nur das Ich? Oder die Familie? Oder die Kunstwesen? Oder die Dicken?
Es geht also darum, dass an einem Beispiel dargestellt wird, wie Gesetze (geschriebene und ungeschriebene) Menschen zu absonderlichen Verhaltensweisen, die zum eigenen Schaden gereichen, bringen. Beispiele kannst du dafür viele finden, wenn du die Verstümmelung nicht wörtlich und real nimmst.
Insofern ist die Geschichte eine Geschichte über Machtausübung, die du Kunststoffwesen zuschreibst, also herzlosen Bürokraten.
Ich muss auf jeden Fall so leicht werden, dass sie mich nicht töten.
Es ist auch eine Geschichte über die Todesangst. Was tun manche Menschen alles, um „gesund“ zu bleiben, in der Hoffnung, dem Tod doch von der Schippe zu springen. Der Gesundheitswahn führt zur Gesundheitsschädigung. So soll jemand daran gestorben sein, dass er täglich über dreißig Vitamintabletten genommen hat.
Es ist eine Geschichte über die Lebensangst, die manche Menschen erfasst, die glauben, den Normen der Gesellschaft nicht zu entsprechen und meinen, durch Magersucht sich Anerkennung und Lebensfreude zu verschaffen.
Es ist eine Familiengeschichte, in der ein Mitglied sich bis zur Selbstaufgabe opfert, um mit der Familie zu sein.
Aber meine Familie will mich wiedersehen, ich werde von ihr gebraucht.
Gibt es dort ein Fünfundachtzigkilo-Rahmengesetz? Wenn ja, kann man natürlich nichts dagegen machen. Nur gut, dass solche Gesetze auch wieder verschwinden. Auf jeden Fall wäre das Gesetz fast schon überflüssig, denn es gäbe ja bald niemanden mehr über fünfundachtzig Kilogramm. Wie auch alles sei, ich jedenfalls freue mich, meine Familie wiederzusehen. Die werden staunen, dass ich noch komme.
Es ist eine SF Geschichte, die Hoffnung gibt, dass sich solche Gesetze ändern. Ob sie dann anders funktionieren, wird nicht gesagt.
Insofern, alle Achtung, was du in diese Geschichte gesteckt hast, die eigentlich als eine Selbstverstümmelungsstory daherkommt und Grausamkeit um der Grausamkeit willen zu schildern scheint.
Natürlich denkt man sofort, wenn auch in anderer Situation, an Kafkas „In der Strafkolonie“ oder auch an den „Hungerkünstler“.
Sprachlich bist du dem Inhalt gerecht geworden (wobei noch mehrere Überarbeitungen auch nicht schaden würden, was für viele Texte gilt).
Ich glaube, dass deine Geschichte eine treffende Metapher für Formen menschlicher Existenz ist. Gut gemacht.
Herzlichst
Wilhelm Berliner

 

Hallo Novak,

es freut mich sehr, dass Du bei mir vorbeischaust und kommentierst. Der Gedanke, dass die Gesellschaft in Form von Kunststoffwesen den Menschen sinnlose Äusserlichkeiten aufzwingt, spielt natürlich auch eine zentrale Rolle in dieser Geschichte. Ich hatte Zweifel, ob man das so rausliest. Aber es hat offenbar funktioniert. Mit „eingebildet“ bin ich hin- und hergerissen. Denn es muss ja eine Realität dahinterstecken. Da Du keine Schreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler gefunden hast, bilde ich mir ein, dies endlich in den Griff zu bekommen. Oder Du hast vor Ekel nicht genau schauen können. Danke für Dein Kompliment. Ich bin aber überzeugt, dass Du die Sprache besser zum Klingen bringen würdest.

Hallo Wilhelm,

auch Dir herzlichen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Physikalisch ist, wie Du sagst, Gewicht richtig. Aber der Protagonist hat ja mehr zu tragen, nicht nur sein Gewicht. (Seine Familie ist weg, sein Leben bedroht, die Kleinen zeigen sich nicht richtig, er ist einsam.) In dem „sichtbaren“ Teil der Geschichte bildet sich nur der Protagonist dieses Gesetz ein. Möglicherweise sind bei den übrigen, die von den Kleinen wegen ihrem Gewicht beseitigt werden sollen, auch solche mit ähnlichen Gedanken. Die Kultur, das Denken und die Ziele der Kleinen sind im Geheimen. Nur dieses merkwürdige „Gesetz“ wird spürbar. Lange hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, ob die Kleinen in den Dicken irgendein Rohstoff, ein Metall, das sich in Fett einlagert, oder ein Fett zur Kunststoffproduktion suchen. (So wie man in Afghanistan nach Indium sucht.) Ich habe diesen Gedanken dann als zu langweilig, zu offensichtlich und schliesslich als zu unmenschlich verworfen.
Ich finde es schön, wie Du die Komponenten der Geschichte entschlüsselst und auflistest (siehe auch den Kommentar von Novak, was den Schönheitswahn und ähnliche Zwänge angeht). Das ist aber alles gar nicht so bewusst zusammengeflossen. Ich hätte nie geglaubt, dass jemand mit so einem analytischen Verstand die Geschichte derart auftrennen kann.
Mit der Sprache habe ich versucht, eine zeitlose Version zu finden. (Man soll den Inhalt in der Zukunft genauso verstehen.) Sicher kann man das besser machen. Dazu brauche ich aber erst einmal Abstand zu der Geschichte.

Viele Grüsse und nochmals „danke“ an Euch Beide
Fugu

 

Ein ärgerlicher Text

Ja, dieser Text ist kaum zu ertragen. Darauf zielt er auch ab. Was ihn in meinen Augen abwertet. Diese Schilderungen von kleinen und großen Grausamkeiten haben keinen anderen Zweck. Es wird gesagt, dass der Prot 2 Kilo zu viel wiegt, aber das könnte er mit einem einzigen Schnitt – z.B. Unterarm ab – hinbekommen. Es gibt Berichte darüber, wie sich im Krieg Leute selbst Extremitäten abschnitten.

Dass da ein bestimmtes Gewicht für einen Raumflug verlangt wird, ist dagegen verständlich. Die ersten menschlichen Astronauten waren alle klein – damit sie in die Raumkapsel passten und die Trägerrakete sie überhaupt ins All befördern konnte. Da ging es auch um jedes Kilo.

Außerdem: Die Außerirdischen wären nicht notwendig gewesen. Ich vermute, es war lediglich leichter, Fremden die Schuld für Qualen aufzubürden. Dabei wäre auch eine Situation denkbar, die ohne diese Hilfskonstruktion auskommt: Eine Mondstation kann nicht mehr von Erde aus versorgt, sondern nur noch geräumt werden. Mit einem Raumfahrzeugt mit begrenzter Kapazität und nur wenigen Flügen. Auch in einer solchen Situation wären Menschen zu allem fähig.

Mich ärgern solche Selbstzwecktexte, deren Rahmenhandlungen nur Alibifunktionen haben. Zumal da von der Sprache und dem Können her - wie bei Dir, Fugusan - mehr zu erwarten wäre.

 

Hallo Fugusan

Ich hab versucht andere Kommentare weitestgehend zu ignorieren. Das mal vorab.

Jo, wie fange ich an? Also insgesamt ist mein Eindruck durchwachsen, das liegt vor allem daran, dass mir der Protagonist unerträglich dämlich vorkam.

Da muss also einer zwei Kilo Gewicht in kürzester Zeit verlieren und der Typ fängt damit an sich einen Popel aus der Nase zu ziehen?
Hallo? Was glaubt der Typ, was so ein Popel auf die Waage bringt? Ein Pfund?
Schon mal ein Pfund Butter in die Hand genommen? Das ist ein richtiger Batzen!
Ich mein, selbst wenn sich jmd. ein Jahr lang nicht schnäuzen sollte, selbst dann ist ein Popel immer noch kein Batzen!
Halt! Mein Fehler, da war ja noch der Stuhlgang. Der aber nach einer Woche hungern, auch irgendwie sinnlos wirkt.
Ich hab also die Geschichte erstmal wieder weggelegt; und ich hätte sie auch nie wieder angeschaut, wenn ich nicht doch ein paar Eindrücke von Kommentaren aufgeschnappt hätte.

An sich ist der Ansatz ja gut, wenn man gleich in die Vollen geht. Aber diese Blood&Gore Steigerungen grenzen einfach an Lächerlichkeit. Außerdem glaube ich nicht, dass der Typ diese ganze Prozedur überstanden hätte, ohne wenigstens einmal ohnmächtig zu werden oder gleich ganz zu verbluten.

Stichwort Verbluten: Die Kernfrage, die sich mir beim Lesen aufgedrängt hat, ist doch die: Wie viel wiegt ein Liter Blut?
Ich hab das mal grob recherchiert:
Ein Liter ist erstmal nur eine Volumenangabe und hat somit erstmal nichts mit Gewicht zu tun. Allerdings entspricht ein Liter Wasser (bei 4°C) genau einem Kilogramm (per Definition).
Da Blut nun aber eine höhere Dichte als Wasser hat, bräuchte man weniger als zwei Liter Blut um zwei Kilogramm Körpergewicht zu verlieren. Was wiederum ein recht glücklicher Umstand ist, da ein Verlust von mehr als zwei Liter Blut lebensbedrohlich wäre.
D.h. bevor ich also anfange mir Zehen, Finger, Hoden oder Gedärm ab- bzw. herauszuschneiden, zapfe ich mir doch lieber erstmal etwas Blut ab.

Du kannst jetzt die Story natürlich ganz schnell gerade ziehen, indem Du drei statt zwei Kilo Gewichtsabnahme vorschreibst. Aber dann würde ich immer noch eine andere Art der Steigerung radikaler Diätmaßnahmen vorziehen.
Außerdem stellt sich mir die Frage nach der eigentlichen Idee hinter dieser Story. Denn dadurch dass diese abstruse Vorgabe der Aliens unaufgelöst bleibt, kann man ihr auch keinen Sinn abgewinnen. Das wirkt wie so ein Alibi-Motiv; ähnlich dem Pseudoplot in einem Pornofilm.
Und auch wenn der Rest der Geschichte ganz nett geschrieben ist und diese gummiartigen Fremden sogar interessant wirken. Der Kern der Geschichte ist doch, wie sich jmd. selbst verstümmelt.

Jetzt möchte ich auch noch mal kurz auf den Titel eingehen. Erstmal hat er mich zum Lesen verleitet – was ja Sinn und Zweck ist. Aber als ich mit der Geschichte fertig war, hatte ich doch Probleme mit dem Titel.
Erstmal, wieso soll das Gesetz eingebildet gewesen sein? So wie es daher kommt, ist es doch eine klare Vorgabe. Ob die Vorgabe auch sinnvoll ist, steht ja gar nicht zur Debatte. Und was die Folgen angeht. Ja, die mögen schwer und/ oder auch grausam sein, in diesem Fall dachte ich mir allerdings, was der Typ doch für ein Depp ist.

Soviel zu meinen Eindrücken.

Beste Grüße

Mothman

 

Hi Fugusan,

es gibt da so eine Horrorfilmreihe, mit 2 Minuten Szenen, in denen es um verschiedene Arten des Sterbens geht. Daran hat mich dein Text erinnert, da war auch so ein ähnlicher Kurzfilm dabei, wo es um Fett wegschneiden etc ging.

Als Dystopie taugt es nicht, da ist zu wenig Konflikt, zu wenig Außenwelt. Als Gore auch nicht, da ist es zu wenig Gore. Der Text ist sehr unentschieden. Entweder in your face, oder irgendwie mehr von der Gesamsituation. Ansonsten kann ich da nicht viel zu sagen.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dion,
danke fürs Lesen und Kommentieren.

Es wird gesagt, dass der Prot 2 Kilo zu viel wiegt, aber das könnte er mit einem einzigen Schnitt – z.B. Unterarm ab – hinbekommen. Es gibt Berichte darüber, wie sich im Krieg Leute selbst Extremitäten abschnitten.
Hier braucht der Prot aber noch beide Arme und Hände. Er ist ja alleine und die Kleinen helfen nicht.
Außerdem: Die Außerirdischen wären nicht notwendig gewesen. Ich vermute, es war lediglich leichter, Fremden die Schuld für Qualen aufzubürden. Dabei wäre auch eine Situation denkbar, die ohne diese Hilfskonstruktion auskommt: Eine Mondstation kann nicht mehr von Erde aus versorgt, sondern nur noch geräumt werden. Mit einem Raumfahrzeugt mit begrenzter Kapazität und nur wenigen Flügen. Auch in einer solchen Situation wären Menschen zu allem fähig.
Hier würde dann diskutiert werden, wer mitfliegt und wer nicht. Das alte Spiel: zuerst der Richter, dann der Professor, dann die schwangere Frau, zum Schluss der Bauer. Die Entscheidung wäre nicht digital.
Mich ärgern solche Selbstzwecktexte, deren Rahmenhandlungen nur Alibifunktionen haben. Zumal da von der Sprache und dem Können her - wie bei Dir, Fugusan - mehr zu erwarten wäre.
Das nehme ich gerne zur Kenntnis.
Viele Grüsse
Fugu

Hallo Mothmann,
auch Dir erst mal allen Dank fürs Lesen und Kommentieren; besonders weil das nicht Dein "Ding" ist.

Stichwort Verbluten: Die Kernfrage, die sich mir beim Lesen aufgedrängt hat, ist doch die: Wie viel wiegt ein Liter Blut?
Ich hab das mal grob recherchiert:
Ein Liter ist erstmal nur eine Volumenangabe und hat somit erstmal nichts mit Gewicht zu tun. Allerdings entspricht ein Liter Wasser (bei 4°C) genau einem Kilogramm (per Definition).
Da Blut nun aber eine höhere Dichte als Wasser hat, bräuchte man weniger als zwei Liter Blut um zwei Kilogramm Körpergewicht zu verlieren. Was wiederum ein recht glücklicher Umstand ist, da ein Verlust von mehr als zwei Liter Blut lebensbedrohlich wäre.
D.h. bevor ich also anfange mir Zehen, Finger, Hoden oder Gedärm ab- bzw. herauszuschneiden, zapfe ich mir doch lieber erstmal etwas Blut ab.
Bei jedem Schnitt verliert er ja sowieso Blut. Da wäre der Depp ja noch blöder, wenn er es zuerst ablässt. Es muss auch noch was zum Verkrusten übrig bleiben.
Du kannst jetzt die Story natürlich ganz schnell gerade ziehen, indem Du drei statt zwei Kilo Gewichtsabnahme vorschreibst.
Gesetzesänderung: 2.5 kg, ein Kompromiss
Aber dann würde ich immer noch eine andere Art der Steigerung radikaler Diätmaßnahmen vorziehen.
Dazu bleibt ihm keine Zeit mehr.
Das wirkt wie so ein Alibi-Motiv; ähnlich dem Pseudoplot in einem Pornofilm.
Eher wie in einem Horrorfilm
Jetzt möchte ich auch noch mal kurz auf den Titel eingehen. Erstmal hat er mich zum Lesen verleitet – was ja Sinn und Zweck ist. Aber als ich mit der Geschichte fertig war, hatte ich doch Probleme mit dem Titel. Erstmal, wieso soll das Gesetz eingebildet gewesen sein? So wie es daher kommt, ist es doch eine klare Vorgabe. Ob die Vorgabe auch sinnvoll ist, steht ja gar nicht zur Debatte. Und was die Folgen angeht. Ja, die mögen schwer und/ oder auch grausam sein, in diesem Fall dachte ich mir allerdings, was der Typ doch für ein Depp ist.
Der Typ ist sogar ein ganz armer Depp; gerade weil das Gesetz eine klare Vorgabe ist. Das "eingebildet" werde ich daher vielleicht umbilden müssen.
Trotzdem, Deine Kommentare haben mir sehr geholfen. Man muss die Geschichte auch aus dieser Persepektive sehen.
Viele Grüsse
Fugu

Hallo Jimmy,
danke, dass Du dir die Zeit genommen hast. Ich will mir das "Ding" gar nicht als Film vorstellen. Ich will es mir sogar bald gar nicht mehr vorstellen. Ich habe heute noch Schönes vor.
Viele Grüsse und ein erholsames Wochenende
Fugu

PS: In diesem Zusammenhang gibt es die Geschichte "Der Clown" von Wilhelm Berliner im Forum. Vielleicht kennt ihr sie bereits. Ich habe sie erst jetzt gelesen. Die Selbstverstümmelung ist dort ebenfalls das letzte Mittel zum Überleben. Der Druck zum Zerfall spielt in einer tatsächlich existierenden Gesellschaft (kein Science Fiction!); die Vertümmelungen sind nicht ganz so blutig dargestellt, enden aber mit dem Tod. Wilhelms Geschichte finde ich im Vergleich zu meiner wirklich deprimierend und fast auswegslos.

 

Ich noch mal

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Du mich völlig missverstanden hast. Wobei es sich bei meinem Post natürlich um ein Freitagsposting handelt, und da kann erfahrungsgemäß alles passieren. Aber ich schweife ab.


Dazu bleibt ihm keine Zeit mehr.

So im Nachhinein fände ich es schon interessant, wie viel Zeit der Typ tatsächlich hatte um auf sein Traumgewicht zu kommen.
Aber einen kleinen Anhaltspunkt gibt es ja. Du schreibst:
... Es kommt nicht mehr viel, weil ich schon seit einer Woche nichts mehr gegessen und kaum getrunken habe. Mein Gewicht ändert sich nicht merklich.
Fest steht, dass der Typ nur noch wenige Stunden Zeit hat um zwei Kilo abzunehmen. In so einer Situation fange ich nicht an und ziehe mir Popel aus der Nase. Ich schneid mir auch nicht Zehen oder Finger ab, weil ich vorher schon weiß, dass ich damit nicht weit kommen kann. Also erspare ich mir die Schmerzen. Entweder habe ich die Idee mit dem Blutablassen, leg mir eine Kanüle o.ä., füll damit einen Messbecher (damit ich weiß, wann gut ist) steig im Anschluss auf die Waage und bin glücklich. Oder ich greif zu radikaleren Mitteln und schneid mir gleich den Arm ab.
Der Punkt ist, die von Dir gewählte Steigerung ist extrem unglaubwürdig und stellenweise lächerlich. Und das verhagelt Dir halt die Story.
Das dann am Schluss Aliens für die Misere verantwortlich sind, ist leider total nebensächlich, da der Grund de facto austauschbar bleibt; es hätte nämlich genauso gut ein Sektenführer sein können oder eine schrullige Arbeitgebervorlage zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit nach dem Motto „Nur ein schlanker Mitarbeiter ist auch ein effektiver Mitarbeiter“ – und alles was mehr als 85 Kilo wiegt wird entlassen.
Das meinte ich auch mit Alibimotiv. Das hat nichts mit dem Genre zu tun.

Ich hoffe ich habe mich jetzt klarer ausgedrückt. (Wobei ich irgendwie das Gegenteil befürchte) Aber ich seh gerade, dass Dion da ganz ähnlich denkt. Von dem her: Es ist Freitag. Das Wochenende ruft!

 

Zitat von Mothman
Wobei es sich bei meinem Post natürlich um ein Freitagsposting handelt, und da kann erfahrungsgemäß alles passieren.
:D
War doch diesmal gar nicht so schlimm :kuss:

Schön, dass du wieder da bist!

 

Grrrr,
Hi Fugusan.
Ich habe die Geschichte am frühen Morgen gelesen und bin froh darüber. So hatte ich den größten Teil meines Schlafes bereits bekommen, denn nach dem Lesen war schlafen bei mir nicht mehr möglich gewesen.
Die Story kommt mit den blutigen schmerzhaften Beschreibungen sehr beklemmend herüber. Und das Ganze wird für mich dadurch gesteigert, dass der Grund für besagtes Gesetz nicht erklärt wird. Aber genau deshalb gefällt mir die Geschichte.
Der Typ ist irr, bzw. ein pathologischer Psychopath oder was in der Art. Er fängt mit dem Popel an, weil er an nix anderes mehr denken kann und jedes Mikromiligramm für ihn zählt. Fingernägel kommen danach dran und dann beginnt er mit den schlimmen Sachen. Passt für mich richtig gut zusammen. Steigert seine psycho art.
Irgendwie habe ich am ende noch auf eine erklärung gelauert. Das fand ich für mich etwas unbefriedigend. Aber auch das nichterklären passt wiederum in die durchgedrehte Art und Weise der Geschichte. Trotzdem könnte ich mir eine Fortsetzung davon vorstellen und wünschen.
Lg
Sven

 

Ach so, Nachtrag.
Der Titel der Geschichte gefällt mir gar nicht.
An dem mäkel ich, jawoll!

 

Hallo Mothman,
vielen Dank, dass Du meine Geschichte so stark kommentierst. Eine wissenschaftlich korrekte Geschichte kann ich Dir nicht bieten. Ich denke, dass die Rahmengeschichte mit Menschen nicht gut funktionieren würde. Denn bei bedrohenden Menschen hat man immer noch die Hoffnung, auf Verstand, Mitleid oder beides zu stoßen. Die Kunststoffwesen hier haben solche Gefühle nicht. Aus ihrer Sicht sind die Menschen vielleicht nicht mal Lebewesen. Diese Sichtweise gibt es zwar bei Menschen manchmal auch. Ich könnte mir daher vorstellen, dass in einer Zukunftsgeschichte solche Menschen, also Komplettgefühllose, auftauchen könnten. Da müsste ich hier aber weiter ausholen. Denn die Evolution zu den Komplettgefühllosen wäre lange und verschlungen. Und in parallel müssten die Gefühlbesitzenden auch überleben.
Alle Deine Vorschläge würden zu einer ganz anderen Geschichte führen. In „Der Clown“ von Wilhelm Berliner bilden Menschen die Rahmengeschichte; diese Geschichte spielt komplett in der Realität. Vielleicht ist die so, wie Du sie wünscht. So gut bekäme ich die Geschichte nicht hin. Völlig absurd dagegen ist Möchtegerns „Ausgelutscht“: ein Lutschen ohne Rahmenhandlung. In einer Kopie dazu „Abwasch (Schnellschußduell)“ von Makita ist zumindest die Rahmenhandlung realistisch. Vielleicht kennst Du sie. Beide Ausarbeitungen finde ich perfekt gelungen.
Lass den Typen doch schneiden und schleifen, was und wie er das will. Du musst Dich ja auch mit den Kunststoffwesen nicht „anfreunden“, aber lass sie mir bitte. Trotzdem danke ich Dir für Deine Anregungen. Es ist interessant, wie Du die Sache siehst. Deine Kommentare werden mir sicher bei der nächsten Geschichte helfen.
Viele Grüße
Fugu

Hallo Novak,
danke und Grüße
Fugu

Hallo Sven,
auch Dir vielen Dank fürs Lesen und Deine Kommentare. Den Titel werde ich ändern. Er soll nur „Schwere“ heißen. Auch andere Leser fanden den Titel nicht gut. Es freut mich aber, dass Dir die Geschichte sonst gefallen hat. Ja, dass der Typ psychopathisch geworden ist, könnte möglich sein.
Viele Grüße
Fugu

 

Hey Fugusan,

muss mich Mothman und Dion anschließen, ich fand den Text auch etwas ärgerlich. Diese Selbstverstümmelung, die beinahe schon vom Text gefeiert wird, empfinde ich auch als Selbstzweck. Mir wird keine Geschichte erzählt - ja, es gibt eine Alien-Invasion, ja, die Menschen werden wohl tyrannisiert, aber darüber werde ich im letzten Absatz informiert, während vorher mir auf eine penetrante Art und Weise die Selbstverstümmelung serviert wird. Das ist ungefähr so, als würde ich über einen vergewaltigten Menschen schreiben und die Vergewaltigung beschreibe ich in all ihren Details, während ich die Folgen oder wie es dazu kam, völlig außer Acht lasse - da wird mir auch wahrscheinlich Gewaltverherrlichung oder sonst was vorgeworfen. Ich finde Gewalt in Texten wichtig, weil es das gibt und wer gewaltfreie Texte lesen will, für den gibt es auch entsprechende Bücher - also nicht dass man mich hier falsch versteht. Aber Gewalt sollte einen Zweck haben, es sollte nur ein Aspekt eines Textes sein, der mit anderen Aspekten etwas Ganzes bildet.
Das ist auch eine völlig konfliktlose, unspannende Angelegenheit - also ich sehe schon die Steigerung, aber man weiß auch, dass es so kommt und das wiederum ist eben unspannend.
Wenn er schon damit anfängt, sich die Brustwarzen raus zuschneiden (wie viel wiegen Männerbrustwarzen? beide zusammen etwas mehr als 4 Gramm?) denke ich mir, ja, der Autor möchte, dass hier der Leser stellvertretend für die Figur leidet, denn die ist eigenartigerweise sehr gelassen. Also, klar, manchmal wird behauptet, es tut höllisch weh, aber naja. Also, konsequent und spannend wäre der Text, wenn die Figur sich den Arm abhackt (oder Mothmans Vorschlag mit der Blutabnahme) und es plot-technisch dann weitergeht.

Mich hat die Geschichte entsprechend nicht beeindruckt, ich bin viel zu cool für sowas.

JoBlack

 

Hallo Dion,
entschuldige bitte, dass ich vergessen habe, letztes Mal auf Deinen zweiten Kommentar zu antworten. Ich meinte natürlich nicht den Gedankenfilm, sondern einen tatsächlich gedrehten Film.
Viele Grüsse
Fugu

Hallo JoBlack,

ich fand den Text auch etwas ärgerlich.
Schade, das war nicht meine Absicht.
Die Kritik, sofern sie sich auf meinen Text bezieht, habe ich in den Kommentaren an Mothman, so empfinde ich, beantwortet. Das Hand- oder Armabhacken gefällt mir unter anderem nicht, weil es als Strafe rüberkommen könnte. Der Typ hier wird aber nicht bestraft, sondern aussortiert. Danke fürs Lesen und Kommentieren.
Mich hat die Geschichte entsprechend nicht beeindruckt, ich bin viel zu cool für sowas.
Das finde ich übercool.
Viele Grüsse
Fugu

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom